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Debatte

 
   

Die neuen Extremisten

 
   

Die Ich-zuletzt-Elite und die Kinderlosigkeit

 
     
       
   
     
 

Das extremistische Milieu und die "Fahrstuhl nach unten"-Gesellschaft

Jedes Land bekommt die Elite, die sie verdient. Da wir seit längerem in einer "Fahrstuhl nach unten"-Gesellschaft (Ulrich Beck) leben, hat sich mittlerweile eine Ich-zuletzt-Elite herausgebildet, die diesen Bedingungen am besten angepasst ist. Wenn es nach unten geht, d.h. es für alle schlechter wird, dann lautet das Gebot der Stunde für den Selbstunternehmer: Ich zuletzt. Notfalls wird der Nebenmann in den Fahrstuhl geschubst. Dieses Prinzip hat Frank SCHIRRMACHER in seinem neuen Bestseller Minimum als die Wild-West-Tragödie vom Donner-Pass beschrieben: 

Minimum

Am 9. Oktober beginnt die Phase der angstgetriebenen Rücksichtslosigkeit: Ein ungefähr sechzig Jahre alter Mann namens Hardkoop (...) wird von Ludwig Keseberg nach einem Streit vom Wagen gestoßen. Kein anderer nimmt ihn auf. Der Mann fällt mehr und mehr zurück. Zuletzt wird er gesehen, wie er sich einfach an den Straßenrand setzt und dort sitzen bleibt. (...).
Am darauf folgenden Tag bittet Mrs. Reed mehrere Mitreisende um Pferde, sie will den alten Mann suchen. Doch jeder, den sie fragt, lehnt ab. Alle führen Gründe der Selbsterhaltung an." (2006, S.11)

SCHIRRMACHER macht daraus eine pilchereske Geschichte über die Urkraft der Familie. Diese Geschichte ist jedoch vielmehr ein Beispiel für das Versagen unserer Elite. Nicht die schiere Not, sondern die Besitzstandswahrung eines wohlhabenden Milieus ist die Triebfeder des rücksichtslosen Verhaltens. Man muss nicht zum Donner-Pass oder ins Jahr 1946 zurück. Es reicht ein Blick in die Gegenwartsgesellschaft.  

Die "Ihr sollt mehr Kinder kriegen"-Debatte

Das Versagen einer Generation vor dem Leben

"Wenn wir uns schon so entscheiden, sollten wir wenigstens die Ehrlichkeit besitzen, uns zu unserer Kultur der Lebensvermeidung zu bekennen. Sagen wir es offen heraus: Wir wollen mehrheitlich keine Kinder." [mehr]
(aus: Welt am Sonntag v. 19.03.2006)

Dies schreibt Christoph KEESE in dem Welt am Sonntag-Artikel Das Versagen einer Generation vor dem Leben. KEESE schreibt in der WIR-Form, d.h. als 1964 Geborener zählt er sich selber zu diesem Kreis:

Das Versagen einer Generation vor dem Leben

"Wir, die in den 50er, 60er und 70er Jahren geboren wurden, sind die Generation der großen Lebensverhinderer." [mehr]
(aus: Welt am Sonntag v. 19.03.2006)

Die angesprochene Generation ist nach Erkenntnissen der seriösen Sozialwissenschaften jedoch keineswegs mehrheitlich kinderlos, sondern dauerhaft kinderlos bleiben ca. 20 %.   Das gilt zumindest für jene Jahrgänge für die sich das bereits sagen lässt. Selbst wenn in den jüngeren Jahrgängen 25 % kinderlos bleiben sollten, sind wir also noch weit entfernt von jenen Zuständen, die KEESE beschwört. Die "Ihr sollt mehr Kinder kriegen"-Debatte wird angetrieben von Männern aus der Elite, die ihr Reproduktionssoll nicht erfüllt haben. Dazu gehören die 1-Kind-Väter Frank SCHIRRMACHER und Christoph KEESE. Was die Debatte so ärgerlich macht, ist, dass diese Männer - erstens - ihr Privatleben strickt aus ihren Pamphleten heraushalten und - zweitens - für eine ganze Generation (was immer das sei) sprechen wollen. Ihre Pamphlete kommen sachlich daher, obwohl sie jegliche Sachlichkeit vermissen lassen. Dies steht im krassen Gegensatz zu den Äußerungen weiblicher Debatten-Teilnehmer, die eher zum autobiographischen Essayismus neigen (siehe den Essay über die Emanzipationsfalle .). Ihren missionarischen Eifer machen die Frauen an den eigenen Erfahrungen fest. Sind sie früh ungeplant schwanger geworden wie Susanne GASCHKE, dann möchten sie das zum Modell für Alle vorschreiben. Die Männer dagegen stricken sich eine Rechtfertigung, die die Ursachen in die Gesellschaft oder die Biologie - meist gar beides - verlegen. Aus SCHIRRMACHER spricht uns die Biologie, aus KEESE spricht uns die Wohlstandsgesellschaft an. Dass auch in einer Wohlstandsgesellschaft die Bedingungen nicht für alle gleich sind, darüber geht KEESE elegant hinweg.

"Der Verzicht auf Kinder ist eine freiwillige Entscheidung des Einzelnen"

Gebären Sie, Herr KEESE, aber sofort! Die hysterische Debatte ist an Dumpfbackigkeit kaum mehr zu überbieten. Männer wie SCHIRRMACHER singen das Loblied auf die selbstlose Frau, und statt zu zeugen, schreiben sie lieber erst einmal Bücher darüber, dass es sinnvoll sei, zu zeugen. Sie kritisieren die virtuellen Familien und schreiben selber am liebsten über ihre toten "Familienmitglieder" von Gottfried BENN bis Ernst JÜNGER. Wir sollten uns fürchten vor einer Elite, die sich selber als unreif beschreibt:

Das Versagen einer Generation vor dem Leben

"Wir wollen nicht erwachsen werden und verharren in der Gedankenwelt der Pubertät (...). Wer so denkt, wird die Entscheidung für eine kinderreiche Familie und den endgültigen Sprung ins Erwachsenenleben nicht vollbringen können." [mehr]
(aus: Welt am Sonntag v. 19.03.2006)

Nähme man diesen Anspruch wirklich ernst, dann wären weder SCHIRRMACHER noch KEESE reife Erwachsene. Was ist aber von einer solch unreifen Elite zu erwarten, die zuerst Verantwortung fordert, um dann vielleicht daran zu reifen? Der Ruf nach Verantwortung gleicht dann einem Sprung ins Wasser. Dass Nicht-Schwimmer möglicherweise nicht das Schwimmen lernen, sondern jämmerlich ersaufen, das kommt unseren Hysterikern nicht in den Sinn.

Stürzt die Ich-zuletzt-Elite!

Eliten sollten Vorbilder sein, dies gilt umso mehr, wenn sie sich selber als Werteeliten verstehen. Wir brauchen, wenn überhaupt, nur Ich-zuerst-Eliten. Eliten, die uns vorleben, was sie selber von anderen fordern. Das heißt also für die "Ihr sollt Kinder kriegen"-Fraktion: erst selber zeugen, dann sehen die anderen auch, WIE es anders geht.

Nehmen wir uns also ein Vorbild an unserer Elite und sagen: Ihr zuerst!

 
     
 
       
   

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Bernd Kittlaus
webmaster@single-generation.de Erstellt: 19. März 2006
Update: 25. März 2016