[ Übersicht der Themen des Monats ] [ Rezensionen ] [ Homepage ]

 
       
   

Kommentierte Bibliografie

 
       
   

Görlitz im demografischen Wandel

 
       
   

Einmal Pensionopolis, immer Pensionopolis? Wie sich eine strukturschwache Stadt gegen das Schrumpfungsideal der Nuller Jahre wehrte und auf die Altenwanderung setzt (Teil 2)

 
       
     
   
     
 

Einführung

Die Stadt Görlitz im heutigen Landkreis Görlitz war bis 2008 eine kreisfreie Stadt. Seit 1998 bildet Görlitz zusammen mit Zgorzelic eine deutsch-polnische Europastadt. Im Zeichen der Demografisierung gesellschaftlicher Probleme in den Nuller Jahren wurde Görlitz zur ewig schrumpfenden Stadt erklärt. Neoliberale Organisationen vom Berlin-Institut bis zur Bertelsmann-Stiftung verpassten ihr ein Negativimage. Bei der Bundestagswahl 2017 gewann die AfD den Wahlkreis 157 Görlitz. Der damalige sächsische Generalsekretär der CDU Michael KRETSCHMER, der nach der Wahl sächsischer Ministerpräsident wurde, unterlag in diesem Wahlkreis dem bis dahin unbekannten AfD-Kandidaten.

Diese Bibliografie soll die Entwicklung der Stadt anhand der öffentlichen Debatte und anhand statistischer Daten nachvollziehbar machen. Kann sich die Stadt, die gerne als Pensionopolis bezeichnet wird, dem Negativtrend von Image und demografischer Prognosen dauerhaft entziehen, ist eine der Fragen, der nachgegangen werden soll.

Kommentierte Bibliografie (2017 - heute)

2017

IÖR (2017): Studienergebnisse liegen vor: Wohnen in Görlitz - attraktive Alternative zum Großstadtstress,
in: Pressemitteilung des Leibnitz Instituts für ökologische Raumentwicklung v. 02.02.

LASCH, Hendrik (2017): Eine Woche Feldversuch in der Kleinstadt.
Zweite Auflage des Probewohnens in Görlitz: Deutsch-polnische Grenzstadt überzeugt viele der Zuzügler,
in: Neues Deutschland
v. 04.02.

GROSSARTH, Jan (2017): Jugendstil.
Ein Künstler wagt den Neuanfang in Görlitz. Mit achtzig. Das ist eine typische Geschichte für diese Stadt, die alt ist und doch sehr in Bewegung. Jeder Vierte zog weg. Aber für viele ist das zurückgelassende Paradies aus Barock und Jugendstil, tief im Osten, wie ein Magnet,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 13.04.

Jan GROSSARTH betreibt Stadtmarketing für Görlitz, in deren Altstadtsanierung Investoren viel Geld investiert haben, das sich jedoch nicht wirklich rentiert, weil sich der Zuzug in Grenzen hält. Nicht nur in GROSSARTH haben die Investoren einen Marktschreier:

"Die Stadt hatte 1990 noch rund 85.000 Einwohner, nach langem Schwund stagniert die Einwohnerzahl nun bei rund 56.000. (...). Je schwächer die Wirtschaft, je mehr Menschen Arbeit im Westen oder in Dresden und Leipzig suchen, desto günstiger wurde das Wohnen: Der Kaufpreis für sanierte Altbauten ist auf rund tausend Euro je Quadratmeter gesunken. Nach Görlitz kommen arme westdeutsche Rentner und reiche Investoren, Träumer und Hippies, denen Kellnern reicht."

Das zeigt die ganze Misere. Görlitz fußt im Grunde nur auf einem Steuersparmodell:

"Die Investoren kaufen Altbauhäuser, sanieren sie und mindern damit ihre Steuerlast. Nach zwölf Jahren verkaufen sie die Wohnungen oft. Görlitz' Schönheit ist ein Steuersparmodell. Fast schon gibt es mehr sanierte Wohnungen als Menschen."

GROSSARTH porträtiert jene paar Leute, die viel in die Stadt investiert haben und nun darauf warten, dass der Ansturm auf die Stadt einsetzt. Trotz großer medialer Aufmerksamkeit, scheint der Erfolg jedoch bisher auszubleiben, weshalb uns GROSSARTH im besten Marketingdeutsch Görlitz als "Baden-Baden des Ostens", d.h. als Rentnerparadies anpreist:

"Das westdeutsche Rentnermilieu erinnert an Weimar. Ohne diese Alten, ihre Ersparnisse und Pensionen wäre Görlitz heute nicht so weit restauriert. Und den Alten gehört hier die Zukunft. Bis zum Jahr 2030 wird der Anteil der Einwohner von mehr als achtzig Jahren in Görlitz um 40 Prozent wachsen, sagt die Bertelsmann Stiftung voraus. Die Gesamtbevölkerung werde bis dahin nochmals um gut zehn Prozent schrumpfen. Görlitz ist schon heute die Region in Sachsen mit der im Durchschnitt ältesten Bevölkerung."  

GROSSARTH, Jan (2017): Görlitz ist fürs Kapital ein gefährliches Pflaster.
Die vielleicht schönste Stadt Deutschlands ist paradoxerweise eine der günstigsten, was die Hauspreise betrifft. Das hat seine Gründe, und somit will ein Kauf gut überlegt sein,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 19.05.

Offenbar hat nicht nur single-generation.de den Artikel im April von Jan GROSSARTH über Görlitz zu schönfärberisch empfunden, denn bereits die Headline weist nun darauf hin, dass Görlitz eher etwas für Selbstnutzer als für Investoren ist:

"Für 1.000 Euro je Quadratmeter wird man schell in guten Lagen fündig. Aber so, wie günstige Aktienkurse ein Zeichen für große Insolvenzrisiken des Emittenten anzeigen, so besteht auch für die Immobilienanlage in Görlitz - ist sie nicht für die Selbstnutzung im Ruhestand oder als Freiberufler vorgesehen - ein nicht geringes Risiko des Vermögensverlustes."

Hinzu kommt dass der größte Arbeitgeber in der Krise ist und die Arbeitslosigkeit im Kreis hoch:

"An der Grenze zu Polen haben mehr als zehn Prozent der Menschen keine Stelle."

Am Schluss kommt GROSSARTH zum eigentlichen Anlass des Artikels: Die Zwangsversteigerung von 58 Immobilien.   

FABRICIUS, Michael (2017): Traumrenditen in der Provinz.
Die Mieten steigen, die Kaufpreise sind niedrig: Ostdeutschland wird für Anleger interessant,
in:
Welt v. 21.10.

LOCKE, Stefan (2017): Machtlos gegen den Umbruch.
Siemens will fast 7.000 Menschen entlassen. Görlitz trifft das besonders hart. Die Arbeitslosigkeit könnte sich verdoppeln. Stärkt das jetzt die radikalen Kräfte?
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 18.11.

Stefan LOCKE berichtet über die Situation in der ostdeutschen Stadt Görlitz, derer mediales Image als aufstrebenden, aber strukturschwachen (Rentner)-Stadt, das insbesondere von westdeutschen Medien gepflegt wurde, auf der Kippe steht:

"In Görlitz geht es um 950 Arbeitsplätze (...). (E)s ist das größte Siemens-Werk im Osten und zugleich so etwas wie eine Lebensversicherung für Deutschlands östlichste Stadt. Die Dimension der Entscheidung verdeutlicht eine simple Rechnung der IG Metall. Sollte das Werk schließen, stiege die Arbeitslosigkeit in der Stadt von zwölf auf 24 Prozent. Görlitz hatte nach 1990 bereits eine Welle der Deindustrialisierung hinter sich".

LOCKE zitiert den Görlitzer CDU-Landrat dahingehend, dass eine neue Abwanderungswelle droht und bei Wahlen die CDU weitere Verluste hinnehmen müsste. Verwiesen wird auf das Bundestagswahlergebnis. Die AfD hat dort die CDU deklassiert. Zuletzt wird der Verdacht geäußert, dass ostdeutsche Werke besonders gern geschlossen werden, weil dies die Konzerne - im Vergleich zu westdeutschen Werke - wenig kostet. 

RIETZSCHEL, Antonie (2017): "Verraten und verkauft".
Für viele Beschäftigte in Görlitz war Siemens nicht nur ein Arbeitgeber, sondern eine Familie. Doch über die geplante Schließung wurden sie nur per Mail informiert. Besuch in einer Stadt, die um ihre Zukunft bangt,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 22.11.

WOLFF, Bettina  (2017): Dann trägt Siemens Görlitz zu Grabe.
Das Görlitzer Turbinenwerk soll nach 170 Jahren geschlossen werden. Die Belegschaft wehrt sich. Es ist ihre letzte Chance,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 25.11.

Bettina WOLFF sieht Siemens nicht in der Pflicht, denn auf die Grundsatzfrage, ob Siemens in erster Linie seinen Mitarbeitern, den Aktionären oder gar dem deutschen Staat und der Gesellschaft insgesamt verpflichtet sei, legt sie dar, dass Siemens blöd sei, wenn es seine Produktion nicht ins Ausland verlagere. Soll also die Politik einen Konzern subventionieren, damit er keine Stellen verlagert? Darf sich der Staat von Managern erpressen lassen?

"Schon jetzt lebt die Stadt zu einem großen Teil von der Zuwanderung von Rentnern, die keinen Job mehr brauchen: Sie werden mit günstigen Mietpreisen bei hohem Lebensstandard angeworben. Tatsächlich bestaunt man in der historischen und auffällig sauberen Altstadt nicht nur mehrere Tausend Kultur- und Baudenkmäler (...). Für die relativ geringe Anzahl der Einwohner gibt es auch ungewöhnlich viele Geschäfte und eine große Vielfalt sehr stilvoller Restaurants",

meint WOLFF. Kann aber die Rentnerzuwanderung, die durch Probewohnen künstlich beatmet wird, den Niedergang der Region aufhalten? Der Gewinner dürfte die AfD sein, die bereits bei der letzten Bundestagswahl das Direktmandat im Wahlkreis Görlitz gewann - ausgerechnet gegen den designierten CDU-Ministerpräsidenten  Michael KRETSCHMER. Es geht hier nicht nur um einen Sargnagel für Görlitz, sondern für die Sachsen-CDU.

SCHÖNBACH, Miriam (2017): Schöne Bescherung für "Görliwood".
Nachfrage nach dem Drehort in der internationalen Filmbranche ist hoch,
in:
Neues Deutschland v. 05.12.

Görlitz drohen die letzten Industriearbeitsplätze wegzubrechen, weshalb das Stadtmarketing nun auf die Stadt als Filmkulisse setzt. Ob das Görlitz davor rettet zur Geisterstadt zu werden, ist jedoch fraglich.

HONNIGFORT, Bernhard (2017): Schöne Kulisse, hässliche Aussichten.
Siemens will in Görlitz sein Turbinenwerk schließen. Für die wirtschaftsschwache Grenzregion zu Polen ist das eine Tragödie,
in:
Frankfurter Rundschau v. 09.12.

GERLACH, Thomas (2017): Görlitz flackert.
Reportage: Weihnachten naht, und die Stadt strahlt. Wäre da nicht dieses unglaubliche Verdikt aus München: Siemens will sein Werk tief im Osten schließen,
in:
TAZ v. 21.12.

KUNTZ, Michael (2017): Pensionopolis.
Görlitz ist mehr als nur Siemens - schon seit langem ist die östlichste Stadt Deutschlands mit niedrigen Mieten und ihren 4000 Baudenkmälern ein attraktiver Ort, um den Ruhestand zu verleben. Rentner sind hier willkommen. Das gilt umso mehr, wenn jetzt Arbeitsplätze wegfallen,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 23.12.

2018

KOWALSKI, Matthias (2018): 401-mal Deutschland.
Regional-Ranking 2018: Wachstum und Stillstand. Job oder Warteschleife. Sicherheit oder Kriminalität, Stadt versus Land: Der neue große Focus-Vergleich der Wirtschafts- und Lebensumstände in allen 401 Landkreisen und kreisfreien Städten offenbar eine erstaunlich zerrissene Bundesrepublik,
in:
Focus v. 10.02.

Die sächsischen Landkreise und kreisfreien Städte sind aus der folgenden Übersicht zu ersehen:

Tabelle: Die sächsischen Städte und Landkreise im Focus-Regionenranking
Rang 2018
 
Rang 2016 Rang 2015 kreisfreie Stadt bzw. Landkreis Rang 2018 Rang 2016 Rang 2015
Sachsen

Deutschland

1 2 1 Leipzig (Stadt) 238 222 224
2 1 2 Dresden (Stadt) 239 200 294
3 4 6 Sächsische Schweiz / Osterzgebirge (Landkreis) 313 274 369
4 5 5 Meißen (Landkreis) 320 317 340
5 7 8 Zwickau (Landkreis) 322 328 376
6 6 3 Chemnitz (Stadt) 333 320 330
7 8 12 Bautzen (Landkreis) 350 338 387
8 3 4 Görlitz (Landkreis) 355 261 337
9 11 9 Erzgebirgskreis 356 368 380
10 10 10 Mittelsachsen (Landkreis) 358 359 381
11 13 11 Vogtlandkreis 380 378 383
12 9 7 Leipzig (Landkreis) 395 355 374
13 12 13 Nordsachsen (Landkreis) 400 374 395

HÄNNIG, Anne (2018): Kampf gegen die Wut.
Sachsen galt manchen schon fast als AfD-Staat. Jetzt hat es den jüngsten CDU-Ministerpräsidenten seiner Geschichte, und anders als sein Vorgänger stellt sich Michael Kretschmer dem Proteststurm. Was erlebt er da?,
in:
Die ZEIT Nr.13 v. 22.03.

ZDRZALEK, Lukas (2018): Die Lagen der Nation.
Immobilien-Kompass 2018: Immer mehr Deutsche ziehen raus aus den Großstädten. Capital zeigt in einer exklusiven Auswertung, welche Kommunen abseits der Metropolen am attraktivsten sind,
in: Capital, Mai

ESSLINGER, Detlef (2018): Der Glaube von Görlitz.
Die IG Metall feiert, dass Siemens und Bombardier in der sächsischen Stadt bleiben - für die Bürger ein Intensivkurs in Kapitalismus und Demokratie,
in: Süddeutsche Zeitung v. 23.08.

Für Detlef ESSLINGER liegt Görlitz im "hintersten Winkel von Sachsen". Görlitz ist vor allem eines: pittoreske Filmkulisse und ein Industriestandort von Siemens und Bombardiers Gnaden, denn die Stadt hat es versäumt, Alternativen zu eröffnen. Das aber ist nicht Thema der Lobpreisung von ESSLINGER, der Jan OTTO (IG Metall) und Michael KRETSCHMER zu den Rettern der Stadt stilisiert.

"Bei Siemens in Görlitz verdienen 800 Menschen ihr Geld mit Turbinen, bei Bombardier leben 1400 Menschen davon, Eisenbahnwaggons zu bauen. Es sind die bei weitem größten Arbeitgeber in einer Stadt von 57.000 Einwohner, und wären die Werke wirklich dicht gemacht worden, wie vor einem Dreivierteljahr verkündet - es hätte nicht einfach zwei Fabriken weniger gegeben. Es wäre ein ganzer Industriestandort erledigt gewesen",

erzählt uns ESSLINGER, der davon ausgeht, dass Siemens von Görlitz aus die Gasturbinengeschäfte führen wird. Von einer Rettung des Werkes von Bombardier kann dagegen noch keine Rede sein. Deren Firmenzentrale sitzt weit weg in Kanada. Und was sind Aussagen von Managern bei Siemens wert? Görlitz sollte sich emanzipieren, statt auf das Wohlwollen unzuverlässiger Konzerne und Politiker zu setzen. 

LOCKE, Stefan (2018): Sanierer gesucht!
Wohnen in Görlitz: Deutschlands östlichste Stadt ist voller historischer Bauten. Trotzdem: Wer hinzieht, kann Görlitz noch mitgestalten,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 26.08.

Stefan LOCKE verknüpft die Fallgeschichten von Matthias JÄCKEL, der ein Haus in der Görlitzer Oststadt saniert, und Peter MITSCHING, der in der Innenstadt wohnt, mit Stadtmarketingssprech, bei dem nur an einer Stelle das Problem der Stadt anklingt:

"Die Achillesferse der Stadt freilich ist die Wirtschaft, die sich bis heute nicht erholt hat vom Zusammenbruch nach 1989."

Das "Wohlstandsgefälle zu Osteuropa" wird für die Kriminalität in der Stadt verantwortlich gemacht, die die innerstädtische Idylle stört, denn:

"Das einst so graue Zentrum erblüht, heute leben hier wieder 3.500 Menschen, zehnmal so viel wie zu DDR-Zeiten, als die meisten in das große Plattenbauviertel im nahen Königshufen zogen."

Görlitz ist in erster Linie ein Experiment, das schnell scheitern könnte, wenn sich die Rahmenbedingungen für diese Kulissenstadt verschlechtern.

ÖCHSNER, Thomas (2018): Jetzt sind die Kleinen dran.
Bislang zogen die Mieten vor allem in den Metropolen an. Inzwischen aber steigen die Preise in Klein- und Mittelstädten am stärksten. Zugleich verstärken die höheren Wohnkosten die Ungleichheit im Land,
in: Süddeutsche Zeitung v. 23.10.

2019

LASCH, Hendrik (2019): Die Europastadt als "Trophäe".
In Görlitz wird Ende Mai ein neuer Oberbürgermeister gewählt - und die AfD rechnet sich Chancen aus,
in:
Neues Deutschland v. 18.04.

"Die jetzt anstehende Abstimmung hat Bedeutung weit über das Lokale hinaus. Schließlich scheint es nicht ausgeschlossen, dass Görlitz als erste Stadt dieser Größe von der AfD regiert wird. Die Partei stellte bisher kaum Chefs in Rathäusern. Ein erster trat 2016 in Reuth im Vogtland von der DSU zu den Rechtspopulisten über, ein anderer im März 2018 in Burladingen in Baden-Württemberg. Zuletzt wurde im brandenburgischen Lebus ein AfD-Mann auch gewählt, was sich jedoch später als ungültig erwies. Eine Stadt wie Görlitz aber wäre ein ganz anderes Kaliber",

erklärt uns Hendrik LASCH zu Oberbürgermeisterwahl in Görlitz, die zur Richtungswahl mit überörtlicher Bedeutung stilisiert wird. Wer jedoch nur die AfD verhindern will, der wird letztlich scheitern. Als politisches Programm der etablierten Parteien ist das mehr als dünn!    

MALZAHN, Claus Christian (2019): Kampf um die Seele einer schönen Stadt.
Am 26. Mai könnte in Görlitz ein AfD-Kandidat die Oberbürgermeisterwahl gewinnen. Entscheidend dürfte ein ganz bestimmtes Thema werden. Ein Besuch vor Ort,
in:
Welt v. 08.05.

"Ocatvian Ursu, möchte auf der deutschen Seite in Görlitz das werden, was Gronicz auf der polnischen Seite in Zgorzelec bereits ist: Stadtoberhaupt. Im vergangenen Oktober wurde der 46-jährige Pole, der zur liberalkonservativen »Bürgerplattform« gehört, mit fast 60 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt.
Von so einem klaren Sieg kann der (...) Christdemokrat (...) nur träumen (...). In Görlitz war die AfD in den vergangenen Jahren besonders erfolgreich. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer verlor (...) hier sein Direktmandat an einen Kandidaten der rechten Konkurrenz, ein Menetekel. Diese Schmach könnte sich bei der Oberbürgermeisterwahl nun wiederholen.
Doch man kann die politische Gegenwart von Görlitz nicht schildern, ohne die komplizierte Vergangenheit dieser außergewöhnlichen Stadt",

erzählt uns Claus Christian MALZAHN, der uns dann die Bau- und Filmgeschichte der Stadt herunterleiert, um dann zum Kern zu kommen:

"'Nach dem Krieg wurde der kleinere, östlich der Neiße gelegene Stadtteil an Polen abgetreten. Seit vor 15 Jahren die Schlagbäume an den Brücken über die Neiße demontiert wurden, wächst Görlitz wieder zusammen. Wegen der günstigen Mieten und der Grenzlage leben unter den 56.000 Einwohnern inzwischen etwa 3.500 Polen auf der westlichen Seite, günstige Zigaretten, Benzin und Alkoholika locken viele Deutsche täglich an das östliche Ufer, wo etwa 32.000 Menschen leben. Noch leben sie eher nebeneinander als miteinander. Die Brücken sind offen, die Sprache trennt.
(...).
Für die einen liegt Görlitz an der Via Regia, der alten Route, die schon im Mittelalter Städte wie Moskau, Kiew, Leipzig, Frankfurt, Paris, Bordeaux, Santander und Schließlich das nordspanische Santiago de Compostela verbunden hat. So sieht das der gebürtige Rumäne Octavian Ursu (...).
So sieht das auch Franziska Schubert
(...). Aber das Wahlkampfmotto des AfD-Kandidaten lautet:
»Mit Grenzen lebt sich's besser«. Für ihn ist Görlitz vor allem die am östlichsten gelegene Stadt Deutschlands und wegen der Nähe zu Polen und Tschechien inzwischen auch eine der unsichersten. (...).
In Görlitz ist ein Kampf um den Charakter und die Seele der Stadt entbrannt; ein AfD-Bürgermeister in einer der schönsten Städte, was wäre das für ein Signal. (...). Ein Sieg von Wippel hätte neben dem örtlichen Erfolg unmittelbare Folgen für die Landtagswahl am 1. September. Denn Görlitz ist auch das Terrain, auf dem Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) als Parlamentskandidat antreten muss.
Mit einem AfD-Bürgermeister im Rücken wäre das noch schwerer, als es ohnehin schon ist."

Die kosmopolitischen Erzählungen zu Görlitz ähneln sich, aber die Normalos spielen in keiner Geschichte eine Rolle, sondern es ist die Geschichte der oberen Mittelschicht der Stadt. Der Alltag der normalen Bürger bleibt außen vor, wenn man von der Kriminalitätsrate als Steckenpferd der AfD einmal absieht. Warum z.B. ist die Sprache das Trennende? Offenbar ist die Europäische Union nur ein Elitenprojekt, aber keines der Normalbürger!       

KOESTER, Elsa (2019): Wähle ich Grüne oder AfD?
Görlitz: Der Westen grün, der Osten blau? So einfach ist es nicht. Die Spaltung durchzieht so manche Stadt. Ein Besuch,
in:
Freitag Nr.22 v. 29.05.

Elsa KOESTER besucht zum einen das

"Büro der Wählervereinigung »Bürger für Görlitz«. Sie haben sich mit den Grünen, der SPD und der Bürgerinitiative Motor Görlitz für die Bürgermeisterwahl zusammengeschlossen: Für das Bündnis kandidiert Franziska Schubert, Mitglied des Sächsischen  Landtags für Bündnis 90/Die Grünen.
(...).
Nach der Wende verlor Görlitz ein Drittel der 78.000 Bewohner, erst seit 2006 gibt es wieder mehr Zu- als Abwanderer, langsam. Wer aber soll zuwandern? Als die Sächsische Zeitung alle Kandidaten fragt, ob
»Brexit-Polen« als Facharbeiter nach Görlitz geholt werden sollen, sagt Franziska Schubert »Ja«, Sebastian Wippel »Nein« - er setzt auf Görlitz-Rückkehrer, denn auch er hat in Niedersachsen Verwaltungswissenschaften studiert und kam als Polizeikommissar zurück.
Ganz ähnlich Schubert, sie hat ebenfalls in Niedersachsen studiert, Europäische Wirtschafts- und Sozialgeografie."

und zum anderen das Café Herzstück in der Weberstraße, das 2015 gegründet wurde, und das Kühlhaus, das 2008 zum kulturellen Zentrum gemacht wurde. Zuletzt auch das Café Kugel. Allesamt sind es die Orte des kosmopolitischen Milieus in Görlitz. Die andere Seite von Görlitz wird ausgespart. Die normalen Bewohner der Stadt sind nichts als Kulisse! Mehr Verachtung geht eigentlich nicht mehr.

LASCH, Hendrik (2019): Görlitzer Wahl bewegt Hollywood.
Entscheidendes OF-Duell zwischen AfD und CDU - Linke "bereit für das Undenkbare",
in:
Neues Deutschland v. 13.06.

Hendrik LASCH berichtet über den Ärger bei den Grünen über die Linkspartei. Die Grünen-Kandidatin Franziska SCHUBERT belegte mit 27,9 Prozent nur Platz 3:

"Die Linke hatte mit der kommunalpolitisch unerfahrenen Kulturmanagerin Jana Lübeck eine eigene Kandidatin nominiert, die indes abgeschlagen bei 5,5 Prozent landete. (...). Bereits die Hälfte der Stimmen hätten Schubert zu Platz 2 verholfen, hieß es aus deren Umfeld."

SCHUBERT zog ihre Kandidatur dann zurück, um den AfD-Mann zu verhindern. Deshalb kam es dazu, dass in der Stichwahl nun Grüne und Linke nur noch den CDU-Kandidaten stützen können, um den AfD-Mann zu verhindern. Dies zeigt einmal mehr das Problem der Parteien im "linken" Spektrum. Die Linkspartei sieht das natürlich anders.  

LOCKE, Stefan (2019): Kein Grund zum Aufatmen.
Warum die AfD bei Wahlen in Städten verliert, ihre Niederlage in Görlitz Sachsens CDU aber in Alarmbereitschaft versetzen muss,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 18.06.

"AfD-Kandidat Wippel, der früher der FDP angehörte, hat im Wahlkampf häufig erklärt, dass seine Partei nur darum so stark sein, weil die CDU in den vergangenen Jahren viele Fehler gemacht habe. Zwar hat die Union nach der Bundestagswahl (...) Fehler der Vergangenheit wie den immensen Personalabbau in Schulen und bei der Polizei zu korrigieren (begonnen). Auch wird etwas gegen die Vernachlässigung ländlicher Gebiete getan, in denen die Mehrzahl der Sachsen lebt. Doch sind die Ergebnisse zum einen nicht schnell sichtbar, zum anderen fehlt den Menschen offensichtlich der Glaube daran, dass es mit der CDU wieder besser werden könnte. (...).
Görlitz ist zwar als städtebauliche Perle und begehrte Filmkulisse wiederauferstanden. Dennoch kulminieren gerade hier so ziemlich alle Probleme, die sich seit der Wiedervereinigung in vielen ostdeutschen Orten angesammelt haben: Eine nahezu flächendeckende Deindustrialisierung; der folgende Verlust von 30.000 überwiegend jungen Menschen - einem Drittel der Einwohner -; ein rapider Anstieg des Durchschnittsalters der Bevölkerung, aber auch der Arbeitslosigkeit; ein bis heute unübersehbarer Leerstand von Wohnungen und Läden auch im Zentrum sowie eine nach der EU-Osterweiterung im Jahr 2004 deutlich gestiegene Kriminalität. Die CDU nahm diese Probleme lange nicht wahr oder nicht ernst",

erklärt uns Stefan LOCKE, der zudem beklagt, dass es der CDU an Demut fehle, weil sie den Sieg in Görlitz für sich reklamierte und die notwendige Unterstützung von Linken und Grünen verleugnete. 

MEYER, Robert D. (2019): "Antifa heißt CDU wählen".
CDU-Kandidat gewinnt Stichwahl um Görlitzer Rathaus nur dank breiter Unterstützung,
in:
Neues Deutschland v. 18.06.

SCHMID, Thomas (2019): Lehren aus Görlitz.
Leidartikel: Der Sieg von Octavian Ursu in der Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters ist kein Frühsommer-Märchen. Vielmehr wäre es an der Zeit, die bisher übliche Methode des Umgangs mit der AfD zu überdenken,
in:
Welt v. 18.06.

Thomas SCHMID sieht in Görlitz keine abgehängte Region wie Stefan LOCKE, sondern einen strahlenden Leuchtturm:

"Es lebt sich, heißt es, gut in der schönen Stadt, viele Rentner sind aus dem Westen hierhergezogen. Der größte Teil der Ausländer, die zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen, sind Polen. Und die vielen Studenten haben ihr eigenes Milieu geschaffen. Kurz, Görlitz strahlt, es gehört nicht zu den Orten im Osten Deutschlands, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen und eine Atmosphäre rabiater Verbitterung über Häusern, Straßen und Plätzen liegt.
(...). Auch hier also, wo man erkennbar nicht abgehängt ist, besitzt die (AfD)(...) eine beträchtliche Stärke, man kann sagen: die Stärke einer großen Volkspartei".

SCHMID, ein konvertierter Alt-68er, der als Öko-Libertärer schon in den 1980er Jahren das positiv(istisch)e Denken verkörperte, gibt "antifaschistischen" Bündnissen für die Zukunft keine Chance, denn:

"Wenn es der dauernden Mobilisierung und des permanenten antipopulistischen Ausnahmezustands bedarf, um der AfD Paroli zu bieten, stimmt etwas nicht."

SCHMID ist zugleich ein Anhänger der "Die objektive Lage ist besser als die subjektive Stimmung"-Fraktion, denn:

"Es gehört zu unserer Verdrussgesellschaft, dass auch jene das Recht in Anspruch nahmen, sich nicht wohlzufühlen, die sich durchaus wohlfühlen."

Das Verdikt der "Verdrussgesellschaft" passt zum Denken unserer Elite, die sich als Opfer der Fakten-Leugner sieht.   

NIMZ, Ulrike (2019): Octavian Ursu.
Profil: Bürgermeister in Görlitz - gegen die AfD,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 29.01.

Ulrike zeichnet ein wohlwollendes Bild vom neu gewählten Görlitzer Oberbürgermeister Octavian URSU, verweist jedoch darauf, dass nun im Stadtrat die AfD "ein Drittel" aller Sitze belegt. Es sind jedoch nur 13 von 38 Sitzen. Die AfD ist damit jedoch stärkste Fraktion vor der CDU (9). Bündnis 90/Die Grünen und Linke sind mit je 3 Sitzen weit abgeschlagen.

KÖHN, Rüdiger (2019): Siemens gibt Görlitz neue Hoffnung.
Der einst gefährdete Standort in der Lausitz soll zu einem Zentrum für Wasserstofftechnologie werden,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 16.07.

Rechtzeitig zum Wahlkampfauftakt haben Siemens, der Freistaat Sachsen und die Fraunhofer-Gesellschaft eine Absichtserklärung unterzeichnet, denn dem Ministerpräsidenten Michael KRETSCHMER droht in Görlitz der nächste Verlust eines Direktmandats, falls der AfD eine verstärkte Mobilisierung gelingt und ihn Linkspartei und Grüne nicht durch Verzicht auf eigene Kandidaten unterstützen. KRETSCHMER tritt im Wahlkreis 58 (Görlitz 2) an. Gemäß Wahlkreisprognose.de (Stand 05.07.2019) geht der Wahlkreis 58 derzeit noch an die CDU. Bei der Bundestagswahl 2017 hatte KRETSCHMER jedoch auch einen als sicher geltenden CDU-Wahlkreis in Görlitz inne und ging dennoch verloren.

NIMZ, Ulrike & Antonie RIETZSCHEL (2019): "Zeigen, dass hier noch was geht".
Sachsen: Was können West- und Ostdeutsche aus der OB-Wahl von Görlitz lernen? Ein Disput zwischen Octavian Ursu von der CDU, der nur mit Mühe gegen die AfD gewann, und dem Autor Lukas Rietzschel,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 20.07.

"Weltoffen, tolerant - das sind umkämpfte Begriff, die uns in politische Debatten nicht voranbringen",

kritisiert zu Recht der Schriftssteller Lukas RIETZSCHEL. In der Europastadt Görlitz konnte sich der CDU-Kandidat Octavian URSU nur gegen den AfD-Kandidaten durchsetzen, weil die Grünen-Kandidatin in der Stichwahl auf eine Kandidatur verzichtete. Bündnisse der etablierten Parteien, um AfD-Kandidaten zu verhindern, schaden auf Dauer eher als dass sie nützen. Die Empörungsmobilisierung erschöpft sich, wenn die etablierten Parteien selber keine Alternativen mehr anbieten und lediglich auf Emotionalisierung setzen.

LASCH, Hendrik (2019): Ende der Bewährung.
Landtagswahl in Sachsen: Die sächsische CDU lässt ihren Spitzenmann Michael Kretschmer allein um Stimmen kämpfen,
in:
Neues Deutschland v. 23.07.

"Eine wichtige Rolle dürfte auch die Frage spielen, ob er seinen Wahlkreis direkt gewinnt.
Kretschmer hat sich entschieden, dorthin zu gehen, wo es weh tut: in seine Heimatstadt Görlitz, wo er 2017 sein Bundestagsmandat verlor. Es ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Bei Stadtrats- und Europawahl lag die CDU in Görlitz jeweils hinter der AfD. Und selbst bei der Wahl des Oberbürgermeisters im Juni hatte CDU-Bewerber Octavian Ursu gegen AfD-Mann Sebastian Wippel im zweiten Wahlgang (...) nur deshalb die Nase vorn, weil Grüne, Linke und Wählervereinigungen ihn unterstützten.
Am 1. September fordert Wippel im Kampf um einen Landtagssitz Kretschmer heraus. Und weil die CDU nach dem Sieg bei der OB-Wahl durch eklatante Undankbarkeit gegenüber den Unterstützern glänzte, fällt diesmal auch der Flankenschutz für Kretschmer aus. Die Linke etwa hat angekündigt, sich im Wahlkreis Görlitz diesmal besonders ins Zeug zu legen",

meint Hendrik LASCH.  Michael KRETSCHMER tritt im Wahlkreis 58 Görlitz 2 an, das ist einer von vier Wahlkreisen im Landkreis Görlitz. Zum Wahlkreis 58 gehört die Stadt Görlitz sowie die Gemeinden Königshain, Markersdorf, die Stadt Reichenbach/O.L. und Vierkirchen. Bei den Kommunalwahlen im Mai bekam die CDU und AfD folgende Stimmenanzahl im jetzigen Wahlkreis Görlitz 2:

Tabelle: Stimmenanteil von AfD und CDU im Wahlkreis Görlitz 2 bei der Kommunalwahl 2019
Gemeinde CDU AfD
Görlitz, Stadt 16.896 22,0 % 23.603 30,8 %
Königshain 433 16,4 % 341 20,9 %
Markersdorf 782 11,6 % x x
Reichenbach/Oberlausitz 1.334 17,3 % 1.722 22,3 %
Vierkirchen x x x x
Gesamtzahl der Stimmen 19.445   25.666  
Quelle: wahlen.sachsen.de

Die Sachlage scheint für die AfD zu sprechen. Dennoch sieht wahlkreisprognose.de (Stand 19.07.2019) den Wahlkreis sicher in Händen der CDU. Offenbar wird dort KRETSCHMER ein Amtsbonus eingeräumt. Bei den anderen drei Wahlkreisen des Landkreises (57, 59 und 60) stehen dagegen die Chancen für die AfD besser.

BARTSCH, Michael (2019): Heimatflair zum Wahlkampfstart.
Für Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer begann am Montagabend die Überlebensschlacht der CDU im Görlitzer Wahlkreis. Es gab Bratwurst und Bier,
in:
TAZ v. 24.07.

"(I)m 20 Kilometer entfernten Görlitz, wo er Stadtrat war, lauern mit den Direktkandidaten Sebastian Wippel (AfD) und Franziska Schubert (Grüne) zugleich die Hauptkonkurrenten der CDU.
Nur ein stilles Bündnis von Links bis Union verhinderte im Juni AfD-Wippel als Görlitzer Oberbürgermeister. Solche Bündnisse »Alle gegen die AfD« aber sind weder in Görlitz noch sonst in Sachsen in Sicht. (...).
Kretschmer (...) grenzt sich heftig von der AfD, vorsichtiger von den Grünen ab",
meint Michael BARTSCH.

LASCH, Hendrik (2019): Ende der schwarzen Dominanz.
Landtagswahl in Sachsen: Während Sachsens Linke auf mehr als ein Direktmandat hofft, könnten Grüne erstmals Wahlkreise gewinnen,
in:
Neues Deutschland v. 31.07.

Hendrik LASCH berichtet u. a. über weit auseinander liegende Wahlprognosen für den Wahlkreis 58 von Michael KRETSCHMER:

"Im Görlitzer Wahlkreis 58, wo der 2017 von einem AfD-Mann um sein Bundestagsmandat gebrachte Ministerpräsident und CDU-Chef Michael Kretscher antritt, sieht »wahlkreisprognose.de« diesen mit über zwölf Punkten vorn. Die Politikberatungsseite »election.de« sieht dagegen in demselben Bezirk einen von zwei Wahlkreisen, in denen die AfD einen Vorsprung hat und mit »35 Prozent Wahrscheinlichkeit« gewinnen könnte.

LANDESWAHLLEITERIN (2019): Landtagswahl 2019: Vorläufiges Ergebnis der Wahl.
in: wahlen.sachen.de v. 02.09.

Interessant ist auch das Ergebnis im Wahlkreis 58 Görlitz 2, wo der CDU-Ministerpräsident Michael KRETSCHMER antrat. Bei den Listenstimmen lag die AfD knapp vor der CDU. Bei den Erststimmen wurde KRETSCHMERs Niederlage nur durch die Stützung durch die linksliberalen Parteianhänger verhindert, was sich an der Differenz zwischen Direkt- und Listenstimmen im Wahlkreis ablesen lässt. Die folgende Tabelle zeigt die Differenzen zwischen Listen- und Direktstimmen auf:

Wahlkreis 58 Görlitz 2 CDU CDU-AfD-
Differenz
AfD Linke Grüne SPD FDP Freie
Wähler
Die Partei
Anteil Listenstimmen 35,2 % - 2,7 % 37,9 % 6,3 % 8,0 % 4,6 % 2,5 % 1,4 % 1,4 %
Anteil Direktstimmen   45,8 % + 7,9 % 37,9 % 4,0 % 7,2 % 1,5 % 1,2 % 1,0 % 1,2 %
Differenz der Stimmenanteile + 10,6 %   0,0 % - 2,3 % - 0,8 % - 3,1 % - 1,3 % - 0,4 % - 0,2 %

Unter der Annahme, dass die Differenzen des CDU-Ergebnisses durch die Differenzen bei den etablierten Parteien verursacht wurden, ergibt sich, dass KRETSCHMER in erster Linie durch den Koalitionspartner SPD und die Linkspartei gestützt wurde. Ungefähr die Hälfte der Differenz lässt sich dadurch erklären. Der Vorsprung der CDU vor der AfD lag bei den Direktstimmen nur bei 7,9 %. Die Differenzen von Linkspartei, Grünen, SPD, FDP, Freie Wähler und die Partei ergeben zusammen 8,1 %.

Fazit: Michael KRETSCHMER hat sein Direktmandat nicht seinen eigenen Parteianhängern zu verdanken, sondern der Stützung durch den linksliberalen Mainstream. Diese eklatante Schwäche des CDU-Ministerpräsidenten von Sachsen, dem die eigene CDU-Basis noch mehr abhanden kommen dürfte, wird das größte Handicap einer Landesregierung sein. Hinzu kommt, dass der CDU bereits bei den Kommunalwahlen im Mai ein Drittel der Basis in Sachsen abhanden gekommen ist. Das Landtagswahlergebnis ist nur ein weiteres Desaster im Niedergangsprozess der CDU.

 
     
 
       
   

weiterführender Link

 
       
     
       
   
 
   

Bitte beachten Sie:
single-generation.de ist nicht verantwortlich für die Inhalte externer Internetseiten

 
   
 
     
   
 
   
© 2002-2019
Bernd Kittlaus
webmaster@single-generation.de Erstellt: 03. April 2017
Update: 04. September 2019