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Einführung
Seit der Jahrtausendwende
erscheinen vermehrt Bücher, die sich gegen die seit 1968 gültige
Liebesordnung wenden und neue Wege einschlagen. Der Glaube, dass
mit Reden alle Probleme in Beziehungen zu lösen seien, hatte in
diversen 68er-Bewegungen, darunter auch der Feminismus, viele
Anhänger. Mit dem Zerfall der politischen Bewegungen und
dem Aufstieg des Feminismus, erreichte das Ausdiskutieren und
das Psychologisieren als problematische Formen der Kommunikation
die neuen Wohnformen wie Wohn- und Hausgemeinschaften und die -
wie es damals hieß: Beziehungen. Bereits Anfang der 1980er Jahre
entwickelte sich dazu eine Gegenbewegung, die sich - teilweise
noch heute - an solchen problematischen Kommunikationsformen
abarbeitet.
Klasse, Körper, Kopfarbeit
"an- und ausdiskutieren.
Früher: »Diskussion« und »diskutieren«. In der Phase des
Andiskutierens ist die Begeisterung noch groß, und alle
machen mit. Bei der anschließenden Ausdiskussion wird
entweder so lange geredet, bis alle Zuhörer k. o. zu Boden
gehen oder sauer werden und abhauen. Durch das Weglassen der
dazwischenliegenden Diskussion kann die Zahl der An- und
Ausdiskussionen beträchtlich erhöht werden."
(Peter Milger,
1983, S.13f.)
"psychologisieren.
Im Lichte objektiver Gesetzmäßigkeiten, denen wir alle
unterstehen, ist Psychologisieren so ziemlich das
Schlimmste, was ein Linker einem anderen vorwerfen kann;
eine Form des Denkens und Kommunizierens, die keiner selbst
zugeben wird, sondern bei der man glücklicherweise überführt
oder ertappt wird. Kurzum, eine durch und durch negative
Kennzeichnung - deshalb auch als Waffe vielseitig
verwendbar."
(Thomas Ziehe, 1983, 107)
Das Ende der
Alternativen
"Nicht
nur aus meiner letzten Wohngemeinschaft habe ich die
Erinnerung an eine ständige, unheilvolle Vermischung der
»realen« Dinge des Lebens (der praktischen Probleme des
Haushalts etc.) mit der »Psychoebene«. Die Diskussionen
liefen ständig im Kreis, wobei ein Moment das andere
verstärkte: Beschwerte sich jemand beim Frühstück über den
Dreck in der Küche, konterte sein Gegenüber stets auf einer
anderen Ebene: Das könne man doch so nicht einklagen, das
Problem liege ja gar nicht beim Abwasch selbst, sondern in
der Tatsache, »daß zwischen uns so wenig läuft«. Und prompt
wurde derjenige kritisiert und für den Zerfall der
Küchenmoral verantwortlich gemacht, der »nur noch durch den
Flur schleicht«".
(Matthias Horx, 1985) |
Eine Generation später
sind problematische Kommunikationsformen kein Problem mehr einer
linken Subkultur, sondern der gesellschaftlichen Mitte. Zwei
Reaktionen sind darauf denkbar: einerseits mehr bzw. bessere
verbale Kommunikation und andererseits nichtverbale Strategien.
Patricia LOVE & Steven STOSNY wählen in ihrem Buch Schatz,
wir müssen gar nicht reden! den zweiten Weg. Diesen Weg kann
man auch als Kritik an der "Feminisierung der Gesellschaft" bzw.
an der Nichtberücksichtung männlicher Verhaltens- und
Reaktionsweisen in modernen Beziehungen bezeichnen.
Emotionen und traditionelles Rollenverhalten
als Problem
Die 68er-Bewegungen
kritisierten die alte Gefühlskultur symbiotischer Beziehungen.
Diese Aufklärung setzte auf rationales Denken. Die Scham ist
vorbei hieß 1978 ein Bestseller der Feministin Anja
MEULENBELT. Seit einigen Jahren erlebt dagegen die
Emotionspsychologie eine Renaissance. In diesem Zusammenhang
wurde auch die soziale Emotion Scham wieder entdeckt.
Im
öffentlichen Diskurs haben Titel über die "schamlose
Gesellschaft" Konjunktur. Das Fehlen von Scham gilt als
Gegenwartsproblem unserer Gesellschaft, nicht ihr Vorhandensein. Scham als
psychologisches Phänomen wurde erstmals zur Zeit des
Puritanismus im 19. Jahrhundert problematisiert. Bekannt wurde
das Buch
Der scharlachrote Buchstabe von Nathaniel
HAWTHORNE. Ein scharlachroter Buchstabe brandmarkte damals
Ehebrecherinnen. Aus soziologischer Sicht hat sich Sighard
NECKEL ("Status
und Scham", aus psychoanalytischer Sicht Leon WURMSER ("Die
Maske der Scham"), Anfang der
1990er Jahre mit der Scham beschäftigt.
Mittlerweile gibt es eine
Flut von Büchern zum Thema. In der Ratgeberliteratur zu
Paarbeziehungen spielte die Scham dagegen bislang keine
prominente Rolle. Nur bei der Partnersuche galt Scham, z.B. im
Zusammenhang mit Erröten als Problem
. Angst
gilt dagegen als typisch nicht nur für unsere Gesellschaft
. Im
Gegensatz zur konkreten Furcht hat das diffuse Angstgefühl ein
schlechtes Image. German Angst kennzeichnet gar die besondere
Hasenfüßigkeit der Deutschen.
Patricia
LOVE und Steven STOSNY stellen in ihrem Buch Schatz, wir
müssen gar nicht reden! Furcht und Scham in den Mittelpunkt
ihres paartherapeutischen Ansatzes. Diese Sichtweise
hat Vorteile gegenüber anderen Ratgebern, die auf verbesserte
Kommunikation als Lösung für Partnerschaftsprobleme setzen.
Die Furcht der Frau und die Scham des
Mannes
Die Autoren sehen Furcht
und Scham geschlechtsspezifisch ungleich verteilt. Dies hat für
sie einerseits evolutionäre, d.h. biologische, Ursachen (Kämpfen
oder Flüchten) aber andererseits auch kulturelle Gründe, die mit
der traditionellen Rollenverteilung (männliche
Ernährerrolle/weibliche Hausfrauenrolle) zusammenhängen.
Sozialisation und Kultur verstärken deshalb unser biologisches
Erbe. Das Vermeidungsverhalten der Geschlechter setzt nach
Auffassung der Autoren eine schädliche Dynamik in Gang, die auf Kurz oder
Lang zur Zerstörung einer Partnerschaft führt.
Aus dieser
geschlechtsspezifischen Differenz ergibt sich zwangsläufig, dass
die Autoren weiblichen und männlichen Lesern andere Empfehlungen
geben. Für Männer gibt es sogar ein eigenes Kapitel mit der
Überschrift Von Mann zu Mann: Wie Sie Ihre Beziehung stärken,
ohne sich wie eine Frau zu verhalten. Androgynität ist also
nicht Sache der Autoren. Daraus aber zu schließen, dass in dem
Buch die alte Rollenverteilung verherrlicht werden würde, ist
jedoch falsch. Vielmehr geht es darum eingeschliffene Routinen
auf Seiten von Frauen und Männern sichtbar zu machen und
Auswege aus den typisch männlichen und weiblichen Teufelskreisen
aufzuzeigen. Der weibliche Teufelskreis wird als Furcht vor
Isolation und Entbehrung, der männliche als Scham vor
Unzulänglichkeit und Versagen beschrieben. Das Buch ist also vor
allem für jene nützlich, die ein solches Vermeidungsverhalten an den Tag legen.
Die Dynamik von Furcht- und Schamvermeidung führt nach
Auffassung der Autoren unweigerlich zur emotionalen Trennung.
Danach ist die tatsächliche Trennung nur noch eine Frage
der Zeit. Dies zu erkennen ist ein wichtiger Schritt dazu, der
Partnerschaft noch eine zweite Chance geben zu können und wieder
emotionale Verbundenheit zu erreichen.
Wie können Frauen ihre Männer beschämen?
Die Möglichkeiten von
Frauen ihre Männer
zu beschämen sind vielfältig. Auf mehreren Seiten werden
Aussagen von Frauen aufgelistet, die bei Männern Scham auslösen
können.
Schatz, wir müssen gar nicht reden!
"♥
Ihn von wichtigen Entscheidungen ausschließen:
»Ich habe meiner Schwester gesagt, dass wir mit ihnen dieses
Jahr in Urlaub fahren.«
♥
Ihm die Gelegenheit nehmen zu helfen:
»Nicht nötig, ich mache das schon.«
♥
Korrigieren, was er sagt:
»Das war letzten Mittwoch, nicht am Donnerstag.«
♥
Sein Urteil infrage stellen:
»Ich kann einfach nicht glauben, dass du ihn gewählt hast.«
♥
Unaufgeforderte Ratschläge geben:
»Bring den Anruf hinter dich, dann fühlst du dich gleich
besser.«
♥
Seinen Rat ignorieren:
»Das ist Frauenkram, davon hast du keine Ahnung.«
♥
Unfähigkeit andeuten:
»Ich wünschte, du hättest dieses Seminar ebenfalls besucht.«
♥
Seine Zeit und Energie auf unrealistische Weise
beanspruchen:
»Wenn du die Reifen gewechselt und das Gartenhaus gestrichen
hast, würde ich dir gerne erzählen, wie mein Tag war.«
♥
Seine Bedürfnisse ignorieren:
»So müde bist du doch gar nicht; komm schon, ein bisschen
Gesellschaft wird dir guttun.«"
(2009, S.89) |
Die Liste geht in dieser
Art noch
eine Seite weiter. Vergleicht man die
Aussagen mit Forderungen feministischer
Kampfschriften der 1970er und 1980er Jahre, dann könnte man diese Liste
als Backlash bzw. als Angriff auf berechtigte feministische
Forderungen missverstehen. Es geht aber hier nicht darum
berechtigte Kritik zu verhindern, sondern sensibel für das
zu werden, was heutzutage allzu leicht über die Lippen geht, um
die eigene Perspektive gegen diejenige des Partners durchzusetzen.
Wie können Männer ihren Frauen Angst machen?
Im Kapitel 5 wird
deutlich, dass auch Männer umdenken müssen. Frauen reichen zwar
heutzutage meistens eine Scheidung ein, aber nur weil sie
glauben, dass ihr Mann sie bereits lange vorher verlassen hat,
denn das Schlimmste, was ein Mann einer Frau antun kann, ist:
Sie in der Beziehung allein zu lassen. Das kann
vielerlei bedeuten: z.B. als Mann bei der Hausarbeit nicht genug
mitzuhelfen, sich in die Arbeit zu stürzen und dadurch Frau und
Familie zu vernachlässigen oder die sexuellen Wünsche der
Partnerin zu ignorieren. Und nicht zuletzt: Die Partnerin mit
ihren Träumen allein zu lassen.
Schatz, wir müssen gar nicht reden!
"Er
lässt sie...
♥
allein mit ihrem Traum vom eigenen Haus.
♥
allein mit ihrem Traum von einem treuen Ehemann.
♥
allein mit ihrem Traum von einer großen, liebevollen
Familie.
♥
allein mit ihrem Traum, ein aktives gemeinsames Leben zu
führen.
♥
allein mit ihrem Traum, als gleichberechtigte Partnerin
betrachtet zu werden.
♥
allein mit ihrem Traum, einen eigenen Platz in seinem Leben
zu finden, ohne dass seine Mutter sich einmischt.
♥
allein mit ihrem Traum von einem Familienleben ohne
Wutausbrüche.
♥
allein mit ihrem Traum, einen romantischen Partner zu haben.
♥
allein mit ihrem Traum, dass man ihre Arbeit respektiert."
(2009, S.98) |
Spätestens
seit dem Buch
Das erschöpfte Selbst von Alain EHRENBERG
und dem Roman
Mängelexemplar von Sarah KUTTNER ist auch
in Deutschland die Depression als Volkskrankheit ins Gespräch
gekommen.
Im Gegensatz zu Frauen
suchen Männer seltener Hilfen. Typisch für Männer ist die
Reaktion von Martin REICHERT.
Wenn ich mal groß bin
"Wenn
Sie tatsächlich unter einer handfesten Depression litten,
kämen Sie gar nicht mehr aus Ihrem Bett heraus. Sie hätten
nicht mal mehr Gefühle - Sie wären eine Topfpflanze. Ist das
bei Ihnen so? Dann müssen Sie tatsächlich zum Arzt. Falls
dem jedoch nicht so ist, helfen bewährte Hausmittelchen:
Arbeiten, Handeln, den Abwasch erledigen, Sport machen."
(2008, S.178) |
Depressionen, so eine weit
verbreitete Meinung, lassen sich durch Willenstärke überwinden,
seien unheilbar oder Folge eines falschen Lebensstils. LOVE &
STOSNY weisen darauf hin, dass Depressionen nicht nur im
Beruf, sondern auch in der Partnerschaft zerstörerisch wirken.
Schatz, wir müssen gar nicht reden!
"Viele
Menschen glauben irrtümlich, dass Depressionen aus
schlechten Beziehungen entstehen. Doch eigentlich ist es
umgekehrt: Schlechte Beziehungen sind die Folge
unbehandelter Depressionen. (...). Viele Männer halten
es für ein sicheres Zeichen ihrer Unzulänglichkeit, wenn sie
jemanden um Hilfe bitten müssen. Wegen psychischer
Gesundheitsprobleme einen Fachmann aufzusuchen, ist ihnen
besonders peinlich, denn es gehört zu ihrer Rolle als
Mann, stark zu sein - und zwar sowohl körperlich als
auch mental."
(2009, S.103) |
Ein Mann am Rande einer
Depression, die weder von der Partnerin angesprochen werden kann noch
ärztlich bzw. therapeutisch behandelt
wird, ist ein häufiger Grund, warum Frauen ihre Männer
verlassen.
Warum Reden nicht immer der Königsweg ist
Der Wunsch nach besseren
Paarbeziehungen verbindet sich in den Nach-68er-Generationen
nicht mehr mit einer Streit- und Konfliktkultur wie bei den
68ern. Das postmoderne Paar sucht nach anderen Wegen der
Paarkultur. Haushaltshilfen, Rituale und Anerkennung durch den
Partner sind Aspekte einer neuen Liebesordnung, die auf dieser
Website in mehreren Buchbesprechungen zum Thema Partnerschaft
beschrieben wurden (z.B. Christian SCHULDT ("Der
Code des Herzens" und
"Romantik 2.0"), Thea DORN ("Die
neue F-Klasse"), Christian THIEL ("Was
glückliche Paare richtig machen") oder Doris MÄRTIN
"Love Talk").
LOVE & STOSNY sehen in
der Rückgewinnung emotionaler Verbundenheit durch die
Verwandlung von Furcht und Scham in Mitgefühl einen wichtigen
Schritt zu einer erfolgreichen und glücklichen Partnerschaft.
Voraussetzung
dazu ist, seine eigenen "Grundwerte" zu kennen und ihnen treu zu
sein. Dann, so die dahinter stehende Auffassung, ist weder eine
Abwertung noch eine sonstige Verletzung der Bedürfnisse des
Partners notwendig, um sich besser zu fühlen. Der Begriff
"Grundwert" ist im Zusammenhang mit Beziehungen bei uns eher
unüblich. In der gängigen Selbstverwirklichungsliteratur spricht
man von Selbstliebe oder Selbstachtung. In dem Begriff
"Grundwert" deutet sich eine Bedeutungsverschiebung an.
Heutzutage verwirklicht man sich nicht mehr selbst, sondern
durch seine Partnerschaft oder Familie.
Der
Ansatz von LOVE & STOSNY baut auf dem Wunsch nach Erhalt von
Partnerschaften auf. Wer also mit seiner Beziehung bereits
abgeschlossen hat, der ist mit dem Buch schlecht beraten, der
hat eher einen Trennungsratgeber nötig. Auch wenn der andere
Partner die Beziehung bereits aufgegeben hat, sind die Grenzen
erreicht. Beide Partner müssen an der Partnerschaft interessiert
sein, dann ist das Buch hilfreich, weil es deutlich macht,
worauf es bei einer funktionierenden Partnerschaft ankommt.
Die Masken der Scham heißt ein bekanntes Buch zum Thema.
Damit ist dieses Gefühl treffend charakterisiert, denn Scham
wirkt im Hintergrund, kommt aber oftmals als Unmut, Ärger und
Kritik daherkommt. Aus diesem Grunde legen die Autoren viel Wert
darauf die Mechanismen der Furcht-Scham-Dynamik offen zu legen.
Schatz, wir müssen gar nicht reden!
"Das
Problem ist (...), dass Scham und Furcht häufig als Ärger,
Unmut, Kritik oder Tadel geäußert werden. Sie müssen gerade
dann besonders mitfühlend, verständnis- und liebevoll sein,
wenn Ihnen am wenigsten danach zumute ist. Doch es klingt
eigentlich schwieriger als es ist. Der Erfolg ist jedenfalls
mit Gold nicht aufzuwiegen, und zwar nicht nur in Bezug auf
die Partnerschaft, sondern auch für Ihr eigenes
Selbstwertgefühl. Wenn Sie diese wertvolle Fähigkeit
entwickeln wollen, müssen Sie an Folgendes denken:
- Wenn Sie als Frau gereizt, wütend, besorgt oder ängstlich
sind und Ihr Partner sich nicht darum kümmert, versucht er,
Scham zu vermeiden. Ihre Angst entspricht seinem Gefühl der
Unzulänglichkeit oder des Versagens. Deshalb ist Ihre Angst
das zuverlässigste Signal für seine Scham.
- Wenn Sie als Mann gereizt, wütend, mürrisch oder
zurückgezogen sind und Ihre Partnerin sich nicht darum
kümmert, so hat sie Angst. Ihr Zorn entspricht ihrer Angst.
Er ist das verlässlichste Signal für ihre Furcht vor
Isolation oder Entbehrungen."
(2009, S.133f.) |
Die Veränderung der
Wahrnehmung von Reaktionen des Partners soll die zerstörerische
Dynamik der Furcht- und Schamvermeidung durchbrechen. Statt auf
Reden setzen die Autoren in solchen Situationen auf Gesten, die
emotionale Verbundenheit herstellen. Das können eine liebevolle
Umarmung, kleine Geschenke sein oder man bringt dem Partner ein
Getränk. Wichtig dabei ist: Solche Gesten sollen nicht dazu
dienen, ein Thema zu meiden, sondern eine kritische Situation zu
bewältigen, in der Reden die Situation nicht verbessern würde.
Anhand vieler leicht nachvollziehbarer Beispiele zeigen die
Autoren in welchen Situationen Reden nicht der Königsweg
ist.
Die eigene Wahrnehmung verbessern als
wichtige Voraussetzung gelungener Paarkommunikation
Den Autoren geht es im
Buch nicht darum die Prinzipien einer gelungenen
Kommunikation zu erläutern, sondern sie schärfen den
Blick für die Selbst- und Fremdwahrnehmung. Als
Zweifachperspektive bezeichnen LOVE & STOSNY die Perspektive
einer reifen Persönlichkeit. Es gilt in der Partnerschaft sowohl
den eigenen Standpunkt ("Grundwert") als auch die Sichtweise des
Partners bei den eigenen Überlegungen zu berücksichtigen.
Probleme
können sich in Partnerschaften auch daraus ergeben, dass wir dem
Partner von vorneherein etwas Schlechtes unterstellen. Aber wie
vor Gericht sollte auch in einer guten Partnerschaft
zuallererst die Unschuldsvermutung gelten.
Schatz, wir müssen gar nicht reden!
"Verbinden
Sie ein positives Bild Ihres Partners und Ihrer Beziehung
mit Ihrem Kummer und Ihrem Schmerz. Um diese Technik
anwenden zu können, müssen Sie sich zunächst darüber klar
werden, welche Art von Bild Sie von Ihrem Partner haben und
erhalten wollen. Wollen Sie ihn lieber als Lügner
betrachten, als Schürzenjäger oder unsensiblen Rüpel oder
als wohlmeinenden Mann, der immer nur Ihr Bestes will, aber
gelegentlich Fehler macht? Wenn Sie zuerst einmal von der
Unschuld des Partners ausgehen, so zwingt Sie dies, die
Perspektive Ihres Partners Ihrer eigenen hinzuzufügen - und
genau darum geht es in der Zweifachperspektive."
(2009,
S.169) |
Sex sagt mehr als tausend Worte
LOVE & STOSNY betrachten
Sex als die natürliche Sprache der Zweifachperspektive.
Ausführlich gehen sie auf Partnerschaften ein, in denen die eine
Person mehr Lust auf Sex hat als die andere. Die Autoren
erläutern wie sich das Erleben von Sex bei lustbetonten von
weniger lustbetonten Personen unterscheidet und wie Sex trotz
dieser Unterschiede für beide Personen ein Gewinn sein kann.
Schatz, wir müssen gar nicht reden!
"Wenn
die Beziehung auf Eis liegt, liegt das Eis gewöhnlich im
Bett. Kein anderes Thema ruft so viel Furcht und Scham
hervor wie Sex. Und kein Thema profitiert mehr von der
Zweifachperspektive. Es stimmt nicht ganz, wenn behauptet
wird, dass Probleme im Bett die Wurzel aller unglücklichen
Beziehungen sind, aber häufig genug entstehen aus
unglücklichen Beziehungen Probleme im Bett."
(2009, S.172) |
Fazit: Das Buch zeigt eindrucksvoll, dass
man auf nicht-verbalem Weg oftmals weiter kommt als mit Reden
Im Gegensatz zu anderen
Ratgeberbüchern legen LOVE & STOSNY das Schwergewicht nicht auf
die Erläuterung der Prinzipien gelungener Kommunikation, geben
keine Anleitungen zum richtigen Umgang mit Partnern, Freunden,
Eltern oder Kindern, sondern stellen das emotionale Erleben und
die Folgen für unsere Selbst- und Partnerwahrnehmung in den
Mittelpunkt. Ausführlich wird erläutert wie Scham und Furcht
Partnerschaftsdynamiken in Gang setzen und was wir tun können,
damit nicht zunehmende emotionale Trennung, sondern emotionale
Verbundenheit entsteht. Reden, das dürfte nach dieser Lektüre
klar sein, ist nicht in jeder Situation der Königsweg zu einer
guten Beziehung. Die Autoren zeigen einen Weg wie wir unsere
Emotionen in den Dienst einer gelungenen Partnerschaft stellen
können.
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