Reportage aus den neuen
Bundesländern
Susanne
DANKE & Julia SCHOON berichten aus den neuen
Bundesländern. Junge Singles zwischen 18 und 30
Jahren - jenseits des Yuppie-Klischees - äussern
sich zum Mobilitätszwang, den Peter HARTZ ins
Gespräch gebracht hat.
Sind Singles immobil?
Hält man
sich vor Augen, dass es keine zwei Jahre her ist,
dass Singles ihre größere Flexibilität und
Mobilität vorgeworfen wurde, muss es erstaunen,
dass jetzt plötzlich Singles immobil sein sollen
und man sie zum Umzug zwingen muss.
Gerade in den
neuen Bundesländern wird allseits die starke
Abwanderung beklagt. Die Autorinnen zeigen die
erhöhte
Flexibilität der jungen Singles am
Beispiel von Berlin-Brandenburg auf.
Taugt der Familienstand als
Unterscheidungskriterium?
Bei den
Vorschlägen der Hartz-Kommission wird der
Familienstand zum zentralen
Unterscheidungsmerkmal zwischen ungebundenen und
gebundenen Individuen. In Zeiten, in
denen die "lebenslange Ehe" das
Erwachsensein bestimmt, ist eine solche
Unterscheidung sinnvoll.
Heutzutage
dagegen lässt sich der Unterschied in
den Lebensverhältnissen nicht mehr am
Familienstand festmachen.
Der Mythos vom bindungslosen
Single
Alleinstehende
können genauso wie Verheiratete in vielfältigen
Beziehungen gebunden sein. Das gemeinsame Sorgerecht und
damit verbundene Besuchsregelungen verwischen den Gegensatz
zwischen Alleinerziehenden und Alleinlebenden
. Alleinstehende
Frauen sind zudem oftmals mit der
Pflege
von Familienangehörigen betraut. Die
Zunahme der Einpersonen-Haushalte täuscht
darüber hinweg, dass Singles Teil eines
Familiennetzwerks sind.
Nicht der Familienhaushalt,
sondern die Generationenbeziehungen der multilokalen Familie
kennzeichnen heutige Familienverhältnisse
.
Die fehlende
gesellschaftliche Anerkennung der Bindung
Obwohl
Sozialpolitiker in Sonntagsreden die zunehmende
Bindungslosigkeit
beklagen, wird keine Rücksicht auf jene genommen, die sich ihrer
Beziehung noch nicht sicher sind und deshalb entweder noch
unverheiratet zusammenwohnen oder noch gar keinen gemeinsamen
Haushalt gegründet haben.
Neuere
Untersuchungen von Professor Norbert F. SCHNEIDER
(Universität Mainz) haben gezeigt, dass Paare
ohne gemeinsame Wohnung weit verbreiteter sind als
unverheiratet zusammenwohnende Paare.
Nichtkonventionelle Lebensformen
"Immer
mehr Menschen leben phasenweise oder dauerhaft in
nichtkonventionellen Lebensformen jenseits der
Kernfamilie. Diese Lebensformen werden in der
Öffentlichkeit häufig als Prototypen einer heraufziehenden
neuen Moderne dargestellt. Tatsächlich basieren solche
Aussagen nicht selten auf falschen Vorstellungen und
unzureichenden Informationen." |
Beiden
Paarformen, die bei jungen Alleinstehenden
dominieren, wird die gesellschaftliche
Anerkennung als "Bindungen" versagt.
Alleinstehende Paare werden stattdessen auf dem
Arbeitsmarkt mit alleinstehenden Partnerlosen
gleichgestellt.
Die Störung des
Familienbildungsprozesses durch Zwangsmobilität
Wenn der Paarbildungsprozess
aufgrund beruflicher Zwangsmobilität gestört wird,
dann darf es niemanden verwundern, dass auch der
Familienbildungsprozess verzögert wird, wie das
die Ergebnisse der Mobilitätsstudie von
Professor SCHNEIDER belegen.
Mobil,
flexibel, gebunden
"Immer
mehr Menschen sind heutzutage mit dem Erfordernis
beruflicher Mobilität konfrontiert. Leitfigur der Moderne
ist der mobile Mensch - flexibel, ungebunden,
leistungsstark. Wie lässt sich dieses Bild mit dem Wunsch
nach Partnerschaft und Familie vereinbaren? Der Band
zeigt, welche Lebensformen die Betroffenen entwickeln und
wie Politik und Unternehmen die Folgen der neuen Mobilität
beeinflussen können." |
Bereits
Anfang der 1990er Jahre hat der Soziologe Ulrich
Beck in dem Bestseller Das ganz normale Chaos
der Liebe gefordert, dass nicht
individuelle, sondern Paar- bzw.
Familienmobilität ermöglicht werden solle.
Eine Chance für die Jugend
ist gefordert
Wer mehr
Kinder in Deutschland fordert, der muss auch
dafür sorgen, dass Bindungen aufgebaut werden
können.
Die Single-Lüge - Das Buch zur Debatte
"Die
Rede von der »Single-Gesellschaft«
rechtfertigt gegenwärtig eine Demografiepolitik, die
zukünftig weite Teile der Bevölkerung wesentlich
schlechter stellen wird. In zahlreichen Beiträgen, die
zumeist erstmals im Internet veröffentlicht wurden,
entlarvt der Soziologe Bernd Kittlaus gängige
Vorstellungen über Singles als dreiste Lügen. Das Buch
leistet damit wichtige Argumentationshilfen im neuen
Verteilungskampf Alt gegen Jung, Kinderreiche gegen
Kinderarme und Modernisierungsgewinner gegen
Modernisierungsverlierer." |
Die
Hartz-Vorschläge bedienen dagegen
gesellschaftliche Vorurteile gegen
Kinderlose, ein Weg in die kinderfreundliche
Gesellschaft sind sie nicht. Sie schützen jene, die
bereits die Chance hatten eine Familie zu gründen und belasten
einseitig jene, die eine Familie gründen möchten.
Die
Fallbeispiele, die von den Journalistinnen
präsentiert werden, zeigen eindringlich, dass
vielen Singles die persönlichen Bindungen
wichtiger sind als eine Karriere:
"Lieber
weniger Geld, als ohne meinen Freund
leben" (Daniela, 25 )
"Familie
und Freund verlasse ich auf gar keinen Fall
für einen Job" (Juliane, 18)
"Wenn
ich am Wochenende heimfahren könnte, würde
ich weggehen. Sonst nur mit ihr
gemeinsam" (Benjamin, 19)
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