|
Ungeborene bekommen keine Kinder?
Seit vielen
Jahren wird von nationalkonservativen
Bevölkerungswissenschaftlern und ihren willigen Helfern
behauptet, dass die Ungeborenen die
Geburtenentwicklung dauerhaft bestimmen wird. Typisch für diese
Art von Argumentation kann folgende Passage aus dem Buch
Die
demographische Zeitenwende gelten:
Die demographische Zeitenwende
"Eine Abnahme der absoluten
Geburtenzahl, die auf einer Änderung des
Fortpflanzungsverhaltens beruht und nicht auf einer
Änderung der Zahl der Frauen in der für die Geburtenzahl
wichtigen Altersgruppe von 15 bis 45, hat eine Generation
später unausweichlich eine weitere Abnahme der
Geburtenzahl zur Folge usf., auch wenn das
Fortpflanzungsverhalten nach der anfänglichen Änderung
dauern konstant bleibt. Die auslösende Ursache am Anfang
ist eine reine Verhaltensänderung, die sich anschließenden
Abwärtsbewegungen der absoluten Geburtenzahl in Form von
Wellentälern, die im Abstand von einer Generation
aufeinanderfolgen, beruhen nicht mehr auf erneuten
Änderungen des Fortpflanzungsverhaltens, sondern darauf,
dass die auf Grund der anfänglichen Verhaltensänderung
Nichtgeborenen keine Nachkommen haben. Die Auswirkungen
der verringerten Kinderzahl bzw. der abnehmenden Zahl der
späteren, potentiellen Eltern auf die Geburtenzahl in der
nächsten und den folgenden Generationen tritt mit
ähnlicher Sicherheit ein wie eine Aussage über den Wechsel
der Jahreszeiten in der Zukunft, also praktisch mit 100 %." (2001, S.100) |
Kennzeichnend
für diese Art von Argumentation ist, dass eine Quantifizierung
ausbleibt und stattdessen mit schwammigen Begriffen wie
"Generation" und "Änderung des Fortpflanzungsverhaltens"
hantiert wird. Es ist auffällig, dass sich diejenigen, die den
Einfluss der Ungeborenen auf die Geburtenentwicklung betonen, einer Überprüfbarkeit ihrer
Aussagen gerne entziehen. Das Argument hat inzwischen den
Charakter einer unhinterfragten Selbstverständlichkeit erhalten,
sodass die dahinter stehenden Annahmen gar nicht erst
hinterfragt werden. Das Statistische Bundesamt veröffentlichte
am 20.09.2012 den Beitrag
Von niedrigen Geburtenzahlen und fehlenden Müttern...
von Olga PÖTZSCH & Petra KUCERA, in dem folgendermaßen
argumentiert wurde:
Von niedrigen Geburtenzahlen und fehlenden Müttern...
"Im Jahr
2011 gab es in Deutschland insgesamt 18,2
Millionen Frauen im gebärfähigen Alter. Das
waren 1,5 Millionen weniger als 1997, dem Jahr
mit den meisten Frauen in der relevanten
Altersgruppe nach der Deutschen Vereinigung. Zu
dieser Altersgruppe gehörten damals die
geburtenstarken Frauenjahrgänge der 1950er und
1960er Jahre. Bis 2011 schieden allmählich die
vor 1963 geborenen Frauen aus der Gruppe der
potenziellen Mütter aus; dafür rückten die
deutlich schwächer besetzten Jahrgänge von 1984
bis 1996 nach. Bei der Mädchengeneration der
heute unter 15-Jährigen ist fast jeder jüngere
Jahrgang kleiner als der vorhergehende. Deshalb
wird die Frauengruppe, die die potenziellen
Mütter stellt, in den kommenden Jahren immer
stärker schrumpfen.
Innerhalb der Gruppe der Frauen im gebärfähigen
Alter ist die Geburtenhäufigkeit
unterschiedlich. Die meisten Kinder, nämlich
über 60 %, werden von Frauen im Alter zwischen
26 und 35 Jahren geboren. Die Entwicklung dieser
Frauengruppe kann deshalb die Geburtenzahl
besonders stark beeinflussen. Zwischen 1990 und
1995 nahm die Anzahl der 26- bis 35-jährigen
Frauen sogar noch um 8 % zu: von 6,3 auf 6,8
Millionen. Da aber die durchschnittliche
Kinderzahl je Frau gleichzeitig um 14 % sank,
nahm die Zahl der Neugeborenen trotzdem ab. Von
1997 bis 2007 war dagegen die sinkende Anzahl
der Frauen in dieser Altersgruppe der
ausschlaggebende Faktor für den Rückgang der
Geburtenzahlen; die durchschnittliche Kinderzahl
je Frau hat sich wieder stabilisiert. Seit 2008
stagniert die Zahl dieser Frauen bei rund 5
Millionen. In den kommenden Jahren bleibt sie
nach Ergebnissen der
Bevölkerungsvorausberechnung voraussichtlich
fast unverändert. Spätestens ab 2020 wird diese
Altersgruppe jedoch aus deutlich schwächer
besetzten Jahrgängen bestehen, dann ist mit
einer geringeren Anzahl potenzieller Mütter
zwischen 26 und 35 Jahren zu rechnen.
Die sinkenden Geburtenzahlen der letzten 20
Jahre waren durch die vorangegangene
demografische Entwicklung quasi »vorgezeichnet«.
Während der relative Beitrag der Frauen im Alter
zwischen 26 und 35 Jahren zu den Geburten
beständig zunahm, rückten besonders schwach
besetzte Jahrgänge aus Mitte der 1970er Jahre
anstelle der Baby-Boom-Generation in diese
Altersgruppe auf. In den nächsten Jahren kann
zwar nach Ergebnissen der
Bevölkerungsvorausberechnung von einer relativ
stabilen Zahl der potenziellen Mütter zwischen
26 und 35 Jahren ausgegangen werden. Spätestens
ab 2020 wird jedoch diese Altersgruppe
voraussichtlich deutlich schrumpfen, wodurch ein
erneutes Geburtentief ausgelöst werden kann."
(Webseitenabruf: 10.12.2017)
|
Das
Statistische Bundesamt sieht also in den 26- bis 35- jährigen
Frauen die entscheidende Anzahl potenzieller Mütter, die das
Geburtengeschehen dominieren. Während die Rede von den
Ungeborenen die nationalkonservative Ideologie verschleiert, ist
die Rede vom Rückgang potenzieller Mütter treffender wie hier
gezeigt werden soll. Betrachtet man die
Kohortenfertilität, dann stimmt es nicht, dass die 26-
35-jährigen Frauen für 60 Prozent des Geburtengeschehens
verantwortlich sind:
Tabelle 16: Der Anteil der 26- 35-jährigen Frauen am
Geburtengeschehen |
Frauenjahrgang |
CFT
26-35
Jahre |
CFT
15-49 Jahre |
Anteil
in Prozent |
1960 |
825,3 |
1656,8 |
49,8 |
1965 |
829,6 |
1551,7 |
53,5 |
1970 |
850,6 |
1505,4
(15-45 Jahre) |
56,5 |
1975 |
880,8 |
|
|
1980 |
910,6 |
|
|
|
Quelle:
DESTATIS-Datenbank, Rubrik
Altersspezifische
Geburtenziffern nach Frauenkohorten;
eigene Berechnungen;
Olga Pötzsch H.1/2010, Tabelle 3, S.183 |
Richtig ist
jedoch, dass die Bedeutung dieser Altersgruppe für die jüngeren
Frauenjahrgänge zugenommen hat. Im Frauenjahrgang 1979 tragen
aber inzwischen die 36-jährigen Frauen genauso viel zum
Geburtengeschehen bei wie die 26-Jährigen. Die Konsequenz ist,
dass die älteren Frauen immer bedeutender für das zukünftige
Geburtengeschehen werden. Dadurch wird der Rückgang der
potenziellen Mütter relativiert und er wirkt sich entsprechend
später aus. Das Statistische Bundesamt spricht deshalb davon,
dass ein erneutes Geburtentief ausgelöst werden KANN, was heißt:
Das ist noch gar nicht sicher. Wie falsch Einschätzungen sein
können, das zeigt die Argumentation des Soziologen Franz-Xaver
KAUFMANN, der den Mainstreammedien als Koryphäe gilt. Sein Buch
Schrumpfende Gesellschaft aus dem Jahr 2005 wurde begeistert
aufgenommen.
Schrumpfende Gesellschaft
"Wenn
- wie dies seit drei Jahrzehnten in der Bundesrepublik mit
kleinen Schwankungen kontinuierlich der Fall ist - sich
eine Frauengeneration über die Generationen hinweg nur
noch zu etwa zwei Dritteln ersetzt, so bedeutet dies, dass
1.000 Frauen nur noch 667 Töchter und 444 Enkelinnen und
296 Urenkelinnen bekommen. Wir stehen derzeit am Beginn
der Enkelphase der geburtenschwachen Jahrgänge ab 1973,
während die Enkelphase der Baby-Boomer aus den 1960er
Jahren abklingt. Ein neuerlicher Geburtenrückgang ist
damit für die kommenden Jahre vorprogrammiert, und er wird
sich beschleunigt fortsetzen, solange nicht die mittlere
Kinderzahl pro Frau nachhaltig steigt."
(2005, S.52) |
Vor kurzem
erklärten uns die Medien, dass der Geburtenanstieg der letzten
Jahre eine Folge des Anstiegs potenzieller Mütter sei. Die
Kinder der Babyboomer gebären derzeit die Enkel heißt es. Was
aber ist wirklich dran? Offenbar ist die zukünftige
Geburtenentwicklung keineswegs derart vorprogrammiert wie uns
die Demagogen weismachen wollen. In der Broschüre
Bevölkerung Deutschlands bis 2060.13. koordinierte
Bevölkerungsvorausberechnung heißt es:
Bevölkerung Deutschlands bis 2060
"Die
Geburtenzahl wird voraussichtlich noch
bis zum Jahr 2020 relativ stabil bei etwa
700.000 Neugeborenen bleiben. Dafür sorgt eine
günstige Altersstruktur der potenziellen Mütter:
Die relativ gut besetzten Jahrgänge der 1980er
Jahre (Kinder der Baby-Boomer) sind gegenwärtig
im Alter von Mitte 20 bis Mitte 30, in dem die
Geburtenhäufigkeit besonders hoch ist." (2015,
S.5)
|
Wie relevant
ist die "ausgefallene Generation" (Herwig BIRG) aber tatsächlich für das
gegenwärtige Geburtengeschehen? Hier führt der folgende Vergleich der
Geburtenzahlen mit den gegenwärtigen potenziellen Müttern
weiter, der aus der nachfolgenden Übersicht zu ersehen ist:
Tabelle 17:
Die Geburtenzahlen der zwischen 1970
und 2000
geborenen Frauen
Im Vergleich zur Anzahl potenzieller Mütter im Jahr 2015 |
Frauenjahrgang |
Anzahl
der
weiblichen
Lebendgeborenen |
Alter
(Jahr 2015) |
Potenzielle
Mütter im
Jahr 2015 |
Differenz
Spalte 2
und 4
(in %) |
alters-
spezifische
Geburten-
ziffer |
1970 |
509.815 |
45
Jahre |
601.731 |
15,3 |
1,8 |
1971 |
492.035 |
44
Jahre |
570.114 |
13,7 |
3,6 |
1972 |
438.185 |
43
Jahre |
534.192 |
18,0 |
6,6 |
1973 |
397.070 |
42
Jahre |
489.428 |
18,9 |
11,8 |
1974 |
391.990 |
41
Jahre |
467.428 |
16,1 |
20,3 |
1975 |
379.520 |
40
Jahre |
461.064 |
17,7 |
30,0 |
1976 |
388.585 |
39
Jahre |
463.375 |
16,1 |
39,6 |
1977 |
390.847 |
38
Jahre |
473.805 |
17,5 |
50,3 |
1978 |
392.753 |
37
Jahre |
479.436 |
18,1 |
62,6 |
1979 |
397.627 |
36
Jahre |
485.081 |
18,0 |
76,6 |
1980 |
421.641 |
35 Jahre |
500.122 |
15,7 |
87,8 |
1981 |
419.560 |
34 Jahre |
509.937 |
17,7 |
97,1 |
1982 |
418.516 |
33 Jahre |
508.977 |
17,8 |
105,4 |
1983 |
402.494 |
32 Jahre |
502.800 |
20,0 |
109,1 |
1984 |
395.045 |
31 Jahre |
494.689 |
20,1 |
110,1 |
1985 |
396.555 |
30 Jahre |
493.007 |
19,6 |
106,0 |
1986 |
413.331 |
29 Jahre |
500.174 |
17,4 |
98,7 |
1987 |
421.298 |
28 Jahre |
510.174 |
17,4 |
89,3 |
1988 |
433.942 |
27 Jahre |
517.111 |
16,1 |
78,1 |
1989 |
428.873 |
26 Jahre |
514.808 |
16,7 |
67,4 |
1990 |
440.296 |
25
Jahre |
509.620 |
13,6 |
55,7 |
1991 |
403.921 |
24 Jahre |
487.356 |
17,1 |
45,9 |
1992 |
394.307 |
23 Jahre |
453.554 |
13,1 |
38,1 |
1993 |
388.376 |
22 Jahre |
437.093 |
11,1 |
31,6 |
1994 |
373.734 |
21 Jahre |
422.596 |
11,6 |
26,2 |
1995 |
372.492 |
20 Jahre |
408.270 |
8,8 |
20,8 |
1996 |
386.800 |
19 Jahre |
403.851 |
4,2 |
14,5 |
1997 |
395.167 |
18 Jahre |
406.669 |
2,8 |
8,3 |
1998 |
382.169 |
17 Jahre |
401.001 |
4,7 |
4,7 |
1999 |
374.448 |
16 Jahre |
389.831 |
4,0 |
2,2 |
2000 |
373.676 |
15 Jahre |
384.964 |
2,8 |
0,8 |
|
Quelle:
Anzahl potentieller Mütter =
DESTATIS FS 1 Rh.1.3 2015 Bevölkerungsfortschreibung,
Tab. 2.1,
weibliche Bevölkerung im Jahresdurchschnitt, S.11; eigene
Berechnungen; Anzahl der
weiblichen Lebendgeborenen =
DESTATIS 2016: Zusammenfassende Übersichten -
Eheschließungen,
Geborene und Gestorbene - 1946 bis 2015
|
Im Jahr 2015
gab es durchschnittlich 5,05 Millionen potenzielle Mütter im Alter von 26 - 35
Jahren. Dagegen wurden in den Jahren 1980 - 1989 nur 4,15
Millionen Frauen in dieser Altersgruppe geboren. Höchstens 82,2 Prozent der
potenziellen Mütter wurden in Deutschland geboren (Die bereits
verstorbenen Frauen sind hier nicht berücksichtigt!). Mindestens
17,2 Prozent der potenziellen Mütter sind dagegen zugewandert.
Im Jahr 2015 war der Frauenjahrgang 1979 im Alter von 36 Jahren
für die zusammengefasste Geburtenziffer (TFR) bedeutender als
der Frauenjahrgang 1989 im Alter von 26 Jahren. Für das Jahr
2025 gibt die folgende Tabelle Auskunft, in welcher
Größenordnung der zu erwartende Rückgang potenzieller Mütter
liegen wird:
Tabelle 18:
Die Anzahl der potenziellen Mütter in den Jahren 2015 und
2025 |
Frauenjahrgang
im Jahr 2025 |
Anzahl der
weiblichen
Lebendgeborenen |
Alter
(Jahr 2025) |
Potenzielle
Mütter im
Jahr 2025
(Jahresende) |
Potenzielle
Mütter im
Jahr 2015
(Jahres-
durchschnitt) |
Differenz
zwischen
2015 und
2025 |
1980 |
421.641 |
45 Jahre |
531.000 |
601.731 |
- 70.731 |
1981 |
419.560 |
44 Jahre |
529.000 |
570.114 |
- 41.114 |
1982 |
418.516 |
43 Jahre |
532.000 |
534.192 |
- 2.192 |
1983 |
402.494 |
42 Jahre |
522.000 |
489.428 |
+ 32.572 |
1984 |
395.045 |
41 Jahre |
520.000 |
467.428 |
+ 52.572 |
1985 |
396.555 |
40 Jahre |
522.000 |
461.064 |
+ 60.936 |
1986 |
413.331 |
39 Jahre |
538.000 |
463.375 |
+ 74.625 |
1987 |
421.298 |
38 Jahre |
547.000 |
473.805 |
+ 73.195 |
1988 |
433.942 |
37 Jahre |
560.000 |
479.436 |
+ 80.564 |
1989 |
428.873 |
36 Jahre |
550.000 |
485.081 |
+ 64.919 |
1990 |
440.296 |
35 Jahre |
555.000 |
500.122 |
+ 54.878 |
1991 |
403.921 |
34 Jahre |
511.000 |
509.937 |
+ 1.063 |
1992 |
394.307 |
33 Jahre |
497.000 |
508.977 |
- 11.977 |
1993 |
388.376 |
32 Jahre |
489.000 |
502.800 |
- 13.800 |
1994 |
373.734 |
31 Jahre |
476.000 |
494.689 |
- 18.689 |
1995 |
372.492 |
30 Jahre |
469.000 |
493.007 |
- 24.007 |
1996 |
386.800 |
29 Jahre |
476.000 |
500.174 |
- 24.174 |
1997 |
395.167 |
28 Jahre |
468.000 |
510.174 |
- 42.174 |
1998 |
382.169 |
27 Jahre |
447.000 |
517.111 |
- 70.111 |
1999 |
374.448 |
26 Jahre |
434.000 |
514.808 |
- 80.808 |
2000 |
373.676 |
25 Jahre |
432.000 |
509.620 |
- 77.620 |
2001 |
356.889 |
24 Jahre |
412.000 |
487.356 |
-75.356 |
2002 |
349.973 |
23 Jahre |
398.000 |
453.554 |
- 55.554 |
2003 |
344.012 |
22 Jahre |
388.000 |
437.093 |
- 49.093 |
2004 |
343.605 |
21 Jahre |
383.000 |
422.596 |
- 39.596 |
2005 |
334.038 |
20 Jahre |
370.000 |
408.270 |
- 38.270 |
2006 |
326.908 |
19 Jahre |
361.000 |
403.851 |
- 42.851 |
2007 |
333.023 |
18 Jahre |
367.000 |
406.669 |
- 39.669 |
2008 |
332.652 |
17 Jahre |
368.000 |
401.001 |
- 33.001 |
2009 |
323.877 |
16 Jahre |
357.000 |
389.831 |
- 32.831 |
2010 |
330.710 |
15 Jahre |
362.000 |
384.964 |
- 22.964 |
|
Quelle:
Anzahl potentieller Mütter =
DESTATIS 2017
Bevölkerungsvorausberechnung Variante 2A;
Anzahl der weiblichen Lebendgeborenen =
DESTATIS 2016: Zusammenfassende Übersichten
-
Eheschließungen, Geborene und Gestorbene - 1946 bis 2015;
eigene Berechnungen |
Im Vergleich
zum Jahr 2015 gibt es im Jahr 2025 einen Rückgang potenzieller
Mütter von ca. 411.258. Da mit Durchschnitts- und
Jahresendwerten gerechnet wurde, kann der Rückgang auch rund
500.000 Frauen betragen.
Der Einfluss des Rückgangs
potenzieller Mütter auf die Geburtenzahl am Beispiel der Jahre
2015 und 2025
Um die
Auswirkungen des Rückgangs potenzieller Mütter darzustellen,
soll nun gefragt werden: Um wie viele Geburten verringert sich
die Geborenenzahl, wenn die altersspezifischen Geburtenziffern
im Jahr 2025 genauso hoch sind wie im Jahr 2015. Das entspricht
etwa den Annahmen der Variante 2A der aktualisierten 13.
koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (BVB Variante 2A).
Dazu ist die
Ermittlung der potenziellen Mütter erforderlich.
Annäherungsweise kann der Jahresdurchschnitt verwendet werden.
Das Statistische Jahrbuch 2017 (STJ 2017) enthält die
Geborenenzahlen nach dem Alter der Mutter im Alter von 15 - 44
Jahren. Daraus lässt sich dann die vom Statistischen Bundesamt
verwendete Zahl der potenziellen Mütter ermitteln. In der
nachfolgenden Tabelle sind die Unterschiede zwischen der
Annäherung und den Zahlen des Statistischen Bundesamtes
ersichtlich:
Tabelle 19: Die
Anzahl potenzieller Mütter im Jahr 2015 aufgrund zwei
verschiedener
Herangehensweisen und die Auswirkungen auf die Anzahl der
Geburten |
Frauenjahrgang |
Alter
(Jahr 2015) |
Potenzielle
Mütter im
Jahr 2015
(Jahres-
durchschnitt) |
alters-
spezifische
Geburten-
ziffer |
Anzahl
der
Geborenen
2015
(Jahres-
durchschnitt) |
Potenzielle
Mütter im
Jahr 2015
(STJ 2017) |
Anzahl
der
Geborenen
2015
(STJ 2017) |
|
45 -
49 Jahre |
|
|
|
|
2.268 |
1970 |
45
Jahre |
601.731 |
1,8 |
1.083 |
|
|
1971 |
44
Jahre |
570.114 |
3,6 |
2.052 |
557.500 |
2.007 |
1972 |
43
Jahre |
534.192 |
6,6 |
3.526 |
506.667 |
3.344 |
1973 |
42
Jahre |
489.428 |
11,8 |
5.775 |
470.085 |
5.547 |
1974 |
41
Jahre |
467.428 |
20,3 |
9.489 |
464.680 |
9.433 |
1975 |
40
Jahre |
461.064 |
30,0 |
13.832 |
456.400 |
13.692 |
1976 |
39
Jahre |
463.375 |
39,6 |
18.350 |
470.379 |
18.627 |
1977 |
38
Jahre |
473.805 |
50,3 |
23.832 |
477.237 |
24.005 |
1978 |
37
Jahre |
479.436 |
62,6 |
30.013 |
481.437 |
30.138 |
1979 |
36
Jahre |
485.081 |
76,6 |
37.157 |
487.990 |
37.380 |
1980 |
35 Jahre |
500.122 |
87,8 |
43.911 |
511.435 |
44.904 |
1981 |
34 Jahre |
509.937 |
97,1 |
49.515 |
508.847 |
49.409 |
1982 |
33 Jahre |
508.977 |
105,4 |
53.646 |
508.795 |
53.627 |
1983 |
32 Jahre |
502.800 |
109,1 |
54.855 |
496.461 |
54.164 |
1984 |
31 Jahre |
494.689 |
110,1 |
54.465 |
492.652 |
54.241 |
1985 |
30 Jahre |
493.007 |
106,0 |
52.259 |
492.868 |
52.244 |
1986 |
29 Jahre |
500.174 |
98,7 |
49.367 |
507.508 |
50.091 |
1987 |
28 Jahre |
510.174 |
89,3 |
45.559 |
512.553 |
45.771 |
1988 |
27 Jahre |
517.111 |
78,1 |
40.386 |
521.383 |
40.720 |
1989 |
26 Jahre |
514.808 |
67,4 |
34.698 |
507.655 |
34.216 |
1990 |
25
Jahre |
509.620 |
55,7 |
28.386 |
510.539 |
28.437 |
1991 |
24 Jahre |
487.356 |
45,9 |
22.370 |
463.464 |
21.273 |
1992 |
23 Jahre |
453.554 |
38,1 |
17.280 |
443.281 |
16.889 |
1993 |
22 Jahre |
437.093 |
31,6 |
13.812 |
431.108 |
13.623 |
1994 |
21 Jahre |
422.596 |
26,2 |
11.072 |
412.866 |
10.817 |
1995 |
20 Jahre |
408.270 |
20,8 |
8.492 |
402.644 |
8.375 |
1996 |
19 Jahre |
403.851 |
14,5 |
5.856 |
405.586 |
5.881 |
1997 |
18 Jahre |
406.669 |
8,3 |
3.376 |
410.964 |
3.411 |
1998 |
17 Jahre |
401.001 |
4,7 |
1.885 |
390.426 |
1.835 |
1999 |
16 Jahre |
389.831 |
2,2 |
858 |
377.727 |
831 |
2000 |
15 Jahre |
384.964 |
0,8 |
308 |
381.250 |
305 |
Gesamt |
|
|
1.502 |
736.382 |
|
737.630 |
|
Quelle:
Anzahl potentieller Mütter =
DESTATIS FS 1 Rh.1.3 2015 Bevölkerungsfortschreibung,
Tab. 2.1,
weibliche Bevölkerung im Jahresdurchschnitt, S.11;
Statistisches Jahrbuch 2017; eigene Berechnungen
|
Betrachtet
man die Frauen im Alter von 15 - 44 Jahren, dann liegt die
Geborenenzahl bei Verwendung des Jahresdurchschnitts bei
736.382, während sie in Wirklichkeit bei 735.307 liegt. Das ist
eine Abweichung von 0,15 Prozent.
Im Folgenden
soll nun errechnet werden, wie viele Geburten es im Jahr 2025
aufgrund des Rückgangs der potenziellen Mütter bei gleich
bleibender Geburtenrate, gemessen durch die altersspezifischen
Geburtenziffern, weniger geben würde. Dabei werden nur die
Frauen im Alter von 15 - 44 Jahren berücksichtigt. Aus der
folgenden Tabelle ist das Geburtendefizit ersichtlich:
Tabelle 20: Das
Geburtendefizit durch den Rückgang potenzieller Mütter im
Jahr 2025 |
Frauenjahrgang
im Jahr 2025 |
Alter
(Jahr 2025) |
Potenzielle
Mütter im
Jahr 2025
(Jahresende) |
Potenzielle
Mütter im
Jahr 2015
(Jahres-
durchschnitt) |
Differenz
zwischen
2015 und
2025 |
alters-
spezifische
Geburten-ziffer |
Geburtendefizit
aufgrund
Rückgang
potenzieller
Mütter |
1981 |
44 Jahre |
529.000 |
570.114 |
- 41.114 |
3,6 |
-
148 |
1982 |
43 Jahre |
532.000 |
534.192 |
- 2.192 |
6,6 |
- 14 |
1983 |
42 Jahre |
522.000 |
489.428 |
+ 32.572 |
11,8 |
+
384 |
1984 |
41 Jahre |
520.000 |
467.428 |
+ 52.572 |
20,3 |
+
1.067 |
1985 |
40 Jahre |
522.000 |
461.064 |
+ 60.936 |
30,0 |
+
1.828 |
1986 |
39 Jahre |
538.000 |
463.375 |
+ 74.625 |
39,6 |
+
2.955 |
1987 |
38 Jahre |
547.000 |
473.805 |
+ 73.195 |
50,3 |
+
3.682 |
1988 |
37 Jahre |
560.000 |
479.436 |
+ 80.564 |
62,6 |
+
5.043 |
1989 |
36 Jahre |
550.000 |
485.081 |
+ 64.919 |
76,6 |
+
4.972 |
1990 |
35 Jahre |
555.000 |
500.122 |
+ 54.878 |
87,8 |
+
4.818 |
1991 |
34 Jahre |
511.000 |
509.937 |
+ 1.063 |
97,1 |
+
103 |
1992 |
33 Jahre |
497.000 |
508.977 |
- 11.977 |
105,4 |
-
1.262 |
1993 |
32 Jahre |
489.000 |
502.800 |
- 13.800 |
109,1 |
-
1.506 |
1994 |
31 Jahre |
476.000 |
494.689 |
- 18.689 |
110,1 |
-
2.058 |
1995 |
30 Jahre |
469.000 |
493.007 |
- 24.007 |
106,0 |
-
2.545 |
1996 |
29 Jahre |
476.000 |
500.174 |
- 24.174 |
98,7 |
-
2.386 |
1997 |
28 Jahre |
468.000 |
510.174 |
- 42.174 |
89,3 |
-
3.766 |
1998 |
27 Jahre |
447.000 |
517.111 |
- 70.111 |
78,1 |
-
5.476 |
1999 |
26 Jahre |
434.000 |
514.808 |
- 80.808 |
67,4 |
-
5.446 |
2000 |
25 Jahre |
432.000 |
509.620 |
- 77.620 |
55,7 |
- 4.323 |
2001 |
24 Jahre |
412.000 |
487.356 |
-75.356 |
45,9 |
- 3.459 |
2002 |
23 Jahre |
398.000 |
453.554 |
- 55.554 |
38,1 |
- 2.117 |
2003 |
22 Jahre |
388.000 |
437.093 |
- 49.093 |
31,6 |
- 1.551 |
2004 |
21 Jahre |
383.000 |
422.596 |
- 39.596 |
26,2 |
- 1.037 |
2005 |
20 Jahre |
370.000 |
408.270 |
- 38.270 |
20,8 |
- 796 |
2006 |
19 Jahre |
361.000 |
403.851 |
- 42.851 |
14,5 |
- 621 |
2007 |
18 Jahre |
367.000 |
406.669 |
- 39.669 |
8,3 |
- 329 |
2008 |
17 Jahre |
368.000 |
401.001 |
- 33.001 |
4,7 |
- 155 |
2009 |
16 Jahre |
357.000 |
389.831 |
- 32.831 |
2,2 |
- 72 |
2010 |
15 Jahre |
362.000 |
384.964 |
- 22.964 |
0,8 |
- 18 |
Gesamt |
|
|
|
|
|
- 14.233
( - 1,9 %) |
|
Quelle:
Anzahl potentieller Mütter =
DESTATIS 2017
Bevölkerungsvorausberechnung Variante 2A;
DESTATIS FS 1 Rh.1.3 2015 Bevölkerungsfortschreibung,
Tab. 2.1,
weibliche Bevölkerung im Jahresdurchschnitt,
S.11; eigene Berechnungen |
Das
Geburtendefizit im Jahr 2025 würde sich bei einer Geburtenrate
von 1,5 (TFR) auf 14.233 Kinder belaufen. Statt der 736.382 Kinder, die
2015 von den 15- bis 44-jährigen Frauen geboren wurden, würden
nur 722.149 Kinder geboren werden. Der Rückgang der Geburtenzahl
beträgt also lediglich rund 1,9 Prozent. Die Variante 2A der
Bevölkerungsvorausberechnung prognostiziert für das Jahr 2025
ein Geburtenzahl von 733.300 (siehe weiter oben). Das hier präsentierte Beispiel ist
also keineswegs aus der Luft gegriffen, sondern entspricht in
etwa der Annahme des Statistischen Bundesamts. Im Beispiel
wurden nicht wie beim Statistischen Bundesamt die 15 -
49-Jährigen, sondern nur die 15 - 44-jährigen Frauen betrachtet.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der viel beschworene
Rückgang der potenziellen Mütter vergleichsweise geringe
Auswirkungen auf die zukünftige Geburtenzahl haben wird.
Inwieweit es überhaupt zu einem Rückgang der Geburtenzahlen nach
2020 kommen wird, das hängt in erster Linie von der
Kohortenfertilität ab. Nationalkonservative sprechen gerne
davon, dass Ungeborene keine Kinder bekommen können, was jedoch
davon ablenkt, dass die potenziellen Mütter nicht in Deutschland
geboren sein müssen, sondern zuwandern können. Unter den
Zugewanderten können auch Deutsche sein, die als Kinderlose
Deutschland den Rücken gekehrt haben und als Mütter wieder
zurückkehren.
Der Einfluss der steigenden Kohortenfertilität
auf die zukünftige Geburtenentwicklung am Beispiel der Jahre
2015 und 2025
Weiter oben
haben wir betrachtet, was passiert, wenn der Frauenjahrgang 1985
eine Kohortenfertilität von 1,6 erreicht. Wie viele Kinder würde
ein Frauenjahrgang gebären im Vergleich zu einer
Kohortenfertilität von 1,5? Dazu kann das obige Beispiel als
Maßstab herangezogen werden. Es wird zu Demonstrationszwecken so
getan, als ob die Kohortenfertilität (CFT) identisch mit der
zusammengefassten Geburtenziffer (TFR) wäre. Die
altersspezifischen Geburtenziffern des Frauenjahrgangs 1985 im
Szenario Fortschreibung des durchschnittlichen Anstiegs
(Annäherung) werden hier verwendet. Dies führt dazu, dass der
Anstieg des Erstgebäralters unterschätzt wird. Nichtsdestotrotz
kann gezeigt werden, wie sich ein Anstieg der Geburtenrate
tendenziell auf die Geburtenentwicklung im Jahr 2025 auswirkt.
Die angenommenen Werte für die altersspezifischen
Geburtenziffern sind durchaus im Jahr 2025 erreichbar, zumal der
Anstieg des Gebäralters zu mehr und nicht zu weniger Geburten
führen würde. Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass die
Entwicklung der potenziellen Mütter einem Anstieg des
Gebäralters entgegenkommt, weil die höheren Lebensalter noch stärker
besetzt sind als die niedrigen Lebensalter.
Tabelle 21: Der
Einfluss der Geburtenrate auf die Entwicklung der
Geburtenzahl
im Jahr 2025 |
Frauenjahrgang
(Alter in Jahren) |
CFT 1985
|
Potenzielle
Mütter im
Jahr 2025
(Jahresende) |
Anzahl
der
Geburten
bei CFT
1,6 |
Anzahl
der
Geburten
bei TFR
1,5 |
15
Jahre |
0,9 |
362.000 |
326 |
290 |
16
Jahre |
3,1 |
357.000 |
1.107 |
786 |
17
Jahre |
7,7 |
368.000 |
2.834 |
1.730 |
18
Jahre |
13,1 |
367.000 |
4.808 |
3.047 |
19
Jahre |
20,9 |
361.000 |
7.545 |
5.235 |
20
Jahre |
29,1 |
370.000 |
10.767 |
7.696 |
21
Jahre |
34,9 |
383.000 |
13.367 |
10.035 |
22
Jahre |
40,6 |
388.000 |
15.753 |
12.261 |
23
Jahre |
45,3 |
398.000 |
18.029 |
15.163 |
24
Jahre |
50,7 |
412.000 |
20.888 |
18.911 |
25
Jahre |
59,9 |
432.000 |
25.877 |
24.063 |
26
Jahre |
67,7 |
434.000 |
29.382 |
29.252 |
27
Jahre |
76,6 |
447.000 |
34.240 |
34.910 |
28
Jahre |
85,6 |
468.000 |
40.061 |
41.793 |
29
Jahre |
97,2 |
476.000 |
46.267 |
46.981 |
30
Jahre |
106,0 |
469.000 |
49.714 |
49.714 |
31
Jahre |
112,0 |
476.000 |
53.312 |
52.407 |
32
Jahre |
111,2 |
489.000 |
54.377 |
53.349 |
33
Jahre |
108,0 |
497.000 |
53.676 |
52.384 |
34
Jahre |
99,3 |
511.000 |
50.742 |
49.618 |
35
Jahre |
92,0 |
555.000 |
51.060 |
48.729 |
36
Jahre |
80,4 |
550.000 |
44.220 |
42.129 |
37
Jahre |
66,4 |
560.000 |
37.184 |
35.056 |
38
Jahre |
53,5 |
547.000 |
29.265 |
27.514 |
39
Jahre |
42,8 |
538.000 |
23.026 |
21.305 |
40
Jahre |
33,9 |
522.000 |
17.696 |
15.660 |
41
Jahre |
22,1 |
520.000 |
11.492 |
10.556 |
42
Jahre |
13,3 |
522.000 |
6.943 |
6.159 |
43
Jahre |
7,5 |
532.000 |
3.990 |
3.512 |
44
Jahre |
4,2 |
529.000 |
2222 |
1.904 |
45
Jahre |
2,2 |
|
|
|
46
Jahre |
1,3 |
|
|
|
47
Jahre |
0,4 |
|
|
|
48
Jahre |
0,2 |
|
|
|
49
Jahre |
0,1 |
|
|
|
Kinderzahl mit 44 Jahren |
|
|
760.170
( + 5,3 %) |
722.149 |
Endgültige Kinderzahl |
1.602,6 |
|
|
|
|
Quelle:
Anzahl potentieller Mütter =
DESTATIS 2017
Bevölkerungsvorausberechnung
Variante 2A;
eigene Berechnungen |
Es zeigt
sich, dass ein Anstieg der Geburtenrate um 0,1 von 1,5 auf 1,6
Kinder pro Frau den Rückgang der potenziellen Mütter nicht nur
kompensieren kann. Selbst ein scheinbar geringer Anstieg führt
dazu, dass ein Einbruch der Geburtenzahlen ausbleibt. Die
Bevölkerungsvorausberechnung Variante 2 A geht von einer
Konstanz der Geburtenrate aus, weshalb die Geburtenzahlen
bereits bald zurückgehen: Die nachfolgende Tabelle zeigt die
Entwicklung der Geburten, die das Statistische Bundesamt
annimmt. Alternativ könnte die Geburtenzahl über 30.000 Geburten
höher liegen.
Tabelle 22: Die Entwicklung der
Geburtenzahlen gemäß BVB
Variante 2A bis 2040 |
Jahr |
Anzahl
der Geburten
(BVB
Variante 2A) |
Anzahl
der Geburten
bei einer CFT von
1,6 Kinder pro Frau |
tatsächliche
Geburtenzahl |
2015 |
737.600 |
|
737.575 |
2016 |
747.300 |
|
792.000 |
2017 |
754.800 |
|
|
2018 |
758.600 |
|
|
2019 |
759.800 |
|
|
2020 |
758.900 |
|
|
2021 |
756.000 |
|
|
2022 |
751.800 |
|
|
2023 |
746.500 |
|
|
2024 |
740.300 |
|
|
2025 |
733.300 |
765.000 |
|
2030 |
689.000 |
|
|
2035 |
648.100 |
|
|
2040 |
630.200 |
|
|
|
Das
Statistische Bundesamt geht gerne von konstanten Annahmen aus,
da dies zu lang anhaltenden Abwärtsbewegungen führt.
Realistische Geburtenentwicklungen zeichnen sich dagegen durch
ein Auf- und Ab aus. Inzwischen wäre eine Variante 2 B mit einem
Anstieg der Geburtenrate auf 1,6 erforderlich, um die zukünftige
Geburtenentwicklung besser einordnen zu können.
Die Entwicklung der Geburten in
Sachsen
von 2009 - 2016 und die Auswirkungen auf den Schulbereich
Weiter oben
wurde das Beispiel Berlin betrachtet, um die Herausforderungen
aufzuzeigen, die sich durch einen Anstieg der Geburtenrate
ergibt. Wie aber sieht es in den fünf ostdeutschen
Flächenstaaten aus? Dort herrscht eine besondere Situation.
Beispielhaft soll auf Sachsen eingegangen werden. Dort ist die
CDU seit der Wiedervereinigung an der Macht gewesen. Bei der
Bundestagswahl 2017 wurde die CDU knapp von der AfD als stärkste
Partei im Freistaat überrundet. Diesen Monat wurde der
CDU-Generalsekretär in Sachsen, Michael KRETSCHMER, der sein
Direktmandat im Wahlkreis Görlitz an einen AfD-Politiker verlor,
zum neuen Ministerpräsidenten gewählt.
Die CDU hat
in Sachsen das Bildungssystem heruntergewirtschaftet und droht
nun aufgrund der Versäumnisse im Wettbewerb um Lehrer unter die
Räder zu kommen. Sachsen hatte 2015 die höchste Geburtenrate in
Deutschland zu verzeichnen, dennoch wurden dort nur etwa gleich
viel Kinder wie in Berlin geboren.
Verantwortlich dafür ist der dramatische Geburtenaufschub in den
1990er Jahren. Hier hat die Rede, dass Ungeborene keine
Kinder bekommen können, mehr Berechtigung als anderswo, denn die
Abwanderung hat das Potenzial an Müttern zusätzlich reduziert
und eine unterdurchschnittliche Zuwanderung kann dies auch nicht
so schnell ausgleichen. Nichtsdestotrotz hat Sachsen den
Geburtenanstieg verschlafen. Aus der folgenden Tabelle ist die
Geburtenentwicklung in Sachsen und Berlin ersichtlich:
Tabelle
23: Die
Entwicklung der Geburten in Sachsen 2009 - 2015 im
Vergleich mit Berlin |
Jahr |
2009 |
2010 |
2011 |
2012 |
2013 |
2014 |
2015 |
Sachsen |
Geburtenzahl |
34.093 |
35.091 |
34.423 |
34.686 |
34.800 |
35.935 |
36.466 |
Geburtenrate |
1.437,6 |
1.492,8 |
1.475,2 |
1.518,3* |
1.526,7* |
1.572,3* |
1.588,4* |
Bevölkerung in
Millionen
(31.12.) |
4,169 |
4,149 |
4,054 |
4,050 |
4,046 |
4,055 |
4,085 |
Berlin |
Geburtenzahl |
32.104 |
33.393 |
33.075 |
34.678 |
35.038 |
37.368 |
38.030 |
Geburtenrate |
1.299,7 |
1343,9 |
1393,9* |
1.418,1* |
1399,2* |
1.455,9* |
1449,9* |
Bevölkerung in
Millionen
(31.12.) |
3,443 |
3,461 |
3,292 |
3,375 |
3,422 |
3,470 |
3,520 |
Differenz
Sachsen
zu Berlin |
Geburtenzahl |
+ 1.989 |
+ 1.698 |
+ 1.348 |
+ 8 |
- 238 |
- 1.433 |
- 1.564 |
Bevölkerung in
Millionen
(31.12.) |
0,736 |
0,688 |
0,762 |
0,675 |
0,624 |
0,585 |
0,565 |
|
Quelle:
2009: Statistisches
Jahrbuch Sachsen 2010; 2010-2012: Statistisches Jahrbuch
Sachsen
2010, 2013 und 2014; 2013-2015:
Statistisches Jahrbuch Sachsen 2017; eigene Berechnungen
Anmerkung: * Geburtenrate auf Basis des Zensus 2011;
Berlin siehe hier |
Durch den
Zensus 2011 wurden die Geburtenzahlen nicht berührt, aber die
Bevölkerungszahl und die Zahl der potenziellen Mütter
verringerte sich. Durch den Zensus 2011 verlor Berlin 5,6 % der
potenziellen Mütter, während es in Sachsen nur 2,4 % waren (vgl.
PÖTZSCH 2017, Abb.2, S.74). Obwohl in Sachsen 2015 über
550.000 Einwohner mehr lebten als in Berlin und die Geburtenrate
im Jahr 2015 um 138 Kinder pro 1000 Frauen höher lag als in
Berlin, wurden in Sachsen über 1.500 Kinder weniger geboren als
in Berlin. Aus der nachfolgenden Tabelle ist die Entwicklung der
Geburten in Sachsen im Vergleich mit der Prognose der
Kultusministerkonferenz zu ersehen:
Tabelle
24: Die
Entwicklung der Geburten in Sachsen 2009 - 2015 im
Vergleich zur
Prognose der Kultusministerkonferenz (KMK) |
Jahr |
2009 |
2010 |
2011 |
2012 |
2013 |
2014 |
2015 |
Gesamtzahl |
34.093 |
35.091 |
34.423 |
34.686 |
34.800 |
35.935 |
36.466 |
1. Kinder |
17.462 |
17.757 |
17.438 |
17.226 |
17.131 |
17.701 |
17.810 |
2. Kinder |
11.584 |
12.188 |
11.853 |
12.156 |
12.274 |
12.610 |
12.837 |
3. Kinder |
3.444 |
3.510 |
3.522 |
3.687 |
3.708 |
3.862 |
3.943 |
4. Kinder |
1.002 |
1.067 |
1.014 |
1.011 |
1.103 |
1.124 |
1.205 |
5. u. w. Kinder |
601 |
569 |
596 |
606 |
584 |
638 |
671 |
Geburtenrate (TFR) |
1.437,6 |
1.492,8 |
1.475,2 |
1.484,4
1.518,3* |
1.526,7* |
1.572,3* |
1.588,4* |
KMK-Prognose |
|
33.000 |
32.800 |
32.600 |
32.300 |
32.000 |
31.700 |
Differenz |
|
+ 2.091 |
+ 1.623 |
+ 2.086 |
+ 2.500 |
+ 3.935 |
+ 4.766 |
|
Quelle:
2009: Statistisches
Jahrbuch Sachsen 2010; 2010-2012: Statistisches Jahrbuch
Sachsen
2010, 2013 und 2014; 2013-2015:
Statistisches Jahrbuch Sachsen 2017; eigene Berechnungen
Anmerkung: * Geburtenrate auf Basis des Zensus 2011 |
Auch in
Sachsen liegt die Geburtenzahl über der KMK-Prognose.
Die Berechnungen der
Kultusministerkonferenz liegen für Sachsen im Zeitraum von nur 6
Jahren um ca. 17.000 Kindern unter den tatsächlichen
Geburtenzahlen. Für das
erste Halbjahr 2016 meldet das Statistische Bundesamt 18.289
Geburten. Im Jahr 2015 waren es 16.516 Geburten (2. Halbjahr: 19.950).
Bis zum Ende September 2016 sind in Sachsen 28.714 Kinder
geboren worden. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Differenz 2016
erheblich steigen wird (KMK-Prognose: 31.400)
Das Statistische Bundesamt geht in
seiner im März 2017 aktualisierten 13. koordinierten
Bevölkerungsvorausberechnung für die 5 ostdeutschen Flächenländern von
102.700 Geburten aus. Aus der nachfolgenden Übersicht ist der Stand
der Geburten für die ostdeutschen Flächenländer abzulesen. Die Zahlen
deuten darauf hin, dass die Prognose übertroffen wird. Derzeit sind
93.522 Geburten gemeldet, wobei für Sachsen das letzte Quartal und
für Mecklenburg-Vorpommern noch die letzten 4 Monate fehlen.
Auch die
Entwicklung der Schulanfänger entfernt sich Jahr für Jahr weiter
von der KMK-Prognose:
Tabelle 26: Die
Entwicklung der Schulanfänger in Sachsen 2011 - 2016 im
Vergleich zur
aktuellen
Prognose der Kultusministerkonferenz (KMK) |
Jahr |
2011 |
2012 |
2013 |
2014 |
2015 |
2016 |
KMK-Prognose |
32.419 |
31.730 |
32.140 |
33.640 |
32.840 |
33.140 |
tatsächliche Zahl der
Schulanfänger |
32.419 |
31.933 |
33.800 |
34.684 |
34.903 |
35.808 |
|
Quelle:
DESTATIS
Fachserie Bildung und Kultur - allgemeinbildende Schulen
Schuljahre
2010/11 - 2016/2017;
Vorausberechnung der Kultusministerkonferenz |
Die Kluft
zwischen Prognose und tatsächlicher Entwicklung ist für die
Schulanfänger in Sachsen zwar geringer als in Berlin. Jedoch
leidet das Land seit vielen Jahren unter dem besonders strengen
Spardiktat der Landesregierung, sodass Sachsen im Wettbewerb um
das vorhandene Lehrpersonal besonders viele Anstrengungen
unternehmen muss. Im Artikel
Improvisieren und die Ausfälle verwalten schreibt
Susanne KAILTIZ in der Wochenzeitung Das Parlament v.
04.12. 2017 zum bevorstehenden Lehrermangel in Deutschland und
insbesondere in Sachsen:
Improvisieren und die Ausfälle verwalten
"In den
Prognosen der Kultusministerkonferenz, nach
denen sich die Länder in ihrer Schulplanung
richten, sieht zwar alles gut aus: In ihrer
letzten Berechnung aus dem Jahr 2013 heißt es,
in den westdeutschen Flächenländern sinken die
Schülerzahlen bis 2025 anhaltend auf 7,6
Millionen. Das sind 1,6 Millionen weniger
Schüler als noch 2011. Im Osten bleibt die
Schülerzahl weitgehend auf dem heutigen Niveau
von rund 1,4 Millionen. Experten sehen das
allerdings anders. Es werde alles noch viel
schlimmer kommen als bisher, warnte die
Bertelsmann-Stiftung im Spätsommer. Berechnungen
der Bildungsforscher Klaus Klemm und Dirk Zorn
zufolge wird die Zahl der Schüler viel stärker
ansteigen. In ihrer Studie heißt es, im Jahr
2025 werde es rund 8,3 Millionen Schüler geben -
das ist deutlich mehr, als die Kultusminister
bisher prognostiziert haben. Der Grund seien
steigende Geburtenzahlen und Zuwanderung: »Das
Zeitalter sinkender Schülerzahlen ist zu Ende.«
Für die Schulen habe diese Entwicklung
dramatische Folgen: Allein an den Grundschulen
würden in den nächsten acht Jahren fast 25.000
neue Lehrer gebraucht, heißt es. (...)
Die Maßnahmen der Länder gegen den Lehrermangel
sind unterschiedlich - aber nur selten eine
wirkliche Problemlösung. So hat Thüringen sich
gerade entschieden, Lehrer wieder zu verbeamten.
In Baden-Württemberg werden Pädagogen in
Teilzeit »unangenehme Gespräche« angekündigt,
zudem bemüht man sich, Oberschul- und
Gymnasiallehrer dazu zu bewegen, an Grundschulen
zu unterrichten, Lehrer aus der Rente
zurückzuholen oder Personal von einer Schulart
zur anderen abzuordnen. Diskutiert werden auch
Reformen bei der Lehrerbildung (...).
Die verbreitetste Maßnahme für mehr Personal ist
(...) die Einstellung von Quereinsteigern. Das
heißt: Es kommen Akademiker zum Teil ohne jede
didaktische oder pädagogische Vorbildung an die
Schulen. Das trifft auf drei Viertel der
Neueinstellungen in Chemnitz zu, in ganz Sachsen
lag die Quote bei mehr als 50 Prozent. In vielen
Fällen hatten die Quereinsteiger keine Zeit mehr
für eine Qualifizierung, selbst vorbereitende
Crashkurse gab es nicht."
|
Wenn jetzt
schon in Sachsen derartige Probleme bestehen, kann man sich
leicht ausrechnen, was passiert wenn sich in den nächsten Jahren
der Schüleranstieg noch beschleunigt. Sachsen könnte das erste
Land sein, in dem 2019 die Alternative für Deutschland an die
Macht gelangt, wenn das Land diese Probleme nicht bewältigt.
Fazit: Ein Anstieg der endgültigen Kinderzahlen
in den Frauenjahrgängen bis 1985 auf 1,6 Kinder pro Frau ist
beim Ausbleiben von Krisen möglich
Fasst man die vorliegenden
Daten zusammen, dann ist ein Geburtenanstieg nicht nur für die
Frauenjahrgänge bis 1973 wahrscheinlich, sondern für alle
Frauenjahrgänge der 1970er Jahre. Auch bei den Frauenjahrgängen
bis 1985 könnte der Geburtenanstieg weiter anhalten. Ein Anstieg
der Kohortenfertilität auf 1,6 ist deshalb durchaus möglich. Das hängt
aber auch von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung in
Deutschland ab, denn Krisen führen in der Regel zum Aufschub von
Geburten, der die Entwicklung behindern könnte.
Auf alle Fälle ist
Deutschland für den möglichen Geburtenanstieg in den nächsten
Jahren nicht gerüstet. Durch den Blick in die fernere Zukunft
gerieten die bereits eingetretenen Entwicklungen aus dem Blick.
Wer allzu sehr auf das Schrumpfen fixiert ist, der verpasst die
Chancen, die in der Geburtenentwicklung der nächsten Jahre
angelegt sind. Die Schrumpfung wäre dann die Folge einer sich
selbst erfüllenden Prophezeiung.
Alle
Bevölkerungsvorausberechnungen - und erst recht die regionalen
Bevölkerungsvorausberechnungen - unterschätzen die
Geburtenentwicklung. Es drohen dadurch weitere Engpässe bei der Kinderbetreuung und in den Schulen, die dazu führen können, dass
Eltern sich gegen weitere Kinder und Kinderlose gegen Kinder
entscheiden. Sollten die aufgezeigten Entwicklungen anhalten, so
droht Deutschland von der Geburtenentwicklung überrollt zu
werden. Die Herausforderungen des demografischen Wandels stellen
sich nicht etwa erst nach 2030, sondern bereits jetzt. Und auf
einem Gebiet, das die Wenigsten überhaupt im Blick haben. Nicht
der Kollaps der Rentenversicherung ist das Hauptproblem, sondern
die Bewältigung des Geburtenanstiegs der nächsten 10 Jahre.
|
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