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Einführung
Frauen und Kinder zuerst
"Ich selbst habe
immer wieder beobachten können - in den achtziger Jahren
noch amüsiert, später mehr und mehr unversöhnlich und
ärgerlich -, wie man als Mann beste Karten bekam in
selbstbewusst debattierenden Frauenkreise. Das Verfahren
war vergleichsweise überschaubar. Methode: Vorurteile
bestätigen, Anti-Männer-Klischees hochhalten und
aktualisieren, sein eigenes Geschlecht mit Häme, Kritik
und schnoddriger Abwertung vorführen - all das half, als
Individuum, obschon männlich, akzeptiert zu werden. Zu
ernten war damit nicht nur Zustimmung, sondern phasenweise
sogar echter menschlicher Respekt für die scheinbar
intelligente Großtat, sein Geschlecht zum
Generalschadensverursacher zu erklären. Versucht nun aber
derselbe männliche Mensch mit einem Perspektivenwechsel
Verständnis für Nöte, Zweifel, Zwänge in einem
stinknormalen Männerleben zu wecken, schauen die eben noch
Nickenden und Zustimmenden wie verwandelt."
(...)
Aus dem Ärger über diesen Denkstandard resultiert diese
Streitschrift. Männer, mit ihrem Selbstverständnis, ihrer
Identität und ihrem Gefühl mit dem Gesicht gegen die Wand
gedrückt, müssen sich umdrehen und endlich reden. Sie
müssen sich stellen, allem, was da ist: der Häme, dem
Unverständnis, der Rechthaberei.
(...)
Die Klärung, wo Kritik anzusetzen hat an einer einseitigen
Realitätsdeutung in Sachen »Patriarchat«, ist eine Aufgabe
reformorientierter Männer. Nicht schweigen, nicht die
Schultern einziehen, die Vorwürfe regnen lassen und,
frisch gedeckelt, weiter machen wie bisher, sondern:
Reden, die eigenen Gefühle und Positionen klären".
(2000) |
Im Wonnemonat Mai ist das
Buch Frauen und Kinder zuerst
erschienen. Der Autor Paul-Hermann GRUNER ist ein
so genannter "Neuer Mann", der sich in HOUELLEBECQscher Manier als Opfer der
Frauenbewegung der 1970er Jahre versteht und nun
sein spätes Coming Out hat. Sein Rebellengestus
wirkt etwas antiquiert, wenn er im Stile von
"Allein gegen die Frauenbewegung" seine
angeblich provokativen Themen vorträgt.
Die Krise des
Mannes
Die "Krise
des Mannes" ist spätestens seit dem Erfolg von
Michel HOUELLEBECQ, dessen erster Roman
Ausweitung der
Kampfzone im selben Verlag als Taschenbuch erschienen
ist, ein Modethema. Der Erfolg dieses Themas
wäre ohne den Rückhalt in Teilen der
Frauenbewegung kaum denkbar
. Dies
wird von GRUNER jedoch verschwiegen.
Geschlechterdemokratie
Seine Positionen sind weder
radikal noch originell, sondern werden bereits seit längerem
unter Stichworten wie "Geschlechterdemokratie" oder
"Gendermainstreaming" verhandelt. Im
Rahmen der Genderforschung gibt es bereits
Anfänge einer Männerforschung, die zur
"Männerdämmerung" (HOLLSTEIN) werden
soll.
Geschlechterkampf oder Kampf der
Lebensstile?
Es erscheint mir
jedoch fraglich, ob die Perspektive des
Geschlechterkampfes heute noch sinnvoll ist, oder ob
nicht vielmehr von einem
Kampf
der Lebensstile gesprochen werden
sollte. Es ist offensichtlich, dass heute
Lebensstile existieren, die den Geschlechterkampf
in der bisherigen Form beigelegt haben. Besonders
in den Neuen Mittelschichten
wird die Hausarbeit nicht mehr geteilt, sondern
gekauft! (siehe die Rezension zu Simone ODIERNA
).
Hinter der nationalkonservativen Kampfformel
Singles contra Familien
verbergen sich Konflikte, die sich nicht auf
Geschlechterverhältnisse reduzieren lassen,
sondern auf Verteilungskämpfe zwischen
Lebensstilen zurückzuführen sind. Mit seinen
Themen bleibt GRUNER deshalb immer einen Schritt
hinter dem aktuellen Diskurs zurück. Dies soll
anhand einiger Beispiele aufgezeigt werden.
Wehrdienst
Im Kapitel 3 spricht
GRUNER von der "Ganzkörper-Prostitution
der Männer" und meint
damit die Tatsache, dass Männer gegen ihren
Willen in der Armee verheizt werden. Nur ist es
so, dass in anderen Armeen schon längst Frauen
den "Dienst an der Waffe" leisten und
in Deutschland Frauen dies ebenfalls durchgesetzt
haben. Dennoch sind es vorwiegend Männer, die
Wehrdienst leisten, da hat GRUNER die Statistik
auf seiner Seite. Aber die Debatte geht
inzwischen darum, welche Männer zur Bundeswehr
eingezogen werden sollen. In der Welt v.
24.10.2000 wurde unter der Schlagzeile
Trauschein schützt vor Truppe wieder
einmal das Thema Singles contra
Familien variiert. Es gibt also wertlose
und wertvolle Männer. Aber es werden auch nicht
mehr alle Männer gebraucht und diese müssen
auch noch mit Frauen um die besten Positionen
kämpfen - ein Schlag gegen die traditionelle
Männlichkeit.
Männer- und Frauenberufe
Im Kapitel
4 Männer - die Idioten für alles. Die
»Hälfte des Himmels«? Wie wär's mit der
Hälfte von Müllabfuhr und Kanalreinigung? widmet sich
GRUNER am Beispiel des Kultbuchs Momo und der Figur des
Straßenkehrers Beppo den typischen
Männer- und Frauenberufen. Sein Credo:
Männerberufe sind schmutzig und gefährlich,
während Frauenberufe schnieke und schön sind.
GRUNER schwelgt in den Bildern der
heroischen Industriegesellschaft, die
den ganzen Mann forderte. Dies mag auch für die
Gegenwart noch stimmen, aber die Zukunft sieht
anders aus. Schmutz und Körperkraft sind nicht
das Kennzeichen der neuen Berufe in der
Dienstleistungsgesellschaft. In der
Produktion ersetzen zunehmend Roboter die
männliche Muskelkraft und die
Dienstleistungsbranche offeriert vermehrt
typische Frauenberufe. Nicht die Tatsache, dass
Frauen in Männerberufen weniger dominieren,
wäre das Thema gewesen, sondern der Wandel der
Arbeitswelt, der die männliche Identität
bedroht, weil die neuen Berufe die traditionelle
Männlichkeit in Frage stellen.
Geschiedene Männer und Zahlväter
Im Kapitel 6 kommt GRUNER zum Scheidungskrieg.
Bereits 10 Jahre zuvor hat der Soziologe Ulrich BECK das
Szenario in dem Buch Das ganz normale Chaos der Liebe
beschrieben, von dem sich GRUNER Zulauf
verspricht:
Frauen und
Kinder zuerst
"Vater
werden ist nicht schwer, geschiedener
Vater sein dagegen sehr. Wenn es zu spät
ist, wird in dem Kind die Familie zum Ort der
Hoffnung, der konkreten Mühe, für die
ansonsten 'beim besten Willen' Aufmerksamkeit
und Zeit einfach nicht vorhanden waren. Der
geschiedene, seine Gefühlswelt entdeckende
Vater-Mann ist der Trauerfall der erzwungenen
Emanzipation, die entdeckt, ergriffen wird,
wo ihr das Ziel entglitten ist.
Nun kehrt sich
alles gegen ihn. Zug um Zug bekommt er
Quittungen für seine familiale
Exterritorialität: erzwungene Einsamkeit,
angelernte Hilflosigkeit, Besuchszeiten,
Versorgungsregelungen - das sind die
Gitterstäbe, hinter der die entdeckte
Vaterschaft sich nun zu Unrecht eingesperrt
sieht. Die Empörung, der Schmerz, die
Verbitterung sind - manchmal - die
Schockwellen einer beginnenden
Männeremanzipation."
(2000) |
Der Vater
wird zum Zahlvater! Aber das ist noch nicht
alles. In der amtlichen Statistik zieht der
Zahlvater
in den Einpersonenhaushalt ein,
während die Mutter in den Familienhaushalt
einzieht. Damit sind wir wieder bei der
Kampfformel "Singles contra Familie". Geschiedene Männer
sind kein Sujet, dem sich die Single-Forschung
intensiv gewidmet hat. Single-Forschung war lange
Zeit Forschung von Frauen und damit
Frauenforschung, aber keine Männerforschung.
Die erste deutsche
Studie, die sich dem geschiedenen Mann
gewidmet hat, stammt vom Bamberger Soziologen Jörg ECKARDT. In
dem Buch
Gebrauchte
Junggesellen. Scheidungserleben und biographische
Verläufe aus dem Jahre 1993 wird auf
das Erleben des Scheidungsprozesses eingegangen.
ECKARDT unterscheidet zwischen passiv und
aktiv Getrennten und verschiedenen
Verlaufstypen, die sich danach unterscheiden, ob
die Ehe weiterhin als Ideal angestrebt wird
(Konsolidierung, Suspendierung und Regression)
oder nicht (Konversion).
Der Bamberger
Familiensoziologe Ronald BACHMANN hat sich dagegen in seiner
Studie Singles
aus dem Jahre 1992 speziell mit
geschiedenen
Männern, die zum Zeitpunkt der Studie partnerlos
waren und einen Einpersonenhaushalt führten,
beschäftigt. Er kommt zu dem Ergebnis, dass sich
geschiedene Männer am wenigsten von
traditionellen Rollenvorstellungen lösen
können:
Singles
"Sie
erweisen sich nicht nur in dem Moment des
Überganges in die Partnerlosigkeit als wenig
anpassungsfähig an ein Alleinleben, sondern
vermögen auch nach längerer
Single-Erfahrung einem leben ohne den
emotionalen Rückhalt einer Partnerin wenig
Sinn abzugewinnen. Ohne Partner leben ist
unter ihnen mit Abstand am stärksten mit
Gedanken an Einschränkungen,
Benachteiligungen, unerfüllten Wünschen und
Gefühlen der Einsamkeit assoziiert. Ein
Stück weit sind sie als Singles mit
Scheidungserfahrung aus der Spur ihrer
vertrauten Lebensperspektiven geraten, die
das Lebensmodell Familie so geradlinig
vorgezeichnet und dessen Verheißungen sie
sich in ihrem Leben mehr oder weniger »blind«
anvertraut hatten."
(1992) |
Hier muss
jedoch gefragt werden, inwieweit die Ergebnisse
auch Generationenerfahrungen bzw. die Erfahrungen
spezieller Gruppen von geschiedenen Männern
(Väter oder Kinderlose, langjährig oder nur
kurzzeitig verheiratet) widerspiegeln.
Die
Single-Gesellschaft als Ergebnis
der Scheidungsbewegung
Die Single-Gesellschaft wurde 1977
geboren und war im Kern eine Scheidungsbewegung,
denn in diesem Jahr trat das neue
Scheidungsgesetz in Kraft. Der
Bevölkerungsforscher Karl SCHWARZ schreibt 1981:
"Bei einer Scheidung wird das Sorgerecht
für die Kinder in der Regel der Mutter
zugesprochen. Daher lebten im April 1979 nur 12 %
der geschiedenen Männer, aber 42 % der
geschiedenen Frauen mit ledigen Kindern in einem
Mehrpersonenhaushalt".
1995 schreibt der
Soziologe HRADIL, daß
"Frauen viel
häufiger als Männer nach Scheidungen
Alleinerziehende werden (in Westdeutschland sind
84 % aller Alleinerziehenden Frauen) trägt dazu
bei, daß es weniger weibliche als männliche
Singles gibt."
Die
Patchworkfamilie und das Dilemma
der amtlichen Statistik
Der Soziologe Ulrich BECK weist
jedoch darauf hin, dass "leibliche
und soziale Elternschaft sowie soziale
und rechtliche Elternschaft immer
weniger zusammenfallen." Dies bedeutet
jedoch, dass die amtliche Statistik ein
Kategorienproblem hat. Die statistischen
Kategorien können Singles, Paare und Eltern
nicht trennen
. Die Kategorien
Einpersonenhaushalt und
Familienhaushalt bilden die
tatsächlich vorhanden Lebensstile immer weniger
ab. Wie will man z.B. eine Patchworkfamilie
einer der Kategorien zuordnen, wenn ein Kind
Montags bis Mittwochs bei seinem leiblichen
Vater, Mittwochs bis Freitag bei seiner
leiblichen Mutter und am Wochenende mal hier, mal
dort wohnt? Was ist mit jenen verheirateten
Alleinerziehenden, die mit einem neuen Partner
zusammenwohnen?
Die
Anti-Scheidungsbewegung als
Retter in der Not?
Mit der Scheidungsreform wurden private
Probleme öffentlich und damit sichtbar gemacht.
Das heißt jedoch nicht, dass vor der
Scheidungsreform die Ehe kein Problem war. Der
Soziologe René KÖNIG hat bereits Mitte der 1960er
Jahre von der "Individualisierung
der Ehe" gesprochen. 1978 hat er
darauf hingewiesen, dass das Nichtvorhandensein
einer rechtlichen Scheidungsmöglichkeit, die
auch Wiederverheiratung zulässt, nichts über
die Stabilität der Familie aussagt.
Er führt dann die "italienische
Scheidung" als Beispiel an, die
eine faktische Trennung der Ehepartner war,
jedoch keinen rechtlichen Ausdruck fand. Wenn
z.B. die US-amerikanische
Anti-Scheidungsbewegung auf der
rechtlichen Ebene wieder die Einführung von
Restriktionen zur Folge hätte, dann hieße dies
noch lange nicht, dass die Gefahr einer
"Single-Gesellschaft" abgewehrt wäre.
Es hieße vielmehr, dass das Problem öffentlich
unsichtbar werden würde, aber privat weiter
bestehen würde. Die Sehnsucht nach
stabilen Verhältnissen verkennt diesen
Umstand. Die Familie war auch vor 1968 keine
Idylle, die Probleme waren nur andere.
John Lennon
und die "Singles"
GRUNER kritisiert John
LENNON, der 1972 das Lied Women
is the nigger of the world geschrieben
hat. Wie kann LENNON so eine Behauptung
vertreten, wenn doch Männer offensichtlich die
Zahlväter der Nation sind? Der Widerspruch
klärt sich, wenn man den veränderten
historischen Kontext in Rechnung stellt. Als
LENNON das Lied sang, da gab es das Problem
Zahlvater in dieser Form noch nicht.
Der Kampf um
die Normalfamilie der Neuen Mitte
und die virtuelle Gruppe
"Singles"
Würde er
einen vergleichbar provokativen Song heute schreiben,
dann würde er vielleicht Single is the
nigger of the world singen, denn
"Singles" werden in zunehmenden Maße
diskriminiert, obwohl Singles im Grunde nur eine
virtuelle
Gruppe sind, die durch den
politischen Diskurs erst erzeugt wurde.
Als
soziale
Gruppe existieren "Singles"
nicht. In "Single-Haushalten"
leben Partnerlose, Paare, Eltern, junge und alte
Menschen. Es sind Menschen, die kein Bewusstsein
für ihre zugeschriebene gemeinsame Lage
besitzen, weil ihre Lebenssituation zu
verschieden ist. Viele würden das Etikett
"Single" für sich strikt ablehnen.
Eine ganze Industrie verdient gut an den
Partnerlosen (die nur zum Teil überhaupt in
Einpersonenhaushalten leben, was diese Industrie
ignoriert), die gerne Teil eines Paares wären.
Andere wiederum sind bereits Paare auf dem Sprung
zum Zusammenleben. Und sie sind vor allem eines:
eine Minderheit, die weder organisationsfähig,
noch konfliktfähig ist. Sie sind die
Sündenböcke im Kampf der Lebensstile, der im
Kern ein Kampf um die Normalfamilie der
Neuen Mitte ist
.
Menschen in
Einpersonenhaushalten sind männlich oder
weiblich. Und wenn sie die Hausarbeit nicht von
der Dienstleistungsgesellschaft erledigen lassen
(was für die Mehrheit nicht im Rahmen ihrer
finanziellen Möglichkeiten liegt), dann müssen
sie sowohl die männliche Berufsrolle (falls sie
nicht Student/in oder Rentner/in bzw. arbeitslos
sind) als auch die weibliche Hausfrauenrolle
einüben. Rollenvielfalt ist für Singles deshalb
selbstverständlicher als für andere
Haushaltsformen.
Geschlechterkampf
und die Rückkehr der
Klassengesellschaft
Die Frauenbewegung ist gespalten und
dies könnte Ausdruck der Rückkehr der
Klassengesellschaft sein, die quer zu
Frauen- oder Männerinteressen verläuft
. Es
könnte also entscheidender sein, ob man zu den
Gewinnern
oder Verlierern der Modernisierung
gehört, ob man also zur Neuen Mittelschicht
gehört, die den Geschlechterkampf aus der
Paarbeziehung heraushalten kann, indem sie sich
z.B. Dienstpersonal leistet, oder ob man selbst
zum Dienstpersonal gehört, weil dies ein
notwendiger Bestandteil des Lebensunterhalts ist
.
Der Ausstieg aus der männlichen oder weiblichen
Rollenfixierung setzt Wahlmöglichkeiten voraus,
die nicht alle im gleichen Maße besitzen. Sowohl
die Frauen- als auch die Männerbewegung sieht
das Hauptproblem im Bereich der Werte
und nicht in den gesellschaftlichen
Strukturen.
"Trennt euch, Frauen
wie Männer, von lieb gewordenen Verkrustungen im
Empfinden, Denken und Handeln"
ist deshalb
auch das Credo von GRUNER. Das Hausfrauen- bzw.
Hausmanndasein kann aber auch attraktiv werden,
wenn man auf dem Arbeitsmarkt für sich keine
Existenzmöglichkeiten erkennen kann. Die
Auflösung der alten Rollenmuster muss also kein
Anzeichen für neue Wahlmöglichkeiten sein,
sondern kann genauso gut das Ergebnis neuer
Zwänge sein. Dies sollte man zumindest immer im
Hinterkopf behalten.
GRUNER unterstellt
den Frauen, dass sie vorhandene
Wahlmöglichkeiten nicht wahrnehmen und Männer
sofort neue Rollen ausprobieren würden. Dies ist
nur die simple Umkehrung der Argumentation, die
vorher von der Frauenbewegung vertreten wurde. Ob
dies ein Fortschritt ist, ist mehr als
zweifelhaft. Widerstände gegen Veränderungen
und Veränderungsbereitschaft sind sowohl bei
Männern als auch bei Frauen zu erwarten.
Plädoyer
für eine Single- statt einer
Männerdämmerung
GRUNER fordert zu
Rollenexperimenten auf. Es sieht
jedoch nicht danach aus, dass wir in einer Zeit
leben, in der Lebensstilexperimente erwünscht
sind. Vielmehr werden erbitterte Kämpfe um die
Durchsetzung eines neuen Familienideals geführt.
Es geht also eher um das Ende der Alternativen.
Aus diesem Grunde steht auch der "neue
Vater" und nicht so sehr der
"neue Mann" im Vordergrund des
Diskurses zur "Geschlechterdemokratie".
Eines scheint jedoch
sicher, GRUNER wird Nachfolger finden. Das Thema
"Krise des Mannes" ist ein Modethema,
das so schnell nicht von der Agenda verschwinden
wird. Männer werden sich vermehrt zu Wort melden
und ihre Sicht der Dinge einbringen. Das
Schweigen hat ein Ende und das ist gut so. Die
besten Momente von GRUNERs Buch sind jene, in
denen die biographischen Motive aufscheinen. Der
neue Vater GRUNER fühlt sich in seiner Rolle
unbehaglich. Vielleicht hätte GRUNER lieber
einen Bericht über das Leben als neuer Vater
verfassen sollen, das hätte die Debatte
weitergebracht.
Für die
"Singles" kann man da nur hoffen, dass
es nicht nur zur Männer- sondern auch zur "Singledämmerung"
kommt. "Singles" - auch wenn sie sich
nicht als solche wahrnehmen, sondern als
Partnerlose, Paare oder Eltern - werden sonst zu
den Verlierern der schönen neuen Welt gehören.
Die Single-Lüge - Das Buch zur Debatte
"Dieses
Buch sollte als Beitrag zur Versachlichung der Debatte
verstanden werden und liefert deshalb Argumente für eine
neue Sichtweise auf das Single-Dasein im Zeitalter der
Demografiepolitik. In einer funktional-differenzierten
Gesellschaft sollten Kinderlose genauso selbstverständlich
sein wie Kinderreiche. Warum sollten sich unterschiedliche
Lebensformen, mit ihren jeweils spezifischen Potenzialen
nicht sinnvoll ergänzen können? Solange jedoch in Singles
nur eine Bedrohung und nicht auch eine Chance gesehen
wird, leben wir in einer blockierten Gesellschaft, in der
wichtige Energien gebunden sind, die bei den anstehenden
Herausforderungen fehlen werden."
(2006, S.254) |
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