2010
BOLZEN, Stefanie
(2010): Chemnitz wird zur "ältesten" Stadt in ganz Europa.
Die
meisten Senioren - Deutschland ist Rentnerland,
in: Welt v. 20.01.
BANSE, Juliane/MÖBIUS, Martina/DEILMANN, Clemens (2010): Wohnen
im Alter 60+. Ergebnisse einer Befragung in der Stadt Döbeln,
IÖR Text Nr.160, Juli
Studienergebnisse einer Befragung von 60 bis 95Jährige in
der sächsischen Mittelstadt Döbeln mit rund 21.000 Einwohnern.
Themen waren die gegenwärtige Wohnsituation, Umzugsabsichten und
bevorzugte Wohnformen für das Alter geäußert. Die
Ergebnisse soll für "ostdeutsche Städte mit gemischter
Baualtersstruktur der Wohnungen in der entsprechenden
Gemeindegrößenklasse" repräsentativ sein. Außerdem wird
auf die Unterschiede zwischen sächsischen Mittelstädten im
Vergleich zur Großstadt Dresden eingegangen
RINGEL, Felix (2010): Hoytopia allerorten? Von der Freiheit zu
bleiben,
in: Aus Politik und Zeitgeschichte Nr.30-31 v. 26.07.
PROGNOS
(2010): Zukunftsatlas 2010.
Alle 412 Städte und Kreise im Test,
in: Pressemitteilung der Prognos AG v. 15.11.
2011
TUTT, Cordula (2011): Wohlstandskinder.
Geburten in Dresden: Paare in Deutschland schieben ihren Kinderwunsch nicht
länger auf. Eine Trendwende kommt langsam in Sicht,
in: Wirtschaftswoche Nr.1/2 v. 10.01.
Cordula TUTT stilisiert die Dresdnerinnen zu
Pionierinnen des deutschen Babybooms. Mit Hans BERTRAM und
Michaela KREYENFELD hat sie zudem zwei Experten gefunden, die
im Gegensatz zum bundesrepublikanischen Mainstream dem
Elterngeld eine langfristig geburtenfördernde Wirkung
zuschreiben.
HORDYCH, Harald (2011): Daheim ist daheim.
Wer von
der Kleinstadt in die Großstadt geht, hat es geschafft. Aber was
ist eigentlich mit denen, die wieder zurückkehren? Sind sie
Verlierer? Oder heimliche Gewinner?
in: Süddeutsche Zeitung v. 15.01.
VOIGT,
Andreas (2011): Leipzig, neue Hauptstadt der Gründerzeit.
Mehr als 12.000 Häuser stehen
in der Stadt unter Denkmalschutz. Viele wurden aufwendig
saniert. Das zieht die Blicke an - und Geld,
in:
Welt am Sonntag v. 30.01.
Andreas
VOIGT schildert die verschiedenen Phasen der
Stadtentwicklungspolitik, die zum weitgehenden Erhalt der
Gründerzeitgebäude in Leipzig führten (mehr
hier).
LOCKE, Stefan (2011): Kinder, Kinder.
Dresden ist
die geburtenstärkste Stadt im Land. Ein Fotograf dokumentiert seit
zwei Jahren das kleine Wunder in seiner Heimat,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 20.03.
Ist Dresden tatsächlich
die geburtenstärkste Stadt im Land?
"So viele Kinder,
Kinderwagen und schwangere Frauen begegnen einem in kaum
einer anderen deutschen Stadt; in nackten Zahlen
ausgedrückt, waren es 5609 Babys, die hier 2009 das Licht
der Welt erblickten. In der Statistik entspricht das 10,9
Kindern je 1000 Einwohner - und hat gereicht, den bisherigen
Spitzenreiter München (10,8) zu entthronen",
berichtet Stefan LOCKE.
Bei den Zahlen handelt es sich lediglich um
rohe
Geburtenziffern, d.h. die Zahlen werden durch die
unterschiedliche Einwohnerstruktur von Städten verfälscht.
Städte mit wenigen jungen Menschen unter 15 Jahren, also
gerade jene mit in den vergangenen Jahren geringen
Geburtenzahlen haben gegenüber Städten mit in den vergangenen
15 Jahren höheren Geburtenzahlen bessere Chancen zur
geburtenstärksten Stadt zu avancieren. In die rohen
Geburtenziffern gehen eben nicht nur die gebärfähigen Frauen
der 15-45Jährigen ein, sondern auch diejenigen, die keine
Kinder gebären können, d.h. zu junge und zu alte Frauen. Dies
führt dazu, dass Städte mit einer hohen Einwohnerzahl der
15-45Jährigen ein besseres Verhältnis von Geburten je 1000
Einwohner erreichen können, als Städte, die relativ viele
Kinder und alte Menschen aufweisen.
Die
Dresdner Neustadt, bundesweit bekannt geworden durch Uwe
TELLKAMPs Buch Der Turm soll gemäß LOCKE der
geburtenreichste Stadtteil in ganz Europa sein, aber auch hier
gilt wie für den Prenzlauer Berg in Berlin, dass solche
Aussagen eher unter aufmerksamkeitsökonomischen Aspekten und
im Hinblick auf eine "symbolische Gentrifizierung" relevant
sind als unter demografischen Gesichtspunkten. So wie ab den
1990er Jahren die
Single-Rhetorik den
Familialismus stärken sollte, so wird inzwischen die
Familien-Ästhetik zelebriert. Der mediale Baby-Boom soll den
tatsächlichen Baby-Boom miterzeugen.
Bereits
im Jahr 2005 prognostizierte single-generation.de in
einer Kritik des Buches Die Emanzipationsfalle der
Journalistin Susanne GASCHKE, dass
Studieren
mit Kind bald kein Exotenfach mehr sein wird und die
Doppelkarriere-Familie die Stadt erobern werden. Beides
ist in Dresden und anderen Dienstleistungszentren geschehen.
"Auch die Universität
hat auf den Baby-Boom reagiert und zwei Kitas mit 230
Plätzen sowie eine Kurzzeitbetreuung, das »Campusnest«,
eingerichtet, in der Studenten ihre Kinder für ein oder zwei
Vorlesungen abgeben können. Das kostet maximal sechs Euro,
und das Angebot platzt aus allen Nähten, denn 3000 der
40.000 Dresdner Studenten sind Eltern, drei Prozent mehr als
im Bundesdurchschnitt."
Sachsen gehörte bereits
in der Weimarer Republik zu den Bundesländern mit dem größten
Geburtenrückgang. Wilhelm HARTNACKE erschrieb sich mit seinem
Buch Bildungswahn - Volkstod (1932) das Ministeramt für
Volkserziehung. Fast 80 Jahre später ist das Thema mit
Deutschland schafft sich ab von Thilo SARRAZIN wieder
virulent. Die Frage ist: schafft Deutschland diesmal die Wende
oder gewinnen die Nationalkonservativen wieder die Oberhand?
Die berufstätige Karrieremutter ist in Deutschland ein neues
Phänomen, denn der Nationalsozialismus sah in ihr noch eine
Bedrohung. Wird sie in Zukunft das Mutterbild in Deutschland
bestimmen oder behalten Nationalkonservative wie Tilman MAYER,
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Demographie, Recht,
die Deutschland demografisch am Abgrund sehen und das Heil nur
in einer massiven Demografiepolitik sehen, die vor allem gegen
Kinderlose gerichtet ist?
NEON-Titelgeschichte:
Die beste Stadt für dich!
Arbeiten, feiern, Freunde finden: Welcher Ort in Deutschland
jetzt der richtige für dich ist |
FUCHS,
Christian (2011): Leipzig.
Für (Lebens-)Künstler,
in: Neon,
Juli
MACHOWECZ, Martin (2011): Dresden.
Für Ingenieure
mit Sinn für Kunst,
in: Neon,
Juli
Der Dresdner hat keinen
guten Ruf ("barocke Bräsigkeit"), weshalb die Stadt mit anderen
Vorzügen beworben wird:
"Dresden ist heute der Ort für
Ingenieure und Wissenschaftler. Sachsen kämpft nicht mehr um
Arbeitsplätze. Es kämpft um Fachkräfte. Eine ganze Generation
Gutgebildeter ist in den Westen gezogen, aber die freien Stellen sind
hier. Zu tausenden, im »Silicon Saxony« am Stadtrand. Die Technische
Universität gehört bei den Ingenieurwissenschaften zu den besten Unis
des Landes. Forschung boomt. Dresden wirbt überall um Fremde, aber sie
kommen nicht. Die Stadt hat eine Ausländerquote von gerade vier
Prozent.
Dabei bietet Dresden Lebensqualität zu unschlagbaren Konditionen.
(...) Wer länger bleibt, geht dem Touristenwahnsinn aus dein Weg
- und zieht in die Neustadt. Europas größtes Gründerzeitviertel ist
eine Festung aus Kneipen und Bars. Den Touristen wird sie als
»Szenestadtteil« vorgestellt, die meisten betreten sie dann gar nicht
erst."
SAB (2011): Wohnungsbaumonitoring 2011. Perspektiven und
Trends der Entwicklung auf dem sächsischen Wohnungsmarkt,
herausgegeben von der Sächsischen Aufbaubank
Das Wohnungsbaumonitoring
2011 wurde aufgrund der Kreisreform des Jahres 2011 auf 59
SAB-Wohnungsmarktregionen umgestellt, die folgendermaßen
beschrieben werden:
"Für die Abgrenzung der
Wohnungsmarktregionen in Sachsen wurden insbesondere die
Nahwanderungen berücksichtigt. Im Ergebnis der Analysen der
Pendler- und Wanderungsströme können im Freistaat Sachsen somit
59 Wohnungsmarktregionen definiert werden. Dabei wurden als
Randbedingungen berücksichtigt, dass jede Region mindestens
30.000 Einwohner umfasst und weder Gemeinden geteilt noch
Kreisgrenzen überschritten werden. Damit bilden die drei
Kreisfreien Städte
Chemnitz, Dresden und
Leipzig sowie die
Städte Freiberg, Plauen, Zwickau, Bautzen,
Hoyerswerda,
Görlitz,
Zittau, Meißen und Riesa jeweils eine eigenständige
Wohnungsmarktregion. Ebenso wurde darauf geachtet, dass
Verwaltungsgemeinschaften oder -verbände in den jeweiligen
Wohnungsmarktregionen zusammenbleiben." (2011, S.8)
HAUPT, Friederike (2011): Dieser Ort ist kein
Traum.
Es gibt
Städte, die ziehen Menschen in ihren Bann - hier ist möglich, was
woanders verkümmert. Leipzig hat das geschafft. Immer mehr
Westdeutsche studieren deshalb hier. Wer glaubt, das liege nur an den
niedrigen Mieten, irrt sich. Die Stadt leistet sich ein Lebensgefühl.
Aber es könnte auch sein, dass sich ein Lebensgefühl diese Stadt
erobert,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 12.11.
Friederike HAUPT berichtet über den
studentischen Zulauf in Leipzig, wobei die
studentische Szene in Leipzig im Mittelpunkt steht (mehr
hier).
2012
VOLKMANN, Linus (2012): Wie Karl-Marx-Stadt dein komisches Leben
rettet.
Vor den Türen zu ihren Auftritten lecken sich
die Ausgeh-Kids den Schnapsbart wund. Denn mit Kraftklub zieht
die derzeit aufregendste Gang durch die Städte. Im Intro wurden
die fünf Chemnitzer bis dato allerdings als Party-Stullen für
Atzen mit Abitur bezeichnet. Was verdammt noch mal ist denn nun
Sache?
in: Intro Nr. 199, Februar
Linus VOLKMANN erblickt im
Song Zu jung kein "Rentnerproblem" wie Michael PILZ,
sondern - im Gegenteil - eine Variante des
"Bellheim-Syndroms":
"Die Alten machen die
Plätze in der Popkultur nicht mehr frei, sondern daraus ein
Lebenswerk. Alles schon mal da gewesen und vor allem: alles
schon voll."
Und der Erfolg der "Anti-Hipster-Hymne"
Ich will nicht nach Berlin beruht für VOLKMANN nicht
auf einem Missverständnis (Der Hipster weiß nicht, dass er ein
Hipster) ist, sondern auf den strukturellen Zwängen des
kulturellen Kapitalismus:
"jeder hier in diesem
Saal kennt den kalten Hauch von Berlin im Nacken - und er
fühlt sich nicht nur gut an: Wenn was gehen soll, dann musst
du nach Berlin, wenn nichts mehr geht, dann erst recht.
Dieses Gespenst eines popkulturellen Zentralismus hat sich
das letzte Jahrzehnt noch mehr als zuvor schon in den
Vordergrund gespukt. Jeder Club der Kraftklub-Tour schreit
aus Trotz und Verzweiflung: »Ich will nicht nach Berlin!«
Selbst in Berlin ist das ein Hit."
WENDT, Alexander (2012): Dresden.
Die Elbstadt ist die ostdeutsche
Boom-Town schlechthin: Bis 2050 dürfte die Einwohnerzahl um rund
50.000 steigen. Wohnraum in guten Lagen wird knapp. Immobilienpreise
klettern kräftig,
in: Focus
Spezial - Deutschlands großer Immobilienatlas,
Mai
WENDT, Alexander (2012):
Leipzig.
Die sächsische Metropole gilt als
idealer B-Standort: Die Kulturszene glänzt, die Wirtschaft zeigt
sich stabil, die Einwohnerzahl steigt. Trotzdem sind Immobilien
gerade noch erschwinglich,
in: Focus
Spezial - Deutschlands großer Immobilienatlas,
Mai
RÖSSEL, Jörg & Michael HOELSCHER
(2012): Lebensstile und Wohnstandortwahl,
in:
Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie,
Juni, S.303-327
HÄHNIG,
Anne (2012): Da sind sie wieder.
Wanderungsbilanz: Jahrelang wanderten Ostdeutsche in die alten
Länder ab. Eine große Untersuchung zeigt: Das kehrt sich um,
in:
ZEIT Online v. 18.07.
"Der Freistaat Sachsen etwa verkündete stolz, dass 2011 erstmals
seit 14 Jahren wieder mehr Menschen her- als fortgezogen sind. Und der
Ost-West-Wanderungsverlust war 2010 so gering wie nie zuvor",
berichtet Anne HÄHNIG, die
prominente Rückkehrer nach Sachsen präsentiert, weil die
Rückkehrforschung derzeit boomt. HÄHNIG verweist auf eine
Rückkehrstudie von Thilo LANG.
MICHLER, Inga
(2012): Bildung schafft Wachstum.
Sachsen
hat das leistungsfähigste Bildungssystem. Berlin gibt Rote
Laterne an Schleswig-Holstein ab. Besonders Kinder von Migranten
und Alleinerziehenden profitieren,
in: Welt v. 24.02.
Inga MICHLER
präsentiert eine Studie der neoliberalen Organisationen IW Köln
und INSM:
"Aus Sicht der Wirtschaft
haben die beiden ostdeutschen Bundesländer Sachsen und Thüringen
wie bereits im Jahr 2011 auch 2012 das leistungsfähigste
Bildungssystem."
Der Bildungsmonitor
beschreibt die Bildungssituation in Sachsen aus Sicht der
Wirtschaft anhand von 13 Indikatoren. Der Rang der einzelnen
Indikatoren ist aus der nachfolgenden Übersicht ersichtlich:
Tabelle:
Sachsen im INSM-Bildungsranking 2012-2017 |
Indikatorengruppen |
Ranking |
2012 |
2013 |
2014 |
2015 |
2016 |
2017 |
Gesamtrang |
1 |
1 |
1 |
1 |
1 |
1 |
Input |
Ausgabenpriorisierung |
Punktzahl
(Rang) |
107,3 (2) |
85,5 (2) |
84,5 (2) |
80,3 (2) |
68,9 (3) |
72,4 (3) |
Inputeffizienz |
71,3 (9) |
45,4 (9) |
43,0 (10) |
47,1 (9) |
46,2 (9) |
46,0 (9) |
Betreuungsbedingungen |
94,8 (2) |
63,2 (3) |
64,6 (3) |
65,8 (2) |
63,0 (3) |
61,1 (5) |
Förderinfrastruktur |
97,6 (1) |
87,7 (1) |
93,0 (1) |
95,4 (1) |
97,1 (1) |
96,6 (1) |
Internationalisierung |
94,5 (3) |
40,6 (7) |
43,0 (8) |
44,5 (7) |
49,5 (5) |
76,3 (2) |
Output |
Zeiteffizienz |
125,6 (10) |
58,5 (11) |
72,2 (5) |
56,6 (12) |
56,7 (12) |
55,8 (12) |
Schulqualität |
105,0 (2) |
95,0 (1) |
95,5 (1) |
95,0 (1) |
95,0 (1) |
96,2 (1) |
Bildungsarmut |
86,7 (4) |
84,0 (1) |
65,4 (8) |
81,5 (1) |
85,2 (2) |
97,5 (1) |
Integration |
72,1 (6) |
52,8 (9) |
74,3 (2) |
71,4 (2) |
64,2 (4) |
59,1 (5) |
Berufliche Bildung |
60,0 (8) |
56,4 (7) |
39,4 (12) |
57,9 (5) |
55,2 (6) |
49,6 (6) |
Akademisierung |
83,5 (9) |
64,9 (2) |
65,3 (2) |
68,1 (2) |
69,5 (2) |
56,9 (2) |
MINT |
66,7 (4) |
Forschungsorientierung |
63,9 (8) |
66,5 (2) |
73,3 (2) |
71,4 (2) |
84,3 (1) |
77,6 (3) |
|
Quelle:
Bildungsmonitor 2012, S224ff.;
Bildungsmontior 2013,S.136ff.;
Bildungsmonitor 2014, S.160ff. ;
Bildungsmonitor 2015, S.202ff.;
Bildungsmonitor 2016, S.;
Bildungsmonitor 2017, S.198ff. |
Der Punkt
Ausgabenpriorisierung
umfasst drei Indikatoren zu den relativen Bildungsausgaben. Im
Grundschulbereich liegt Sachsen im Jahr 2017 auf Platz 15, bei
den allgemeinbildenden Schulen sogar auf dem letzten Platz. Nur
beim dualen System steht Sachsen auf Platz 2. Hier zeigt sich
das Problem des Spardiktats.
BUCHER,
Hansjörg & Claus SCHLÖMER (2012):
Eine
demografische Einordnung der Re-Urbanisierung.
In:
BBSR (Hrsg.) Die Attraktivität großer Städte: ökonomisch,
demografisch, kulturell. Ergebnisse eines
Ressortforschungsprojekts des Bundes,
Sonderveröffentlichung, Bonn, April, S.66-72
"Die zentrale
demografische Determinante für die Verstädterung sind die
Wanderungen. Das Bevölkerungswachstum der Städte resultiert
vornehmlich aus Wanderungsgewinnen. In den seltensten Fällen
haben Städte – zumeist ausgelöst durch eine günstige
Alterszusammensetzung – auch Geburtenüberschüsse. Über viele
Jahrzehnte wurde die Urbanisierung getragen von Zuwanderern, die
ihrerseits aus ländlichen Regionen mit Geburtenüberschüssen
abgewandert waren. Vor rund einem halben Jahrhundert folgte
diesem Prozess der Urbanisierung die Periode der
Suburbanisierung. Die Städte verloren nunmehr durch kleinräumige
Abwanderung Einwohner an ihr Umland. (...). Diese
Wanderungsverluste – gerne auch als Stadtflucht gebrandmarkt –
waren niemals ein stetiger Prozess. Das Ausmaß der Abwanderungen
schwankte. Es konnte gar zeitweilig zu Wanderungsgewinnen
kommen. Diese Veränderungen eines demografischen Tatbestandes
wurden alsbald von Stadtforscherinnen und -forschern, die
ihrerseits keine Demografinnen bzw. Demografen waren, als
Indikatoren für Prozesse gedeutet, die nur am Rande mit
Demografie zu tun haben. Dieser Deutung hätte aus demografischer
Sicht eine Überprüfung vorangehen müssen, die wir im Folgenden
beschreiben wollen" (S.66),
beschreiben BUCHER & SCHLÖMER
das Anliegen des Artikels. Um das Prinzip des demografischen
Zugangs zu beschreiben, benutzen die Autoren den
ungebräuchlichen Begriff "Mengeneffekt", der üblicherweise
Struktureffekt heißt. Demografen fragen bei einem Phänomen (z.B.
Geburtenzahl), ob es Ausdruck einer Verhaltensänderung (z.B.
Anzahl der Kinder pro Frau) oder eines Struktureffekts ist (z.B.
Veränderungen bei der Zahl der gebärfähigen Frauen).
BUCHER & SCHLÖMER befassen
sich mit der Problematik der Trennung von Struktur- und
Verhaltenseffekten bei der Betrachtung von Wanderungsbewegungen
in und aus Städten. Die stadtsoziologische Debatte der 1987 wird
aus dieser Perspektive neu aufgerollt:
"Trotz der Schwierigkeit
einer eindeutigen Trennung zwischen Mengen- und Verhaltenseffekt
gibt es relativ augenfällige Beispiele, die bei der
Fragestellung »Zurück in die Stadt« die Mengenwirkung auf die
Wanderungsrichtung zeigen: Die Mitglieder der
Babyboom-Generation der 1960er Jahre erreichten ca. 20 Jahre
später jene Lebensphase, in der sie – aus Ausbildungs- und
Arbeitsplatzgründen – bevorzugt in die Städte zogen. Wegen ihres
hohen Anteils am gesamten Wanderungsgeschehen verursachten sie
dort eine nunmehr positive Wanderungsbilanz. Da die Wanderungen
jedoch bei der damaligen Ursachenforschung meist nicht nach dem
Alter der Wandernden unterschieden wurden, blieb die Erkenntnis
verborgen, dass es sich vornehmlich um einen Mengeneffekt
handelte und dass die altersspezifischen Präferenzen für
Wanderungsziele weitgehend gleich geblieben waren. Vielmehr
setzte eine wissenschaftliche Diskussion ein, um die
vermeintlich eingetretene
»Neue Urbanität« (so der Titel eines Buches von
Häußermann/Siebel 1987) zu erklären. Als den Babyboomern die
schwächeren Kohorten der späten 1960er und 1970er Jahre folgten,
verlor das Thema rasch an Dynamik. Erst eine Generation später –
jetzt kommen die Kinder der Babyboomer in die Städte gezogen –
wird wieder eine Renaissance des Wohnens in der Stadt
ausgemacht. In einzelnen Städten mag auch ein verändertes
Wohnstandortverhalten vorliegen. Doch kann man auch generell von
einer neuen Attraktivität der Städte im Sinne eines geänderten
Wanderungsverhaltens sprechen?" (S.67)
Dass bei der Betrachtung von
Phänomenen durch die demografische Perspektive nun die
Struktureffekte stärkeres Gewicht als die Verhaltenseffekte
erhalten, ist auch eine Sache des Zeitgeistes. Offensichtlich
lassen sich Struktur- und Verhaltenseffekte nicht exakt trennen,
sondern die Sicht bestimmen vorab Annahmen darüber, welcher
Effekt nun gerade mehr Gewicht zugeschrieben wird.
Aufgrund des
Lebenszyklusmodells schreiben BUCHER & SCHLÖMER den Wanderungen
ganz spezifische Richtungen zu:
"Bildungswanderer und
Berufswanderer bringen den Städten Wanderungsgewinne,
Familienwanderer und Altenwanderer erzeugen hingegen
Wanderungsverluste. Alle vier Wanderungsgruppen zeigen insofern
ein stabiles Wanderungsmuster, als sie ihre Nettoposition
innerhalb der Wanderungsbilanz halten (bis auf eine zeitweilige
Ausnahme). Das heißt: Familienwanderer und Altenwanderer
verzeichnen in den Städten (Ost wie West) Netto-
Wanderungsverluste.
Von Bildungswanderern und von Berufswanderern hingegen ziehen
mehr in die Städte, als aus ihnen wegzuziehen. Während sich das
Vorzeichen der Netto-Wanderungen nicht ändert, so zeigt der
Betrag – das Ausmaß dieses Wanderungsvolumens – eindeutige
Tendenzen. Die Wanderungsgewinne der Bildungswanderer haben
erheblich zugenommen, die Wanderungsverluste der
Familienwanderer nahmen ab. In der Summe dieser vier Gruppen kam
es so zu einem Wechsel des Vorzeichens, ohne dass eine einzelne
Gruppe ihre Wanderungsrichtung gedreht hätte." (S.70)
Aus der demografischen
Perspektive ergibt sich dann folgende Annahme:
"Relativiert man die
Netto-Wanderungen an der Größe der Bevölkerungsgruppen, aus
denen die Wandernden hervorkommen, dann zeigen diese Saldoraten
– nunmehr bereinigt um den Mengeneffekt – das Verhalten und
dessen Veränderung im Zeitverlauf." (S:70)
Eine solche Sicht macht es
sich natürlich viel zu einfach, denn sie vernachlässigt alle
nicht-demografischen Struktureffekte.
Fazit: Aufgrund der
mangelnden Trennunschärfe zwischen Struktur- und
Verhaltenseffekten ersetzt der demografische Blick dieses
Problem, indem Verhaltenskonstanz angenommen wird. Widerlegt
kann dies ist er in dem Moment, wo sich die Verhaltenskonstanz
aufgrund der Richtungsänderung der Wanderungen nicht mehr
aufrechterhalten lässt. Bis dahin aber ergibt sich jedoch ein
großer Interpretationsspielraum!
POMOGAJKO, Kirill & Michael VOIGTLÄNDER (2012): Demografie und
Immobilien. Der Einfluss der erwarteten Flächennachfrage auf
die heutigen Wohnimmobilienpreise, IW-Trends Nr.2, Juni
POMOGAJKO & VOIGTLÄNDER befassen sich mit der
Wohnflächennachfrage für 127 Städte im Zeitraum 2006 bis 2025.
Grundlage ist die
Bevölkerungsvorausberechnung der Bertelsmann-Stiftung aus dem
Jahr 2008. Da die altersabhängige Wohnflächennachfrage im
SOEP 2000 bis 2007 konstant war, gehen die Autoren davon aus,
dass es auch in Zukunft keine Kohorteneffekte geben wird.
"Von den betrachteten 127
Städten weisen 60 Städte einen Rückgang der Wohnflächennachfrage
in diesem Zeitraum aus",
erklären POMOGAJKO &
VOIGTLÄNDER. Folgende 6 der 127 Städte liegen in Sachsen. Die
Übersicht zeigt die prognostizierte Veränderung der
Flächennachfrage bis 2025:
Tabelle:
Vergleich der Schätzungen der Flächennachfrage bis 2025
in 6 sächsischen Städten |
Stadttyp |
Stadt |
Bevölkerungsentwicklung
2006 - 2025 |
Veränderung der Flächennachfrage
2006 - 2025 |
jährliche Veränderung
der Flächennachfrage 2010 - 2025 |
C |
Chemnitz |
- 15,2 % |
- 13,0 % |
- 0,73 % |
B |
Dresden |
+ 8,0 % |
+ 9,5 % |
+ 0,48 % |
D |
Görlitz |
- 11,6 % |
- 9,2 % |
- 0,51 % |
B |
Leipzig |
+ 3,3 % |
+ 4,6 % |
+ 0,23 % |
D |
Plauen |
- 11,9 % |
- 9,2 % |
- 0,51 % |
D |
Zwickau |
- 16,8 % |
- 14,4 % |
-0,82 % |
|
Quelle:
IW Köln 2009 Immobilien 2025 und IW Köln 20012,
Anhang S.14ff. |
KERSTEN,Jens/NEU,
Claudia/VOGEL, Berthold (2012): Demografie und Demokratie.
Zur Politisierung des Wohlfahrtsstaates, Hamburg: Hamburger
Edition
2013
RADEMACHER, Christian (2013): Deutsche Kommunen im
demographischen Wandel. Eine Evaluation lokaler
bevölkerungspolitscher Maßnahmen, Springer VS
SCHMOLLACK, Simone (2013): Stadt-Land-Gefälle.
Kitas: In den Metropolen
fehlen Betreuungsplätze, auf dem Land nicht, sagen
Lobbyverbände,
in: TAZ v. 27.02.
KÜHNTOPF, Stephan & Susanne
STEDTFELD (2012): Wenige junge Frauen im ländlichen Raum:
Ursachen und Folgen der selektiven Abwanderung in
Ostdeutschland. BiB Working Paper 3/2012. Wiesbaden:
Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (Veröffentlichung
07.08.2013)
KLINGHOLZ, Reiner & Eva /KUHN (2013): Vielfalt statt
Gleichwertigkeit.
Was
Bevölkerungsrückgang für die Versorgung ländlicher Regionen
bedeutet, September
HANDELSBLATT
(2013): Zukunftsatlas 2013.
Alle 412 Städte und Kreise im Test: Der Süden zieht davon.
Erfolgreiche Großstädte im Osten haben den Westen überholt. In
einzelnen Städten des Westens ballen sich die Probleme. Größte
langfristige Aufsteiger sind erfolgreiche ländliche Regionen,
in: Pressemitteilung des Handelsblatt v. 08.11.
HÄHNIG, Anne (2013): Zurück für die Zukunft.
Immer mehr Ostdeutsche im
Westen liebäugeln damit, wieder in der alten Heimat zu leben.
Nun haben Forscher Abertausende Daten ausgewertet. Nie wusste
man so viel über die Rückkehrer wie jetzt,
in:
Die ZEIT Nr.51 v.
12.12.
"Schon heute ist die Zahl
derjenigen jungen Menschen, die in die Städte
Mitteldeutschlands ziehen, größer als die Zahl derer, die vom
Land abwandern. Deshalb hat etwa Sachsen eine positive
Wanderungsbilanz", berichtet Anne HÄHNIG.
HENGER,
Ralph/SCHIER, Michael/VOIGTLÄNDER, Michael (2013):
Wohnungsleerstand.
Eine wirtschaftspolitische
Herausforderung,
in:
IW Positionen Nr.62 v.
20.12.
HENGER/SCHIER/VOIGTLÄNDER
prognostizieren die Leerstandsentwicklung in den Landreisen und
kreisfreien Städten, wobei sie auf die Prognose der
Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2013 zurückgreifen. Für
Sachsen kommen die Autoren auf 7 Städte und Landkreise unter den
20 Städten und Kreisen mit den höchsten Leerständen im Jahr 2011
(vgl. Tabelle 5, S.23).
2014
HAIMANN, Richard (2014): Senioren lösen neue Wanderungsbewegung
aus.
Die ältere Generation zieht
in kleine Städte in reizender Landschaft und reichem
Kulturangebot. Schrumpfende Orte haben nun wieder eine Zukunft;
denn durch die Senioren entstehen neue Arbeitsplätze,
in:
Welt Online v. 08.03.
KRAUSHAAR, Martin
(2014): Freie Fahrt.
Leipzig:
Die neue S-Bahn-Strecke unter der
City macht die Innenstadt leichter erreichbar. Für die Leipziger ein
Grund mehr, im Grünen zu wohnen,
in: Capital
Immobilienkompass 2014
KRAUSHAAR, Martin
(2014):
Kaufzwang.
Dresden: Mietwohnungen sind knapp.
Und daran wird sich in nächster Zeit wenig ändern. Wer leer ausgeht,
kommt nicht umhin, sich Eigentum zuzulegen,
in:
Capital Immobilienkompass 2014
LOHRER/LÖRCHNER/MEYER/PLATT (2014):
Wer jetzt kein Haus hat...
...kauft sich keines mehr. Falsch!
Trotz Immobilienboom gibt es noch Gelegenheiten für alle, die
Eigenheime suchen oder Geld anlegen wollen,
in: Euro
Immobilien-Atlas, Mai
Der
Immobilien-Atlas benutzt folgende Merkmale zur Charakterisierung der
Städtischen Immobilienmärkte:
- Einwohnerzahl (DESTATIS Ende 2012)
- Arbeitslosenquote (Bundesagentur für Arbeit, Sand Februar 2014)
- Pro-Kopf-Einkommen (DESTATIS 2012 Verfügbares Einkommen)
- Kaufpreis Wohnung (Immobilienscout 24, Stand Ende 2013)
- Miete (Nettojahreskaltmiete je qm)
- Mietrendite
Die Kategorie "Kleine Perlen"
präsentiert Städte mit 20.000 - 100.000 Einwohner. Empfehlungen
beziehen sich auf die Alternativen Kaufen oder mieten.
Der Immobilienmarkt in Dresden wird
folgendermaßen zusammengefasst:
"Die Renditen sinken, die
Angebote werden rar."
Zu Leipzig heißt es:
"Hohe
Renditen, allerdings auch erhöhtes Risiko."
Als Kleine Perlen werden in
Sachsen keine Städte bewertet.
HUNZIKER, Christian (2014): Viel Raum
fürs Geld.
Vor wenigen Jahren lag Leipzigs
Wohnungsmarkt am Boden. Mittlerweile sind in der Stadt wieder
Baukräne zu sehen. Trotzdem sind Mieten und Kaufpreise noch
immer wesentlich günstiger als in anderen deutschen Metropolen,
in:
Handelsblatt v. 24.06.
TAUBERT, Greta (2014): Die Schwarm-Stadt.
Nirgendwo boomt der
Arbeitsmarkt so sehr wie in Leipzig. Die Autorin, die in der
Stadt lebt, erklärt das Geheimrezept,
in: Capital,
Juli
Der
Ökonom Harald SIMONS hat den Begriff "Schwarm-Stadt" geprägt,
um die angeblich "unerklärliche" Anziehungskraft von Städten
zu bezeichnen:
"Aus der umliegenden öden
ostdeutschen Provinz ziehen junge Leute wie Vögelschwärme in
die verheißungsvollen urbanen Zentren. Irgendwann ist mal
einer aus der Dorfjugend vorgeflogen, hat in Leipzig eine
Nacht auf einem illegalen Elektro-Open-Air durchgetanzt, saß
mit anderen Langweile-Migranten und ausreichend Bier
sommerabends auf der Sachsenbrücke oder wusste sich,
überwältigt von der Übermacht der Möglichkeiten."
Für die Erklärung dieses
Hip-Phänomens wurden z.B.
Hipster-Theorien oder der Begriff
"Symbolische Gentrifizierung" (vgl. Barbara LANG
1995) erfunden.
ROST, Norbert (2014): Von Hoyerswerda lernen.
Aufstieg und Fall der
Lausitzer Braunkohle und ihrer Städte: Hoyerswerda und
Weißwasser mahnen, wie wacklig unsere fossile Industriekultur
sein kann,
in:
Telepolis v. 27.07.
Norbert ROST schildert
Aufstieg und Fall der Lausitzer Städte
Hoyerswerda und
Weißwasser anhand der Entwicklung des Braunkohleabbaus.
FARKAS, Christoph (2014): Guten Morgen, Limbach-Oberfrohna!
Bleiben ist ein Abenteuer,
in:
TAZ v. 16.08.
"Für die Identität und
Zukunft ihrer Heimat sind Bleibende - und Zurückkommende -
unverzichtbar. Wer bleibt, glaubt an sein Zuhause, glaubt daran,
etwas ändern oder erhalten zu können. (...).
In den darbenden Städten des Ruhrpotts und des Ostens sind die
Bleibenden heute gefordert, die Ruinen und die Langeweile
mit Leben zu füllen. Ihren Städten die ramponierten Visagen zu hübschen; Oberhausen,
Magdeburg, Duisburg oder Rostock auch für andere bleibenswert zu
gestalten, wo die Politik hilflos ist. (...).
Diese Bleibenden stellen sich den Umständen, die den andern oft
ein Grund sind, zu gehen, um nicht zu sagen: zu flüchten. Wer
bleibt, ist mutig. Die Bedingungen für Selbsterkenntnis,
Reifung, Menschwerdung sind für die Bleibenden wie für die
Reisenden mindestens ebenbürtig", meint Christoph FARKAS.
BBSR (Hrsg)(2014):Aktuelle und zukünftige Entwicklung von
Wohnungsleerständen in den Teilräumen Deutschlands.
Datengrundlagen, Erfassungsmethoden und Abschätzungen, Bonn, September
2014
Reiner BRAUN u.a. befassen sich in
dem Band u.a. mit der Leerstandsproblematik in der Sächsischen Stadt
Plauen:
"Eine hohe Leerstandsdauer hat
Folgewirkungen. Volkswirtschaftlich besteht die Gefahr eines
»Ansteckens« gesunder Bestände, wenn das Image oder die Attraktivität
eines Gebietes darunter leidet (siehe Fallbeispiel Plauen)." (S:6)
Die Zukunft der Stadt Plauen wird
folgendermaßen beschrieben:
"Die Stadt Plauen ist eine
ostdeutsche Mittelstadt mit sinkender Einwohnerzahl sowie
stagnierenden Miet- und Kaufpreisen. Die Stadt gehört zum
Vogtlandkreis, für den das BBSR bis zum Jahr 2030 einen
Bevölkerungsrückgang um 19 % prognostiziert. In den letzten drei
Jahren wurden im gesamten Landkreis durchschnittlich noch 157
Wohnungen neu geschaffen. Nach Schätzungen von empirica ist rein
demographisch bedingt künftig kein Wohnungsbau mehr erforderlich. Aber
selbst dann (und ohne Abrisse oder Nutzungsänderungen) würde der
Wohnungsüberhang im Vogtland von 17,3 Tsd. Einheiten laut Zensus 2011
auf 34,7 Tsd. bis zum Jahr 2030 ansteigen." (S.27)
Für Plauen ergab sich beim
Leerstand eine große Kluft zwischen der Zensuserhebung und der
Erfassung des Leerstands durch die Gemeinde:
"Aus Sicht der Stadt spricht
einiges dafür, dass der Zensus die vollständig leer stehenden
WohngebäudeWohngebäude (meist Ruinen) nicht adäquat erfasst. Die Stadt
hat rd. 600 komplett leerstehende Wohngebäude mit ungefähr 3.600
Wohnungen dokumentiert. Bei diesen Wohngebäuden sind nicht selten die
Eigentumsverhältnisse kompliziert (z. B. Erbengemeinschaft, die
Mitglieder weltweit verstreut sind) oder es handelt sich sogar um
herrenlose Grundstücke. Die Stadt erklärt die Differenz in der
Größenordnung von gut 3.000 Einheiten zwischen Zensusleerstand und
Erhebungsgrund in der Untererfassung von ruinösen Wohnungsleerständen
im Zensus." (S.28)
ENGELHART, Katie (2014): "New Berlin" or Not, Leipzig Has New Life,
in: New York Times
v. 07.09.
SAB (2014): Wohnungsbaumonitoring 2014/2015. Perspektiven
und Trends auf dem sächsischen Wohnungsmarkt, herausgegeben von
der Sächsischen Aufbaubank
Das Wohnungsbaumonitoring
2014/2015 berücksichtigt erstmals die Ergebnisse des Zensus
2011. Zur Bevölkerungsentwicklung heißt es:
"Die »Volkszählung« (Zensus)
im Jahr 2011 hat gezeigt, dass wir noch weniger sind. Auf der
anderen Seite kann der Freistaat seit 2011 ein leichtes
Wanderungsplus verbuchen. Ist damit die große Abwanderung
gestoppt? Die Zuzüge konzentrieren sich auf die drei sächsischen
Großstädte und strahlen fast nur auf deren Umland zurück. Auch
einzelne Ober- und Mittelzentren konnten im Saldo Gewinne
verbuchen. Das macht deutlich, dass es im Land ganz
unterschiedliche und auch gegensätzliche Entwicklungen gibt.
Während die Regionen Leipzig und Dresden eine wachsende
Nachfrage nach Wohnungen verzeichnen und diese auch in den
nächsten Jahren anhalten wird, müssen die meisten anderen
Regionen mit einem steigenden Wohnungsleerstand rechnen. Hinzu
kommt: Trotz mehr als 10 Jahren Rückbauprogramm standen zum
Zeitpunkt der Gebäude- und Wohnungszählung am 9. Mai 2011 immer
noch 231.000 Wohnungen leer. Die demografische Entwicklung wird
in den nächsten Jahren vielerorts zu einem zunehmenden
Wohnungsleerstand führen. Die Zahl der Haushaltsgründer (18- bis
30-Jährige) geht bis 2025 in vielen Regionen nahezu um die
Hälfte zurück. 2030 werden in ganz Sachsen ohne Rückbau rund
500.000 Wohnungen leer stehen."
(2014, S.4)
Als Erklärung für die
zukünftige Entwicklung in Sachsen wird auf das
nationalkonservative Konzept der Ungeborenen
zurückgegriffen:
"Wie kommt es dazu? Das sind
die Auswirkungen des dramatischen Geburteneinbruchs und der
starken Abwanderung Anfang der 1990er Jahre, die sich
wellenartig in den nächsten Jahren wieder bemerkbar machen. Die
wenigen Kinder, die damals hier geboren wurden, haben derzeit
auch weniger Kinder, und dies beeinflusst wiederum die nächste
Generation ab 2020." (2014, S.4f.)
2015
SCHARMANN, Ludwig
(2015): Gleichwertige Lebensverhältnisse (nur) durch "gleiche"
Mindeststandards? Ansätze und Sichtweisen aus der Landesplanung
am Beispiel Sachsens,
in:
Informationen zur Raumforschung, Heft 1, S.29-44
SCHULZ, Daniel u.a. (2015): Darum Dresden.
Demonstrationen:
Die eine Erklärung, warum die Pegida-Proteste in Sachsens
Landeshauptstadt so groß geworden sind, gibt es nicht. Aber viele
Gründe,
in: TAZ
v. 24.01.
VEYDER-MALBERG, Thyra
(2015): Leipzig ist nicht Anti-München.
Die Zeiten des großen Leerstands
sind in Leipzig vorbei. Auch dort lohnt sich mittlerweile das
Immobiliengeschäft. Die Georg-Schwarz-Straße ist ein gutes Beispiel
für die Entwicklung,
in:
Jungle World Nr.8 v. 19.02.
Thyra VEYDER-MALBERG berichtet
über eine Straße im Leipziger Westen, in der sich nach Meinung von
VEYDER-MALBERG die Leipziger Stadtentwicklung spiegelt (mehr
hier).
RAU, Roland (2015): Keine Schule –
keine Einwohner?
Studie prüft Zusammenhang zwischen
Schulschließungen und Abwanderung in Gemeinden,
in:
Demografische Forschung aus erster Hand, Nr.1
Der Blick auf den
demografischen Wandel ist geprägt vom
geschichtskonservativen Denken in Abwärtsspiralen, das
empirischen Studien meist nicht standhält. In seiner Studie
hat der Demograf Bilal BARAKAT den Zusammenhang zwischen
Schulschließungen und Abwanderung am Beispiel von Sachsen
überprüft und nur einen geringen Zusammenhang gefunden.
BARAKAT sieht verschiedene Gründe wirken, die einem
Wegzug ("Exitoption") entgegenwirken:
"Für viele Menschen, so
der Demograf, sei eine Schule vor Ort nicht unbedingt
entscheidend, und das lokale Wanderungssaldo sei generell
nicht von Familienwanderung dominiert. So ist die
Schülerbeförderung in Sachsen relativ gut: Fast alle Schulen
– auch in ländlicheren Gegenden – sind innerhalb von 20
Autominuten zu erreichen. Die Grundschulzeit umfasst zudem
nur vier Jahre, nach denen die Kinder vermutlich ohnehin zu
einer weiterführenden Schule pendeln müssten. Auch sind
viele Bewohner in ländlichen Gegenden Hauseigentümer, die
nicht ohne weiteres ihr Haus verkaufen können. Insofern, so
der Demograf, gebe es genügend andere Kriterien, die darüber
entscheiden, ob eine Gemeinde, auch ohne Grundschule für
ihre Bewohner und für potentielle Zuzügler attraktiv
bleibe."
BALZTER, Sebastian & Julia KÖRNER (2015): Letzte
Runde.
Das Wirtshaus war einst das
Zentrum des Dorflebens. Jetzt geben sogar die einfallreichsten Wirte
auf. Ein Nachruf,
in: Frankfurter
Allgemeine Sonntagszeitung v. 26.04.
REINHÄCKEL, Heide (2015): Gemeinsam alt sein.
Alten-WG: Mehrgenerationenhäuser sind die konkrete Utopie der
alternden Gesellschaft. Wie man solche Konzepte verwirklichen kann,
zeigt das "Leipziger Modell". Zwei Architektinnen, die das Projekt
initiieren, setzten sich dabei auch mit dem Thema Armut auseinander,
in: TAZ v. 09.05.
BIB (2015): Kleinere Universitätsstädte profitieren am stärksten von
Zuzügen.
Grafik des Monats Mai,
in: Pressemitteilung des
Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung v. 20.05.
"Nicht die Metropolen, sondern
die kleineren Hochschulstädte sind die attraktivsten Wanderungsziele
junger Erwachsener in Deutschland. Zu diesem Fazit kommt eine
Berechnung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) auf
Basis der aktuellen Wanderungsstatistik. Demnach zieht es Menschen
im Alter zwischen 18 und 24 Jahren bevorzugt in Städte bis 300.000
Einwohner, überwiegend zur Aufnahme einer Ausbildung oder eines
Studiums. Mit einem Wanderungsgewinn von 142 Personen pro 1.000
Einwohner dieser Altersgruppe steht Passau in der Rangliste ganz
oben. Auf den weiteren Plätzen folgen Heidelberg (131), Münster
(128) und Leipzig (123). Die vier Millionenstädte München (109),
Köln (91), Hamburg (72) und Berlin (80) liegen dagegen deutlich
zurück",
heißt es in der Pressemitteilung
des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung.
Leipzig gehört jedoch
nicht zu den Großstädten mit unter 300.000 Einwohnern.
KOWALSKI, Matthias u.a.
(2015): Deutschlands Atlas der Stärke.
Regional-Ranking 2015: Stadt
oder Land? Nord oder Süd? Der neue große Focus-Vergleich zeigt,
in welchen der 402 Städte und Kreise die Wirtschaft floriert, wo
neue Jobs entstehen und Arbeitnehmer die höchsten Gehälter
erzielen,
in:
Focus Nr.22 v. 23.05.
Die Ergebnisse für Sachsen finden
sich
hier.
BERTELSMANNSTIFTUNG (2015): Demographischer Wandel verstärkt
Unterschiede zwischen Stadt und Land.
Deutschlands Bevölkerungsstruktur wird sich in den kommenden
Jahren spürbar verändern. Das Durchschnittsalter steigt. Der
Pflegebedarf nimmt zu. Während die Städte eher wachsen, dünnt
der ländliche Raum weiter aus. Die Kommunen stellt das vor ganz
unterschiedliche Herausforderungen,
in: Pressemitteilung der BertelsmannStiftung v. 08.07.
BBSR (2015): Unterschiede zwischen Stadt und Land vergrößern
sich.
BBSR legt Studie zur Entwicklung der Städte und Gemeinden vor,
in: Pressemitteilung
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
v. 13.08.
Aus der folgenden Tabelle
sind die am stärksten schrumpfenden Gemeinden (gemessen an der
Einwohnerzahl) in Sachsen ersichtlich:
DRIBBUSCH, Barbara
(2015): Bitburg ist nämlich auch ganz schön.
Studie: München und Leipzig boomen, das Land verödet. Forscher
raten: die Mittelstädte stärken,
in:
TAZ v. 14.08.
STEINFÜHRER, Annett
(2015): "Landflucht" und "sterbende
Städte".
Diskurse über räumliche Schrumpfung in Vergangenheit und Gegenwart,
in: Geographische Rundschau, September
Für Annett STEINFÜHRER besitzt die Selbststigmatisierung der
Bewohner einen negativen Einfluss auf den Bevölkerungsprozess in
Gemeinden:
"Eine 2003 in
Johanngeorgenstadt durchgeführte Studie untersuchte die
Wahrnehmungen der Bevölkerung in dieser sächsischen Kleinstadt, die
im 20. Jahrhundert mehrfach außerordentlich von ökonomischer und
demographischer Schrumpfung betroffen war. Zwei Drittel der 590
Befragten hätten nach eigener Auskunft einem »guten Freund« nicht
raten können, in ihre Stadt zu ziehen. Dies war der höchste Wert,
den dieser in vielen ostdeutschen Städten erhobene Indikator in den
1990er und 2000er Jahren je erhielt (...) Hauptbegründung war die
wirtschaftliche Situation (»Stadt der Arbeitslosen«, so eine
beispielhafte Aussage), die sieben von zehn Befragten anführten.
Die Studie zeigte, dass die Eigendynamik lokaler
Schrumpfungsprozesse als Abwärtsspirale (...) von der Bevölkerung
als solche erlebt und einhellig negativ bewertet wurde. Schrumpfung
umfasst somit auch eine Selbststigmatisierung."
(2015, S.8f.)
GLORIUS, Birgit (2015):
Ärzte für Sachsen.
Fachkräftezuwanderung als Lösungsansatz für demographische Probleme?
in: Geographische Rundschau, September
HAUSER, Jan (2015): Chemnitz lockt die Gründer.
Nach der Wende zogen die Menschen
aus der Stadt weg. Aber jetzt wächst sie wieder. Fachkräfte finden
Arbeit und Jungunternehmer genügend Raum,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v.
01.10.
"Chemnitz braucht den Zuzug. Nach der Wende hat die Stadt
60.000 Einwohner verloren. Die Prognosen sahen eine
schrumpfende Stadt voraus, doch jetzt wächst Chemnitz
wieder. Seit 2009 ziehen mehr Menschen in die Stadt, als
diese verlassen. (...). Chemnitz, früher Karl-Marx-Stadt,
hat die Wende aus eigener Kraft geschafft. Die
Arbeitslosenquote liegt leicht unter 9 Prozent",
berichtet
Jan HAUSER fast ein Jahrzehnt, nachdem
Inge KLOEPFER in der FAS unkritisch über die
Prognosen der neoliberalen Bertelsmann Stiftung
berichtete. Diese hatte für Chemnitz und andere ostdeutsche
Großstädte den
Demographietyp der "schrumpfenden und alternden ostdeutschen
Großstädte" entworfen.
Auch das neoliberale Berlin-Institut für Bevölkerung und
Entwicklung sah 2006 Chemnitz von 2004 bis 2020 mit einem
Bevölkerungsrückgang von fast 20 Prozent schrumpfen. Deren
Daten stammten vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung.
THÜNEN INSTITUT (2015): Dörfer im Wandel.
Eine Langzeitstudie beleuchtet die Entwicklung ländlicher
Lebensverhältnisse in 14 ausgewählten Orten in Deutschland –
Wissenschaftler und Politiker diskutieren Ergebnisse in Berlin,
in:
Pressemitteilung des Johann
Heinrich von Thünen-Instituts v.
29.10.
Eines der
untersuchten Dörfer ist das schrumpfende Dorf Ralbitz-Rosenthal
(Landkreis Bautzen) in Sachsen.
2016
SLUPINA, Manuel/DAMM, Theresa/KLINGHOLZ, Reiner (2016): Im Osten
auf Wanderschaft. Wie Umzüge die demografische Landkarte
zwischen Rügen und Erzgebirge verändern, Berlin-Institut für
Bevölkerung und Entwicklung, Januar
SLUPINA/DAMM/KLINGHOLZ
unterscheiden 5 Wanderungsmuster, die unterschiedlich motiviert
sind. In ähnlicher Weise ist Empirica in seiner Wanderungsstudie
vorgegangen. Unterschiede gibt es nur bei der Abgrenzung der
jeweiligen Altersgruppen, die der folgenden Übersicht entnommen
werden können:
Tabelle:
Vergleich der Wanderungsmuster der Studie mit der
Empirica-Studie |
Wanderungsmuster |
Altersgruppe |
Altersgruppe |
Wanderungsmuster |
Berlin-Institut |
Empirica |
Bildungswanderung |
18 - 24 Jahre |
15 - 24 Jahre |
Ausbildungswanderung |
Berufswanderung |
25 - 29 Jahre |
25 - 34 Jahre |
Berufsanfängerwanderung |
Familienwanderung |
30 - 49 Jahre |
35 - 44 Jahre |
Settlementwanderung |
Empty-Nest-Wanderung |
50- 64 Jahre |
45- 59 Jahre |
Mittelalterwanderung |
Ruhestandswanderung |
60 - 74 Jahre |
60 - 74 Jahre |
Altenwanderung |
|
Quelle:
Berlin-Institut 2016, S.6; Empirica 2016, S.23ff. |
Der
betrachtete Zeitraum 2008 bis 2013 stimmt mit der
Empirica-Studie ebenfalls überein, sodass beide Studien zum
gleichen Ergebnis kommen müssten. Zu den Gewinnern der
Bildungswanderung werden die sächsischen Großstädte Leipzig und
Dresden gezählt. Unter den Städten zwischen 10.000 und 50.000
Einwohnern gehören die sächsischen Städte Freiberg (Rang 2),
Mittweida (Rang 8) und Heidenau (Rang 10) unter die Top Ten der
Bildungsgewinner in Ostdeutschland (vgl. S.27). Bei der
Berufswanderung gewinnen nur Großstädte Einwohner hinzu. Dies
gilt vor allem für Leipzig. Dazu heißt es:
"Die Großstädte haben als
Erste die Trendwende geschafft. Im Jahr 2010 konnten sie bereits
einen positiven Saldo verbuchen, den sie in den folgenden Jahren
weiter ausbauten. Jedoch sind die Unterschiede innerhalb der
ostdeutschen Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern groß.
Potsdam verzeichnete etwa im gesamten betrachteten Zeitraum
zwischen 2008 und 2013 einen positiven Saldo bei den
Berufswanderern. Auch in
Chemnitz überwog seit 2010 der Zuzug in
dieser Altersgruppe. Den Aufwärtstrend der Großstädte maßgeblich
beflügelt hat jedoch
Leipzig, nach Berlin die zweitgrößte
ostdeutsche Stadt. Im Jahr 2013 erlebte die sächsische Metropole
eine Nettozuwanderung von 2.700 Personen – ein Zuwachs von 37
Prozent gegenüber 2008. Leipzig schlug mit einem Saldo von 54
Berufswanderern je 1.000 Menschen dieser Altersgruppe nicht nur
Berlin, das einen Wert von 48 aufwies, sondern verhalf auch
Sachsen als einzigem ostdeutschem Bundesland zu einem positiven
Saldo." (S.30)
Als
positive Beispiele für die Empty-Nest-Wanderung werden in
Sachsen die beiden Orte Oderwitz und Dohna genannt (vgl. S.41)
Oderwitz wird aber andererseits als Negativbeispiel bei
der Bildungswanderung genannt (vgl. S.36).
Für die restlichen
Wanderungsmuster werden eher nur allgemeine Aussagen gemacht,
die für einen Vergleich mit der Empirica-Studie eher unergiebig
sind.
SLUPINA/DAMM/KLINGHOLZ
unterteilen die ostdeutschen Gemeinden in 5 Cluster und eine
Restkategorie ohne Zuordnung. Die folgende Übersicht zeigt die
Einordnung der ostdeutschen Gemeinden in diese Cluster:
Tabelle:
Zuordnung der ostdeutschen Gemeinden zu einem Cluster |
Cluster |
Bezeichnung |
Wanderungsmuster |
Anzahl der
Gemeinden |
1 |
Lokale
Versorgungszentren |
Die Jungen gehen,
die Älteren kommen |
561 |
2 |
Großstädte |
Zuzug junger
Erwachsener |
8 |
3 |
Kleine, meist
zentral gelegene Gemeinden |
Nur die Familien
kommen |
1000 |
4 |
Kleine,
abgelegene Gemeinden mit Familienzuzug |
Viele junge
Menschen gehen, nur wenige Familien kommen |
525 |
5 |
Kleine Gemeinden
mit Wegzug in allen Altersklassen |
Bei allen
Altersgruppen im Minus |
505 |
kein |
Gemeinden ohne
Zuordnung zu einem Cluster |
|
96 |
|
Quelle:
Berlin-Institut 2016, S.54 |
Da eine Zuordnung der
Gemeinden zu den einzelnen Bundesländern fehlt, ist eine
Vergleichbarkeit mit anderen Studien nicht gegeben.
BFI (2016): Neuer Rekord.
Bevölkerungswachstum: Leipzig
begrüßt 2015 mehr als 16.000 Neubürger Der Leipzig-Boom hält weiter
an. Auch im abgelaufenen Jahr legte die Messestadt bei der
Bevölkerungszahl zu und bewegt sich weiter über dem Niveau der
Wende. Besonders die Zahl der kleinsten Neubürger ist erneut
gestiegen,
in: Leipziger
Volkszeitung Online v. 08.01.
LEMBKE,
Judith (2016): Alle wollen wieder nach "Hypezig".
Im Osten blühen nicht die Landschaften, sondern die Großstädte.
Von Rostock bis Leipzig steigen Mieten und Hauspreise. Und manch
einer fürchtet, dass sich alte Fehler wiederholen,
in:
Frankfurter Allgemeine
Sonntagszeitung v. 31.01.
Anlässlich
der Broschüre Der Osten auf Wanderschaft berichtet Judith LEMBKE
über die Trendwende bei der Zuwanderung in den neuen
Bundesländern, insbesondere in Leipzig.
Reiner
BRAUN von Empirica sieht im Leerstand der schrumpfenden
Regionen das größte Problem (mehr
hier).
Zum Schluss präsentiert
LEMBKE ein eher skurriles Beispiel einer Lösung für die
ausblutenden Gemeinden: die Bildung von Großkommunen:
"Achtzehn einst selbständige
Gemeinden wurden zu einer Großgemeinde mit 630 Quadratkilometer
Fläche zusammengelegt. Das senkt Kosten, hat aber auch Folgen
für die stolzen Metropolen: Seitdem ist die drittgrößte Stadt
Deutschlands nicht mehr Köln, sondern das Städtchen
Gardelegen."
Der Effekt dürfte sich eher
auf einen Marketingag beschränken. Bislang gibt es keine
Städterankings, in denen ernsthaft die flächengrößten deutschen
Gemeinden untersucht wurden. Dies hindert jedoch andere
Gemeinden nicht, diesem Beispiel Folge zu leisten - und wenn es
nur deshalb ist, weil anders eine bessere finanzielle
Ausstattung durch die Länder nicht zu erhalten ist. Beispielhaft
dafür ist die hessische Großgemeinde
Oberzent, die in den Medien als Hessens drittgrößte Stadt
bezeichnet wird.
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG-Tagesthema:
Zuwanderung Ost.
Jahrzehntelang bluteten die neuen Bundesländer aus, verödeten
Städte und ganze Landstriche. Jetzt ändert sich die Richtung, es
ziehen mehr Menschen nach Leipzig und Halle, als in den Westen
abwandern. Hat der Osten dank der Aufbauhilfe überall aufgeholt,
oder profitieren nur die Großstädte vom neuen Zuzug? |
POLLMER, Cornelius (2016): Geh doch rüber.
Neue Jobs und alte Freunde
bewegen viele Ostdeutsche zur Rückkehr. Wo früher vom Abriss
geredet wurde, gibt es nun Andrang bei den Meldeämtern. Manche
fragen sich, was passiert, wenn die Wirtschaft schwächelt,
in:
Süddeutsche Zeitung v.
02.02.
"Sogenannte
Rückholagenturen wie »mv 4 you« in Mecklenburg-Vorpommern sollen
Abwanderer mit Arbeitgebern in Verbindung bringen. Sachsen
betreibt das Fachkräfteportal »Sachse komm zurück«, der
ehemalige Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP) ließ sich gar
auf einen Rastplatz der A 72 im Vogtland fahren, um Pendler mit
einer Tasse Kaffee und einem Stück Eierschecke ins
Agitationsgespräch zu locken",
berichtet
Cornelius POLLMER anlässlich der Broschüre
Im Osten auf Wanderschaft.
POLLMER,
Cornelius (2016): Wird es ruhig, kommt der Wolf.
Wie der Erzgebirgekreis gegen
die Abwanderung kämpft. Interview mit Matthias Lißke,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 02.02.
CAPITAL-Titelgeschichte:
Immobilienkompass 2016 |
HUNZIKER, Christian (2016):
Go West.
Leipzig: Die Stadt hat das Image
des Krisenstandorts abgelegt. Zahlreiche Zuzügler lassen den
Leerstand schrumpfen. Die Zeit der Schnäppchen ist vorbei,
in: Capital,
Mai
HUNZIKER, Christian (2016): Zeit der Pioniere.
Dresden: Die Kaufpreise enteilen
nun auch in Dresden den Mieten. Wer auf Rendite aus ist, muss auf
kleinere Wohnungen ausweichen oder weniger gefragte Viertel wählen,
in: Capital,
Mai
HABERER/HINTERBERGER/LOHRERLÖRCHNER/PLATT/REHAK/WATERMANN (2016):
Kein Ende in Sicht.
Die Zinsen bleiben niedrig, die
Preise steigen weiter. Deutschlands größter Immobilien-Atlas zeigt,
wo Käufer jetzt noch fündig werden,
in: Euro
Immobilien-Atlas, Mai
Der
Immobilien-Atlas benutzt folgende Merkmale zur Charakterisierung der
Städtischen Immobilienmärkte:
- Einwohnerzahl (DESTATIS Ende 2014)
- Private Haushalte (BBSR-Prognose 2035)
- Arbeitslosenquote (Bundesagentur für Arbeit, Sand Februar 2014)
- Pro-Kopf-Einkommen (DESTATIS 2012 Verfügbares Einkommen)
- Kaufpreis Wohnung (Immobilienscout 24, Stand Ende 2015)
- Miete (Nettojahreskaltmiete je qm)
- Mietrendite
Die Kategorie "Kleine Perlen"
präsentiert Städte mit 20.000 - 100.000 Einwohner. Die Bewertung der
Wohnlagen wird durch die Vergabe von einem ("meist sozialer Brennpunkt") bis
fünf Sterne (Top-Lage) auf Basis der Mietrendite und des
Vermietungsrisikos vorgenommen.
Der Immobilienmarkt von Dresden wird
folgendermaßen beschrieben:
"Hohe Lebensqualität, sinkende
Arbeitslosenquote, mehr Zuzug, sehr gute Infrastruktur und eine
florierende Wirtschaft. Diese Dynamik zeigt sich auch auf dem
Immobilienmarkt, der sich für Investoren unverändert attraktiv
präsentiert."
Informationen zum Immobilienmarkt
Leipzig finden sich
hier.
Als Kleine Perlen werden in
Sachsen die Städte Freital und Markkleeberg bewertet.
HAMPEL, Lea & Pia RATZESBERGER (2016):
Was vom Dorfe übrig blieb.
Viele Menschen zieht es in die
Stadt. Deshalb und aus weiteren Gründen sterben die kleinen
Ortschaften. Doch die Spirale muss nicht zwangsläufig
abwärtsführen. Zu Besuch in zwei idyllischen Gemeinden, die sich
wehren - jede auf ihre Weise,
in:
Süddeutsche Zeitung v.
07.05.
HAMPEL &
RATZESBERGER berichten aus den Gemeinden
Kirchenlamitz im Fichtelgebirge und dem sächsischen
Falkenau. Der Ort ist seit 2011 keine eigenständige
Gemeinde mehr, was die Autorinnen verschweigen, sondern ein
Stadtteil von Flöha.
STREIT, Matthias (2016): "The
better Berlin".
Neue Immobilien-Studie: Warum Leipzig und Dresden stetig
attraktiver werden,
in:
Handelsblatt v. 18.05.
Matthias
STREIT berichtet über den Wohnmarktreport von CBRE und Vonovia,
in dem 29 Städte mit mehr als 200.000 Einwohner untersucht
wurden. Während Leipzig und Dresden unter den 10 Städten mit den
höchsten Mietpreissteigerungen zwischen 2012 und 2015 geführt
werden, gehört
Chemnitz zu den 10 Städten mit den niedrigsten
Mietpreissteigerungen.
MÜLLER, Benedikt
(2016): Auf die Akademiker kommt's an.
Die Wohnungspreise steigen in
Städten mit vielen Hochschulabsolventen schneller,
in:
Süddeutsche Zeitung v.
20.05.
Benedikt MÜLLER stellt den
Wohnatlas 2016 der Postbank vor, in der nur 36
Großstädte betrachtet werden. Dazu gehören die drei kreisfreien
Städte in Sachsen: Leipzig, Dresden und
Chemnitz.
PSOTTA, Michael (2016): Nicht nur die
Metropolen,
in:
Frankfurter Allgemeine
Zeitung v. 20.05.
Michael
PSOTTA stellt uns den neuen
Wohnungsmarktreport 2016 von CBRE und Vonovia vor, der die
30 "wichtigsten" deutsche Städte untersucht hat und sie in 5
Kategorien eingeteilt hat:
"Am überraschendsten
klingt die fünfte Gruppe der Strukturwandler und
Trendumkehrer, die vor kurzem noch als die klassischen
Verlierer galten: Städte wie Bremen,
Chemnitz, Dortmund,
Duisburg, Essen, Halle, Magdeburg und Rostock. Ihnen wird
bescheinigt, nach teilweise schmerzhaften
Anpassungsprozessen die Umkehr bewältigt zu haben. Auch die
Wohnungsmärkte normalisieren sich dort, wenn auch meist noch
auf niedrigem Niveau."
HONNIGFORT, Bernhard (2016): Geh doch einfach rüber.
Görlitz zieht westdeutsche Rentner an,
in:
Frankfurter Rundschau
v. 21.05.
PROGNOS (2016): Der neue Zukunftsatlas 2016.
Mit dem Zukunftsatlas bewertet Prognos alle drei Jahre die
Zukunftsfähigkeit aller 402 Kreise und kreisfreien Städte in
Deutschland. Erste Ergebnisse wurden in der heutigen Ausgabe des
Handelsblatt veröffentlicht,
in: Pressemitteilung der Prognos AG v. 24.05.
MÖTHE, Alexander (2016): Gründerstolz und
Vorurteil.
In Chemnitz
hat sich abseits der Ost-Metropolen wie Leipzig eine lebhafte Start-up- und Technologieszene entwickelt. De Prognos Zukunftsatlas
bescheinigt dem ehemaligen Karl-Marx-Stadt eine höchst kapitalistische
Dynamik,
in:
Handelsblatt v. 02.06.
SIMONS, Harald & Lukas WEIDEN (2016):
Schwarmverhalten, Reurbanisierung und Suburbanisierung,
in:
Informationen zur
Raumentwicklung ,Heft 3
SIMONS & WEIDEN beschreiben
das Konzept der Kohortenwachstumsrate (KWR):
"Eine KWR von 100 bedeutet
keine Veränderung, eine KWR von über 100 einen Gewinn und von
unter 100 einen Verlust an Einwohnern."
Der modische Begriff
"Schwarmstadt" ist eine Metapher, die gemäß SIMONS & WEIDEN
dafür steht, dass nicht Einstellungsänderungen ("Präferenzen"), sondern die
demografischen Rahmenbedingungen ausschlaggebend für das
Wanderungsverhalten sind:
"Um Schwarmstädte und
Schwarmverlierer zu identifizieren, wurde (...) ein neues Maß
entwickelt, die Kohortenwachstumsrate (siehe Exkurs). Dies war
notwendig, da althergebrachte Bevölkerungsmaße wie
Abwanderungsraten oder Veränderungsraten der Bevölkerungszahl
stark durch die Altersschichtungen und damit durch längst
abgeschlossene Veränderungen dominiert werden und die aktuellen
Veränderungen daher nur unzureichend aufzeigen. Die
Altersschichtung gleicht aufgrund der schnellen Abfolge von
Geburtenboom (Baby-Boomer, Honecker-Buckel) und Geburteneinbruch
(Pillenknick, Wendeknick) sowie früheren Wanderungsbewegungen
(Ost-West, Nord- Süd) insbesondere auf regionaler Ebene der
berühmten »Wettertanne« (nach Bevölkerungsstatistiker Paul
Flaskämper). Da Wanderungen aber stark altersselektiv sind, kann
ein sinkender oder wachsender Wanderungsverlust auch auf eine
veränderte Altersschichtung zurückzuführen sein. Die Abwanderung
in einigen Regionen sinkt derzeit einfach aus dem Grund, dass
nur noch wenige Wanderungswillige da sind. Dies kann jedoch
nicht als eine Verhaltensveränderung interpretiert werden."
(S.263)
Das Verfahren zur
Identifizierung der Schwarmstädte wurde für die Studie
Schwarmstädte in Deutschland – Ursachen und Nachhaltigkeit der
neuen Wanderungsmuster (2015) entwickelt.
Der Begriff "Schwarmstadt"
wird von SIMONS & WEIDEN folgendermaßen erläutert und definiert:
"Die wirklich spannende
Lebensphase, die letztlich zum deutlichen Bevölkerungsanstieg in
den Schwarmstädten und zum Ausbluten der anderen Regionen führt,
beginnt (...) in der Phase des Berufseinstiegs und der
beruflichen Festigung. Während einige Städte wie Würzburg,
Bayreuth, Passau, Göttingen, Jena und Kaiserslautern hier stark
verlieren – interpretierbar als ein Verlassen des Hochschulortes
nach Abschluss des Studiums –, gewinnen andere nochmals hinzu.
Diesen Schwarmstädten gelingt es, die Gewinne aus der
Bildungswanderung nicht nur zu halten, sondern weiter und zum
Teil deutlich auszubauen. Junge Schwarmstädte definieren wir als
Städte, in denen die Kohortenwachstumsrate für 15- bis
34-Jährige bei über 200 liegt, sich im Saldo also jeder
Geburtsjahrgang verdoppelt." (S:264f.)
Mit dem Begriff ist jedoch
auch die Behauptung einer zunehmenden Entkopplung von Arbeitsort
und Wohnort verbunden. Beispielhaft wird Leipzig genannt:
"In der (...) Stadt Leipzig
wiederum stieg die Zahl der Arbeitsplätze zwischen 2003 und 2008
um 6,8 %, die Zahl der dort wohnenden Beschäftigten nur etwas
stärker um 8,1 %. In den letzten fünf Jahren hingegen erhöhte
sich die Zahl der dort wohnenden Beschäftigten mit 19,5 % weit
stärker als die Zahl der Arbeitsplätze (+11,5 %)." (S.266)
Ob diese These auch einer
historischen Betrachtung standhalten würde, wäre eine
interessante Frage.
SIMONS & WEIDEN gehen davon
aus, dass sich Einstellungsänderungen als Ursachen für
Verhaltensänderungen schweren ändern lassen als
Verhaltensänderungen, die auf Änderungen der Rahmenbedingungen
beruhen. Der Begriff der Rahmenbedingungen mag plausibel sein,
aber warum sollten es ausgerechnet "demografische
Rahmenbedingungen" sein und nicht etwa Fragen der
Ressourcenausstattung oder der nicht-demografischen
Rahmenbedingungen, die auf mehreren Ebenen ausschlaggebend sein
können?
Entscheidungen der
Wohnortwahl sind nicht nur von Präferenzen bzw. Lebensstilen
einer Person abhängig, sondern auch von der
Ressourcenausstattung oder der Lebensform (Single, Paar oder
Familie). Sie werden von dem Immobilienmarkt, der
Wohnungsausstattung, dem Wohnumfeld, des Freizeitangebots usw.
bestimmt. Einen Einblick in die Entscheidungsstruktur der
Wohnstandortwahl bietet die
Studie von
Jörg RÖSSEL & Michael HOELSCHER aus dem Jahr 2012. Die
Untersuchung wurde in zwei Leipziger Quartieren durchgeführt. Es
geht hier also nur um eine innerörtliche Wohnstandortwahl.
Dennoch ist die Studie aufschlussreich, weil sie aufzeigt, dass
Präferenzen je nach Milieu bzw. Klasse eine unterschiedliche
Bedeutung haben.
"Die Geburtsjahrgänge 1974
bis 1979 (Alter in 2013: 35–39 Jahre) waren die ersten
Schwärmer. (...).
Diese Geburtsjahrgänge sind die ersten
Nach-Pillenknick-Geburtsjahrgänge. Sie zeichnen sich vor allem
dadurch aus, dass es wenige sind. Wurden 1968 in Deutschland
noch 1,215 Mio. Personen geboren, waren es 1978 mit 809.000 rund
ein Drittel weniger. Die stärksten Rückgänge fanden in den
Jahren 1972 und 1973 statt.
Derzeit leben in Deutschland 6,9 Mio. Personen, die in den
Jahren 1964 bis 1968 geboren wurden, aber nur 4,7 Mio., die
zwischen 1974 und 1978 geboren wurden." (S.269),
schreiben SIMONS & WEIDEN. Ob
aber dieser scheinbar einleuchtende Baby-Boomer vs.
Baby-Buster-Zusammenhang tatsächlich ursächlich ist, wäre zu
fragen, denn auch früher gab es krasse Stadt-Land-Unterschiede
und folgt nicht aus der Umkehrung, dem Wiederanstieg der
Geburten, dass das Phänomen sich dann wieder auflösen müsste?
Und was bedeutet es, wenn in den Ballungsräumen mehr Kinder
geboren werden als auf dem Land?
Möglicherweise sind die
Konsequenzen aus der "Schwarmstadt"-Theorie, sollte sie stimmen,
noch gar nicht richtig gezogen worden. Vor diesem Hintergrund
erscheinen weitreichende und langfristig wirkende Empfehlungen
angesichts der Offenheit zukünftiger Entwicklungen durchaus zu
hinterfragen. Was ist, wenn das "Schwarmverhalten" nur ein
Übergangsphänomen ist, das zeitlich begrenzt ist?
SIMONS & WEIDEN sehen in der
Suburbanisierung einen weiter anhaltenden Trend:
"Dass die Suburbanisierung
weiter voranschreitet, ist allerdings nicht direkt ablesbar. So
ging die Zahl der Einwohner in der Altersklasse der 35- bis
44-Jährigen sowie die Zuwanderung ebenjener in den letzten fünf
Jahren in fast allen Landkreisen mit hoher Suburbanisierung
tatsächlich zurück. Dieser Rückgang wurde aber nicht durch eine
stärkere Neigung zum Leben in der Stadt (»Reurbanisierung«)
verursacht, sondern einzig durch die Geburtenentwicklung Ende
der 1960er-, Anfang der 1970er- Jahre (Babyboom, Pillenknick),
die die Zahl der potenziellen Suburbanisierer hat sinken lassen
(vgl. Bucher/Schlomer 2012).
Tatsächlich stieg die Kohortenwachstumsrate in den
Umlandgemeinden sogar. Demnach hat die Neigung zur
Suburbanisierung zu und nicht abgenommen." (S.271)
Die Altenwanderung führt
gemäß SIMONS & WEIDEN zu Wanderungsverlusten in den
Schwarmstädten, wobei es Ausnahmen gibt:
"Die stärksten Verlierer der
Altenwanderung sind die meisten Großstädte, die von den jungen
Schwärmern deutlich profitieren – mit der Ausnahme von Leipzig,
Dresden und Freiburg."(S.271)
Aus den möglichen Ursachen
des derzeitigen Schwarmverhaltens entstehen für SIMONS & WEIDEN
ganz unterschiedliche politische Handlungsmöglichkeiten:
"Wäre eine Präferenzänderung
die Ursache für das Wachstum einiger Schwarmstädte, würde die
Politik diese Verschiebungen hinnehmen müssen und die
Kapazitäten der ausgesuchten Schwarmstädte so gut es geht
erhöhen. (...). Zudem besteht die Gefahr, dass es sich nur um
eine vorübergehende Mode handelt, die sich auch wieder
fundamental ändern kann.
Steht hinter dem Schwarmverhalten aber der Wunsch nach einer
Zusammenrottung – also die unzureichende Dichte junger Menschen
als Folge des Geburteneinbruchs auszugleichen – und nicht ein
originärer Wunsch nach dem Leben in München und Münster, dann
bietet sich der Versuch an, andere Nuklei der Zusammenrottung in
den ausblutenden Regionen zu forcieren. Aufmerksamkeit und
Gelder müssten auf »versteckte Perlen« in der Provinz
konzentriert werden, die die Chance haben, für bestimmte
Bevölkerungsgruppen hinreichend attraktiv werden zu können. Es
gilt also, nicht alle Aufmerksamkeit auf die Schwarmstädte zu
konzentrieren, sondern auf attraktive kleine und mittlere
Städte, die dann eine hinreichende Dichte von jungen Menschen
und vielfältigem Angebot aufweisen würden. Der aktuelle
politische Trend (beschleunigte Abschreibung für Wohnungsbau,
Mietpreisbremse etc.) geht in die gegensätzliche Richtung und
verstärkt damit die Entleerung der anderen Städte und Regionen
in Deutschland." (S.273)
Der Begriff "versteckte
Perlen" hat seit einiger Zeit in der Immobilienwirtschaft
Konjunktur, genauso wie der Begriff "Schwarmstadt".
BALCEROWIAK, Rainer (2016): Wohnen
nur für Gutverdiener.
In vielen deutschen Städten
wird der Wohnungsmarkt immer angespannter,
in:
Neues Deutschland v.
03.06.
Rainer BALCEROWIAK berichtet
über eine
Analyse der Wohnsituation in 20 Großstädten über 300.000
Einwohner, die von Dörte NITT-DRIEßELMANN im Auftrag des HWWI
und einer Privatbank durchgeführt wurde. Zu diesen Städten
gehören in Sachsen die beiden Großstädte Leipzig und Dresden.
Die Analyse vergleicht u.a.
die Bevölkerungsprognosen von BBSR und Bertelsmann-Stiftung für
die Jahre 2015 bis 2020, die für Leipzig und Dresden stark
differieren. Während ersteres Bundesinstitut von einer
Stagnation ausgeht, prognostiziert die Privatstiftung ein
starkes Bevölkerungswachstum (vgl. S.12).
Eine Tabelle listet 6
Indikatoren für die demografische Struktur der 20 Großstädte auf
(vgl. S.10). Nach der Einwohnerzahl belegten Leipzig und Dresden
im Jahr 2013 den Rang 11 und 12. Leipzig hatte 2012 das
niedrigste verfügbare Durchschnittseinkommen aller 20 Städte
(16.647 Euro im Vergleich zu München 25.955 Euro). Mit 1,87
Haushalten war es zugleich die Stadt mit der geringsten
durchschnittlichen Haushaltsgröße (Bielefeld: 2,09)
CHZ
(2016): Vom Krisengebiet zum Szeneviertel.
Der Leipziger Osten hat ein
ganz schlechtes Image. Doch genau dort liefern sich Bauträger
Bieterwettkämpfe um unsanierte Mehrfamilienhäuser, und die
Mieten steigen stärker als anderswo - eine völlig unerwartete
Entwicklung,
in:
Frankfurter Allgemeine
Zeitung v. 03.06.
EMPIRICA (2016):
Schwarmverhalten in Sachsen. Eine Untersuchung zu Umfang,
Ursache, Nachhaltigkeit und Folgen der neuen Wanderungsmuster im
Auftrag der Sächsischen Aufbaubank, des Verbands der Wohnungs-
und Immobilienwirtschaft in Sachsen, und des Verbands
sächsischer Wohnungsgenossenschaften. Endbericht
Empirica
arbeitet mit dem Konzept der Kohortenwachstumsrate, bei dem
Altersgruppen als Kohortengruppen fungieren, d.h. Veränderungen
der Lebensläufe von Geburtskohorten bleiben unberücksichtigt.
Eine Veränderung der Bevölkerungsstruktur durch Zuwanderung kann
ebenfalls zu Fehleinschätzungen führen.
Dem
Konzept unterliegt eine Vorstellung vom Normallebenslauf, der
das Wohnstandortverhalten prägt, weshalb verschiedenen
Altersgruppen ein unterschiedliches Wanderungsverhalten
zugeschrieben wird. Die Studie unterscheidet für den Zeitraum
2009 - 2014 fünf Altersklassen mit unterschiedlichen
Wanderungs-, d.h. Umzugsmotiven:
Tabelle:
Wanderungstyp und Altersgruppen bzw.
Kohortenzugehörigkeit im Jahr 2015 |
Wanderungstyp |
Altersgruppe |
Geburtsjahrgänge |
Ausbildungswanderung |
15 - 24 Jahre |
1990 - 1999 |
Berufsanfängerwanderung |
25 - 34 Jahre |
1980 - 1989 |
Settlementwanderung |
35 - 44 Jahre |
1970 - 1979 |
Mittelalterwanderung |
45- 59 Jahre |
1955 - 1969 |
Altenwanderung |
60 - 74 Jahre |
1940 - 1954 |
|
Quelle:
Empirica 2016, S.23ff. |
Das
Problem einer solcher solchen Normalvorstellung von Wanderungen
liegt darin, dass veränderte Wohnstandortpräferenzen nicht
angemessen in die Analyse mit einbezogen werden. So wird die
Settlementwanderung z.B. mit Suburbanisierung gleichgesetzt,
obwohl bei einer Familiengründung ein Wegzug aus der Großstadt
in Vororte nicht unbedingt gewünscht ist, sondern auch auf ein
mangelndes Angebot zurückzuführen ist. Werden wie bei Empirica
die Wanderungsbewegungen zum Ausgangspunkt gemacht, dann werden
die Wohnbedürfnisse vernachlässigt. Dies kann dazu führen, dass
daraus falsche Schlüsse gezogen werden. Die Studie teilt die
sächsischen Gemeinden in folgende fünf Kategorien ein:
Tabelle:
Zuordnung der 430 Städte und Gemeinden in Sachsen zu den
fünf Klassen |
Anzahl Stadt- bzw.
Gemeindetypus |
Merkmal |
Stadt/Gemeinde |
4 Schwarmstädte |
Wanderungsgewinner aufgrund der bundesweiten
Attraktivität der Stadt
Kohortenwachstumsrate über
200 |
Chemnitz |
Dresden |
Freiberg |
Leipzig |
7 Wachstumsstädte |
Verlieren weniger
Einwohner an die Schwarmstädte als sie aus
ausblutenden Städten und Gemeinden gewinnen
(Wanderungssaldo größer Null, aber geringere
eigene Attraktivität der Stadt als die eigentlichen
Schwarmstädte)
Kohortenwachstumsrate über 100 |
Aue |
Glauchau |
Görlitz |
Meißen |
Pirna |
Plauen |
Zwickau |
11 Versteckte Perlen |
Stagnation, weil
sie ungefähr genauso viele Einwohner an
Schwarmstädte verlieren wie sie aus ausblutenden
Städten und Gemeinden zugewinnen
Kohortenwachstumsrate 66 - 99 |
Bautzen |
Bischofswerda |
Borna |
Delitzsch |
Döbeln |
Eilenburg |
Hohenstein-Ernstthal |
Markranstädt |
Mittweida |
Stollberg |
Wurzen |
17 Sondereffekte /
Suburbanisierung |
Wanderungsgewinne
durch Nahwanderung (Suburbanisierung) oder
überregional bedeutsame Einrichtungen der
Medizinversorgung sowie Migration (z.B.
Erstaufnahmeeinrichtungen; Abk.: EAE) |
|
-
Suburbanisierung Dresden |
Freital |
Heidenau |
Kreischa |
Radeberg |
Radebeul |
Weinböhla |
-
Suburbanisierung Leipzig |
Borsdorf |
Markkleeberg |
Schkeuditz |
Rötha (EAE) |
Taucha |
Zwenkau |
-
Einwohnermelderechtliche Sondereffekte |
Glaubitz |
Wülknitz |
- Einrichtungen
der Medizinversorgung |
Arnsdorf |
Großschschweidnitz |
- EAE |
Schneeberg |
391 Ausblutende
Städte und Gemeinden |
Wanderungsverlierer: |
|
- 8 Städte über
20.000 Einwohner |
Annaberg-Buchholz |
Coswig |
Grimma |
Hoyerswerda |
Limbach-Oberfrohna |
Riesa |
Werdau |
Zittau |
- 29 der 44
Städte 10.000 - 20.000 Einwohner |
- Alle 354 Städte
und Gemeinden unter 10.000 Einwohner |
|
Quelle:
Empirica 2016 |
Die Studie plädiert für die Stärkung der Wachstumsstädte und der
versteckten Perlen. Außerdem wird in der Altenwanderung (60 - 74
Jahre) eine Chance für folgende Städte gesehen:
Tabelle: Die
20 größten Gewinner der Altenwanderung 2009 - 2014 |
Rang (KWR) |
Stadt bzw.
Gemeinde |
Einwohner
(Ende 2014) |
1 |
Rathmannsdorf |
977 |
2 |
Oybin |
1.457 |
3 |
Meißen |
27.273 |
Oderwitz |
5.257 |
5 |
Weißkeißel |
1.266 |
6 |
Görlitz |
54.193 |
Niederdorf |
1.192 |
Niederwürschnitz |
2.667 |
Weinböhla |
10.165 |
10 |
Bad Muskau |
3.661 |
Pirna |
37.768 |
12 |
Bernstadt a. d.
Eigen |
3.469 |
Freital |
39.547 |
Groß Düben |
1.086 |
Hartmannsdorf bei
Kirchberg |
1.372 |
Otterwisch |
1.403 |
Tharandt |
5.346 |
18 |
Bad Elster |
3.616 |
Großröhrsdorf |
6.619 |
Crinitzberg |
2.015 |
|
Quelle:
Empirica 2016, S.34 |
Die Studie enthält aber auch
ein Eingeständnis, dass sich die Bevölkerungsentwicklungen nicht
an die Prognosen gehalten haben und das in einem sehr kurzen
Zeitraum von nur 10 Jahren:
"Die Umverteilung der
Bevölkerung im Raum ist zumindest in ihrer Stärke ein neues
Phänomen. Dies zeigt sich alleine schon daran, dass sämtliche
Bevölkerungsprognosen für Schrumpfungsregionen die tatsächliche
Entwicklung überschätzten und auf der anderen Seite die starken
Zuwächse in den Schwarmstädten deutlich unterschätzt wurde.9
Nirgendwo wird dies deutlicher als in der Stadt Leipzig. Vor
zehn Jahren wurde vom BBSR ein weiterer Rückgang der Zahl der
Einwohner von rund 500.000 im Jahre 2005 und auf rund 475.000 im
Jahre 2015 prognostiziert. Das statistische Landesamt ging in
seiner letzten Prognose aus dem Jahr 2010 noch von einer
Stagnation, (höheres Szenario) bzw. einer Schrumpfung
(niedrigeres Szenario) aus. Auch empirica unterschätze die
Entwicklung. Kein Prognostiker sah auch nur ansatzweise den
starken Anstieg der letzten Jahre voraus. Ende 2015 hatte
Leipzig knapp 570.000 Einwohner. Dem stärkeren Wachstum steht
eine stärkere Schrumpfung in den anderen Gemeinden
spiegelbildlich gegenüber." (S.35)
Dies sollte eigentlich zu
denken geben, wenn weitreichende politische Entscheidungen
getroffen werden.
LASCH, Hendrik (2016): Für manche bleibt
nur Sterbehilfe.
Wanderungsbewegung in Sachsen
stärkt nur Großstädte und wenige "versteckte Perlen",
in:
Neues Deutschland v.
24.06.
Hendrik
LASCH berichtet über die gestern veröffentlichte Studie
Schwarmverhalten in Sachsen von Empirica, einer
"neoliberalen Denkfabrik" (Andrej HOLM). Das
Beratungsunternehmen spricht gerne von
"Schwarmstädten", weil sich ein solcher Modebegriff gut
als Marketinginstrument für neoliberale Standortpolitik eignet
und von Journalisten begierig aufgegriffen wird.
Schwarmstadt soll die nicht
gerade brandneue Entwicklung beschreiben, dass Menschen nicht
jedem Arbeitsplatz hinterher ziehen, sondern zum Arbeitsplatz
pendeln. Wer sich darüber verblüfft zeigt, hat sich kaum
länger mit solchen Fragen beschäftigt.
Versteckte Perlen ist ein
Begriff, der in neoliberalen Städte-Rankings gerne verwendet
wird. Im Artikel wird dieser Begriff folgendermaßen definiert:
"Orte, aus denen auch
weggezogen wird, die aber zugleich nennenswerten Zuzug aus
ihre Umland verzeichnen."
Solche Orte, die für das
Land Sachsen von LASCH mit 11 beziffert werden, darunter
Bautzen, Döbeln, Stollberg und Borna, werden in neoliberaler
Terminologie als "Stabilisierungsanker" bezeichnet, die
mittels politischer Förderung zu Zentren ausgebaut werden
sollen. Eine solche neoliberale Standortpolitik führt
letztlich dazu, dass die Polarisierung, die durch die
Wanderungen ausgelöst wird, innerhalb der Bundesländer noch
zusätzlich verstärkt wird. In diesem Zusammenhang wird
konsequenterweise von "Sterbehilfe" gesprochen. Reiner
KLINGHOLZ hat mit seinem Berlin-Institut diese Art der
Entsolidarisierung seit Jahren popularisiert.
LASCH beschreibt uns
Sachsen als gespaltenes Land, in dem auf der einen Seite 1,8
Millionen Menschen in nur noch 22 Gemeinden leben, zu denen
"Schwarmstädte" wie Leipzig, Dresden,
Chemnitz, Freiberg sowie
Städte mit moderater Zuwanderung wie Zwickau, Görlitz, Plauen
und Meißen sowie Speckgürtel-Gemeinden wie Taucha, Markleeberg,
Freital und Radebeul.
Auf der anderen Seite
verteilen sich 1,9 Millionen Sachsen auf die restlichen 391
Gemeinden. Zu den schrumpfenden Gemeinden gehören 11 der 24
Gemeinden über 20.000 Einwohner. Besonders betroffen ist
Hoyerswerda, dessen Ruf in den 1990er Jahren ruiniert wurde:
"Extremster Fall ist
Hoyerswerda. In der Lausitzstadt bleiben von 100 Menschen
eines Altersjahrgangs nur 39 wohnen."
Die Aufnahme von
Flüchtlingen wird in dieser Situation als Chance propagiert.
LOCKE, Stefan (2016): In Striesen ist immer
Sonntag.
Der Dresdner Stadtteil mit seinen
Villen hat die Ruhe weg. Doch dass sich die Stadt verändert, spürt man
auch hier,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 03.07.
FISCHER, Eva (2016): Boom an der
Elbe.
Dresden wächst. Die Mieten
steigen überproportional und es wird kräftig gebaut. Für Anleger
ein guter Zeitpunkt einzusteigen,
in:
Handelsblatt v. 07.07.
STEHLE, Anja (2016): Stadt der
Baudenkmäler.
Noch ist Wohnen in der
sächsischen Metropole Leipzig günstig. Doch je mehr Altbauten saniert
werden, desto höher steigen Miet- und Preisniveau,
in:
Handelsblatt v. 12.07.
SCHÖNBACH, Miriam (2016): Sieben
Jahre Görlitz-Experiment.
Mit kostenlosem Probewohnen
sollten Neubürger gewonnen werden - der Erfolg ist mäßig,
in:
Neues Deutschland v.
27.07.
KUNTZ,
Michael (2016): Umzug ins Ungewisse.
Manche Senioren
suchen im Ruhestand ihr Glück in der Ferne. Sie gehen ins
Ausland oder in Gegenden, wo schon viele Gleichaltrige leben.
Die mobilen Alten - ihre Hoffnungen, ihre Enttäuschungen,
in: Süddeutsche
Zeitung v. 25.08.
FISCHER, Konrad & Bert LOSSE
(2016): Bajuwarische Glückseligkeit.
Exklusivstudie: Welche Stadt
hat die größte Wirtschaftskraft, welche entwickelt sich
dynamisch? Wo werden Unternehmen hofiert und wer rüstet sich am
besten für das digitale Zeitalter? Der große Städtetest der
WirtschaftsWoche zeigt: Der deutsche Süden ist vorn und baut
seinen Vorsprung aus,
in:
WirtschaftsWoche
Nr.41
v. 30.09.
Das neoliberale
Städte-Ranking wird seit 2004 durchgeführt und
bewertet die 69 kreisfreien Großstädte nach ihrer
Wirtschaftsfreundlichkeit. Das Abschneiden der sächsischen
Großstädte ist aus der nachfolgenden Übersicht ersichtlich:
Tabelle: Rang
der sächsischen Großstädte unter den 69 größten
kreisfreien Städten
im Städtevergleich 2016 |
Großstadt |
Rang im Zukunftsindex |
Rang im Niveauranking |
Rang im Dynamikranking |
Dresden |
10 |
31 |
28 |
Chemnitz |
55 |
53 |
49 |
Leipzig |
26 |
43 |
12 |
|
Quelle:
IW Köln 2009, Tabellen S.8, 11 und13 |
Es wird nur der Rang
betrachtet, weil die Punktewertung aufgrund der wechselnden
Indikatorenbildung keine Aussagekraft besitzt.
EHRENREICH,
Elian (2016): Leipzig tickt anders als Dresden.
Die Bürgerstadt an der Pleiße
wurde von den Amerikanern befreit und von ihrer internationalen
Messe geprägt. Die Residenzstadt an der Elbe wurde schwer
bombardiert und hatte kein Westfernsehen. Das spürt man im
einstigen "Tal der Ahnungslosen" bis heute,
in:
Welt v. 06.10.
FABRICIUS, Michael (2016): Immobilienboom
erreicht die ostdeutsche Provinz.
Investoren haben plötzlich
Städte wie Freiberg oder Nauen auf dem Radar,
in:
Welt v. 13.10.
Anlässlich
des
Wohnungsmarktbericht Ostdeutschland 2016 eines
Immobilienunternehmens berichtet Michael FABRICIUS unkritisch
über deren Sichtweise.
Lediglich
27 ostdeutsche Groß- und Mittelstädte wurden überhaupt
betrachtet. Der Begriff "Mittelstadt" wird nicht definiert.
Nimmt man die Wikipedia-Definition von 20.000 bis 100.000
Einwohner, dann gab es
2015 in Ostdeutschland neben 9 Großstädten allein 96
Mittelstädte. Der Wohnungsmarktbericht umfasst also
lediglich ca. 20 % der Mittelstädte in Ostdeutschland. Das
Auswahlkriterium "Interesse" deutet darauf hin, dass die
Auswahl nicht repräsentativ für Ostdeutschland ist, sondern
die Selektivität der Immobilienfirma widerspiegelt.
Als
Investoreninteresse - was wohl mit dem Auswahlkriterium
weitgehend identisch ist - werden uns von FABRICIUS folgende
vier Faktoren genannt:
1) Starke Erhöhung der Kaufpreise
2) Hohe Renditen
3) Kein Einwohnerrückgang in den letzten Jahren
4) Verbesserung der Arbeitsmarktlage und damit Anstieg der
Kaufkraft
KOWALSKI, Matthias u.a.
(2016): Warum Deutschland stark ist.
Regional-Ranking 2016:
Egal, ob Brexit, Trump oder Euro-Krise: Die deutsche Wirtschaft
trotz (fast) allen Witterungen. Viele andere Nationen beneiden
uns um Beschäftigungsniveau, Einkommen, Ausbildungslage und
Innovationskultur. Focus ließ in exklusiven Studien das
Geheimnis der deutschen Stärke analysieren und zeigt, wo die
Kraftplätze der Republik liegen,
in:
Focus Nr.48 v. 26.11.
Die Ergebnisse für Sachsen finden
sich
hier.
LOCKE, Stefan (2016):
Ruhe bewahren im Boom.
Leipzig ist legendär für
seine Gründerzeitbauten. Doch die Zeiten des billigen Wohnens
sind auch hier vorbei,
in:
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
v. 04.12.
Stefan LOCKE berichtet in
erster Linie über das Waldstraßenviertel (mehr
hier)..
RITZER, Uwe
(2016): Reicher Süden, armer Osten.
Eine Kaufkraft-Studie zeigt,
dass ein Starnberger im Schnitt fast doppelt so viel Geld zur
Verfügung hat wie ein Görlitzer,
in: Süddeutsche
Zeitung
v. 07.12.
Uwe RITZER verbreitet die
PR eines kriselnden Marktforschungsinstituts. Eine
kritische - aber unzutreffende - Anmerkung folgt ganz zum
Schluss:
"Die durchschnittliche
Kaufkraft einer Region sagt alleine noch nichts über die
Schere von Arm und Reich aus. Anders formuliert: Auch in
Starnberg leben arme Menschen. Nur eben weniger."
Dies aber muss nicht
stimmen. Die Marktforscher rechnen mit Durchschnittseinkommen
statt mit Medianeinkommen, die in der Regel niedriger sind,
weil sie nicht durch sehr hohe Einkommen verzerrt werden
können. Wenn am Starnberger See eine hohe Millionärsdichte
herrscht, dann könnten dort viele Arme leben - sogar mehr als
in anderen kaufkraftstarken Regionen, in denen die Kaufkraft
jedoch gleichmäßiger verteilt ist.
PEZZEI, Kristina (2016): Eine Stadt
wacht auf.
Chemnitz: Dem Chemnitzer
Immobilienmarkt passiert das, womit niemand mehr gerechnet
hat: Er gewinnt an Dynamik. Investoren schielen vor allem auf
denkmalgeschützte und damit steuerlich attraktive
Sanierungsfälle,
in:
Frankfurter Allgemeine
Zeitung v. 16.12.