2010
DESTATIS (2010):
Erneute Bevölkerungsabnahme für 2009 erwartet,
in:
Pressemitteilung Statistisches Bundesamt
Wiesbaden v. 21.01.
"2009 wurden
voraussichtlich weniger Kinder in Deutschland geboren und es
starben auch weniger Menschen als 2008. Nach der Schätzung
wird mit etwa 645 000 bis 660 000 Geburten und mit etwa 830
000 bis 840 000 Sterbefällen gerechnet. Es ist davon
auszugehen, dass innerhalb dieser Grenzen das Geburtendefizit
– also die Differenz aus Geburten und Sterbefällen – für 2009
im Bereich von etwa 180 000 bis 190 000 liegen dürfte. Zum
Vergleich: 2008 gab es 683 000 Geburten und 844 000
Sterbefälle. Daraus ergab sich ein Geburtendefizit von 162
000", meldet das Statistische Bundesamt.
DESTATIS (2010):
Durchschnittliche Kinderzahl 2008 in den neuen Ländern
angestiegen,
in:
Pressemitteilung Statistisches Bundesamt
Wiesbaden v. 27.01.
"In den neuen Ländern setzt
sich der langfristige Wiederanstieg der Geburtenhäufigkeit
nach dem starken Einbruch Anfang der 1990er Jahre fort: Wie
das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, stieg 2008 die
durchschnittliche Kinderzahl je Frau in den neuen Ländern auf
1,40 an (2007: 1,37). Im früheren Bundesgebiet (jeweils ohne
Berlin) blieb sie mit 1,37 konstant. Hier war die
durchschnittliche Kinderzahl je Frau zuletzt 2001 mit 1,38 und
2000 mit 1,41 höher ausgefallen als 2008", heißt es in der
Pressemeldung
SIEMS, Dorothea (2010): Ostdeutsche bekommen wieder mehr
Kinder.
Erstmals seit der Wiedervereinigung
ist Geburtenrate höher als im Westen,
in: Welt v. 28.01.
FLORIN,
Christiane (2010): Bye-bye, Babyboom.
Familienpolitik: Die Geburtenrate ist auf dem Tiefststand,
trotz zahlreicher Wohltaten. Es fehlt an wohltuenden Worten,
in: Rheinischer Merkur Nr.4 v. 28.01.
DÜCKERS, Tanja (2010): Religiosität hilft nicht.
Im Jahr 2009 ist die Geburtenrate in
Deutschland weiter gesunken. Auf der Suche nach Gründen werden
nahe liegende Ursachen übersehen. Ein Kommentar,
in: Zeit Online v. 01.02.
HEINSOHN, Gunnar (2010): Wie man viel Geld Armut vermehrt.
Höhere Sozialleistungen
steigern die Geburtenrate von arbeitslosen Frauen. Bill
Clinton kürzte in Amerika die Bezüge - mit Erfolg,
in: Welt v. 09.02.
DESTATIS (2010):
2009: Weniger Geburten und Sterbefälle, Eheschließungen nahezu
konstant,
in:
Pressemitteilung Statistisches Bundesamt
Wiesbaden v. 17.05.
"Wie das Statistische
Bundesamt (Destatis) mitteilt, ist nach vorläufigen
Ergebnissen die Zahl der lebend geborenen Kinder in
Deutschland im Jahr 2009 mit 651 000 Kindern gegenüber der
vergleichbaren Zahl des Vorjahres zurückgegangen (– 3,6%). Das
vorläufige Jahresergebnis liegt somit im Rahmen der Schätzung
von etwa 645 000 bis 660 000 Geburten, die Destatis Anfang des
Jahres auf Grundlage der bis dahin verfügbaren Angaben
vorgenommen hatte (siehe
Pressemitteilung 28/2010 vom 21.01.2010)", heißt es in der
Pressemitteilung.
WORATSCHKA, Rainer (2010): Deutschland schrumpft.
2009 wurden so wenig Kinder geboren
wie nie zuvor – Ministerin sieht keinen Grund zur
Beunruhigung,
in: Tagesspiegel v. 18.05.
UNGER, Christian (2010): Schwere Geburt.
Trotz des Elterngeldes und des Rechts
auf Kita-Betreuung kamen in Deutschland 2009 so wenig Kinder
wie noch nie seit 1945 zur Welt,
in: Hamburger Abendblatt v. 18.05.
WERMELSKIRCHEN, Axel
(2010): Noch nie so wenige Kinder.
In Deutschland
wuchs auch 2009 der Sterbeüberschuss,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 18.05.
GASCHKE,
Susanne (2010): Wovor hat ihr Angst?
Mit Geld allein
lässt sich die Geburtenrate nicht nach oben treiben,
in: Die ZEIT Nr.21 v. 20.05.
"Das Statistische Bundesamt
hat vorläufige Geburtenzahlen für das Jahr 2009 veröffentlicht
– und dass jetzt alle wieder einmal ganz intensiv übers
Kinderkriegen nachdenken werden, ist unausweichlich. Wir tun
es ja auch. Denn die Zahl – 650.000 Geburten, nicht mal halb
so viele wie 1964, weniger als überhaupt je in der
Bundesrepublik – gibt Anlass zu Fragen", schreibt GASCHKE.
PETROPULOS, Kostas (2010): Die Familienpolitik ist
gescheitert.
Die neuesten Geburtenzahlen sind ein
Tiefschlag für die Familienpolitik: Trotz Elterngeld und
Krippenoffensive gibt es hierzulande so wenig Babys wie noch
nie seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Deutschen kriegen keine
Kinder, weil ihre Jobs nicht sicher sind,
in: Tagesspiegel v. 21.05.
"Bundesfamilieministerin Kristina
Schröder verbreitet dennoch unverdrossen Zweckoptimismus.
Die Zahlen seien keineswegs alarmierend, da ja mit dem
demografischen Wandel auch die Zahl der potenziellen
Mütter zurückgehe. Pro Frau würden weiterhin genauso viele
Kinder geboren wie seit Einführung des Elterngeldes im
Jahr 2007.
Fachleute widersprechen
jedoch der Jungministerin. Sie rechnen vor, dass die
Geburtenrate von 1,38 im Jahr 2008 auf voraussichtlich
1,33 im letzten Jahr gesunken ist. Damit wäre sie wieder
auf das Niveau von 2006 abgesackt – dem Jahr vor der
»konservativen Familienrevolution« unter Führung von
Ex-Ressortchefin Ursula von der Leyen", behauptet Kostas
PETROPULOS.
Die Geburtenrate für 2009 wird vom
Statistischen Bundesamt erst im Sommer veröffentlicht.
PETROPULOS bezieht sich mit seinen Angaben der TFR von 1,33
auf die
Schätzungen des Rostocker Zentrum für Demografischen
Wandel. Die Geburtenrate läge
damit immer noch höher als Mitte der 1990er Jahre als sie
unter 1,3 gesunken war.
HEUZEROTH, Thomas &
Dorothea SIEMS (2010): Neue Eltern braucht das Land.
Geburtenabsturz
sprengt die Sozialsysteme. Politiker fordern Mütterquote für
mehr Kinder,
in: Welt am Sonntag v. 23.05.
Thomas HEUZEROTH & Dorothea SIEMS präsentieren zum einen ein
Patchwork aus nationalkonservativen Statements von Johannes
SINGHAMMER über Christine HADERTHAUER bis zu Herwig BIRG (Während
die Männer eine Mütterquote fordern, erweitert HADERTHAUER das zur
Elternquote). Daneben kommen der obligatorische Bernd RAFFELHÜSCHEN,
Miriam GRUß (FDP), Claudia ROTH (Grüne) und Familienministerin
Kristina SCHRÖDER zu Wort.
EXNER, Ulrich/LUIG, Judith/WILTON, Jennifer (2010):
Kinderrepublik Deutschland - eine Reise durch Licht und
Schatten.
Noch nie gab es hierzulande so wenige
Geburten wie im vergangenen Jahr. Minus 3,6 Prozent. Schon
wieder. Aber längst nicht überall. Ursachenforschung auf
fruchtbarem und weniger fruchtbarem Boden,
in: Welt am Sonntag v. 23.05.
Im
August 2009 mussten sich die
kinderlosen Redakteurinnen der WAMS rechtfertigen,
warum sie kinderlos sind. Genützt hat es offenbar nichts.
Diesmal reisen die WAMS-Journalisten durch
Deutschland: Osterode,
Prenzlauer Berg und Cloppenburg sind die Stationen
dieses Geburtenratentourismus.
Auch bei der WAMS
ist mittlerweile durchgedrungen, dass nicht nur die
Kinderlosen den demografischen Wandel verursachen, sondern
auch die geringe Zahl der kinderreichen Familien und die
gestiegene Lebenserwartung.
Dorothea SIEMS behauptet, dass Deutschland Vorreiter
der "alternden Gesellschaft" sei. Bereits der Begriff ist
irreführend, wie der Soziologe Karl Otto HONDRICH in seinem klugen
Buch Weniger ist mehr dargelegt hat. Hier wird deshalb von einer
Gesellschaft der Langlebigen gesprochen und da ist nicht
Deutschland, sondern Japan Vorreiter.
Selbst die USA ist stärker
betroffen als Deutschland.
Ansonsten
polemisiert SIEMS gegen den Sozialstaat, dem angeblich die
Beitragszahler ausgehen. Aus der isländischen Misere haben
Marktgläubige wie SIEMS nichts gelernt, denn dann müsste klar
sein, dass nicht der demografische Wandel, sondern die unbeachteten
Nebenfolgen unseres Wirtschaftssystems den Alltag in Zukunft viel
einschneidender prägen werden.
Wie
man Bevölkerungsvorausberechnungen als treffsicher inszeniert, lässt
sich am
aktuellen Statistischen Monatsheft
Baden-Württemberg demonstrieren. Im
Beitrag Zur Treffsicherheit von Bevölkerungsvorausrechnungen -
Spekulationen oder abgesicherte Informationen? greift sich Ivar CORNELIUS aus
11 bisherigen
Bevölkerungsvorausberechnungen einzig jene heraus, die rückblickend
gesehen am besten gepasst hat, um so eine hohe Treffsicherheit herbeizuschreiben. Seriös wäre es stattdessen gewesen alle
bisherigen Bevölkerungsvorausberechnungen im Vergleich darzustellen,
aber das wäre offensichtlich zu blamabel gewesen. Die
Vorausberechnung umfasste zudem nur einen Zeitraum von 17 Jahren,
während SIEMS Kaffeesatzleserei bis zum Jahr 2060, also über einen
Zeitraum von 50 Jahren, betreibt.
DESTATIS (2010):
Vorläufige Ergebnisse für das 1. Quartal 2010: Mehr Geburten
und Eheschließungen, weniger Sterbefälle,
in:
Pressemitteilung Statistisches Bundesamt
Wiesbaden v. 16.06.
"Wie das Statistische
Bundesamt (Destatis) mitteilt, ist nach vorläufigen
Ergebnissen die Zahl der lebend geborenen Kinder in
Deutschland im ersten Quartal 2010 mit 162 100 Kindern um rund
7 000 oder um 4,5% gegenüber dem ersten Quartal 2009 (155 100)
gestiegen", heißt es in der Pressemitteilung, die ganz
offensichtlich die seit der
Veröffentlichung der Geburtenzahlen für das Jahr 2009 im
Mai entbrannte Debatte um das Elterngeld eindämmen soll.
WALTHER, Rudolf (2010): Wer soll die Kinder kriegen.
Frankfurter
Positionen: Wolfgang Streeck, Direktor des Kölner
Max-Planck-Instituts, über Familien- als Geburtenpolitik,
in: TAZ v.
16.07.
STREECK, Wolfgang (2010): Verzwickte Gemengelage.
Gesellschaftsforschung: Reproduktion
der Gesellschaft im Dreieck von Markt, Sozialstruktur und
Politik,
in: Frankfurter Rundschau v.
21.07.
"Was
Deutschland angeht, so ist nicht das viel gefeierte Elterngeld
das erfolgreichste Geburtenförderungsprogramm, sondern, mit
weitem Abstand, Hartz IV. Frauen in Langzeitarbeitslosigkeit,
ganz anders als die umworbenen »Akademikerinnen«, haben
Nachwuchs oberhalb der demographischen
Bestandserhaltungsquote. Unterschwellige Vermutungen, warum
das so ist, richten sich auf ein Zusammentreffen von
persönlicher Arbeitsscheu mit wohlfahrtsstaatlicher
Großzügigkeit: Hartz-IV-Frauen kriegen Kinder, und immer mehr
Kinder, um nicht »arbeiten« zu müssen und sich von
Kinderzulagen, Kindergeld, Elterngeld, möglicherweise auch
noch Betreuungsgeld ein gutes oder doch bequemes Leben zu
machen.
Damit ist das aus der amerikanischen Innenpolitik der
sechziger und siebziger Jahre stammende Gespenst der »welfare
queen« auch in Deutschland angekommen",
behauptet Wolfgang STREECK in seinem
in
der taz hoch gelobten Vortrag
und steht damit Gunnar HEINSOHN hilfreich zur Seite. Mit Daten
belegen kann er seine Behauptungen jedoch nicht. Zu anderen
Ergebnissen kommt z. B. eine
Studie von Wolfgang HOFFMANN vom Institut für Community
Medicine. STREECK suggeriert
z.B. dass ein niedriges Pro-Kopf-Elterngeld identisch sei mit
HARTZ IV Müttern aus der Unterschicht. Dies muss nicht sein,
denn der Anteil von Studierenden mit Kind, sowie
Akademikerinnen in prekären Arbeitsverhältnissen ist ebenfalls
am Steigen. Eine
Studie über Wissenschaftlerinnen an nordrhein-westfälischen
Universitäten gibt z.B.
Einblicke in die prekären Arbeitsverhältnisse des akademischen
Mittelbaus.
EUROSTAT (2010):
EU27 Bevölkerung von 501 Millionen am 1. Januar 2010.
Europäische
Demografie: Mehr als 5 Millionen Geburten in der EU27 im Jahr
2009,
in: Pressemitteilung Europäisches Statistikamt v. 27.07.
MÖNCH, Regina (2010): Geburtenrate und Ehe.
Akademikerinnen im Osten,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 10.11.
"Die Lebensverhältnisse
anzugleichen gehörte zu den wichtigsten Zielen nach der
Wiedervereinigung. Im Großen und Ganzen ist dies gelungen.
Dass sich auch Lebensentwürfe und Verhaltensweisen anpassen,
immer natürlich Ost an West, war als selbstverständlich
angenommen worden. Und als die Geburtenziffer in
Ostdeutschland zwischen 1990 und 1994 auf den historischen
Tiefstand von 0,8 gefallen war, stand eigentlich fest, dass
es nur eine Frage der Zeit ist, bis sich auch
Familienplanung, Heiratsverhalten und die Erwerbstätigkeit
von Frauen an das Niveau der Westdeutschen anpassen würden.
Doch gerade das ist nicht eingetroffen.
Die Wissenschaftler des
Max-Planck-Institutes für demographische Forschung in
Rostock haben sogar festgestellt, dass die Differenzen, die
grundverschiedenen Ansichten zu Kindern und Karriere, sich
verfestigt haben. Immer noch ist die Mehrheit der
ostdeutschen Mütter berufstätig, leben mehr Eltern ohne
Trauschein zusammen, zumindest bis zur Geburt eines zweiten
Kindes. Und die Geburtenraten haben die der Westdeutschen
überholt: Die endgültigen Geburtenraten von Frauen, die
heute 45 Jahre alt sind, liegen bei 1,6 Kindern - gegenüber
1,51 Kindern in Westdeutschland", schreibt Regina MÖNCH.
HAARMEYER, Jan (2010): Hamburgs Geburtenrate steigt gegen den
Trend.
2009 kamen in Deutschland 17.000
Kinder weniger zur Welt als im Vorjahr. In Hamburg dagegen ist
die Zahl leicht angestiegen,
in: Hamburger Abendblatt v. 13.11.
BINDE, Nico & Genievieve WOOD (2010): Ja, wir haben Kinder.
Sie machen oft erst Karriere, dann
Nachwuchs: Paare in Großstädten wie Hamburg entscheiden sich
spät für Familie - aber sie tun es,
in: Hamburger Abendblatt v. 13.11.
DESTATIS (2010):
Durchschnittliche Kinderzahl je Frau sinkt 2009 leicht auf
1,36,
in:
Pressemitteilung Statistisches Bundesamt
Wiesbaden v. 12.11.
"Wie das Statistische
Bundesamt (Destatis) mitteilt, betrug die
durchschnittliche Kinderzahl je Frau im Jahr 2009 in
Deutschland 1,36. Damit war die zusammengefasste
Geburtenziffer etwas niedriger als 2008 (1,38) und 2007
(1,37). Wie in den vergangenen Jahren ging im Jahr 2009
die durchschnittliche Zahl der Geburten bei jüngeren
Frauen zurück, während sie bei den Frauen ab 33 Jahren
zunahm.
2009 kamen rund 665 000
Kinder zur Welt, etwa 17 000 weniger als 2008 (Anm. d.
Verf.: Aber 14.000 mehr Kinder
als im Mai höchstens erwartet). Dieser Rückgang ist
nur zur Hälfte auf das geänderte Geburtenverhalten, wie es
in der rückläufigen durchschnittlichen Kinderzahl je Frau
zum Ausdruck kommt, zurückzuführen. Zusätzlich ist zu
beachten, dass die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter
(zwischen 15 und 49 Jahren) zurückgegangen ist.
Im Westen Deutschlands
sank die durchschnittliche Kinderzahl von 1,37 im Jahr
2008 auf 1,35 im Jahr 2009. Einen niedrigeren Wert gab es
zuletzt im Jahr 2006. Im Osten Deutschlands lag die
durchschnittliche Kinderzahl im Jahr 2009 wie im Vorjahr
bei 1,40 (Angaben für West- und Ostdeutschland jeweils
ohne Berlin). Damit blieb sie auf dem höchsten Niveau seit
der Wiedervereinigung", heißt es in der Pressemeldung.
LUDWIG, Jan (2010): Weniger Geburten im Jahr 2009.
Die Zahl der Geburten in Deutschland
sinkt weiter. Leyens Kind, das Elterngeld, scheint nicht zu
wirken. Die Opposition kritisiert deswegen die Regierung,
in: Tagesspiegel v. 13.11.
Jan LUDWIG beschränkt sich
nicht auf die Fakten des Statistischen Bundesamtes, sondern
konstruiert mittels einer Prognose des Rostocker Zentrums zur
Erforschung des demografischen Wandels die
Fortschreibung des
rückläufigen Geburtentrends auch für 2010:
"Gleichzeitig hat auch das
Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels
(RZ) eine Prognose für 2010 abgegeben. In Deutschland werden
in diesem Jahr im Schnitt 1,34 Kinder pro Frau geboren, hieß
es. Die Angaben beruhen auf den Zahlen des ersten Halbjahres.
Exakte Zahlen können jedoch erst Ende 2011 errechnet werden."
Bereits im Mai veröffentlichte das Statistische Bundesamt
die vorläufigen Geburtenzahlen für 2009: 651.000 Geburten.
Diese Zahl wurde nun auf 665.000 korrigiert, liegt also um 14
000 Geburten höher als erwartet.
Die Medien interpretierten
die Zahlen damals fälschlicherweise als die "niedrigsten seit
1945" bzw. 1948. Dies stimmt nur für die absoluten
Geburtenzahlen, aber nicht für die Geburtenrate. Die Aussage
hätte aber auch schon 1994 oder sogar 1972 (hätte es damals
schon eine gesamtdeutsche Statistik gegeben) gestimmt.
Im Tagesspiegel legte der
nationalkonservative Familienlobbyist Kostas PETROPULOS noch
nach und zitierte eine Prognose des Rostocker Zentrum zur
Erforschung des demografischen Wandels für 2009 mit 1,33. Mit
1,36 gibt nun das Statistische Bundesamt die tatsächliche
Geburtenrate (TFR) für 2009 an. Diese liegt höher als vor
Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007.
Es wäre zudem falsch - wie
Ursula von der LEYEN das im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin
Renate SCHMIDT behauptete - das Elterngeld als quantitative
Bevölkerungspolitik zu verstehen. Vielmehr handelt es sich um
ein Instrument der qualitativen Bevölkerungspolitik ganz im
Sinne von Thilo SARRAZIN ("Deutschland schafft sich ab"), das darauf abzielt den Anteil der
Geburten von Akademikerinnen zu erhöhen. Nur daran lässt sich
Erfolg oder Misserfolg des bevölkerungspolitischen Instruments
messen.
PETROPULOS, Kostas (2010): Der Kinderschwund macht sprachlos.
Demografie: Die Statistik zur
Geburtenrate kam vier Monate später als sonst. Und die
Familienministerin schweigt über das Thema. Die Politik
kapituliert vor der Demografie,
in: ZEIT Online v. 17.11.
Der nationalkonservative
Bevölkerungslobbyist Kostas PETROPULOS verbreitet -
wie bereits
im Mai - Halbwahrheiten. Die
Geburtenrate sackte nicht ab auf den Stand des Jahres 1999,
sondern ist höher als im Jahr 2006, also vor Einführung des
Elterngeldes,
wie man beim
Statistischen Bundesamt nachlesen kann.
Erfolg oder Misserfolg des Elterngeldes
lässt sich auch nicht am gesamtgesellschaftlichen
Geburtentrend ablesen, sondern nur am Anstieg der Geburten von
Akademikerinnen. Aufgrund der normativen deutschen
Bevölkerungsstatistik, die derzeit nur alle 4 Jahre die
Geburtenfolge richtig erfasst, gibt es derzeit keine
Möglichkeit den Erfolg der qualitativen Bevölkerungspolitik
genau festzustellen. Zu welchen gravierenden
Fehleinschätzungen die normative Statistik in der
Vergangenheit führte, konnte man
zuletzt in der
FAZ
lesen.
LÖWENSTEIN, Stephan (2010): Zweifelhafte Erfolgsgeschichte.
Sozialpolitisch ist das Elterngeld
unvertretbar; familienpolitisch wirkt es kontraproduktiv. Es
liegt in seinem Wesen nach quer zum Sozialstaat - nicht erst,
wenn es für Hartz-IV-Empfänger wegfällt. Angesichts der
Schulden sollte es abgeschafft werden,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 18.11.
GILLMANN, Barbara (2010): Der Trend zur späten Geburt.
Die Geburtenrate ist erneut gesunken.
Ökonomen raten: Jetzt erst recht Kitas und Ganztagsschulen
auszubauen - zu Lasten des Ehegattensplittings,
in: Handelsblatt v. 15.11.
RÜRUP, Bert (2010): Tief in der Geburtenfalle.
Deutschlands Familienpolitik ist
gescheitert. Bessere Bildung ist der einzige Ausweg,
in: Handelsblatt v. 16.11.
BODE, Kim & Alexander NEUBACHER (2010): Kind im Mann.
Das Elterngeld kostet Milliarden,
verfehlt aber alle von der Bundesregierung gesteckten Ziele.
Experten raten: Weg damit!
in: Spiegel Nr.47 v. 22.11.
BODE & NEUBACHER
behaupten, dass Bert RÜRUP das Elterngeldkonzept für
gescheitert hält. Dies ist nicht der Fall, sondern RÜRUP
sagte im Handelsblatt
nur, dass es für "ein abschließendes Urteil" noch zu früh
sei und dem Ausbau der staatlichen Kinderbetreuung viel mehr
Gewicht zukommen muss.
SIEMS, Dorothea (2010): Großfamilien sind die Verlierer.
Mit dem Elterngeld will die Politik
für mehr Nachwuchs sorgen. Doch ausgerechnet Familien mit
vielen Kindern werden benachteiligt - und klagen jetzt in
Karlsruhe,
in: Welt v. 23.11.
Dorothea SIEMS berichtet über geplante
Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Elterngeld,
das die kinderreiche Hausfrauenfamilie benachteilige. Die
Überlegenheit der Hausfrauenfamilie gegenüber der
Doppel-Karriere-Familie begründet SIEMS bevölkerungspolitisch
anhand von Daten zur Kinderzahl der 1964 - 1968 Geborenen, die
der Bevölkerungsforscher Jürgen DORBRITZ im September bei
der Best Age-Konferenz vorgelegt hat. Demnach liegt die
durchschnittliche Kinderzahl von Doppel-Karriere-Familien bei
1,0 (Westdeutschland) und 1,5 (Ostdeutschland) im Vergleich
zur Hausfrauenfamilie von 2,1 (Westdeutschland) und 1,9
(Ostdeutschland).
SCHRÖDER, Kristina (2010): Mutter, Vater, Kind.
Das Elterngeld ist keine Gebärprämie,
sondern ermöglicht Familien gemeinsam in die Verantwortung für
ein Baby hineinzuwachsen. Eine Verteidigungsschrift,
in: Welt v. 26.11.
DESTATIS (2010):
Babys in den neuen Bundesländern haben jüngere Mütter,
in: Pressemitteilung
Statistisches Bundesamt Wiesbaden v. 02.12.
"Knapp 29 Jahre betrug im
Jahr 2009 das durchschnittliche Alter der Frauen in
Deutschland bei der Geburt ihres ersten Kindes. Wie das
Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren in
den neuen Ländern die Frauen bei der ersten Geburt mit 27
Jahren um fast zwei Jahre jünger als im Westen (29 Jahre).
Durch eine Anpassung des
Bevölkerungsstatistikgesetzes ist für das Jahr 2009 erstmals
die Nachweisung der sogenannten biologischen Geburtenfolge
unabhängig vom Familienstand der Mutter möglich. Bis zum Jahr
2008 lagen Angaben über das Alter der Frau bei der ersten
Geburt nur in der aktuell bestehenden Ehe vor.
Im bundesweiten Vergleich
waren im Jahr 2009 die Frauen bei der ersten Geburt in
Sachsen-Anhalt und in Mecklenburg-Vorpommern mit 27 Jahren am
jüngsten. Die Hamburgerinnen hingegen gründeten besonders spät
eine Familie – mit durchschnittlich 30 Jahren.
Nicht verheiratete Frauen
bekommen ihr erstes Kind früher als verheiratete. Im Jahr 2009
sind sie in den neuen Ländern im Durchschnitt mit 26,5 Jahren
Mutter geworden. Insgesamt wurden hier 74% aller Erstlinge
außerhalb einer Ehe geboren. Im früheren Bundesgebiet (ohne
Berlin) war der Anteil der ersten außerehelichen Geburten mit
36% nur etwa halb so hoch wie in den neuen Ländern und die
Mütter der Erstgeborenen waren im Durchschnitt ein Jahr älter
(27,5 Jahre).
Verheiratete Frauen waren
im Jahr 2009 bei der Geburt des ersten Kindes in den alten
Bundesländern durchschnittlich 2,5 Jahre und in den neuen
Ländern knapp drei Jahre älter als die nicht verheirateten
Frauen. 7% der verheirateten Frauen in den westdeutschen
Ländern waren bereits Mutter, als sie ihr erstes Kind in der
aktuell bestehenden Ehe bekommen haben. Bei den ostdeutschen
Frauen war dieser Anteil mit 20% deutlich höher", meldet das
Statistische Bundesamt.
DESTATIS (2010): Jede 5. Frau im Alter
zwischen 41 und 45 Jahren kinderlos,
in: Pressemitteilung
Statistisches Bundesamt Wiesbaden v. 17.12.
Weil die Kinderlosigkeit
in Deutschland nur alle 4 Jahre richtig erfasst wird, gibt
es nun eine magere Meldung, die keine neuen Erkenntnisse
bringt.
Fakt ist jedenfalls, dass die um 1965
geborenen Frauen nicht zu einem Drittel kinderlos geblieben
sind, wie das
bis vor einigen Jahren
immer wieder von Nationalkonservativen um Herwig BIRG und
Jürgen BORCHERT behauptet wurde. Unbelehrbare wie
Thilo SARRAZIN glauben
sowieso nur jener Statistik, die sie selber gefälscht haben.
Im Februar 2005 - anlässlich des
Romans
Die Jugend von heute
von Joachim LOTTMANN - der bereits vor einem halben
Jahrzehnt die Themen von Thilo SARRAZIN vorwegnahm, schrieb
single-generation.de, dass nun
die in den 1970er Jahren geborenen
geburtenschwachen Jahrgänge
ins Visier geraten. Denen wurde von Demografen wie Jürgen
DORBRITZ prognostiziert, dass sie zu einem Drittel kinderlos
bleiben könnten. Die Meldung des Statistischen Bundesamtes
kokettiert mit diesem Schreckensszenario:
"Der Übergang zum Leben mit Kind fand
im Jahr 2009 schwerpunktmäßig bei den Frauen zwischen 27
und 34 Jahren statt (Jahrgänge 1975 bis 1982); die meisten
ersten Geburten entfielen dabei auf die jüngeren Frauen
dieser Jahrgänge. Dennoch waren die 27- bis 34-jährigen
Frauen Ende 2009 immer noch fast zur Hälfte (48%)
kinderlos: Bei den 34-jährigen Frauen waren es noch 34%,
bei den 27-jährigen sogar 70%."
Was vor 10 Jahren der Jahrgang 1965
war, das ist nun der Jahrgang 1975. Wiederholen sich nun
also die alten Debatten wieder? Oder haben wir aus der
Tatsache, dass
bei der Generation Golf lange
Zeit der Anteil der Spätgebärenden, also der über 34
Jährigen unterschätzt wurde,
gelernt?
Aufgrund der Zunahme der
Akademikerinnen und der weiteren Verschiebung von
Erstgeburten dürften auch die in den 1970er Jahren wieder
ähnliche Geburtenraten wie die Mitte der 1960er Geborenen
erreichen. Und noch immer gilt: kein einziger Frauenjahrgang
hat bislang die Geburtenrate von 1,3 erreicht, die gerne in
den Medien verbreitet wird.
Die
Debatte um den Geburtenrückgang könnte durch einen
aktuellen Artikel von Olga PÖTZSCH
in der Oktoberausgabe der ehemaligen Zeitschrift für
Bevölkerungspolitik (neu: Comparative Population Studies)
neuen Zündstoff erhalten, denn die in den 1950er Jahren geborenen
Frauenjahrgänge haben - im Gegensatz zur hysterisch geführten
Debatte des letzten Jahrzehntes - nur eine minimal höhere
Geburtenrate als die Mitte der 1960er Jahre Geborenen erzielt:
Der prominente Frauenjahrgang 1965
hat eine Geburtenrate von ca. 1,5 erzielt, während die 1955
Geborenen gerade einmal auf 1,6 kommen (siehe Tabelle 3, S.183).
Es gibt in Deutschland bislang keinen einzigen Frauenjahrgang, der
am Ende seiner reproduktiven Phase eine Geburtenrate von 1,3
erzielt hätte. Jene Zahl also, auf die sich die hysterische
deutsche Debatte bezieht.
AFP (2010): Mehr Geburten.
Staat muss mehr Elterngeld
zahlen,
in: Tagesspiegel v. 18.12.
Wie bereits anlässlich der
Veröffentlichung der Geburtenrate
im November
von single-generation.de berichtet wurde,
war die tatsächliche Geburtenzahl 2009 höher als vom
Statistischen Bundesamt zuerst geschätzt. Obwohl die
Familienministerin Kristina SCHRÖDER
noch vor
kurzem das Elterngeld nicht
als bevölkerungspolitische Maßnahme,
die es ist,
verstanden wissen wollte, werden jetzt wieder
Geburtensteigerungen bejubelt:
-
"Noch
im Januar 2010 sei das Statistische Bundesamt von 645 000
bis 660 000 Geburten im Jahr 2009 ausgegangen.
Tatsächlich aber seien 665 126 Kinder geboren worden.
Dieser Trend setze sich fort. Im ersten Halbjahr 2010
hätten die Geburten gegenüber dem Vorjahreszeitraum sogar
um 1,2 Prozent zugenommen."
Das Elterngeld geriet in letzter Zeit
von unterschiedlicher Seite unter Beschuss (mehr
hier,
hier
und
hier),
sodass solche Geburtensteigerungen nun besonders betont
werden müssen.
WEIGUNY, Bettina (2010): Elterngeld zeugt keine Kinder.
Mit
Milliarden lässt sich die Gebärfreude der Deutschen nicht
steigern. Macht nichts: Die Mittelschicht nimmt das Staatsgeld
gerne,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v.
19.12.
Bettina WEIGUNY hat ihre
3 Kinder vor Einführung des Elterngeldes bekommen und
kritisiert nun, dass die jungen Eltern das Geld für
Abenteuerurlaube verprassen:
"Ich bezahle nicht für
euren Urlaub!"
ruft die empörte
Wutbürgerin WEIGUNY. Die Argumentation für WEIGUNY haben
Kim BODE & Alexander NEUBACHER im
Spiegel geliefert, bei denen sie sich nicht einmal
für die ersparte eigene Recherchearbeit bedankt. Einzig die
Grafik zum ressentimentgeladenen Beitrag ist raffinierter
als im Spiegel.
Die Grafik zeigt, wie die
Geburtenzahlen von 2000 bis 2009 von ca. 767.000 auf ca.
665.000 gefallen sind. Gleichzeitig sieht man wie die Kosten
des Elterngeldes von 2007 bis 2010 gestiegen sind. Nicht
sehen kann man anders, denn bis 2007 gab es das
Erziehungsgeld. Die Kosten dafür werden verschwiegen. Nicht
gezeigt wird die Geburtenrate (TFS), denn mit dieser lässt
sich nicht annähernd so gut argumentieren, weil sie mehr
oder weniger gleich geblieben ist. Was aber entscheidend
ist: Die Zahlen sagen nur etwas über die
gesamtgesellschaftliche Geburtenentwicklung und nichts über
Anteilsverschiebungen aus, z.B. zugunsten von
Akademikerinnen, und nur daran kann das Elterngeld als
Instrument der qualitativen Bevölkerungspolitik gemessen
werden.
Beim Elterngeld wird
derzeit ein Zweifrontenkrieg geführt. Gunnar HEINSOHN und
seine journalistischen Hilfstruppen nehmen die
Transferempfängerinnen ins Visier. Dies geschieht vorwiegend
auf den Plattformen Welt und FAZ. Gegen den
Elterngeld-Luxus der Besserverdienenden schüren dagegen
FAZ und Spiegel Ressentiments. Bei den
Befürwortern der Einführung des Elterngeldes, die ihr
Plattform vor allem bei der SZ und der ZEIT
haben, heißt die Devise bislang eher Aussitzen.
Eine Agenturmeldung könnte hier
neuen Aufwind geben. Eine ausführliche Analyse der medialen
Debattenverläufen im Hinblick auf eine Politik für die
Mütterelite vor Einführung des Elterngeldes findet sich
hier.
BERTH, Felix (2010): Geburtenwunder,
in: Süddeutsche Zeitung v. 29.12.
BERTH, Felix (2010): Boom, Baby!
Warum viele
Frauen die Kinderfrage lange Zeit aufgeschoben haben - und sie nun
mit Ja beantworten,
in: Süddeutsche Zeitung v. 30.12.
Bereits am 19. Dezember hat single-generation.de anlässlich des
FAS-Artikels
Elterngeld zeugt keine
Kinder die Sachlage zu Elterngeld und Geburtenrate
analysiert und darauf hingewiesen, dass SZ und ZEIT
die schlechten Zahlen von 2009 aussitzen, aber die Befürworter
durch eine Agenturmeldung Aufwind bekommen würden. Nun
ist zumindest bei der SZ die Zeit des Aussitzens vorbei. Felix BERTH bereitete unter der Schlagzeile Geburtenwunder
bereits in der gestrigen SZ auf das heutige Tagesthema vor:
"Hält jemand das Elterngeld für
sinnvoll, weil es die Sicherheit junger Paare erhöht, so wird auch
der kleinste positive Trend bei den Geburtenraten in eine
Erfolgsmeldung umgedeutet. Hält jemand das Elterngeld für einen
Auswuchs des Wohlfahrtsstaates, betont man lieber, dass die
Kinderzahl nicht gestiegen ist."
BERTH hält sich an sein Skript
und deutet als Befürworter des Elterngeldes die
Zahlen für die ersten drei Quartale 2010 auf der Homepage des
Statistischen Bundesamtes als positiven Trend. Nicht nur
die absolute Zahl sei zum Vorjahr gestiegen, sondern auch die
Geburtenrate. Bei anhaltend zurückgehender Zahl der Frauen im
gebärfähigen Alter, sieht BERTH jetzt die letzte Gelegenheit für
die Frauen der Baby-Boomer-Generation angebrochen:
"Vor der endgültigen
Entscheidung stehen derzeit viele Frauen, die zur Generation der
Baby-Boomer gehören. Sie kamen in den späten sechziger und frühen
siebziger Jahren zur Welt, bevor der »Pillenknick« einsetzte."
BERTH definiert die
Baby-Boomer-Generation im Gegensatz zu wissenschaftlichen
Definitionen sehr großzügig. Im
GeroStat Report Altersdaten werden die Baby-Boomer z.B.
als die Jahrgänge 1959 - 1968 charakterisiert.
Zwischen
1968 und 1973 gab es in Deutschland einen rapiden Rückgang
potenzieller Mütter aufgrund des Geburtenrückgangs. Da es in den
Jahren danach jedoch größere Zuwanderungsgewinne gab, ist das
Reservoir potenzieller Mütter dieser Jahrgänge heutzutage größer
als damals.
In
der Welt nennt Claudia EHRENSTEIN die Geburtenanteile
verschiedener Altersgruppen für das Jahr 2009.
Altersgruppen |
Geburtenzahlen 2009 |
30-34
Jährige |
208.927 |
35-39
Jährige |
116.061 |
40 und
älter |
ca.
28.000 |
Die Jahrgänge 1968 - 1970
gehören 2010 den 40Jährigen und Älteren an, die höchstens noch bei
den Frauen mit Hochschulabschluss in geringem Ausmaß zu den
Geburten beitragen. BERTH suggeriert jedoch, dass mit einem Zitat
von Michaela KREYENFELD vor allem die Zunahme der Geburten in der
Altersgruppe 40 Plus und allenfalls der Spätgebärenden in den
späten 30er Jahren gemeint seien. KREYENFELD spricht jedoch nur
vom Stillstand beim Geburtenaufschub. Dies bezieht sich jedoch
nicht nur auf die von BERTH hervorgehobene Altersgruppe, sondern
auf das durchschnittliche Gebäralter, das sich auf alle
gebärfähigen Frauenjahrgänge bezieht. Es könnte also sein, dass
jüngere Frauenjahrgänge wieder vermehrt früher ihre Kinder
bekommen.
Geburtenanstiege
müssen nicht unbedingt das Resultat einer höheren Geburtenrate
sein, sondern können auf der Veränderung des Generationenabstandes
- wie man früher sagte - bzw. der Tempoeffekte beruhen.
Auf
Spiegel Online versuchte Philipp WITTROCK zu erklären,
warum Deutschland vergeblich auf einen Babyboom hofft. Zur
Dementierung der SZ setzt er auf den Nationalkonservativen Herwig
BIRG, der um die Jahrtausendwende
maßgeblich für die Fehleinschätzung der Kinderlosigkeit in
Deutschland verantwortlich war.
Skeptiker
verweisen auf die Fehleinschätzungen der vergangenen Jahre, wonach
des Öfteren ein Babyboom proklamiert wurde, der sich dann doch
nicht erfüllte. Jenseits verzerrter Berichterstattung aufgrund der
Befürwortung oder Ablehnung des Elterngeldes, zeigt sich aber,
dass die Deutungshoheit der Nationalkonservativen im Schlepptau
von Herwig BIRG mit dem Mikrozensus 2008 bröckelt.
Die
Anzeichen für schwere Fehleinschätzungen bezüglich der
Kinderlosigkeit in Deutschland reißen nicht ab. Im kürzlich
erschienen Heft 1-2/2009 der Zeitschrift für
Bevölkerungswissenschaft muss der Bevölkerungswissenschaftler
Jürgen DORBRITZ eingestehen, dass der Generations and Gender
Survey (GGS) des Instituts für
Bevölkerungswissenschaft, der Aufschluss über den
demografischen Wandel geben sollte, ausgerechnet im Hinblick auf
die Kinderlosigkeit und die Paarbildung gravierende Mängel
aufweist:
"Als unbefriedigend sind
insbesondere die zur Kinderlosigkeit erhobenen Daten einzustufen.
Eine Überprüfung anhand der Daten des Mikrozensus 2008 für die
Geburtsjahrgänge 1933 - 1979 zeigt zwei Abweichungen des GGS. In
den Kohorten 1933 bis 1963 wird die Kinderlosigkeit deutlich
überschätzt, in den Kohorten 1965 bis 1973 ist der Anteil
kinderloser Frauen dagegen zu niedrig.
(...).
Ähnliche Schwächen zeigen sich auch bei der Partnerschaftsbildung
und der Eheschließung im Lebenslauf. (...). Der Anteil dauerhaft
partnerloser und unverheirateter westdeutscher Frauen ist zu hoch
und besonders die Muster der älteren Kohorten (z.B. 1930er
Jahrgänge) sind bezüglich des Anteils verheirateter Frauen nicht
kongruent mit der amtlichen Statistik.
Es hat sich damit ein Schwachpunkt des GGS gezeigt, der seit der
Verfügbarkeit der Daten des Mikrozensus zur Kinderlosigkeit auch
mit Fakten untermauert werden kann. (2009, S.14ff.)"
Insbesondere Michaela KREYENFELD hat aufgrund ihrer wichtigen Forschungen
zur Kinderlosigkeit und zur Geburtenentwicklung bereits frühzeitig
auf die Probleme des - bei den deutschen
Bevölkerungswissenschaftlern viel genutzten - Surveys hingewiesen,
die sich nun offensichtlich bestätigt haben.
Das lange Ausbleiben dieser und früherer Publikationen deutete auf
gravierende Datenprobleme hin.
Bereits im Jahr 2007 kritisierte single-generation.de
die Sichtweise von Jürgen DORBRITZ zur Kultur der Kinderlosigkeit
und benannte das Datendesaster, das bis zuletzt immer wieder
beschönigt wurde. Die
von Nationalkonservativen in Umlauf gebrachte These, dass eine
Geburtenrate von
1,3 (Lowest-Low-Fertilität-Land) sozusagen einen Point auf no
Return darstellen würde, wurde zuletzt auch vom "Vater des
Elterngeldes" Bert RÜRUP aufgegriffen:
"Wenn Kinderlosigkeit seit
langem verbreitet und gesellschaftlich akzeptiert ist, wird man
durch mehr Geld die Gebärfreude nicht erhöhen können. Unsere
familienpolitischen Vorbilder Schweden oder Frankreich waren nie
in einer solchen Geburtenfalle, und Modelle oder historische
Beispiele, wie ein Land aus einer solchen Falle herauskommt, gibt
es nicht."
Es könnte sein, dass sich diese
pessimistischen Sichtweisen in den nächsten Jahren als haltlos
erweisen. Sie scheinen jedoch politisch attraktiv zu sein, um
weitere Reformen durchzusetzen. Schließlich soll
2011 das Jahr der Pflegereform werden und da sind positive
Meldungen kontraproduktiv.
BERTH, Felix (2010): Die Kopftuch-Legende.
SZ-Tagesthema: Mehr Geburten in Deutschland:
Bekommen
Einwanderer mehr Kinder als Deutsche? Untersuchungen zeigen,
dass die Geburtenrate von Migrantinnen seit Jahrzehnten sinkt,
in: Süddeutsche Zeitung v. 30.12.
MENKENS, Sabine (2010): Boom, Baby?
Die
Geburtenrate steigt wieder. Doch für Deutungen ist es noch zu
früh,
in: Welt v. 30.12.
SAUER, Stefan
(2010): Hoffnung auf mehr Geburten.
Statistik: Vorläufige Zahlen lassen spürbaren Anstieg erkennen
- Für Nordrhein-Westfalen zeichnen sich aber kaum
Veränderungen ab,
in: Kölner Stadt-Anzeiger v. 30.12.
SAUER, Stefan
(2010): Rückkehr der Zuversicht.
Zahl der
Neugeborenen offenbar gestiegen,
in: Kölner Stadt-Anzeiger v. 30.12.
SAUER, Stefan
(2010): Vorsichtige Freude über jedes neue Kind.
Statistik: Familienministerium reagiert zurückhaltend auf
vorläufige Zahlen zur Geburtenentwicklung,
in: Kölner Stadt-Anzeiger v. 30.12.