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Rezension

 
       
   

Sonja Haustein & Hans W. Bierhoff

 
       
   

Zusammen und getrennt wohnende Paare: Unterschiede in grundlegenden Beziehungsdimensionen
erschienen in: Zeitschrift für Familienforschung, 11. Jg., H.1/1999, S. 59 - 76

 
       
     
       
   
     
 

Getrennt wohnende Paare als Forschungsgegenstand

Untersuchungen über getrennt wohnende Paare ("Living apart together") haben immer noch Seltenheitswert. Getrennt wohnende Paare werden üblicherweise den Single-Haushalten zugeordnet und deshalb wird ihre Lebenssituation auch häufiger mit derjenigen von Partnerlosen verglichen.

Die Paarforschung hat sich stattdessen vorwiegend mit den nichtehelichen Lebensgemeinschaften beschäftigt. Eine solche Lebensgemeinschaft setzt im Begriffsverständnis - das primär von juristischen Traditionen geprägt ist - einen gemeinsamen Haushalt voraus. Erst in den 1990er Jahren deutet sich hier ein Wandel in der Paarforschung an. Von daher ist die vorliegende sozialpsychologische Untersuchung zu begrüßen.

Die Fragestellung der Untersuchung

Es wird der Frage nachgegangen, ob sich zusammen und getrennt wohnende Paare bezüglich der grundlegenden Beziehungsmerkmale Konflikt, Liebe, Altruismus, Investment und Sicherheit unterscheiden.

Die Stichprobe

Insgesamt wurden 125 ledige, verheiratete oder geschiedene Personen im Alter von 20 bis 40 Jahren befragt. Ungefähr 2/3 der Befragten wohnte mit dem Partner zusammen. Da die Wohnsituation mit dem Alter, der Partnerschaftsdauer, dem Familienstand und dem Vorhandensein von Kindern korrelierte, wurden für den Vergleich nur die 74 ledigen, kinderlosen Paare betrachtet.

Das Konflikterleben

Entgegen der in der Forschung gängigen Vermutung, dass ein gemeinsamer Haushalt mehr Konfliktpotential als ein getrennter Haushalt schafft, konnte dies im Erleben der Paare nicht nachgewiesen werden. Inwieweit hier Prozesse der Dissonanzreduktion bei zusammenlebenden Paaren eine Rolle spielen, bleibt jedoch offen.

Die Zufriedenheit mit Liebe und Sexualität

Signifikante Unterschiede ergaben sich dagegen bei der Zufriedenheit mit der partnerschaftlichen Liebe und Sexualität. Getrennt wohnende Paare erleben ihre Liebe als erfüllter. Die Autoren gehen davon aus, dass die Art und Weise, wie zusammen wohnende Paare ihre Zeit miteinander verbringen, den Unterschied erklären. Während bei zusammen wohnenden Paaren der passiv geteilte Alltag dominiert, verbringen getrennt wohnende Paare primär ihre aktiv gestaltete Freizeit zusammen.

Soziale Unterstützung

Die Ergebnisse hinsichtlich der Altruismus-Dimension weisen darauf hin, dass die sozialpolitische Debatte über soziale Unterstützung differenzierter geführt werden muss. In der Untersuchung konnten keine signifikanten Unterschiede im partnerbezogenen Altruismus festgestellt werden. Von einer größeren Unverbindlichkeit der Beziehungen getrennt wohnender Paare kann deshalb nicht ausgegangen werden. Die Unterschiede in den unterschiedlichen Unterstützungserwartungen gegenüber dem Partner sind vor allem auf die Erreichbarkeit des Partners zurückzuführen. Hilfeleistungen müssen danach unterschieden werden, ob und in welchem Umfang sie räumliche Nähe erfordern.

Sicherheit und Investment

Während sich bezüglich der Sicherheit von Beziehungen keine Unterschiede fanden, unterscheiden sich getrennt und zusammen wohnende Paare signifikant in ihrem Investment. Hier geht es darum, wie viel bisher materiell und emotional in die Beziehung investiert wurde, ob Pläne für die Zukunft bestehen und wie viel Einfluss der Partner ausübt.

Die Stabilität der Partnerschaftsformen

Die Autoren leiten aus dem höheren erlebten Investment der zusammen wohnenden Paare die Annahme ab, dass Paare, die zusammen wohnen, stabilere Beziehungen haben und sich weniger leicht trennen als Paare, die getrennt wohnen. Die durchschnittlich höhere Beziehungsdauer von zusammenwohnenden Paaren in der Stichprobe scheint diese Annahme zu bestätigen.

Eine Kritik der gefundenen Stabilitätsunterschiede

Angesichts des Forschungsdefizits auf diesem Gebiet ist diese pauschale Hypothese wenig sinnvoll. Es wurde weder die Freiwilligkeit der räumlichen Distanz, noch die Stellung im Paarbildungszyklus berücksichtigt.

Nach Untersuchungen des Deutschen Jugendinstituts ist das Getrenntwohnen oft der erste Schritt zum gemeinsamen Haushalt. Berufliche Zwänge können jedoch auch in späteren Phasen zur Auflösung von Wohngemeinschaften bei weiter bestehender Partnerschaft führen. Aussagen über die Dauer von Partnerschaften erfordern Längsschnittuntersuchungen, die die Beziehungsform Living apart together berücksichtigen. Haushaltsansätze führen bei haushaltsübergreifenden Paarformen nicht weiter. Entsprechende Daten über längere Zeiträume fehlen jedoch weiterhin. 

 
     
 
       
   

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Update: 03. Februar 2019