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Kommentierte Bibliografie

 
       
   

Die Entwicklung der Geburtenzahlen in Deutschland

 
       
   

Eine Bibliografie der Debatte um die Geburtenentwicklung (Teil 6)

 
       
     
       
   
     
 

Vorbemerkung

Die mediale Berichterstattung zur Geburtenentwicklung richtet sich nicht nach der Faktenlage, sondern nach politischen Interessen. Um diese deutlich zu machen werden in dieser Bibliografie ab heute (02.07.2012) nach und nach ausgewählte Medienberichte und Literatur zum Thema chronologisch dokumentiert. Die Kommentare entsprechen jeweils dem Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, falls nichts anderes vermerkt ist.

Kommentierte Bibliografie (Teil 6: 2009)

2009

DESTATIS (2009): Weitere Bevölkerungsabnahme für 2008 erwartet,
in:
Pressemitteilung Statistisches Bundesamt Wiesbaden v. 07.01.

"Nach vorläufigen Berechnungen hat sich die Zahl der Geburten im Vergleich zu 2007 kaum verändert und die der Sterbefälle leicht erhöht: Es wird mit wiederum etwa 680 000 bis 690 000 Geburten und mit etwa 835 000 bis 845 000 Sterbefällen gerechnet. Das sich aus der Differenz aus Geburten und Sterbefällen ergebende Geburtendefizit wird dadurch von gut 142 000 im Jahr 2007 voraussichtlich auf etwa 150 000 bis 160 000 ansteigen", meldet das Statistische Bundesamt.

OESTREICH, Heide (2009): Später Kindersegen? Nicht in Deutschland.
Studie: In ganz Europa wird das Projekt Nachwuchs oft hinausgezögert. Aber hierzulande bleibt er dann ganz aus,
in:
TAZ v. 13.01.

"Erfreuliche Geburtenentwicklung auch 2008

Im Jahr 2007 wurden zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder mehr Kinder geboren als im Vorjahr. Bis dahin war sogar der Rückgang jährlich gewachsen. Diese positive Entwicklung bestätigte sich laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2008. So wurden im Jahr 2008 beispielsweise in der Bundeshauptstadt Berlin laut einer Befragung der Berliner Standesämter von Dezember 2008 so viele Kinder geboren wie seit 1990 nicht mehr. Das Max-Planck-Institut für Demografische Forschung hat Ende 2008 resümiert: „Die vergleichende Forschung zeigt, dass Maßnahmen der Familienpolitik eine positive Wirkung auf Geburtenraten haben können: Bedeutsam sind dabei materielle Anreize, Maßnahmen, die die Spannung bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf etwa durch Kinderbetreuung und flexible Arbeitszeiten reduzieren, die Förderung der Gleichstellung von Geschlechtern sowie ein anhaltendes Engagement auf Seiten der Politik.", heißt es im Familienreport 2009 (S.10f.)

DDP (2009): Geburtenzahl in Deutschland steigt,
in:
faz.net v. 15.02.

ENGELS, Silvia (2009): "Das ist keine Revolution".
NRW-Familienpolitiker analysiert Familienreport 2008. Wolfgang Jörg im Gespräch,
in:
DeutschlandRadio v. 16.02.

SIEMS, Dorothea (2009): Von der Leyen will künstliche Befruchtung erleichtern.
Hohe Kosten schrecken Paare von der Behandlung ab - Sachsen zahlt Zuschüsse, andere Länder prüfen Kostenübernahme,
in:
Welt v. 16.02.

SIEMS, Dorothea (2009): Mehr Kinder, und günstiger,
in:
Welt v. 16.02.

KAMMHOLZ, Karsten & Miriam OPRESNIK (2009): Deutsche Paare denken um: Kinder, Ja bitte!
"Folge des Elterngelds". Baby-Plus auch in Hamburg,
in: Hamburger Abendblatt v. 16.02.

KAMMHOLZ, Karsten (2009): Zahl der Geburten steigt.
Diese Reform verdient den Namen,
in: Hamburger Abendblatt v. 16.02.

SCHLEGEL, Matthias (2009): Zuschuss zur Zeugung.
Der Druck auf den Bund wächst, die Kosten für künstliche Befruchtungen wieder komplett zu übernehmen,
in: Tagesspiegel v. 16.02.

BOLDEBUCK, Catrin (2009): Elterngeld allein reicht nicht,
in: Stern Online v. 16.02.

BERTH, Felix (2009): Rezepte mit erfreulichen Nebenwirkungen.
SZ-Tagesthema Die Deutschen sterben doch nicht aus: Die Familienpolitik hat es offenbar geschafft, dass sich immer mehr deutsche Paare für Nachwuchs entscheiden,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 17.02.

Felix BERTH hat bei Thomas ETZEMÜLLER nachgelesen, aber vergessen zu erwähnen, dass auch die SZ die "Angst vor dem demographischen Niedergang" kräftig mitgeschürt hat. Im März 2006 hieß es Abwärts und im Mai 2006 titelte die SZ Dreißig Jahre nach zwölf und Gustav SEIBT schwadronierte vom Raum ohne Volk. Jetzt erklärt BERTH die Bevölkerungsprognosen für unseriös, die single-generation.de schon immer kritisch hinterfragte.

WEIßMÜLLER, Laura (2009): Zu spät gibt es nicht.
SZ-Tagesthema Die Deutschen sterben doch nicht aus:
Wann Frauen Kinder bekommen. Gespräch mit Michaela Kreyenfeld,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 17.02.

WEIßMÜLLGER befragt die Michaela KREYENFELD zum Anstieg der Spätgebärenden in Deutschland. Dass dieser Anstieg von den Demografen nicht ausreichend berücksichtigt wurde, ist von single-generation.de frühzeitig kritisiert worden

JANZ, Nicole (2009): Wieder ein paar Babys mehr.
taz-Brennpunkt Deutsche kriegen mehr Kinder: Die Zahl der Geburten ist in Deutschland im vergangenen Jahr wieder leicht gestiegen. Vor allem mehr Frauen zwischen 30 und 40 Jahren haben Kinder bekommen. Das zeigt der aktuelle "Familienreport", den Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Montag vorstellte,
in:
TAZ v. 17.02.

DRIBBUSCH, Barbara & Nicole JANZ (2009): Mit Kind durch die Krise.
taz-Brennpunkt Deutsche kriegen mehr Kinder: Arbeitslose Männer schrecken in Krisenzeiten vor Familiengründung zurück, schlechter qualifizierte Frauen wechseln in Mutterrolle,
in:
TAZ v. 17.02.

GASCHKE, Susanne (2009): Bilderbuch-Väter.
Deutschland feiert mehr Geburten. Das liegt an einer effektiven Politik und an Männern, die sich endlich ändern dürfen,
in:
Die ZEIT Nr.9 v. 19.02.

Hatte Susanne GASCHKE nicht vor 6 Jahren die Rente nach Kinderzahl gefordert, weil die junge Generation zu gebärfaul sei.  Und jetzt ist plötzlich alles in Ordnung? Bis zur Bundestagswahl 2005 hatte GASCHKE überhöhte Zahlen zur Kinderlosigkeit von Akademikerinnen verbreitet, von denen die SZ heute nichts mehr wissen will. War GASCHKE nicht eine zentrale Akteurin des Krisengeredes, das sie bei ihren Ausführungen zum Krisengerede der Jahre 1995 - 2005 vergessen hat?

"Ein Einwand gegen so viel Babyboom-Euphorie liegt auf der Hand: Kann die steigende Zahl der Geburten der vergangenen zwei Jahre nicht auch Folge eines befreiten Aufatmens gewesen sein, weil just in dieser Zeit nicht jeden Tag von »Krise« die Rede war? Noch die Bundestagswahl 2005 kreiste – leichtfertig und maßlos überzogen, wie wir heute wissen – um die Frage, ob der reiche Standort Deutschland, der Exportweltmeister, am wirtschaftlichen Abgrund stehe. Vorausgegangen waren mindestens zehn Jahre intensiver Krisenbeschwörung durch Wirtschaftsverbände, Teile der Politik und viele Medien."

Es wird sich erst in einigen Jahren zeigen, ob der Anstieg der Geburtenzahlen ein Ergebnis der Familienpolitik war. Bislang werden eher die Geburten nachgeholt, die in den letzten Jahren aufgeschoben wurden. Statt vernünftige Familienpolitik zu fordern, haben Akteure wie Susanne GASCHKE - nicht ganz uneigennützig - das Feindbild Single beschworen.

Eine neue Studie von Sigrid METZ-GÖCKEL u. a. über die Lebensform Wissenschaft - Eltern unerwünscht? zeigt erstens, dass die Kinderlosigkeit von Wissenschaftlerinnen in den Jahren 1994 bis 2004 nicht zu-, sondern abgenommen hat. Dafür hat die Kinderlosigkeit der Wissenschaftler zugenommen und die Zahl der kinderreichen Familien hat abgenommen. Zum anderen wird aufgezeigt, dass der Wissenschaftsbetrieb durch seine auf die traditionelle Familie ausgerichtete Strukturen und die Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse viel zur hohen Kinderlosigkeit des wissenschaftlichen Nachwuchses beiträgt. Es bleibt deshalb für die Familienpolitik - im Gegensatz zum euphorischen Leitartikel von GASCHKE - noch viel zu tun.

AP (2009): Geburteneinbruch im zweiten Monat in Folge.
Im November 2008 wurden im zweiten Monat in Folge deutlich weniger Babys geboren als im entsprechenden Vorjahresmonat,
in:
faz.net v. 09.03.

BERTH, Felix (2009): Weniger Geburten trotz Elterngeld.
Statistiker melden Rückgang der Baby-Zahlen im Jahr 2008,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 10.03.

BERTH, Felix (2009): Zahlentricks der Ministerin,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 10.03.

STATISTISCHES LANDESAMT BADEN-WÜRTTEMBERG (2009): "Späte Elternschaft" liegt in Baden-Württemberg im Trend.
Bereits bei jeder vierten Geburt ist die Mutter 35 Jahre oder älter, bei jeder sechsten Geburt der Vater mindestens 40 Jahre alt,
in:
Pressemeldung Statistisches Landesamt Baden-Württemberg v. 10.03.

STOCKER, Lisa (2009): Die Muttersucher.
Wollen Männer nur schnellen Sex? Nein, sie wollen nur schnell Kinder. Über die Torschlusspanik einer Generation, die sich plötzlich sehr, sehr alt fühlt,
in:
SZ-Magazin Nr.11 v. 13.03.

War "vierzig nicht gerade noch das neue dreißig? Hatte nicht Claudius Seidl, Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, noch 2005 in seinem Buch Schöne junge Welt die ewige Jugend ausgerufen? Das Ende der »Macht der Altersstrukturen und der Herrschaft der alten Lebensblaupausen«? – Familie? Kommt später. Das starr-bürgerliche Lebenslaufdiktat: völlig überholt.

Nur wenige Jahre später klingt das vollkommen anders. Bei einer Erhebung des Deutschen Jugendinstituts 2008 sagte der allergrößte Teil (90 Prozent) der befragten Männer zwischen 15 und 42 Jahren, dass sie gern Väter werden wollen. Wie viele es tatsächlich erreicht haben? Ein Drittel der 25- bis 59-Jährigen.

Irgendwann erwischt auch die Letzten die Angst, dass die Zeit abläuft, inzwischen gilt der unerbittliche Lauf der Natur nicht mehr nur für Frauen. So meldete die britische Tageszeitung The Guardian: »Die biologische Uhr beeinträchtigt die Zeugungsfähigkeit.« Und die Daily Mail legte nach: »Risiko für Fehlgeburten bei Männern jenseits der 35 wächst.«" meint Lisa STOCKER.

Die SZ hat gerade ihr neues Familienmagazin Wir zu Grabe getragen. Auf dem Cover ein stolzer Vater. Und Felix BERTH (10.03.2009) musste zusammen mit Ursula von der LEYEN zurückrudern: die Trendwende bei den Geburten wurde erst einmal auf Eis gelegt.

Offenbar muss noch etwas Überzeugungsarbeit bei den kinderlosen Männern geleistet werden. Ob das mit solchen Geschichten klappt?

DESTATIS (2009): 2008: Mehr Sterbefälle und Eheschließungen, etwas weniger Geburten,
in:
Pressemitteilung Statistisches Bundesamt Wiesbaden v. 07.04.

"Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, ist nach vorläufigen Ergebnissen die Zahl der lebend geborenen Kinder in Deutschland im Jahr 2008 mit 675 000 Kindern gegenüber der vergleichbaren Zahl des Vorjahres (683 000) leicht zurückgegangen (– 1,1%). Das vorläufige Jahresergebnis liegt unterhalb der Schätzung von etwa 680 000 bis 690 000 Geburten, die Destatis Anfang des Jahres auf Grundlage der bis dahin verfügbaren Angaben vorgenommen hatte (Pressemitteilung vom 7. Januar 2009). Grund dafür ist die jetzt erkennbare schwächere Geburtenentwicklung in den letzten Monaten des Jahres 2008", heißt es in der Pressemitteilung.

Im aktuellen Jahresrückblick von single-generation.de wurde bereits darauf hingewiesen, dass es fragwürdig sei, von einem Erfolg der Familienpolitik zu sprechen. Noch Mitte Februar wurde die Familienpolitik insbesondere von den Befürwortern des Elterngeldes - anlässlich einer Pressekonferenz zur Vorstellung des Familienreports 2009 bejubelt.

Die SZ ruderte erst am 10. März zurück. Neuerdings entdecken postfeministische Journalistinnen die biologische Uhr des Mannes. Die torschlußpanischen Männer sind derzeit der letzte Schrei. Ob das die Geburtenentwicklung beeindrucken wird, bleibt fraglich. Absolute Geburtenzahlen sind zudem wenig aussagekräftig in Zeiten, in denen die Anzahl der potenziellen Mütter rückläufig ist.

BEATTY, Sharon & Maike BRAUN (2009): Wo bleiben die Babys?
in: WAZ Online v. 07.04.

LAUFER, Benjamin (2009): "Politik wirkt erst in 15 Jahren.
Ob sich Elterngeld und Kita-Ausbau auf die Geburtenzahlen auswirken, zeigt sich erst nach langer Zeit, sagt Familienforscher Hans Bertram. Denn Menschen reagieren nicht mechanisch auf Regeln,
in: taz.de v. 08.04.

JANZ, Nicole (2009): Trotz Elterngeld bleibt Babyboom aus.
Im Jahr 2008 ist die Zahl der Geburten überraschend auf 675.000 gesunken - das liegt unter den bisherigen Schätzungen. Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) übt sich nun in Demut. Sie hatte voreilig einen Aufwärtstrend verkündet,
in: TAZ v. 08.04.

BRUNS, Tissy (2009): Ursulas heile Familie.
Die sinkenden Geburtenzahlen widerlegen das Elterngeld nicht. Trotzdem bleibt dessen Wirkung auf die Familientauglichkeit der Gesellschaft beschränkt,
in: Tagesspiegel v. 08.04.

MONATH, Hans (2009): Wieder weniger dicke Bäuche.
Die Geburtenzahlen gehen zurück – das bringt Familienministerin Leyen in Erklärungsnot,
in: Tagesspiegel v. 08.04.

TICHOMIROWA, Katja (2009): Von zarten Pflänzchen.
In Deutschland werden weniger Kinder geboren,
in: Berliner Zeitung v. 08.04.

SIEMS, Dorothea (2009): Doch kein Babyboom.
Kinderwunsch ist mit Politik nicht zu manipulieren,
in: Welt Online v. 08.04.

SIEMS, Dorothea (2009): Geburten als Maßstab,
in: Welt Online v. 08.04.

MÖLLER, Barbara (2009): Der Flop der Familienministerin.
Der Abwärtstrend ist unumkehrbar, sagt der renommierte Demograf Herwig Birg,
in: Hamburger Abendblatt v. 08.04.

FAHRUN, Joachim (2009): Deutsche werden weniger, nur Berliner werden mehr,
in: Berliner Morgenpost v. 08.04.

PANY, Thomas (2009): Weniger Geburten in Deutschland.
Neueste Zahlen des statistischen Bundesamtes entzaubern den "magischen Fruchtbarkeitsfaktor" Elterngeld,
in: Telepolis v. 08.04.

GERMIS, Carsten & Inge KLOEPFER (2009): Wo kommen die Kinder her.
Das Elterngeld sollte einen Babyboom bei qualifizierten Frauen auslösen. Das klappt nicht. Kinder kriegt vor allem die Unterschicht,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 12.04.

Kinder bekommen die Falschen ist das Lamento konservativer Eliten seit Beginn des Geburtenrückgangs Anfang des 20. Jahrhunderts. In dieser Tradition stehen auch Carsten GERMIS & Inge KLOEPFER als Anwälte des Bildungsbürgertums.

Obwohl mit der Einführung des Elterngeldes die Leistungen für Geringverdiener gekürzt wurden, bleibt dieser Aspekt in den Ausführungen vollkommen unberücksichtigt. Aus den vorgestellten Zahlen geht nicht hervor wie sich die Geburtenzahl in Abhängigkeit des Einkommens im Vergleich vor und nach Einführung des Elterngeldes entwickelt hat. Die beklagte Entwicklung wird also nicht belegt, sondern in der Art eines Dogmas verkündet.

Eine Grafik, die mit Die Unterschicht wächst betitelt ist, zeigt zudem, dass vor allem die Reichen mit 200 % und mehr Einkommen des Medians von 5,3 auf 9,2 % zugenommen haben. Wer Genaueres wissen möchte, der greift sowieso auf die Originalquelle zurück: Die Bundestag-Drucksache 16/10770 vom 30. Oktober 2008, die im Internet als PDF-Datei verfügbar ist.

PETROPULOS, Kostas (2009): Familienpolitik in der Wirtschaftskrise.
Geburtenknick dank Elterngeld?
in: DeutschlandRadio v. 15.05.

DRÖSSER, Christoph (2009): Republik in Schieflage.
Deutschlands Bevölkerung schrumpft - doch nicht überall in gleichem Maße. In manchen Regionen ist die Zahl der Geburten größer als die der Todesfälle, manche ziehen Zuwanderer an, andere verlieren Einwohner. Blick auf ein Land im Wandel,
in: Die ZEIT Nr.29 v. 09.07.

HÖFFE, Otfried (2009): Gewonnene Jahre.
Wider die unbedachte Rede von der «Überalterung» der Gesellschaften,
in: Neue Zürcher Zeitung v. 16.07.

Der Kampfbegriff "Unterjünging", den Otfried HÖFFE präferiert, haben Nationalkonservative um Herwig BIRG und Franz-Xaver KAUFMANN in die Debatte um den demografischen Wandel eingeführt. Er soll die Schuld an der Misere der Welt den Kinderlosen zuschieben.

Die Gegenfraktion, die von Überalterung spricht, ist ebenfalls dem demografischen Sachzwangdenken verpflichtet, sieht jedoch in der Überhandnahme der Alten die Misere der Welt.

Auf dieser Website wird dagegen seit dem Jahr 2003 der Begriff von der Gesellschaft der Langlebigen verwendet. Im Gegensatz zu den bevölkerungspolitisch motivierten Polarbegriffen Unterjüngung - Überalterung ist der Begriff nicht normativ, sondern beschreibt den Sachverhalt der gewonnenen Jahre (Arthur E.  IMHOF) neutral.

DESTATIS (2009): 2008: Kinderlosigkeit nimmt zu,
in:
Pressemitteilung Statistisches Bundesamt Wiesbaden v. 29.07.

"In Deutschland bleiben immer mehr Frauen ohne Kinder. 2008 hatten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) 21% der 40- bis 44-jährigen Frauen keine Kinder zur Welt gebracht. Dagegen waren unter den zehn Jahre älteren Frauen (Jahrgänge 1954 bis 1958) 16% und unter den zwanzig Jahre älteren (Jahrgänge 1944 bis 1948) nur 12% kinderlos. Von den Frauen zwischen 35 und 39 Jahren hatten 2008 26% noch keine Kinder, allerdings wird sich in dieser Altersgruppe der Anteil der kinderlosen Frauen noch vermindern", heißt es in der Pressemeldung, in der Ergebnisse des Mikrozensus 2008 veröffentlicht werden. Außerdem fand eine Pressekonferenz zum Thema Mikrozensus 2008 - Neue Daten zur Kinderlosigkeit in Deutschland statt.

Das Statistische Bundesamt hat heute die aktuellen Zahlen zur Kinderlosigkeit in Deutschland für das Jahr 2008 veröffentlicht. Danach blieben die Geburtsjahrgänge 1964 - 1968 nur zu 21 % kinderlos. Wer die Debatte der vergangenen 10 Jahre verfolgt hat, der weiß, dass dem Geburtsjahrgang 1965 von Nationalkonservativen eine Kinderlosigkeit von über 32 % nachgesagt wurde.
Der Bevölkerungswissenschaftler Herwig BIRG war maßgeblich für die Verbreitung der überhöhten Zahlen verantwortlich. Soziologen wie Franz-Xaver KAUFMANN schrieben im Anschluss daran Bücher über die Schrumpfende Gesellschaft. Noch im Jahr 2005 wies KAUFMANN den Anteil der Kinderlosen des Jahrgangs 1965 mit 32,1 % aus, um seinen Horrorszenarien Nachdruck zu verleihen. Auf dieser Website wurde diese Debatte umfangreich dokumentiert. Keiner kann behaupten, dass man es nicht besser hätte wissen können.

Wenn das Statistische Bundesamt nun seine Pressemitteilung mit Kinderlosigkeit nimmt zu veröffentlicht, dann wird unterschlagen, dass die heute veröffentlichten Daten eine wesentlich geringere Kinderlosigkeit ausweisen wie jene, die bis 2007 Jahr um Jahr ausgewiesen wurde.

Auf dieser Website wurde die Praxis des Statistischen Bundesamtes seit dem Jahr 2001 regelmäßig kritisiert. Es wurde die politische Konstruktion der Geburtenkrise angeprangert. Vehement wurden Journalisten wie Susanne GASCHKE angegriffen, die allein Kinderlose für die Misere der Sozialsysteme verantwortlich machen wollten.

Im Rückblick auf das Jahr 2007 wurde auf single-generation.de geschrieben, dass die wissenschaftliche Erforschung der Kinderlosigkeit endlich beginnen kann. Mit dem Mikrozensus 2008 werden erstmals die Kinder einer Frau korrekt erfasst. Das lange verheimlichte Desaster der deutschen Bevölkerungswissenschaft zeigt sich nun in vollem Umfang.

Bereits im Sommer 2007 hat single-generation.de das lesenswerte Buch Leben ohne Kinder rezensiert und damit auch eine Bestandsaufnahme zum Thema Kinderlosigkeit in Deutschland vorgelegt. Als Fazit zur Anzahl der Kinderlosen hieß es dort:

"Aufgrund der unerwarteten Zunahme der Spätgebärenden in Westdeutschland und einer wesentlich niedrigeren Kinderlosigkeit in den neuen Bundesländern, die wegen der hohen Zahl unehelicher Geburten lange Zeit unerkannt blieb, wird in Deutschland das Ausmaß der Kinderlosigkeit deutlich unter dem von Herwig BIRG geschätzten ein Drittel lebenslang Kinderloser bleiben".

Es zeigt sich angesichts der heutigen Veröffentlichung, dass diese Einschätzung richtig war. Noch die optimistischsten Schätzungen der Wissenschaftler waren zu pessimistisch. Die Dokumentation der Debatte auf single-dasein.de und single-generation.de macht sichtbar, wie Nationalkonservative und ihre Trittbrettfahrer von Franz-Xaver KAUFMANN bis Frank SCHIRRMACHER in der Vergangenheit von einer völlig veralteten Bevölkerungsstatistik profitierten. Der Mißstand wurde lange Zeit nur auf dieser Website öffentlich angeprangert.

Erst im Herbst 2006 wurden erste Ergebnisse einer modernen Bevölkerungsstatistik veröffentlicht. Die Printmedien hatten ebenso wenig ein Interesse an einer Offenlegung des Skandals wie die Wissenschaft - von der Politik ganz zu schweigen. Dies lässt sich auf den Websites single-dasein.de und single-generation.de detailliert überprüfen. Die Aufarbeitung dieses Skandals dürfte nun endlich beginnen. Mit dem Buch Die Single-Lüge aus dem Jahr 2006 liegt eine erste Bestandsaufnahme dieses Skandals vor.

ÖCHSNER, Thomas (2009): Ein Leben ohne Kind.
Vor allem westdeutsche Akademikerinnen haben keinen Nachwuchs - Migranten hingegen gründen große Familien,
in: Süddeutsche Zeitung v. 30.07.

BERTH, Felix (2009): Späte Kinder,
in: Süddeutsche Zeitung v. 30.07.

GASEROW, Vera (2009): Bildung statt Nachwuchs.
Statistiker untersuchen Kinderlosigkeit,
in: Frankfurter Rundschau v. 30.07.

MIES, Petra (2009): Immer weniger Nachwuchs.
Ein eigenes Kind? Nie. Oder doch?
in: Frankfurter Rundschau v. 30.07.

SEIBEL, Andrea (2009): Ohne Kinder,
in: Welt v. 30.07.

SIEMS, Dorothea (2009): Bei den Geburten liegen die ostdeutschen Frauen vorn.
Nach wie vor ist der Anteil der Kinderlosen in den alten Bundesländern höher - Einwanderinnen sind häufiger kinderreich,
in: Welt v. 30.07.

Die Welt betonte bereits in der Vergangenheit den Trend zur Kinderlosigkeit besonders stark. Man schreckte auch vor unseriöser Berichterstattung nicht zurück. Das ändert sich auch bei Dorothea SIEMS nicht:

"Die Studie verweist darauf, dass fast jede zweite Frau zwischen 30 und 35 Jahren noch keine Kinder hat. Zwar könnten diese Frauen noch Mutter werden. Doch seien mit 34 Jahren immer noch 35 Prozent der Frauen kinderlos. Unter denjenigen, die heute Mitte fünfzig sind, seien dagegen lediglich 20 Prozent in ihrem 35. Lebensjahr noch kinderlos gewesen",

wird berichtet. Unerwähnt bleibt, dass in der Altersgruppe der 35-39Jährigen nicht mehr 43 %, sondern nur noch 26 % kinderlos sind. Der Trend zur Kinderlosigkeit ist also zuallererst ein Trend zum späteren Kinderkriegen.

Dass die unseriöse Berichterstattung in den Medien zur Kinderlosigkeit beiträgt, kann daran ermessen werden, dass in Jahren mit Bundestagswahlen in der Regel weniger Kinder geboren werden als in anderen Jahren, in denen Kampagnen gegen Kinderlose seltener sind. Schließlich sind Kinderlose potenzielle Eltern.

VÖLPEL, Eva (2009): Mehr Frauen ohne Kinder.
Die Kinderlosigkeit, nicht der Trend zu weniger Kindern, drückt laut Statistischem Bundesamt die Geburtenrate. 21 Prozent der 40- bis 44-jährigen Frauen aktuell ohne Nachwuchs,
in: TAZ v. 30.07.

VÖLPEL geht - im Gegensatz zu allen anderen Medienberichten - zumindest auf die Fehlschätzung hinsichtlich der Kinderlosenzahlen von Akademikerinnen in der Vergangenheit ein:

"Die Zahlen zeigen, dass auch die Wiesbadener Behörde nichts mehr von einer Akademikerinnen-Kinderlosenquote von 40 Prozent wissen mag, die sie noch vor ein paar Jahren in die Welt gesetzt hatte und die damals sehr deutlich als Begründung für die Einführung des Elterngeldes herhalten musste."

GILLMANN, Barbara (2009): Akademikerinnen bleiben oft kinderlos.
Mikrozensus bestätigt gefährlichen Trend in Deutschland,
in: Handelsblatt v. 30.07.

"Der Anteil der Frauen in Deutschland, die kinderlos bleiben, hat in den vergangenen Jahrzehnten enorm zugenommen. Besonders verbreitet ist das Phänomen bei sehr gut ausgebildeten Frauen: In dieser Gruppe ist jede vierte Frau jenseits der 40 kinderlos. Diese Tendenz ist der Hauptgrund für die niedrige Geburtenrate - und nicht etwa eine sinkende Kinderzahl je Familie",

behauptet GILLMANN. Aber stimmt das überhaupt? Fakt ist, dass die Geburtenrate in den letzten Jahrzehnten, in denen die Kinderlosigkeit zugenommen hat, auf etwa dem gleichen Niveau verharrt hat. Die Geburtenrate ist also in jenen Jahren stark gefallen, in denen die kinderreichen Familien zurückgegangen sind. Diese Sicht wird auch von Familiensoziologen wie Hans BERTRAM vertreten.
Auch anhand der veröffentlichten Zahlen lässt sich dies nachweisen. Vergleicht man z.B. nur die westdeutschen Akademikerinnen (Sie gelten ja als Hort der Kinderlosen!) der Vor-68er Generation (hier die Altersklassen der 1933-1938 Geborenen), der 68er-Generation (hier die Altersklassen der 1944-1948 Geborenen) und der Generation Golf (hier die Altersklassen der 1964-1968 Geborenen), dann zeigt sich für westdeutsche Frauen mit Fachhochschul-/Hochschulreife folgendes Bild:

Tabelle: Frauen-Generationen mit Fachhochschul-/Hochschulabschluss
  Kinderlose Mütter (Angaben in %)
Kinderzahl   1 2 3 + ?
Vor-68er 22,8 22,8 31,7 22 0,7
68er 22 24,1 36,9 14,4 2,5
Golf 29,5 20,7 33,3 11,9 4,7
Differenz1* - 0,8 +1,3 +5,2 -7,6 +1,8
Differenz2* + 7,5 - 3,4 - 3,6 - 2,5 +2,2
Quelle: Tabelle 5 in: Mikrozensus 2008 - Neue Daten zur Kinderlosigkeit. Ergänzende Tabellen zur Pressekonferenz am 29. Juli 2009 in Berlin; eigene Berechnungen
* Differenz1: Veränderungen von den Vor-68ern zu den 68ern; Differenz 2: Veränderungen der 68er zur Generation Golf

In der Spalte Differenz1 ist der Unterschied zwischen Vor-68er und 68er-Frauen sichtbar. Die Anzahl der Kinderlosen ist in etwa gleich geblieben, aber die kinderreichen Familien haben in dieser Periode genauso stark abgenommen wie die Kinderlosigkeit von der 68er-Generation zur Generation Golf zugenommen hat. Liegen aber zwischen der Abnahme der Kinderreichen nur 6 Jahre, so nahm die Kinderlosigkeit über 16 Jahre hinweg zu. Wer also nur die Änderungen der letzten Jahrzehnte betrachtet, der greift hinsichtlich der Steigerung der Geburtenrate zu kurz. Eine Geburtenrate auf Bestandserhaltungsniveau war über das gesamte 20. Jahrhundert die Ausnahme und nicht die Regel.

Was die höhere Kinderlosigkeit von hoch qualifizierten Akademikerinnen betrifft, haben Sigrid METZ-GÖCKEL in ihrer Studie Wissenschaft als Lebensform - Eltern unerwünscht? eindrucksvoll gezeigt, wie prekäre Arbeitsverhältnisse an nordrheinwestfälischen Hochschulen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie beeinträchtigen.

GILLMANN, Barbara (2009): Kinder? Nein danke!
Die Abkehr der Akademikerinnen von der Mutterschaft verschärft die Probleme in Deutschlands Schulen,
in: Handelsblatt v. 30.07.

Die soziale Ungleichheit in Deutschland wird nicht erst - wie GILLMANN behauptet - durch die unterschiedlichen Tendenzen der Familiengründung verschärft, sondern bereits die Partnerwahl trägt - wie das Forscherteam um Hans-Peter BLOSSFELD gezeigt hat - zur Verschärfung bei. Die Dominanz der Individualisierungsthese hat dazu geführt, dass diese Phänomene lange Zeit völlig aus dem Blick geraten sind.

FRICKE, Beatrix (2009): Abenteuer Elternschaft.
Beatrix Fricke fragt sich, warum Kinder in Deutschland nur als Problem und Belastung angesehen werden und wünscht sich mehr Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit,
in: Welt am Sonntag v. 02.08.

Wurden im letzten Bundestagswahlkampf  2005 und bis zur Beschließung des Elterngeldes noch Zahlen von 40 % kinderlosen Akademikerinnen verbreitet, so hat eine aktuelle Erhebung ergeben, dass die Kinderlosigkeit der Akademikerinnen auch in Westdeutschland wesentlich geringer ist.

Von den westdeutschen Frauenjahrgängen 1964-1968 sind bislang ca. 29,5 % kinderlos. Da gerade hochqualifizierte Akademikerinnen auch noch in ihren Vierzigern erste Kinder bekommen, sind auch diese Zahlen noch nicht endgültig. Selbst die Akademikerinnen der gebärfreudigsten Vor-68er-Generation - Herwig BIRGs Vorzeigefrauengeneration - waren zu ca. 22 % kinderlos. Die gegenwärtige Mediendebatte ist also mehr als historisch kurzsichtig. Die nahezu Halbierung des Anteils kinderreicher Akademikerinnenfamilien (mit 3 und mehr Kindern) bleibt bei dieser Zentrierung auf die Kinderlosigkeit vollkommen ausgeblendet.

Wer wie FRICKE die Gründe der Kinderlosigkeit einzig in der fehlenden Leichtigkeit der Deutschen sieht, der blendet die Mehrzahl der Gründe aus. Wie vielschichtig die Gründe sind, haben in den letzten Jahren einige wissenschaftliche Studien aufgezeigt (siehe z.B. Leben ohne Kinder oder Wissenschaft als Lebensform - Eltern unerwünscht?).

Die Medien hat das bislang nicht interessiert. Man begnügte sich zumeist mit Kampagnen gegen Kinderlose, denn das Problem ist immer noch der Kulturkampf um das einzig richtige Familienbild.

Wenn z.B. in der Schweiz eine Topmanagerin ein Kind bekommt und - statt sich in den ersten Jahren ausschließlich um ihr Kind zu kümmern - so schnell wie möglich an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt, dann ist nicht nur Mann sofort mit dem Rabenmutter-Klischee zur Stelle. Auch jetzt müssen wieder kinderlose Redakteurinnen der WamS ihre Kinderlosigkeit rechtfertigen.

Der Reflex von Feministinnen ist nicht besser: kinderlose Männer an den Pranger zu stellen. In Österreich hat man gerade das 2005 erschienene Buch Der Zeugungsstreik wieder entdeckt.

Die Tage dieser Grabenkämpfe könnten jedoch gezählt sein, denn es sind immer noch die Kämpfe der 1980er Jahre. Die Hauptprotagonisten gehen derzeit in den Ruhestand. Mit dem Soziologen Ulrich BECK, der das Standardwerk zum Grabenkampf mitverfasste, der aber schon im Vorläuferbuch Risikogesellschaft das heute immer noch gültige Kampfszenario aufzeigte, wurde kürzlich ein Vordenker emeritiert.

Die 78er-Generation (hier auch als Single-Generation bezeichnet), die mit Frank SCHIRRMACHER,  Norbert BOLZ u.a. noch die traditionellen Medien dominieren, hat diese Schützengräben nochmals vertieft. Im März 2006 hatte ihre große Stunde geschlagen. Ihr Deutschland am Abgrund war aber letztendlich ein Pyrrhussieg.

Mit der aktuellen Erhebung liegen nun erstmals Daten vor, die Herwig BIRG und seine Trittbrettfahrer widerlegen. Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis die ersten Bücher erscheinen, in denen die Demontage der Nationalkonservativen betrieben wird. Mit der nächsten Volkszählung könnten die Bevölkerungsprognosen der letzten Jahre zusätzlich unter Druck geraten.

BLUMENFELD, Beate/SUDHOLT, Eva/GARBERS, Sandra/STUFF, Britta/KOCH, Tanit/WICHERT, Silke/ALTRINGER, Charlotte (2009): Müssen Frauen Mütter werden?
Westdeutsche Akademikerinnen bleiben immer öfter kinderlos. Warum ist das so? Und: Bleibt das so? Eine nicht repräsentative Umfrage,
in: Welt am Sonntag Online v. 02.08.

EUROSTAT (2009): 5,4 Millionen Geburten in der EU27 in 2008.
Europäische Demografie: EU27 Bevölkerung erreicht 500 Millionen,
in: Pressemitteilung Europäisches Statistikamt v. 03.08.

GROSS, Peter (2009): Gewonnene Solidarität zwischen den Generationen.
Die unterschätzten Vorteile einer Gesellschaft mit weniger Kindern,
in: Neue Zürcher Zeitung
v. 04.08.

Peter GROSS kritisiert den Begriff "Unterjüngung", den Otfried HÖFFE in seinem Artikel zur Überalterung benutzt hat, und dessen Ideologie single-generation.de bereits am Tag der Veröffentlichung des Artikels kritisiert hatte.

LEHN, Brigitta vom (2009): Bildung ist das beste Verhütungsmittel.
Das Kinderkriegen hat seine Natürlichkeit verloren. Je gebildeter Eltern sind, desto weniger zählen Intuition und Instinkt. Selbst das Elterngeld hat die Natürlichkeit, mit der man sich des Kinderkriegens annehmen sollte, eher gelähmt als befördert. Wir brauchen eine neue Unbefangenheit,
in: Welt v. 06.08.

Die Adlige vom LEHN polemisiert gegen Akademikerinnen, die zu wenig Kinder bekommen. Mit der Bildung verliere die Frau ihre Natürlichkeit, ist ihre These. Der Schweizer Soziologe Peter GROSS kann in der NZZ der "Natürlichkeit" nur wenig abgewinnen, sondern begrüßt den kulturellen Fortschritt:

"Während der Kindersegen in früheren, gar nicht so fernen Zeiten schicksalshaft über die Familien hereinbrach, sind die Kinder von heute – im Prinzip – Wunschkinder. Die sogenannte Unterjüngung ist deshalb ein begrüssenswerter Ausdruck millionenfacher Entscheidungen von Paaren, Kinder zu haben – oder auf solche zu verzichten."

Dummerweise ist der Geburtenrückgang in Deutschland noch nicht einmal ein Produkt höherer Bildung, denn bereits ab 1900 wird das Problem in Deutschland diskutiert, also zu einer Zeit als studierende Frauen in Deutschland eine Seltenheit waren. Tatsächlich gibt es auch keinen einfachen Zusammenhang "Je höher die Bildung, desto weniger Kinder". Studien zeigen, dass z.B. die Studienfachwahl oder das elternfeindliche Bildungssystem die Geburtenzahl beeinflussen.

BRAUER, Markus & Jan SELLNER (2009): Die Deutschen bekommen EU-weit die wenigsten Babys.
Nur 8,2 Geburten auf 1000 Einwohner - Die Familienpolitik muss modernisiert werden, fordert Ministerin Ursula von der Leyen.
in: Stuttgarter Nachrichten
v. 04.08.

Die meisten Zeitungen haben heute eine Agenturmeldung übernommen, die sich auf die Geburten pro Einwohner eines Landes beziehen. In Fachkreisen ist seit langem bekannt, dass diese rohe Geburtenziffer für einen internationalen Vergleich untauglich ist. BRAUER & SELLNER liefern zwei Einwände gegen diese Berechnungsart mit.

KAFSACK, Hendrik (2009): Die Deutschen bekommen die wenigsten Babys.
Trotz Elterngeld sinkt die Geburtenziffer weiter. Schlusslicht in Europa,
in: Frankfurter Allgemeine
Zeitung v. 04.08.

KAFSACK gibt u.a. die Interpretation der Zahlen durch die Europäische Kommission wieder:

"Nach Einschätzung der Kommission stößt die traditionelle Familienpolitik zusehends an ihre Grenzen, da immer mehr Menschen – unabhängig von den finanziellen Folgen – schlicht gar keine Kinder mehr wollten. Das hätten Studien in Deutschland, aber auch in den Niederlanden ergeben."

KULLMANN, Kerstin & Merlind THEILE (2009): Krieg um Zahlen.
Ursula von der Leyen hat ihren politischen Erfolg eng mit der Entwicklung der Geburten verknüpft. 2008 wurden in Deutschland weniger Babys geboren, in der Statistik liegt es europaweit ganz hinten. Ist die Ministerin mit ihrer Politik gescheitert?
in: Spiegel Nr.33 v. 10.08.

Kerstin KULLMANN & Merlind THEILE beschreiben die Folgen, die sich aus der engen Kopplung der familienpolitischen Maßnahmen an die Geburtenentwicklung ergeben:

"Im April 2008 kann von der Leyen einen Etappensieg verkünden. Sie steht in ihrem Büro am Berliner Alexanderplatz, die Hände in den Hosentaschen, sie lacht ein großes Ministerinlachen. 2007 sind erstmals seit zehn Jahren mehr Kinder auf die Welt gekommen. Am 1. Januar 2007 war ihr Elterngeld in Kraft getreten. Sie sagt: »Wir hatten zum ersten Mal seit Jahren keinen Geburtenrückgang mehr, sondern mit 1,45 die höchste Geburtenrate seit der Wiedervereinigung. Ich sehe eine Trendwende, mit ausgelöst durch die neue Familienpolitik.«
Es war die erste Sternstunde ihrer Amtszeit. Dachte sie. In Wahrheit war die Zahl nicht so gut wie zunächst verkündet. Als im August die endgültigen Zahlen für 2007 vorlagen, stellte sich heraus, dass die Quote nur von 1,33 auf 1,37 Kinder pro Frau gestiegen war. Es gab dann noch häufiger Verwirrungen um die Zahlen.
Und nichts ist für Ursula von der Leyen so wichtig wie Zahlen. Sie hatte sich dazu entschieden, den Erfolg ihrer Politik am Anstieg der Geburten im Land zu messen. Demnach ist sie gescheitert.
"

KULLMANN & THEILE beschreiben die Änderung der Veröffentlichungspraxis bei den Geburtenzahlen durch das Statistische Bundesamt seit dem Amtsantritt der Familienministerin:

"Seit von der Leyen im Amt ist, veröffentlicht die Abteilung »Bevölkerung« beim Statistischen Bundesamt in Wiesbaden jeden Monat, zum Quartal und zur Jahresmitte die Geburtenzahlen, die Geburtenrate oder eine Prognose von beidem. Vor 2005, sagt ein Mitarbeiter, habe man einmal im Jahr vermeldet, wie viele Kinder geboren wurden und wie viel das im Schnitt pro Frau war. Das reichte.
Heute veröffentliche man auch die erste, zweite und dritte Schätzung. So wird das Jahr vollgepackt mit einem Auf und Ab von Eventualitäten, bis die Spekuliererei im Spätsommer ihr Ende findet. Dann liegen die endgültigen Geburtenzahlen vor."

Die Autorinnen kritisieren diese Praxis, da sich Trendwenden in der Geburtenentwicklung aufgrund familienpolitischer Maßnahmen nicht in Monaten, sondern erst in Jahren bzw. Jahrzehnten erfassen lassen.

ULFIG, Alexander (2009): Größer als das eigene Ich.
Serie: Kinder, Kinder (1),
in: Welt
v. 18.08.

Die Welt forciert weiter im Alleingang das Thema Kinderlosigkeit. Angeblich ist Deutschland Schlusslicht bei der Geburtenentwicklung in Europa. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn man sich auf den wenig brauchbaren Indikator der rohen Geburtenziffer bezieht, statt auf die Geburtenrate. Auch ULFIG ist Autor des nationalkonservativen Internetnetzwerk freiwelt.net, das sich diesem bevölkerungspolitischen Thema verschrieben hat.

DESTATIS (2009): 2008: Durchschnittliche Kinderzahl 2008 bei 1,38 Kindern je Frau,
in:
Pressemitteilung Statistisches Bundesamt Wiesbaden v. 04.09.

"Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, betrug die durchschnittliche Kinderzahl je Frau im Jahr 2008 in Deutschland 1,38. Gegenüber 2007, als sie bei 1,37 gelegen hatte, nahm sie damit geringfügig zu. Die durchschnittliche Kinderzahl fiel damit 2008 etwa so hoch aus wie zuletzt 2000. Einen höheren Wert hatte sie zuletzt 1990 erreicht (1,45). 2008 waren nach endgültigen Ergebnissen rund 683 000 Kinder geboren worden, etwa 2 000 weniger als 2007. Wie in den vergangenen Jahren ging die durchschnittliche Zahl der Geburten bei jüngeren Frauen auch 2008 zurück, während sie bei den Frauen ab etwa 30 Jahren zunahm. Im Westen Deutschlands blieb die durchschnittliche Kinderzahl im Jahr 2008 unverändert bei 1,37. Im Osten Deutschlands hat sie dagegen zugenommen und beträgt jetzt 1,40 (jeweils ohne Berlin). Die durchschnitt­liche Kinderzahl je Frau war zuletzt 1990 in den neuen Bundesländern höher als im früheren Bundesgebiet gewesen", heißt es in der Pressemitteilung.

BERTH, Felix (2009): Kinder, Kinder.
Über das Kinderkriegen wird seit langem heftig gestritten. Bekommen Akademikerinnen wirklich keinen Nachwuchs? Und kann Politik das beeinflussen? Sechs demographische Irrtümer,
in: Süddeutsche Zeitung v. 04.09.

Am 29. Juli veröffentlichte das Statistische Bundesamt Daten zur Kinderlosigkeit. Es ging wieder das Gespenst um, dass die Kinderlosen Schuld an der niedrigen Geburtenrate seien. Die Veröffentlichung von EUROSTAT Anfang August heizte die Diskussion noch weiter an. Redakteurinnen der WAMS mussten sogar ihre Kinderlosigkeit rechtfertigen (vgl. "Müssen Frauen Mütter werden?", 02.08.2009). Heute nun zeigt sich: Trotz "Zunahme" der Kinderlosigkeit ist die Geburtenrate von 1,37 auf 1,38 gestiegen und das obwohl die absolute Geburtenziffer zurückgegangen ist. Dies ist keineswegs ungewöhnlich, sondern wurde hier des Öfteren erläutert - zuletzt anlässlich der EUROSTAT-Veröffentlichung. Felix BERTH hat nun in der Süddeutschen Zeitung 6 demografische Irrtümer aufgelistet. Am 08.11.2005 kämpfte BERTH noch gegen 8 Vorurteile, weswegen hier ein Vergleich angestellt werden soll. Was hat sich innerhalb der letzten 4 Jahre geändert?

1) Ostdeutsche Frauen bleiben häufiger kinderlos als Westdeutsche (2005). In Ostdeutschland bekommen Frauen weniger Kinder als in Westdeutschland (2009). Unter der Hand hat BERTH hier eine Akzentverschiebung vorgenommen: nicht mehr die Kinderlosigkeit, sondern die Geburtenrate ist nun der Fokus. Das Beispiel der Welt zeigt jedoch, dass mit Kinderlosenzahlen immer noch Politik betrieben wird.

2) Vierzig Prozent der Akademikerinnen haben keine Kinder (2005). Fast vierzig Prozent der Akademikerinnen bleiben kinderlos (2009). Das Thema ist zum einen von Position 2 auf 4 abgerutscht, zum anderen setzte BERTH die Akademikerinnenkinderlosigkeit 2005 mit 31 Prozent an, während es nun heißt:

"Betrachtet man die Älteren und beachtet ein paar andere demographische Feinheiten, schnurren die beeindruckenden »fast vierzig Prozent« auf gut zwanzig zusammen".

3) Die niedrigen deutschen Geburtenraten liegen daran, dass so viele Menschen kinderlos bleiben (2005). Dieser Aspekt wird fallengelassen zugunsten des Vorurteils: In Deutschland sinkt die Geburtenrate seit Jahren, deshalb ist sie die niedrigste Europas. Die Geburtenrate stand weder bei der EUROSTAT noch bei der DESTATIS-Veröffentlichung im Mittelpunkt, sondern es ging um Geburtenzahlen. Nimmt BERTH also bereits die zu erwartenden  Agenturmeldungen vorweg?

4) Wer Kinder bekommt, muss später auf Rente verzichten (2005). Entfällt!

5) Mehr als zwei Kinder werden für Eltern zur Last (2005) wird ersetzt durch die Widerlegung des Vorurteils: Südeuropäische Länder sind kinderfreundlicher als Deutschland, wobei Kinderfreundlichkeit von BERTH anhand der Geburtenrate gemessen wird. Soziologen wie Karl Otto HONDRICH oder Peter GROSS sehen das ganz anders: Kinderfreundlichkeit ist ein Produkt niedriger Kinderzahlen pro Frau.

6) Kinderlosigkeit ist für einen Mann kein Problem - er kann ja später noch Vater werden (2005). Entfällt!

7) Jüngere Männer arbeiten stärker in den Familien (2005) wird zu: Wenn viele Frauen arbeiten gehen, bekommen sie insgesamt weniger Kinder.

8) Die Datenlage zur Kinderlosigkeit in Deutschland ist miserabel (2005). Das stimmte damals:

"Das Mikrozensus-Gesetz gilt bis 2012, was allen Diskussionen über deutsche Kinderlosigkeit auch in Zukunft eine erhebliche Unschärfe belassen wird",

meinte BERTH damals. Diese Einschätzung war falsch, denn in diesem Jahr wurden erstmalig Mikrozensusdaten nach neuem Gesetz veröffentlicht. Was den Medien kaum eine Meldung wert war, obwohl die Kinderlosenzahlen prompt wesentlich niedriger ausfielen. Stellt sich abschließend die Frage: Wozu das Ganze. Beweisen möchte BERTH den neuen Punkt 2: Familienpolitik kann die Geburtenrate beeinflussen, aber weniger als das manche Familienpolitiker gerne hätten. Schließlich war die SZ ganz vorne beim Plädoyer für die Einführung des Elterngeldes. Oder anders ausgedrückt: Politik für die Mütterelite.

JANZ, Nicole (2009): Geburtenzahlen bleiben relativ stabil.
Familie: 2008 gibt es 2.000 Geburten weniger als im Vorjahr. Da die Statistik aber weniger "gebärfähige" Frauen ausweist, steigt die Zahl der Kinder pro Frau leicht an,
in: TAZ v. 05.09.

WINKELMANN, Ulrike (2009): Kein Honig für von der Leyen.
Über die leicht gestiegene Geburtenrate 2008,
in: TAZ v. 05.09.

FUNCK, Gisa (2009): Das Anti-Eva-Prinzip.
Verweigerer: In der perfektionistischen, deutschen Gegenwartsgesellschaft, in der nichts einfach mal so schicksalsmäßig anders laufen darf, erhält Kinderlosigkeit den Rang eines unentschuldbaren Makels. Eines letzten, klar definierbaren Frauenversagens,
in: TAZ v. 11.09.

Angesichts der Meldungen zur Geburtenentwicklung in Deutschland Ende Juli, dem Mutterkult von Society-Zeitschriften und einem Welt-Artikel von Alexander ULFIG hat für Gisa FUNCK die Kinderlosigkeit in unserer Gesellschaft den "Rang eines unentschuldbaren Makels, eines Versagens" bekommen. Diese Sichtweise hat sich seit dem Bestseller Minimum von Frank SCHIRRMACHER mehr und mehr durchgesetzt und uns eine Flut von Pro-Familien-Büchern (von Eva HERMAN über Iris RADISCH bis zu Dieter BEDNARZ) beschert:

"alle Einwände beim Thema Nachwuchs sind neuerdings strikt tabu. Waren in den Siebziger- und Achtzigerjahren noch Bücher mit Titeln wie »Kinderlos aus Verantwortung« populär, die auch die Möglichkeit eines erfüllten Frauenlebens ohne Kind in Erwägung zogen, gilt heute die klare Devise: Hauptsache Mutter - egal, wie.
            (...).
Kinderkriegen ist längst wieder per se gut. Ein Wert an sich, der Sinn stiftet, wo Frau ihn sich sonst erst mühsam erschaffen müsste. Das wirkt verdächtig und ist mittlerweile so rufschädigend, dass das Eingeständnis eigener Kinderlosigkeit einer »augenblicklichen, sozialen Vernichtung« gleichkommt, wie der (damals kinderlose) Schriftsteller Hans-Ulrich Treichel bereits 2004 in einem Kursbuch-Aufsatz bemerkte."

RÖTZER, Florian (2009): Die Deutschen kriegen immer weniger Kinder.
Daran soll trotz Elterngeld nicht nur die Wirtschaftskrise schuld sein, erklärt die Familienministerin von der Leyen,
in: Telepolis v. 16.09.

Zum wiederholten Male bringt die Zeitung Die Welt Zahlen zur Geburtenentwicklung ins Spiel, die nicht offiziell sind und die unwidersprochen verbreitet werden - weil sie gelegen kommen, z.B. von Florian RÖTZER.

Dorothea SIEMS spricht in einem Online-Artikel vom 14.09. von rund 312.000 Geburten im ersten Halbjahr 2009 ("Geburten in Deutschland gehen drastisch zurück"). Die Bildzeitung zieht einen Tag später nach. Offenbar waren der Welt die Geburtenzahlen von 2008 noch zu positiv. Bereits zur offiziellen Veröffentlichung von Geburtenzahlen des Statistischen Bundesamtes Ende Juli antwortete die Welt mit einer Kampagne gegen Kinderlose.

In der taz erschien kürzlich ein Artikel von Gisa FUNCK, in dem Kinderlosigkeit als unentschuldbarer Makel beschrieben wird - und zwar als eine Konsequenz der Debatte um den demografischen Wandel. Anfang des Monats zählte Felix BERTH in der SZ sechs demografische Irrtümer übers Kinderkriegen auf, u. a. die überhöhten Zahlen zur Kinderlosigkeit nicht nur der Akademikerinnen. Single-generation.de hat verglichen, was sich seit 2005 verändert hat.

Bleibt die Welt weiter allein mit ihrer unseriösen Berichterstattung oder greifen nun andere Zeitungen das Thema Kinderlosigkeit auf?
Gestern veröffentlichte ZEIT Online eine dpa-Meldung, wonach die Zahlen alles andere als gesichert sind:

"Die Statistiker bestätigten (...) am Dienstag in Wiesbaden auf Anfrage einen Bericht der Zeitung «Die Welt». Betont wurde allerdings, unter Umständen seien dem Bundesamt noch nicht alle Geburten gemeldet. Eine eindeutige Aussage über den Trend sei daher noch nicht möglich."

Aussagekräftig hinsichtlich der Geburtenrate 2009 sind Halbjahreszahlen sowieso nicht.

VITZTHUM, Thomas (2009): Die Konjunkturkrise der Kinder.
Geburtenrückgang um 6,6 % trübt Bilanz der Familienministerin - Experten: Grund auch langsamer Kita-Ausbau,
in: Welt v. 16.09.

DESTATIS (2009): Im Jahr 2060 wird jeder Siebente 80 Jahre oder älter sein,
in:
Pressemitteilung Statistisches Bundesamt Wiesbaden v. 18.11.

"Heute leben in Deutschland etwa 82 Millionen Menschen, 2060 werden es voraussichtlich nur noch 65 bis 70 Millionen sein. Daneben kommt es zu erheblichen Veränderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung. Heute sind 20% der Bevölkerung 65 Jahre oder älter. Bereits in den kommenden beiden Jahrzehnten wird der Anteil älterer Menschen deutlich steigen. »Im Jahr 2060 wird dann jeder Dritte mindestens 65 Lebensjahre durchlebt haben – jeder Siebente wird sogar 80 Jahre oder älter sein« sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes (Destatis), Roderich Egeler, im Rahmen einer Pressekonferenz zur 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung.
Den hier genannten Ergebnissen liegen zwei Varianten der Bevölkerungsvorausberechnung zugrunde, die von der Fortsetzung der heute nachweisbaren demografischen Trends mit unterschiedlichen Annahmen zur Höhe der Zuwanderung ausgehen.
Die Bevölkerung geht zurück, weil die Zahl der Geburten bis 2060 stetig sinken und die Zahl der Sterbefälle bis Anfang der 2050er Jahre ansteigen wird. Das jährliche Geburtendefizit, also der Überschuss der Sterbefälle über die Geburten, wird bis 2060 auf mehr als das Dreifache zunehmen (2008: 162 000, 2060: je nach Variante 527 000 oder 553 000). An dieser Entwicklung hat die aktuelle Altersstruktur der Bevölkerung einen erheblichen Anteil. Der Bevölkerungsrückgang kann weder durch Zuwanderungsüberschüsse aus dem Ausland noch durch eine etwas höhere Kinderzahl je Frau aufgehalten werden.
Zur Bevölkerung im Erwerbsalter von 20 bis 64 Jahren gehören heute etwa 50 Millionen Menschen. Im Jahr 2060 werden es, je nach Ausmaß der angenommenen Zuwanderung, 27% oder 34% weniger sein. Dagegen wird die Zahl der 65-Jährigen und Älteren nach 2020 sehr stark ansteigen, weil dann die geburtenstarken Jahrgänge in dieses Alter kommen. Damit wird auch der Altenquotient – die Anzahl der Menschen im Rentenalter je 100 Personen im Erwerbsalter – erheblich zunehmen. Heute kommen 34 Senioren im Alter von 65 Jahren und mehr auf 100 Personen zwischen 20 und 64 Jahren. 2030 werden es bereits über 50 sein und 2060 dann, je nach Vorausberechnungsvariante, 63 oder 67. Für die Altersgrenze 67 Jahre wird der Altenquotient 2030 je nach Variante 43 oder 44 betragen und 2060 56 oder 59; heute liegt er bei 29.
Die genannten Ergebnisse beziehen sich auf die beiden Varianten der Bevölkerungsvorausberechung, die die Grenzen eines Korridors markieren, in dem sich die Bevölkerungsgröße und der Altersaufbau bei Fortsetzung der heute nachweisbaren demografischen Trends entwickeln werden. Diesen beiden Varianten liegen folgende Annahmen zugrunde: Die zusammengefasste Geburtenziffer bleibt annähernd konstant bei 1,4 Kindern je Frau. Die Lebenserwartung Neugeborener wird bis zum Jahr 2060 für Jungen um etwa 8 Jahre auf 85,0 Jahre und für Mädchen um etwa 7 Jahre auf 89,2 Jahre zunehmen. Zum jährlichen Wanderungssaldo (Unterschied zwischen den Zuzügen aus dem Ausland und den Fortzügen in das Ausland) wird in der einen Variante angenommen, dass er auf 100 000 Personen im Jahr 2014 steigt und dann konstant bleibt. In der zweiten Variante steigt er bis 2020 auf 200 000 und bleibt dann bei diesem Wert.
Die 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung umfasst insgesamt 12 Varianten. Langfristige Bevölkerungsvorausberechnungen sind keine Prognosen. Sie haben vielmehr Modellcharakter und zeigen auf, wie sich die Bevölkerung und deren Struktur bei bestimmten Annahmen verändern würden", meldet das Statistische Bundesamt zur Bevölkerungsentwicklung.

 
     
 
       
     
       
   

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webmaster@single-generation.de Erstellt: 02. Juli 2012
Update: 11. Februar 2019