1 Fragestellung
2
Die geschichtliche Entwicklung des
Generationskonzepts
2.1 Die Entstehung des Generationskonzepts im 19.
Jahrhundert
2.2 Das "Problem der Generationen" Anfang des 20.
Jahrhunderts
2.3 Die Wiederentdeckung des Generationsproblems in
Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg
2.4 Das Modell der politischen Generationen
2.4.1 Die politische Prägephase im Jugendalter
2.4.2 Die Dauerhaftigkeit politischer Prägung
2.4.3 Die Gleichartigkeit politischer Prägung im
Generationszusammenhang
3
Die Erklärung von Wahlverhalten unter dem Aspekt des
Generationswechsels
3.1 Das Wahlverhalten politischer Generationen
3.2 Die Stabilität von Parteipräferenzen und
Wahlverhalten
3.3 Die Stabilität von sozialen Strukturen im
Generationszusammenhang
3.4 Der Einfluß des Generationswechsels auf
Wahlentscheidungen im Modell
4
Die Generationen in Deutschland: Eine kurze
Skizzierung
4.1 Die Abgrenzung der Generationszusammenhänge
4.2 Die Sozialisationsgeschichte der Generationen
4.2.1 Jahrgang 1890-1899: Die Generation des Ersten
Weltkrieges
4.2.2 Jahrgang 1900-1914: Die Weimarer Generation
4.2.3 Jahrgang 1915-1925: Die Generation des Zweiten
Weltkrieges
4.2.4 Jahrgang 1926-1930: Die Flakhelfergeneration
4.2.5 Jahrgang 1931-1941: Die Aufbaugeneration
4.2.6 Jahrgang 1942-1948: Die Wohlstandsgeneration
4.2.7 Jahrgang 1949-1957: Die Bildungsgeneration
4.2.8 Jahrgang 1958-1966: Die Ökologiegeneration
4.2.9 Jahrgang 1967 und danach: Die Jugendlichen der
Gegenwart
4.3 Zusammenfassung und Hypothesen
5
Das Datenmaterial
6 Der Nachweis von Generationseffekten im
Wahlverhalten
6.1 Die methodischen Probleme
6.2 Die Kohortenanalyse
6.3 Die Generationseffekte bei den Bundestagswahlen
1961 bis 1990 - eine empirische Analyse
7
Das Wahlverhalten der Generationen bei
Bundestagswahlen
7.1 Die Entwicklung der Berufsstruktur im
Zeitverlauf
7.1.1 Die Neue Mittelschicht
7.1.2 Die Arbeiterschaft
7.1.3 Die Selbständigen
7.1.4 Zusammenfassung
7.2 Das Wahlverhalten der Berufsgruppen nach
Generationen
7.2.1 Die Neue Mittelschicht
7.2.2 Die Arbeiterschaft
7.2.3 Die Selbständigen
7.2.4 Zusammenfassung
7.3 Die Parteibindung der Generationen
7.4 Die Entwicklung von Konfession und
Kirchenbindung im Zeitverlauf
7.4.1 Die Konfession
7.4.2 Die Kirchenbindung
7.5 Das Wahlverhalten der konfessionellen Gruppen
nach Generationen
7.5.1 Der Zusammenhang von Konfession und
Kirchenbindung
7.5.2 Das Wahlverhalten nach
kirchlich-konfessioneller Bindung
7.6 Die Konfliktstruktur der Wählerschaft
8
Die deutsche Wählerschaft zum Zeitpunkt der
Bundestagswahl 1990
8.1 Die Bundestagswahl 1990
8.1.1 Das Wahlergebnis
8.1.2 Die Sozialstruktur
8.1.3 Die politischen Themen und die
Kandidatenkonstellation
8.1.4 Die strukturelle Verankerung des
Wahlverhaltens in den neuen Ländern
8.2 Die Konfliktstrukturen im Wahljahr 1990
8.3 Die künftigen Koalitionsmöglichkeiten
8.3.1 SPD und die GRÜNEN
8.3.2 SPD und FDP
8.3.3 SPD, FDP und die GRÜNEN
8.4 Die Entwicklungsperspektiven des Parteiensystems
8.4.1 Krise des Parteiensystems?
8.4.2 Realignment oder Dealignment?
Zitate:
Die
Flakhelfergeneration (1926-1930)
"Die
Charakterisierung der Jahrgänge 1926 bis 1930 als
»Flakhelfergeneration« erfolgt in Anlehnung an eine
Studie von Heinz Bude. Diese Zuordnung leitet
sich zum einen aus der Verfügung zum
»Kriegsgehilfeeinsatz der Jugend bei der Luftwaffe«
vom Januar 1943 ab. Betroffen waren hiervon in den
Jahren 1943 und 1944 die Jahrgänge 1926 bis 1929.
Der Kriegseinsatz bezog sich zunächst auf Schüler
mittlerer und höherer Schulen, später auch auf
berufstätige Jugendliche. Zum anderen basiert die
Zuordnung auf den
»Volkssturm«-Einheiten, in denen auch der Jahrgang
1930 erfaßt war, und die ein ähnliches Schicksal wie
die Flakhelfer durchmachten. Einschränkend ist
anzumerken, daß sich die Charakterisierung der
Flakhelfergeneration überwiegend an den männlichen
Geburtsjahrgängen orientiert.
Bude analysiert die Flakhelferjahrgänge bereits als
Kerngruppe der von Schelsky beschriebenen
»skeptischen
Generation«. Damit werden die Flakhelfer den
eigentlichen Nachkriegsjahrgängen zugerechnet.
Dieser Sichtweise ist nicht uneingeschränkt zu
folgen. Sehr viele der 1926 bis 1930 Geborenen
gerieten noch in Kriegsgefangenschaft. Die Jahrgänge
1926 bis 1930 sind vielmehr als eine spezifische
Zwischengeneration zu begreifen, deren prägende
Erfahrungen in einer besonderen Weise zwischen
Kriegs- und Nachkriegserlebnissen eingebettet sind.
(...).
Die politischen Einstellungen der
Flakhelfergeneration unterscheiden sich (...) kaum
von denen der nachfolgenden Aufbaugeneration (...).
Die Flakhelfergeneration und die Jahrgänge 1931 bis
1941 der Aufbaugeneration sind als eng verwandte
Generationszusammenhänge anzusehen.
Zu den Flakhelferjahrgängen gehören u.a. Otto Graf
Lambsdorff (1926), Hans-Jochen Vogel (1926),
Hans-Dietrich Genscher (1927), Ernst Albrecht
(1930),
Kurt Biedenkopf (1930),
Heiner Geißler (1930), Helmut Kohl (1930)."
(1994, S.59f.)
Die
Aufbaugeneration (1931-1941)
"Die nach 1930 Geborenen waren an Kriegshandlungen
nicht mehr selbst beteiligt. Die prägenden
Erfahrungen während der Nachkriegszeit sind aber nur
vor dem Hintergrund der besonderen
Kindheitserlebnisse dieser Generation zu verstehen.
Sie erfuhren die große Existenzgefährdung und die
schlimme Not während der Kriegs- und der ersten
Nachkriegsjahre hautnah. Die wirtschaftliche Not
verhinderte eine ausgedehnte Phase der Kindheit und
führte (...) zu einer frühen Konfrontation mit dem
Erwachsensein. Nicht selten verrichteten Kinder
Erwachsenen-Arbeiten. Diese Generation erlebte viele
Kindheitsjahre ohne Vater, der zumeist erst nach
längerer Zeit aus der Kriegsgefangenschaft entlassen
wurde.
Die wirtschaftliche Festigung der Bundesrepublik und
die rasche Steigerung des materiellen
Lebensstandards gehört ebenfalls zu den
entscheidenden Jugenderlebnissen dieser Generation.
Das
»Wirtschaftswunder« begann sich langsam
abzuzeichnen. (...). Höhere Bildungsabschlüsse
wurden, wenn überhaupt, erst zu seinem späteren
Zeitpunkt nachgeholt (...). Auch wenn Teile dieser
Generation in den sechziger Jahren von der starken
Aufwärtsmobilität in Mittelschichtberufe noch
spürbar profitieren konnten, blieb doch ihre
berufliche Grundstruktur insgesamt (...) erhalten.
Die Aufbaugeneration war daher von den ökonomischen
Umständen her eine benachteiligte Generation mit
Tendenzen einer späteren Begünstigung eines Teiles
der Generation. (...).
Die Grundhaltung der Aufbaugeneration nach dem
Zweiten Weltkrieg läßt sich (...) anhand einer
Untersuchung der westdeutschen Jugendlichen des
Nachkriegsjahrzehnts von 1945 bis 1955 von Helmut
Schelsky vergegenwärtigen. (...) Martin
Greiffenhagen hat die Familie als die verläßlichste
Institution im Chaos der Nachkriegszeit beschrieben
und daraus die enge Bindung der
»skeptischen Generation« an die Vorstellungswelt der
älteren Generation abgeleitet. (...).
Diese unpolitische Zwischenlage der Jahrgänge von
1930 bis 1940 ist (...) auch mit dem Etikett der
»stillen Generation« versehen worden.
Deutsche Politiker dieser Generation sind u.a.
Johannes Rau (1931), Otto Schily (1932), Max Streibl
(1932), Bernhard Vogel (1932), Walter Wallmann
(1932),
Norbert Blüm (1935), Klaus Kinkel (1936), Anke
Fuchs (1937), Hans-Ulrich Klose (1937), Rudolf
Seiters (1937), Lothar Späth (1937), Rita Süßmuth
(1937), Björn Engholm (1939), Theo Waigel (1939),
Hermann-Otto Solms (1940), Eberhard Diepgen (1941)."
(1994, S.61ff.)
Die Wohlstandsgeneration
(1942-1948)
"Die Jahrgänge 1942 bis 1948 wurden in der Zeit
größter Not geboren und zählen daher zu den
geburtenschwachen Jahrgängen. Sie wuchsen dann aber
in einen expandierenden Wohlstand hinein. Für diese
Jahrgänge gab es weder Ausbildungsprobleme noch
berufliche Einmündungsschwierigkeiten.
Die Entwicklung in Richtung
Dienstleistungsgesellschaft führte zu einem
reichhaltigen Angebot an Karrierechancen. Von Beginn
der beruflichen Etablierung an spielten
Angestellten- und Beamtenpositionen eine
hervorgehobene Rolle. Unter der enormen
Ausweitung des allgemeinen Wohlstands wurde ein
wachsender Konsum zur Selbstverständlichkeit. (...).
In einer Untersuchung der Jahrgänge 1940 bis 1950
charakterisierte Viggo Graf Blücher die
Wertvorstellungen dieser Generation als offen,
weltneugierig, vorurteilsfrei, demokratisch und ohne
ideologische Fixierung. Er sprach von einer
»unbefangenen Generation«. Im Gegensatz zu der
privatistischen Grundhaltung der Aufbaugeneration
förderten die ökonomischen Umstände in den sechziger
Jahren bei der heranwachsenden Wohlstandsgeneration
eine eher individuell-optimistische Grundhaltung
(...).
Der offene Ausbruch einer politischen Konfrontation
zwischen den älteren Generationen mit ihren
überwiegend obrigkeitsstaatlichen Vorstellungen und
der heranwachsenden
»unbefangenen« Generation war daher eigentlich nur
eine Frage der Zeit. Der Generationskonflikt
(äußerte)(...) sich in den Studentenprotesten (...).
An den politischen Protesten Mitte bis Ende der
sechziger Jahre beteiligte sich jedoch nicht die
gesamte Wohlstandsgeneration, sondern nur eine
besonders radikale und in erster Linie
bürgerliche Generationseinheit. Die
Bezeichnung der Jahrgänge zwischen 1940 und 1950 als
»APO-Generation«,
»Protestgeneration« oder als
»Generation der Studentenbewegung« stellt daher
einen Teil dieser Generation zu sehr in den
Vordergrund.
(...). Der Wohlstandsgeneration gehören u.a. an:
Irmgard Schwaetzer (1942), Wolfgang Schäuble (1942),
Herta Däubler-Gmelin (1943), Oskar Lafontaine
(1943), Gerhard Schröder (1944), Ingrid
Matthäus-Maier (1945), Jürgen W. Möllemann (1945),
Rudolf Scharping (1947),
Joschka Fischer (1948)."
(1994, S.63)
Postmaterialismus als Kennzeichen der
Wohlstandsgeneration und ihrer Nachfolgegenerationen
"Ohne hier auf die Vielzahl der Einwände eingehen zu
können, sollte man dennoch festhalten, daß auch in
den kritischen Arbeiten zur
»Postmaterialismus«-These Generationsunterschiede in
den Wert- bzw. Einstellungsdimensionen festgestellt
worden sind. Inglehart selbst hat in seiner jüngsten
Arbeit die unterschiedlichen Wertprioritäten von
Generationen in sechs europäischen Ländern
eindrucksvoll bestätigen können. Die Analysen
stützen sich mittlerweile auf einen
Untersuchungszeitraum von 19 Jahren (1970 bis 1988).
Die
»Postmaterialismus«-These wird somit zunehmend
erhärtet."
(1994, S.67)
Die Bildungsgeneration (1949-1957)
"Es ist durchaus angebracht, die Jahrgänge 1942 bis
1957 insgesamt als Wohlstandsgeneration zu
bezeichnen. Von den Veränderungen und Krisen Anfang
der siebziger Jahre sind die Jahrgänge ab 1949
allerdings viel direkter betroffen gewesen. Sie
wuchsen noch unter politisch stabilen und
wirtschaftlich prosperierenden Verhältnissen heran.
Im Zuge der der Bildungsexpansion schlossen viele
von ihnen eine akademische Ausbildung ab. Zur Zeit
des Berufseintritts zeigten sich dann aber schon
zahlreiche Etablierungsprobleme. (...).
Der Bildungsgeneration kam nach der
Bildungsexpansion jedoch eine Ausweitung des
staatlichen Beschäftigungssektors in den sechziger
und siebziger Jahren zugute. (...)
Hans-Peter Blossfeld und Rolf Becker konnten
nachweisen, daß er Anstieg von Hochschulabsolventen
bei den nach 1950 Geborenen hauptsächlich von der
Ausweitung des staatlichen Sektors kompensiert
worden ist und daß dieselben Jahrgänge auch
insgesamt die größten Nutznießer der Expansion der
Staatsbeschäftigung in den sechziger und siebziger
Jahren waren.
Die Bildungsgeneration ist wie die
Wohlstandsgeneration eine von der ökonomischen
Bedingungen zum Zeitpunkt des Berufseintritts
begünstigte Generation."
(1994, S.67f.)
Die Ökologiegeneration (1958-1966)
"Mit den Jahrgängen 1958 bis 1966 tritt ein weiterer
Generationsbruch auf, der als ökologische
Konfliktlinie bezeichnet werden kann. Alle zuvor
dargestellten wirtschaftlichen Strukturprobleme
haben sich weiter verschärft und die geburtenstarke
Jahrgangsgruppe um 1960 besonders hart getroffen.
Für die Jahrgänge ab 1958 ist erstmals in der
Bundesrepublik ein deutlicher Zusammenhang zwischen
Jahrgangsstärke und relativen Bildungs- und
Beschäftigungschancen festgestellt worden. Die
weitere Bildungsexpansion hat dazu geführt, daß
heute gute Bildungsabschlüsse immer weniger
entsprechende Berufschancen garantieren können. Die
traditionell enge Verbindung von höherer Bildung und
staatlichem Sektor, die der vorhergehenden
Generation noch bildungsadäquate Beschäftigungen
sicherte, existiert nicht mehr.
Die
Stagnation des staatlichen Beschäftigungssektors zu
Beginn der achtziger Jahre hat in Zukunft vor allem
für höherqualifizierte junge Menschen negative
Folgen.
Von der unerwarteten Arbeitslosigkeit ist die
Ökologiegeneration insgesamt betroffen. Zu Beginn
der achtziger Jahre waren 20- bis 25jährige (in etwa
Jahrgang 1957 bis 1962) deutlicher von
Arbeitslosigkeit betroffen als Erwachsene. Nach zwei
begünstigten Generationen wächst mit der
Ökologiegeneration wieder eine tendenziell
benachteiligte Generation heran. Das Problem der
Arbeitslosigkeit (hat)(...) einen allgemeinen
Zukunftspessimismus gefördert (...).
Von den vielen Etikettierungen, die für diese junge
Generation geprägt worden sind, finden bei den
Jugendlichen selbst die Bezeichnungen
»verunsicherte Generation« und
»No-Future-Generation« die häufigste Zustimmung."
(1994, S.68f.)