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Sommerthema 2005

 
       
   

Eine Reise nach Teneriffa 

 
       
   

Was man als Alleinreisende alles erleben kann.
Auf den Spuren der Romanfigur Christine Perlacher (
Hans Pleschinski "Leichtes Licht", zuerst 2005 veröffentlicht)

 
       
     
       
   
     
 

Die Kunst des Alleinreisens

Nachdem abgeklärt wurde, warum wir allein reisen, geht es nun darum, wie man das Alleinreisen so gestaltet, dass es so angenehm wie möglich verläuft. Wir bewegen uns dabei weiterhin auf den Spuren von Christine Perlacher. 

Routinen erleichtern das Leben auch im Urlaub

Christine gehört zu den routinierten Alleinreisenden, d.h. sie reist nicht das erste Mal allein. Und sie ist auch nicht das erste Mal auf Teneriffa. Das hat Vorteile:

Leichtes Licht

"Das Pensionszimmer hatte sie per Fax reserviert. Bei der ersten Reise vor vier Jahren - auch nur Flug - hatte sie den Unterschlupf entdeckt. Noch die Ankunftsnacht hatte sie in einer anderen Pension durchlitten. (...). Am nächsten Morgen, gerädert, hatte sie eine Gasse weiter im Alfomar nachgefragt, ob dort ein ruhiges Zimmer frei wäre. Seither war das unscheinbare Gebäude am Rande der Altstadt zur letzten Zuflucht geworden. Der Fußboden des kleinen lichten Zimmers war weiß gekachelt. Über dem Tisch hing als Schmuck nur ein kitschiger spanischer Fächer. Auf dem Balkongeländer konnte sie ihr Badezeug trocknen."

"Sie konnte abends ihre Füße darauf legen, um über Dächer bis zum Casino und zum Bergwald zu schauen. Eine dezentere Bleibe gab es nicht, um bei 24 Stunden Seeluft die Strapazen wegzuschlafen, unter leichten Laken sich, wie man so sagte, selbst zu finden oder, gelassen, zu verpassen. Doch vor allem die Brandung der Mole, ihr rhythmisches Anstürmen tönte bis in die nächtliche Klosterzelle des Alfomar. Einige Nächte hat es gedauert, dann war ihr im Einschlafen plötzlich gewahr geworden, daß das Brandungsrollen ihrem eigenen Pulsschlag entsprach oder der Puls sich der Meeresbewegung angeschmiegt hatte. Die Seele war schier ins Wogen mitgenommen worden."
(2005, S.67f.)

Während sich Pauschalreisende nach der Ankunft nicht mehr um eine Unterkunft kümmern müssen, steht der Individualreisende, der nur einen Flug gebucht hat, vor dem Problem der Suche nach der richtigen Unterkunft. Damit nach einem stressigen Flug nicht noch der Stress einer Zimmersuche dazu kommt, empfiehlt es sich zumindest für die erste Nacht vor Antritt des Urlaubs ein Zimmer zu buchen. Danach lässt es sich entspannter angehen. Im Gegensatz zu Pauschalreisenden können Individualreisende unangenehme Situationen durch Ab- bzw. Weiterreise umgehen. Christine Perlacher hat nur einen einwöchigen Kurzurlaub gebucht. Bei dieser Urlaubsform sind auch größere Fehlentscheidungen bei der Wahl des Urlaubsortes oder der Unterkunft von vornherein weniger tragisch als bei längeren Aufenthalten von drei- bis vier Wochen.

Urlaubsängste von Alleinwohnenden

Wenn Alleinwohnende verreisen, dann sind sie besonders anfällig für bestimmte Ängste.

Leichtes Licht

"Christine Perlacher erschrak.
Hatte sie in der Küche den Heizofen ausgestellt?
Falls der Ofen bis jetzt geheizt und die Küche gewärmt hatte, war er durchgeglüht, setzte er die Geschirrtücher in Brand, hatten die Stofflocken längst die Gardinen in Feuer verwandelt, war die Küche zum Flammenmeer geworden, hatte am späten Vormittag der Teppichboden vor der offenen Tür zu schwelen, zu lodern begonnen, löschte ungefähr jetzt die Feuerwehr die vier Etagen in der Arnoldstraße! - Sie war verloren! - Sie konnte nicht mehr heim, sie durfte sich nicht zu erkennen geben. Ihr Leben war ruiniert! Sie würde nie auch nur einen Bruchteil abbezahlen können. Und falls es Opfer, Verletzte, Tote gegeben hatte, saß sie schon so gut wie im Gefängnis!"
(2005, S.97f.)

Das Verlassen der Wohnung ist für Alleinwohnende normalerweise eine alltägliche Routine. Die meisten Berufstätigkeiten zwingen dazu. Längere Abwesenheiten führen jedoch auch bei routinierten Alleinwohnenden zu leichten Spannungszuständen, wie ein Passage aus dem Buch Das Ende der Berührbarkeit von Jochen SCHIMMANG zeigt:

Das Ende der Berührbarkeit

"Aus seinem Briefkasten sahen die Wochenendzeitungen hervor. Sonst fand er keinerlei Post. Langsam ging er die steilen und engen Treppen zu seiner Wohnung im obersten Stockwerk hinauf. Er schloß die Wohnungstür auf, wie oft nach ein paar Tagen Abwesenheit in der leichten Spannung, ob die Wohnung vielleicht ausgebrannt oder ausgeraubt sei, oder ob er auch einfach nur vergessen hatte, ein Licht oder das Radio auszumachen."
(1981, S.32)

Im Normalfall beeinträchtigen solche Ängste einen Urlaub nicht, aber erhöhte Selbstaufmerksamkeit oder andere Formen der Ängstlichkeit können dazu führen, dass es zu größeren Beeinträchtigungen kommen kann. Christine jedoch ist weit davon entfernt, sich wirklich Sorgen zu machen. Sie hat zudem einen Nachbarn, den sie notfalls anrufen könnte. Es bleibt deshalb bei einer einmaligen Angstphantasie.

Selbstgespräche

Christine Perlacher beargwöhnt sich selber. Sie befindet sich während der Hinflugphase in einer Situation der erhöhten Selbstaufmerksamkeit.

Leichtes Licht

"Sie mußte achtgeben, nicht mit sich selbst zu sprechen. Solches Egogemurmel paßte erst zu einem höheren Alter. Es war bedenklich genug, daß ein Single sich manchmal dabei ertappte, wie für Gehörlose lautlos mit sich selbst zu plaudern. Wahrscheinlich besaß sie über ihre Lippen längst nicht mehr die Kontrolle. Seele und Hirn liebten es, für einen Moment Wörter zu werden."
(2005, S.59)

Christine gehört nicht zu jenen Menschen, die sozial isoliert sind und deshalb zu Selbstgesprächen neigen. Sie ist eher der kontaktfreudige Typ. Der innere Monolog formuliert hier eine soziale Angst aus, die normalerweise höchstens als kurzer Gedanke ins Bewusstsein dringt. Wer wie Christine nicht  zu Selbstgesprächen neigt, der muss keine Angst haben, dass er durch einen Urlaub zum Selbstgespräche führenden Sonderling wird.

 
     
 
     
       
   

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Update: 22. November 2018