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Singles in sonstigen Ländern

 
       
   

Singles und gesellschaftlicher Wandel in den Medien

 
       
   

DORBRITZ, Jürgen (2000): Europäische Fertilitätsmuster,
in: Zeitschrift für
Bevölkerungswissenschaft, Heft 2, S.235-266

Anhand der Geburtenraten (TFR), den Erstheiratsziffern, dem Durchschnittsalter bei Geburt und Erstheirat, dem Anteil unehelicher Kinder und der Kinderlosigkeit sucht Jürgen DORBRITZ nach Familienbildungsmustern in Europa. Grundlage ist die Veröffentlichung des Europarats zu Recent demographic developments in Europe aus dem Jahr 1999 mit Daten insbesondere aus dem Jahr 1998.

DORBRITZ unterscheidet zwischen Niedrig-Fertilitäts-Länder, d.h. Ländern in denen die Geburtenrate unter 2,1 Kinder pro Frau gefallen sind (Alle europäischen Länder außer der Türkei, Albanien und Georgien) und Niedrigst-Fertilitäts-Länder (Ostdeutschland, Lettland, Bulgarien, Tschechien, Spanien und Italien)

Den Einfluss der Kinderlosigkeit auf die Kinderzahlen wird anhand des Geburtsjahrgangs 1955 dargestellt.

Seine Erkenntnisse zur Kinderlosigkeit in Europa fasst DORBRITZ folgendermaßen zusammen:

"Was die Ausweitung der Kinderlosigkeit betrifft, lässt das vorliegende Datenmaterial keine endgültigen Schlussfolgerungen zu. Als sicher kann gelten, dass Kinderlosigkeit in einem individualistischen sozialen Kontext rasche Ausbreitung findet, jedoch nicht unbedingt zu einer Niedrigst-Fertilitäts-Situation führen muss. Hohe Kinderlosigkeit wurde in Österreich, den Niederlanden, Westdeutschland und der Schweiz aufgefunden. Das sind auch die Länder, die am besten dem Wandel der Fertilitätsmuster im Verlauf von »Europe's second demographic transition« entsprechen. Diese ist vor allem mit dem Trend zur Individualisierung in Folge gestiegenen Wahl- und Entscheidungsfreiheit zu charakterisieren (...). Individualisierung kann sich konsequent aber nur durchsetzen, wenn sich auch die Lebensformen individualisieren und dies wiederum hat Kinderlosigkeit zur Bedingung." (2000, S.264)

SENNEKAMP, Peter (2001): Die Europäer sterben aus.
Laut Statistik kommen in der EU zu wenige Kinder zur Welt,
in: Schwäbische Donau Zeitung v. 10.02.

taz-Thema: Kein Nachwuchs für Europa

BRAUN, Ulrike (2001): Abtreibung ist ein Kinderspiel (Prag),
in: TAZ v. 22.03.

Die katholischen Länder Italien (1,19) und Spanien (1,21) haben die niedrigste Geburtenrate in Europa, während in Deutschland 1,37 Kinder pro Frau geboren werden.

SPIEGEL-Titelgeschichte: Zurück zur Familie.
Verfassungsgericht verurteilt die Politik

SPIEGEL (2001): Wie zeugungsfähig ist der Staat?
In Europa sinken die Geburtsraten, aber mit unterschiedlichem Tempo,
in: Spiegel Nr.15 v. 09.04.

Kennen Sie schon den neuesten Single-Witz? Nein? Der stammt von mir und geht so:

Frage an TV Single-forever: Ich bin eine Trümmerfrau. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Pflegeversicherung wird nach dem 92er Trümmerfrauenurteil als weiterer Meilenstein der Familienfreundlichkeit gefeiert. Ist es richtig, dass mein Prestige dadurch weiter erhört wird?

Antwort von TV Single-forever: Im Prinzip ja. Sie müssen ja weiterhin keine Beiträge bezahlen. Sie müssen es sich lediglich gefallen lassen, dass Sie als Kinderlose beschimpft werden.

Die Titelgeschichte des Spiegel ist der beste Beweis dafür, dass dies mehr als nur ein Witz ist. Das Schaubild Lieber ohne Kinder folgt der Definition des Statistischen Bundesamtes, wonach Alleinlebende als Kinderlose bezeichnet werden, weil ihre Kinder nicht im Haushalt leben. Trümmerfrauen sind nach Trude UNRUH (1987; "Trümmerfrauen. Biografien einer betrogenen Generation") Frauen des Jahrgangs 1927 und älter. Diese waren 1998 also 71 Jahre oder älter. Die überwiegende Zahl der Witwen wohnt in Single-Haushalten. Die 75jährigen und Älteren stellten 1998 immerhin ein Fünftel der Einpersonenhaushalte. Unter diesen waren die alleinwohnenden Witwen die überwältigende Mehrheit (Männer sterben früher oder wohnen überwiegend in Mehrpersonenhaushalten).

Die Schieflage der Statistik beruht auf der Gleichsetzung von Familie mit Familienhaushalt und führt dazu, dass die Zahl der lebenslang Kinderlosen völlig überschätzt wird. Allein der Begriff der Multilokalen Mehrgenerationenfamilie trägt dieser Tatsache Rechnung. Dann ist Kinderlosigkeit meist nur eine Phase im Lebenslauf und die scheinbare Erhöhung der "Kinderlosen" geht auf das Konto einer kürzeren Kinderphase im Lebenslauf.

Von einem dramatischen Geburtenrückgang kann zumindest in den alten Bundesländern keine Rede sein. 1998 wurden 682 172 Lebendgeborene in den alten Bundesländern verzeichnet, also weit mehr als 1978 (576 468 Lebendgeborenen). Aus dem abgebildeten Schaubild wird dies nicht ersichtlich, da der Spiegel ab 1989 nur die gesamtdeutsche Entwicklung darstellt. Dies lässt nur den Schluss zu, dass es hier nicht nur um einen Ausgleich zwischen "Kinderlosen" und "Eltern", sondern auch um einen zwischen Ost und West zu gehen hätte. Die "Kinderlosen" können auch nicht für die Erhöhung der Lebenserwartung haftbar gemacht werden, die nicht unerheblich zum "Greisenstaat" beiträgt. Die Kontroverse "Singles versus Familien" ist also zum größten Teil eine Scheinkontroverse. Solange die Prämissen und Konsequenzen der demografischen Entwicklung nicht umfassend diskutiert werden, werden Kinderlose weiterhin zu Sündenböcken einer Entwicklung gemacht, die komplexere Ursachen hat.

KoKo (2001): Lustlos. Euro-Tisch,
in:
Frankfurter Rundschau v. 27.04.

RHEINISCHER MERKUR-Spezial: "Das alte Europa".
Wo ist die neue Generation?

ROLOFF, Eckart Klaus (2003): Balance dringend gesucht.
Kontinent mit Defizit. Die EU nimmt zu und übersieht, dass der Schwund garantiert ist,
in: Rheinischer Merkur Nr.17 v. 24.04.

VAN LIER, Karl-Heinz B. (2005): Wo die Wiegen noch voll sind.
Viele unserer europäischen Nachbarn tun sich leichter mit dem Nachwuchs. Was machen sie anders? Ein Blick nach Norwegen, Frankreich und Irland,
in: Rheinischer Merkur Nr.20 v. 19.05.

SÜDDEUTSCHE ZEITUNG-Feuilleton-Thema: Zu viele Menschen, zu wenige oder die falschen: Die Welt im demographischen Umbruch

PERRAS, Arne (2006): Sambia.
Vor dem großen Sterben,
in: Süddeutsche Zeitung v. 04.05.

SÜDDEUTSCHE ZEITUNG-Feuilleton-Thema: Millionenfacher Aufbruch.
Die weltweite Wanderung und ihre Bilder

RABE, Jens-Christian (2006): Ein Ton, ein falscher Schritt und alle enden im Loch.
Tahar Ben Jalloun, Mahi Binebine, Norbert Zähringer: Wie Literaten die Milieus der großen Wanderung vermessen,
in: Süddeutsche Zeitung v. 10.07.

Jens-Christian RABE schildert die Veränderung des Marokkobildes

"vom mystischen Sehnsuchtsort der amerikanischen Bohème zur notorischen Station afrikanischer Armutflüchtlinge auf dem Weg nach Europa".

Von Paul BOWLES und den Beatniks führt dieser Weg zu Tahar Ben JELLOUN und zu Mahi BINEBINE.

HARDENBURG, Nina von (2006): Das fügsame Tier.
Billig, willig, mobil: Migranten sind die Arbeitnehmer der Zukunft,
in: Süddeutsche Zeitung v. 10.07.

WIRTSCHAFTSWOCHE-Serie: Wie wir aus der Demografie-Falle kommen (Teil 4)

SPROTHEN, Vera (2007): Für 120 Punkte.
Mit gezielter Zuwanderung sorgt Australien für steigende Einwohnerzahlen und eine junge Bevölkerung,
in: Wirtschaftswoche Nr.28 v. 09.07.

KLINGHOLZ, Reiner/KRÖHNERT, Steffen/HOßMANN, Iris (2008): Die demografische Zukunft von Europa. Wie sich die Regionen verändern, München: Deutscher Taschenbuch Verlag

EUROSTAT (2016): Beinahe 27 Millionen Menschen in der Europäischen Union sind 80 Jahre oder älter.
Lebenserwartung von fast 10 Jahren für 80-Jährige,
in:
Pressemitteilung des statistischen Amt der Europäischen Union v. 29.09.

SÜDDEUTSCHE ZEITUNG-Politikthema: Überbevölkerung.
Immer mehr Menschen, immer weniger Ressourcen - Mythos oder Fakt?

HERRMANN, Boris (2017): Brasilien.
Vorbild Telenovela,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 07.06.

Mitte der Nuller Jahre hechelte das deutsche Feuilleton die steilen Thesen von Philip LONGMAN ("The empty craddle") rauf und runter. LONGMAN erklärte uns, dass die Reaktionäre bald in der Überhand seien, weil sie ihre Religiosität zu Kinderreichtum führe, während die säkulare Welt an der Kinderlosigkeit zugrunde ginge.

Brasilien widerlegt diese steile These, denn

 "nirgendwo leben mehr Katholiken, in wohl kaum einer anderen Demokratie haben radikale Evangelikale und Pfingstkirchler so viel politischen Einfluss. Keine dieser Religionen ist für ihr modernes Familienkonzept bekannt. Abtreibung ist bis heute ein gesellschaftliches Tabuthema und bis auf wenige Ausnahmen illegal."

Und dennoch ist in Brasilien der Geburtenrückgang drastischer als in Deutschland ausgefallen:

"Im Jahr 1960 brachten brasilianische Frauen durchschnittlich 6,3 Kinder zu Welt. Keine 50 Jahr später, im Februar 2009, teilte das Nationale Statistikinstitut IGBE mit, die Rate sei erstmals auf unter zwei Kinder pro Frau gefallen. Für 2050 wird inzwischen ein Wert von 1,5 prognostiziert. Das ist eine Entwicklung, die sich so ähnlich in ganz Lateinamerika abspielt - aber nirgedwo so schnell wie in Brasilien, mit seinen derzeit etwa 207 Millionen Einwohnern der bevölkerungsreichste Staat des Kontinents."

Im Gegensatz zu China gab es kein striktes Geburtenkontrollprogramm, sondern die Entwicklung wird der Industrialisierung Urbanisierung und der Beeinflussung des Familienbildes durch Fernsehserien zugeschrieben.

Auch in Deutschland wurde den Fernsehserien - allen voran den Krimiserien - eine Schuld an der angeblich grassierenden Kultur der Kinderlosigkeit zugeschrieben. Demagogen wie Frank SCHIRRMACHER faselten von der "Niedrigfertilitätsfalle" - eine endlose Abwärtsspirale sei in Gang gesetzt worden, aus der Deutschland nicht mehr herauskomme. In der Folgezeit wurden dann jedoch Ansteckungstheorien schick, die das Gegenteil behaupteten. Waren also vor Durchsetzung des Elterngeldes Abwärtsspiralen schick, sind nun Aufwärtsspiralen der Hit. Keine dieser Ad-hoc-Theorien ist einleuchtend, weil sie nämlich außerstande sind, eine Umkehr von Geburtenentwicklungen zu erklären.

DÖRRIES, Bernd (2017): Nigeria.
Kinder als Reichtum,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 07.06.

Bernd DÖRRIES berichtet über Nigeria, das keine vertrauenswürdige Bevölkerungsstatistik besitzt, was auch für andere afrikanische Staaten gilt. Die Bevölkerung soll 2050 größer sein als die der USA.

 
       
   

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Bernd Kittlaus
webmaster@single-generation.de Erstellt: 22. April 2001
Update: 23. Januar 2019