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Kommentierte Bibliografie

 
       
   

Sachsen-Anhalt im demografischen Wandel

 
       
   

Ein ganzes Bundesland als gefährdete Region (Teil 1)

 
       
     
   
     
 

Einführung

Seit April 2016 regiert in Sachsen-Anhalt eine so genannte Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen. Seit den Wahlen in Sachsen und Brandenburg gelten solche Regierungen als Mittel, um die AfD von der Macht fern zu halten. Ist also Sachsen-Anhalt ein Modell für Ost- oder gar Gesamtdeutschland? Kann ein solches Anti-AfD-Bündnis erfolgreich sein oder werden damit nur die Probleme von abgehängten Regionen verwaltet? Seit einer Untersuchung des Instituts der Wirtschaft im August 2019 gilt das ganze Bundesland Sachsen-Anhalt als gefährdete Region. In dieser Bibliografie steht deshalb die Frage im Vordergrund, ob das Bundesland in seiner jetzigen Form zukünftig überhaupt noch Bestand haben kann. Eine solche Debatte wird derzeit zwar noch nicht geführt, aber sollte sich die Lage in Sachsen-Anhalt weiter verschärfen, dürfte diese Frage wohl früher oder später auch auf der politischen Agenda erscheinen.

Tabellenübersicht:
Gliederung von Sachsen-Anhalt in Raumordnungsregionen, Landkreise und kreisfreie Städte
Die Bevölkerungsentwicklung in Sachsen-Anhalt
Wohnungsbestand je 1.000 Einwohner in Sachsen-Anhalt und Kreisen
Wohnungsabgänge in Sachsen-Anhalt im Rahmen des Stadtumbaus Ost 2002 bis 2011
Rankings zur Zukunftsfähigkeit der Landkreise, kreisfreien Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt
Städterankings bzw. Stadtviertelrankings in Zeitschriften
Sachsen-Anhalt im Ranking des Prognos-Zukunftsatlas
Sachsen-Anhalt im Ranking der Bertelsmann-Stiftung
Die 10 sächsisch-anhaltinischen Gemeinden des Demographietyps 4, die gemäß der BertelsmannStiftung zwischen 2005 und 2020 mehr als 15 Prozent der Bevölkerung verlieren werden

Übersicht: Gliederung von Sachsen-Anhalt in Raumordnungsregionen, Landkreise und kreisfreie Städte

Tabelle: Die 4 Raumordnungsregionen, 11 Landkreise und drei kreisfreien Städte sowie 11 Kreisstädte im Sachsen-Anhalt des Jahres 2018
Raumordnungsregionen Landkreise/
kreisfreie Städte
Kreisstadt Stadttyp
Altmark Altmarkkreis  Salzwedel Salzwedel Mittelstadt
Stendal Stendal Mittelstadt
Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg Anhalt-Bitterfeld
(Fusion von Bitterfeld, Köthen und Teilen von Anhalt-Zerbst im Jahr 2007)
Köthen (Anhalt) Mittelstadt
Dessau-Roßlau (kreisfreie Stadt)
Fusion von Dessau und Roßlau (ehemals Anhalt-Zerbst) im Jahr 2007
- Mittelstadt
Wittenberg
(Fusion mit Teilen von Anhalt-Zerbst im Jahr 2007)
Wittenberg Mittelstadt
Halle/Saale Burgenlandkreis
(Fusion mit Weißenfels im Jahr 2007)
Naumburg (Saale) Mittelstadt
Halle/Saale (kreisfreie Stadt) - Großstadt
Mansfeld-Südharz
(Fusion von Mansfelder Land und Sangerhausen im Jahr 2007)
Sangerhausen Mittelstadt
Saalekreis
(Fusion von Merseburg-Querfurt und Saalkreis im Jahr 2007)
Merseburg Mittelstadt
Magdeburg Börde
(Fusion von Börde- und Ohrekreis im Jahr 2007)
Haldensleben Kleinstadt
Harz
(Fusion von Falkenstein, Halberstadt, Quedlinburg und Wernigerode im Jahr 2007)
Halberstadt Mittelstadt
Jerichower Land
(Fusion mit Teilen von Anhalt-Zerbst im Jahr 2007)
Burg Mittelstadt
Magdeburg (kreisfreie Stadt) - Großstadt
Salzlandkreis
(Fusion von Bernburg, Schönebeck und Aschersleben-Staßfurt außer Falkenstein im Jahr 2007)
Bernburg (Saale) Mittelstadt
Quelle: Wikipedia

Übersicht: Die Bevölkerungsentwicklung in Sachsen-Anhalt

Tabelle: Die Bevölkerungsentwicklung in Sachsen-Anhalt 1990 - 2018 inkl. Bevölkerungsprognosen   
Jahr Bevölkerung
31.12.
Lebendgeborene Geburten-
ziffer
(TFR)
Durchschnitts-
alter
31.12.
4. bis 6. Regionalisierte Bevölkerungsprognose
(Veröffentlichungen: 4: 02/2007; 5: 5/2010; 6: 10/2016)
4:BJ 2005 5:BJ 2008 6:BJ 2014
1989   35.128          
1990 2.873.957 31.837 1,53 38,42 Jahre      
1991 2.823.324 19.459 0,98        
1992 2.796.981 16.284 0,86        
1993 2.777.935 14.610 0,79        
1994 2.759.213 14.280 0,79        
1995 2.738.928 14.568 0,82 40,36 Jahre      
1996 2.723.620 16.152 0,93        
1997 2.701.690 17.194 1,02        
1998 2.674.490 17.513 1,08        
1999 2.648.737 18.176 1,15        
2000 2.615.375 18.723 1,23 42,40 Jahre      
2001 2.580.626 18.073 1,23        
2002 2.548.911 17.617 1,23        
2003 2.522.941 16.889 1,21        
2004 2.494.437 17.337 1,26        
2005 2.469.716 17.166 1,27   Basisjahr    
2006 2.441.787 16.927 1,27        
2007 2.412.472 17.387 1,33        
2008 2.381.872 17.697       Basisjahr  
2009 2.356.219 17.144          
2010 2.335.006 17.300   46,53 Jahre 2.350.427 2.328.537  
2011 2.276.736 16.837 1,42 46,91 Jahre      
2012 2.259.393 16.888 1,45 47,17 Jahre      
2013 2.244.577 16.797 1,46 47,38 Jahre      
2014 2.235.548 17.064 1,50 47,53 Jahre     Basisjahr
2015 2.245.470 17.415 1,54 47,42 Jahre 2.238.286 2.209.173  
2016 2.236.252 18.093 1,61 47,53 Jahre      
2017 2.223.081 17.837 1,61 47,65 Jahre      
2018 2.208.321 17.410 1,61 47,78 Jahre 2.166.865 2.134.371 2.209.866
2019              
2020         2.115.271 2.080.850 2.179.892
2025         1.976.237 1.939.342 2.086.750
2030             1.990.324
Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt; Pressemitteilungen; MLV (Geburtenziffer 1990-2007; 2011-2018 siehe hier

Übersicht: Wohnungsbestand je 1.000 Einwohner in Sachsen-Anhalt und Kreisen

Der Strukturkompass Sachsen-Anhalt bezeichnet den Wohnungsbestand je 1.000 Einwohner lapidar als Indikator der quantitativen Wohnraumversorgung. Man könnte also annehmen, dass hohe Zahlen eine bessere Wohnraumversorgung der Bevölkerung bedeuten. Tatsächlich ist das Maß in mehrfacher Hinsicht wenig aussagekräftig, denn es sagt nichts über die Ausstattungsqualität der Wohnungen aus. Zudem variiert die Zahl der durchschnittlichen Haushaltsgröße innerhalb der Regionen, sodass eine Über- bzw. Unterversorgung mit Wohnraum eher durch den Indikator Wohnungsbestand je Haushalt gegeben ist.

 
Jahr Sachsen-Anhalt Dessau-
Roßlau
Halle/
Saale
Magde-burg Altmarkkreis
Salzwedel
Anhalt-
Bitterfeld
Börde Burgen-
landkreis
Harz Jerichower
Land
Mansfeld-
Südharz
Saale-
kreis
Salz-
land-
kreis
Stendal Witten-
berg
1995 456,7 491,3 515,8 529,5 408,1 448,4 425,8 463,5 436,3 419,0 432,9 421,2 457,7 447,3 424,3
1996 465,9 499,1 531,3 553,1 414,1 456,0 433,5 471,3 446,9 426,5 439,5 423.0 466,1 455,2 429,6
1997 477,8 515,5 556,7 572,9 425,1 465,5 440,3 482,3 457,7 446.1 447,6 426,7 474,8 464,2 441,4
1998 488,6 532,6 580,5 595,1 438,2 474,2 446,5 491,5 466,6 450,3 453,9 431,7 484,2 473,8 449,0
1999 498,3 551,0 601,2 611,4 444,1 483,9 452,4 498,7 474,1 456,3 462,1 437,6 492,4 483,2 458,9
2000 509,1 569,5 624,1 623,5 451,5 495,1 458,7 507,8 482,8 467,3 471,8 445,8 502,1 491,5 470,0
2001 517,8 587,2 634,5 633,2 456,8 504,5 465,6 517,3 490,2 473,9 478,8 453,0 511,5 498,5 481,5
2002 523,7 594,3 636,1 636,9 464,1 509,9 471,5 524,4 495,2 480,8 484,2 457,9 520,7 506,1 491,0
2003 528,1 594,9 630,3 636,5 470,6 516,4 476,2 531,9 501,8 488,7 492,7 458,7 527,8 512,1 498,3
2004 531,3 596,3 626,2 631,1 477,1 518,9 481,4 535,4 507,8 494,2 496,1 462,2 536.6 517,9 502,8
2005 533,4 596,0 621,8 622,7 481,9 518,4 486,3 542,5 512,8 500,2 501,9 465,7 542,5 512,5 507,3
2006 538,3 603,7 620,9 616,4 491,2 525,9 493,5 548,9 519,6 506,2 510,5 471,2 550,6 513,0 512,4
2007 544,1 614,0 624,6 612,7 496,2 532,1 500,9 555,0 527,9 513,0 517,1 477,6 557,7 521,3 518,2
2008 550,4 616,9 624,4 613,2 502,4 539,1 509,1 562,0 536,1 522,1 526,6 483,2 567,0 529,7 524,8
2009 555,7 622,3 624,6 612,2 510,2 542,0 516,3 570,1 542,6 526,1 535,8 489,3 573,3 537,0 531,8
2010 559,8 627,4 621,9 606,9 516,1 548,9 522,6 575,9 548,5 530,8 541,5 494,8 579,5 542,3 538,6
2011 565,5 623,6 623,5 619,9 518,5 559,9 515,4 564,4 564,2 541,9 538,8 526,4 574,0 551,7 543,2
2012 569,8 625,9 621,7 616,6 523,3 566,5 520,4 570,1 570,4 548,1 546,5 530,5 580,9 559,7 549,2
2013 572,6 620,5 621,6 612,7 525,9 570,3 524,3 571,9 575,7 549,3 550,9 535,7 586,3 565,2 556,0
2014                              
2015                              
2016                              
2017                              
2018                              
Quelle: 1995-2013: Strukturkompass Sachsen-Anhalt;

Übersicht: Wohnungsabgänge in Sachsen-Anhalt im Rahmen des Stadtumbaus Ost 2002 bis 2011

Das Institut für Stadtforschung (IfS) berichtete im Rahmen des Monitorings des Stadtumbaus über die Entwicklung der Rückbautätigkeiten. Während für die Jahre 2002 bis 2011 jeweils die bewilligten und erfolgten Abrisse je Jahr dargestellt wurden, werden seit 2012 nur noch die Zahlen der Abrisse für den gesamten Zeitraum genannt.

In den Jahresberichten 2007 bis 2010 werden nur die 30 Kommunen ohne Zielvereinbarung betrachtet. Da Bitterfeld und Wolfen sowie Dessau und Roßlau im Jahre 2007 fusionierten, gibt es seitdem nur noch 28 Kommunen. Die Stadt Jessen hat in den Jahren 2002 bis 2011 keine Wohnungen abgerissen. Zu den 30 Kommunen ohne Zielvereinbarungen gehören die zwei Großstädte Halle und Magdeburg, die 17 Mittelstädte Aschersleben, Bernburg, Bitterfeld-Wolfen, Burg, Dessau-Roßlau, Halberstadt, Köthen, Merseburg, Naumburg, Quedlinburg, Sangerhausen, Schönebeck, Stendal, Weißenfels, Wernigerode, Wittenberg und Zeitz sowie die 9 Klein- und Landstädte Aken, Blankenburg, Gardelegen, Genthin, Hettstedt, Jessen, Nebra, Salzwedel und Thale.

In den Jahresberichten 2011 und 2012 werden alle 42 Stadtumbaustädte betrachtet. Dazu gehören auch die 14 Kommunen mit Zielvereinbarungen Calbe, Eisleben, Gräfenhainichen, Haldensleben, Havelberg, Hohenmölsen, Klötze, Oschersleben, Osterburg, Querfurt, Staßfurt, Wanzleben, Wolmirstedt und Zerbst.

IfS-Jahres-
berichte
Wohnungs-
abgänge
(30 Städte)
2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Gesamt-
zahl
(30 Städte)

Gesamt-
zahl
(42 Städte)
IfS-Jb. 2007 bewilligt 7.788 10.330 8.409 7.718 8.241 - - - - - 42.486 WE  
  erfolgt 7.731 10.219 8.195 7.278 5.501 - - - - - 38.924 WE 43.090 WE
IfS-Jb. 2008 bewilligt 7.793 10.387 8.702 7.937 8.509 4.473 - - - - 47.801 WE  
  erfolgt 7.793 10.387 8.541 7.688 7.941 3.413 - - - - 45.763 WE 47.430 WE
IfS-Jb. 2009 bewilligt 7.771 10.421 8.721 8.070 8.572 4.262 3.381 - - - 51.198 WE  
  erfolgt 7.771 10.421 8.718 8.030 8.266 3.894 2.945 - - - 50.045 WE 55.584 WE
IfS-Jb. 2010 bewilligt 7.777 10.435 8.721 8.055 8.705 4.333 3.380 4.260 - - 55.666 WE  
  erfolgt 7.777 10.435 8.721 8.050 8.644 4.028 3.162 3.004 - - 53.821 WE 59.553 WE
  Wohnungs-
abgänge
(42 Städte)
                   

 

 
IfS-Jb. 2011 bewilligt 8.072 10.755 11.870 9.073 9.571 4.521 3.440 4.265 4.216 -   65.783 WE
  erfolgt 8.061 10.755 11.870 9.073 9.480 4.273 3.293 3.580 1.530 -   61.915 WE
IfS-Jb. 2012 bewilligt 8.072 10.755 11.870 9.082 9.575 4.507 3.440 4.231 4.209 2.786   68.527 WE
  erfolgt 8.072 10.755 11.870 9.082 9.496 4.408 3.380 3.918 3.640 1.569   66.190 WE
  Sachsen-
Anhalt
(erfolgt)
8.601 8.562 13.399 12.314 7.335 5.267 4.570 4.925 3.945 4.039   72.957 WE

Ab dem Berichtsjahr 2013 wurden nur noch Gesamtzahlen für die Abrisse für die jeweiligen Zeiträume seit 2002 genannt. Mehr hier.

Übersicht: Rankings zur Zukunftsfähigkeit der Landkreise, kreisfreien Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt

Tabelle: Liste der Rankings zur Zukunftsfähigkeit der Landkreise, kreisfreien Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt
Organisation Publikation Jahr Anzahl
Untersuchungseinheiten
(Sachsen-Anhalt)
Untersuchungsebene 
Berlin-Institut Deutschland 2020 - Die demografische Zukunft der Nation 2004 24 Landkreise und kreisfreie Städte
Die demografische Lage der Nation 2006 24
Die demografische Lage der Nation 2019 14
BertelsmannStiftung Wegweiser Kommune
(Bevölkerungsprognose 2020)
2006   Gemeinden über 5.000 Einwohner
Wegweiser Kommune
(Bevölkerungsprognose 2006-2025)
2008  
Wegweiser Kommune
(Bevölkerungsprognose 2009-2030)
2011  
Wegweiser Kommune
(Bevölkerungsprognose 2012-2030)
2015  
Prognos AG Zukunftsatlas 2004 24 Landkreise und kreisfreie Städte
2007  
2010 14
2013 14
2016 14
2019 14
IW Köln Die Zukunft der Regionen in Deutschland 2019 4 Raumordnungsregionen

Eine detaillierte Analyse der Aussagekraft der Rankings wird zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Dies ist in erster Linie eine Bestandsaufnahme.

Übersicht: Städterankings zur Zukunftsfähigkeit, zur Entwicklung des Immobilienmarkts und anderen Themen

Rankings sind Ausdruck der Demografisierung gesellschaftlicher Probleme im neoliberalen Standortwettbewerb. Durch die mediale Verbreitung entsteht eine Städtehierarchie, die sich im Bewusstsein festsetzt. Die Indikatorenbildung ist nicht wertfrei, sondern ist interessengeleitet. Dadurch, dass bestimmte Indikatoren immer wieder in unterschiedlichen Kontexten maßgeblich die Bewertungen von Städten bestimmen, erhalten sie im Laufe der Zeit den Rang einer unhinterfragbaren Selbstverständlichkeit.

Bewertungen von städtischen Immobilienmärkten führen nicht nur zu einer Hierarchie der Städte, sondern führen auch zu einer innerstädtischen Hierarchie, die zwischen sozialen Brennpunkten, Szenevierteln, Trendvierteln oder Toplagen unterscheiden. In der folgenden Liste sind einige der Städterankings aufgeführt, die in Zeitschriften in regelmäßigen Abständen wiederholt werden:

Tabelle: Liste diverser Städterankings bzw. Stadtviertelrankings in Zeitschriften
Zeitschrift Typus Erstes Ranking
(Jahr)
Weitere
Rankings
(Jahr)
Abstand zwischen
den Rankings
Rankingebene Zielgruppe
Capital Immobilien-Kompass     jährlich Stadtviertel in ausgewählten Großstädten Investoren
Euro Immobilienatlas     jährlich Stadtviertel in Großstädten und Städte ab 20.000 Einwohner Investoren
Focus Großstadtranking von HWWI / Berenberg Bank 2008   zwei- bis dreijährlich Zukunftsfähigkeit bzw. Wirtschaftsstärke der 30 einwohnerstärksten Großstädte  
Focus Regionenranking   2015
2016
2018
  Wirtschaftsstärke und Lebensqualität in den Kreisen und kreisfreien Städten  
Handelsblatt Trendviertel 2011   jährlich Stadtviertel, in denen die Preise im Dreijahreszeitraum überdurchschnittlich gestiegen sind Investoren
WirtschaftsWoche Großstadtranking 2004   jährlich Zukunftsfähigkeit bzw. Wirtschaftsstärke der 50 einwohnerstärksten Großstädte oder der kreisfreien Großstädte  
WirtschaftsWoche Immobilienatlas     jährlich 50 einwohnerstärkste Großstädte Investoren

Übersicht: Sachsen-Anhalt im Ranking des Prognos-Zukunftsatlas

Zeitvergleiche mittels Rankings sind problematisch, weil nicht nur Gebietsreformen die Vergleichbarkeit einschränken, sondern auch Prognosen zur Demografie die Zukunftsfähigkeit einer Region enorm beeinflussen. Fehlprognosen sind keine Seltenheit, sondern die Regel. Der Vergleich für Sachsen-Anhalt zeigt z.B. dass die demografische Entwicklung der Großstädte zwischen 2004 und 2007 eine einschneidende Veränderung erfuhr. Magdeburg und Halle, die 2004 bei der Demografie noch hintere Plätze belegten, rückten 2007 auf die besten beiden Plätze vor. 2013 belegten die beiden Großstädte sogar deutschlandweit gute Plätze (26 bzw. 29). Seitdem wird die Lage wieder kritischer beurteilt. Solche Schwankungen sagen mehr über den herrschenden Zeitgeist und weniger über die Zukunftsfähigkeit aus. Die nachfolgende Tabelle zeigt zum einen die deutschlandweiten Ränge im Gesamtranking und zum anderen die deutschlandweiten Ränge beim Demografiefaktor. Während Gelb noch einen ausgeglichenen Chancen- und Risikomix anzeigt, überwiegen bei allen anderen Farben die Risiken (zur Klassifizierung mehr hier).

Zwischen 2007 und 2010 wurde die Zahl der Regionen in Sachsen-Anhalt von 24 auf 14 reduziert. In der Regel führen solche Kreisgebietsreformen dazu, dass die in Rankings schlechter bewerteten Regionen aufgelöst (siehe Anhalt-Zerbst) oder mit besser bewerteten Regionen zusammengefasst werden (z.B. beim Landkreis Harz). In Sachsen-Anhalt blieben dagegen einige Regionen von der Kreisreform unberührt, die in den Rankings schlecht abschnitten (z.B. der Altmarkkreis Salzwedel und Stendal). Andererseits gab es 2010 eine Gemeindegebietsreform, die zur Bildung von Großkommunen führte (z.B. Gardelegen), deren Auswirkungen bei solchen Regionenrankings unsichtbar bleiben.       

Tabelle: Ranking der Landkreise und kreisfreien Städte in Sachsen-Anhalt. Ein Vergleich der Jahre 2004 - 2019   
Landkreis bzw. kreisfreie Stadt 2004
(439)
2007
(439)
2010
(412)
2013
(402)
2016
(402)
2019
(401)
Gesamt-
rang
Demo-
grafie
Gesamt-
rang
Demo-
grafie
Gesamt-
rang
Demo-
grafie
Gesamt-
rang
Demo-
grafie
Gesamt-
rang
Demo-
grafie
Gesamt-
rang
Demo-
grafie
Dessau
(ab 2010 Dessau-Roßlau)
317 (1) 437 (24) 364 (9) 418 (18) 369 (5) 391 (10) 365 (5) 358 (5) 379 (6) 396 (14) 353 (5) 335 (4)
Ohrekreis
(ab 2010 Landkreis Börde)
329 (2) 277 (2) 215 (2) 370 (5) 345 (2) 375 (4) 203 (1) 371 (9) 357 (3) 371 (8) 325 (3) 378 (9)
Wernigerode, Lkr
(ab 2010 Landkreis Harz)
345 (3) 390 (7) 287 (4) 378 (6) 393 (10) 381 (6) 351 (2) 396 (14) 378 (5) 376 (13) 369 (6) 388 (13)
Magdeburg 352 (4) 399 (10) 188 (1) 68 (1) 281 (1) 33 (1) 301 (1) 29 (2) 281 (1)  60 (1) 290 (1) 77 (1)
Merseburg-Querfuert
(ab 2010 Saalekreis)
359 (5) 396 (9) 353 (8) 350 (3) 372 (6) 378 (5) 379 (4) 365 (8) 369 (4) 369 (7) 348 (4) 360 (6)
Bördekreis
(ab 2010 Börde mit Ohrekreis)
377 (6) 392 (8) 349 (6) 400 (9) 345 (2) 375 (4) 357 (4) 371 (9) 357 (3) 371 (8) 325 (3) 378 (9)
Bernburg, Lkr
(ab 2010 Salzlandkreis)
387 (7) 415 (14) 376 (11) 417 (17) 389 (9) 398 (11) 384 (5) 372 (10) 390 (11) 371 (8) 390 (10) 380 (11)
Halle/Saale 389 (8) 413 (13) 259 (3) 96 (2) 361 (4) 73 (2) 331 (2) 26 (1) 331 (2) 81 (2) 331 (2) 79 (2)
Schönebeck, Lkr
(ab 2010 Salzlandkreis)
390 (9) 425 (20) 370 (10) 415 (15) 396 (12) 398 (11) 391 (6) 372 (10) 390 (11) 371 (8) 390 (10) 380 (11)
Bitterfeld, Lkr
(ab 2010 Anhalt-Bitterfeld)
393 (10) 436 (23) 350 (7) 428 (22) 351 (3) 403 (12) 351 (2) 364 (7) 388 (10) 374 (12) 381 (7) 366 (7)
Jerichower Land
(ab 2010 Teile Anhalt-Zerbst)
394 (11) 387 (6) 324 (5) 390 (8) 380 (7) 389 (8) 373 (6) 363 (6) 382 (7) 339 (4) 399 (12) 291 (3)
Saalkreis
(ab 2010 Saalekreis)
410 (12) 217 (1) 401 (13) 421 (19) 372 (6) 378 (5) 395 (7) 365 (8) 369 (4) 369 (7) 348 (4) 360 (6)
Aschersleben-Staßfurt
(ab 2010 Salzlandkreis)
411 (13) 417 (15) 418 (18) 432 (24) 389 (9) 398 (11) 400 (8) 372 (10) 390 (11) 371 (8) 390 (10) 380 (11)
Sangerhausen
(ab 2010 Mansfeld-Südharz)
413 (14) 421 (18) 406 (15) 423 (20) 410 (14) 411 (14) 400 (8) 381(12) 400 (13) 373 (11) 398 (11) 400 (14)
Weißenfels, Lkr
(ab 2010 Burgenlandkreis)
414 (15) 408 (12) 405 (14) 403 (10) 381 (8) 390 (9) 400 (8) 378 (11) 383 (8) 354 (5) 382 (8) 379 (10)
Mansfelder Land
(ab 2010 Mansfeld-Südharz)
419 (16) 423 (19) 436 (24) 430 (23) 410 (14) 411 (14) 396 (13) 381(12) 400 (13) 373 (11) 398 (11) 400 (14)
Burgenlandkreis
(ab 2010 mit Weißenfels)
422 (17) 419 (17) 426 (22) 412 (13) 381 (8) 390 (9) 390 (10) 378 (11) 383 (8) 354 (5) 382 (8) 379 (10)
Anhalt-Zerbst
(ab 2010 aufgeteilt)
423 (18) 418 (16) 425 (21) 416 (16) 407 (16) - - - - - - -
Quedlinburg
(ab 2010 Landkreis Harz)
425 (19) 426 (21) 393 (12) 414 (14) 393 (10) 381 (6) 391/395 396 (14) 378 (5) 376 (13) 369 (6) 388 (13)
Halberstadt
(ab 2010 Landkreis Harz)
426 (20) 375 (4) 412 (16) 361 (4) 393 (10) 381 (6) 379 (4) 396 (14) 378 (5) 376 (13) 369 (6) 388 (13)
Köthen, Lkr
(ab 2010 Anhalt-Bitterfeld)
428 (21) 379 (5) 415 (17) 411 (12) 351 (3) 403 (12) 391 (6) 364 (7) 388 (10) 374 (12) 381 (7) 366 (7)
Altmarkkreis Salzwedel 432 (22) 374 (3) 427 (23) 380 (7) 401 (11) 357 (3) 387 (9) 249 (3) 384 (9) 191 (3) 400 (13) 382 (12)
Stendal, Lkr 434 (23) 401 (11) 423 (20) 405 (11) 405 (13) 382 (7) 401 (14) 317 (4) 402 (14) 367 (6) 401 (14) 350 (5)
Wittenberg, Lkr
(ab 2010 Teile von Anhalt-Zerbst)
437 (24) 433 (22) 422 (19) 427 (21) 402 (12) 407 (13) 393 (12) 387 (13) 395 (12) 372 (10) 385 (9) 376 (8)
Anhalt-Bitterfeld, Lkr
(mit Teilen Anhalt-Zerbst)
        351 (3) 403 (12) 386 (8) 364 (7) 388 (10) 374 (12) 381 (7) 366 (7)
Harz, Lkr
(ab 2010 mit Stadt Falkenstein)
        393 (10) 381 (6) 383 (7) 396 (14) 378 (5) 376 (13) 369 (6) 388 (13)
Mansfeld-Südharz, Lkr         410 (14) 411 (14) 396 (13) 381(12) 400 (13) 373 (11) 398 (11) 400 (14)
Saalekreis         372 (6) 378 (5) 356 (3) 365 (8) 369 (4) 369 (7) 348 (4) 360 (6)
Salzlandkreis
(ohne Falkenstein)
        389 (9) 398 (11) 392 (11) 372 (10) 390 (11) 371 (8) 390 (10) 380 (11)
Quelle: Prognos-Zukunftsatlas

Übersicht: Sachsen-Anhalt im Ranking der Bertelsmann-Stiftung

Die neoliberale Privatstiftung verknüpft ihr Ranking gerne mit Handlungsempfehlungen und behauptet, dass ca. 85 % der Bevölkerung in Deutschland durch ihre Betrachtung der Gemeinden mit 5.000 und mehr Einwohnern erfasst werden. Für die Bundesländer sieht das dagegen ganz anders aus. Die betrachteten Bevölkerungsanteile stellen sich in Sachsen-Anhalt bei den vier Rankings ganz unterschiedlich dar. Aus der folgenden Tabelle ist die Gemeindestruktur für die vier Basisjahre der Prognosen ersichtlich:

Tabelle: Die Berücksichtigung von Gemeinden und ihrer Bevölkerung in Sachsen-Anhalt   
Anzahl Gemeinden nach
Gemeindegrößen
31.12.2003 31.12.2006 31.12.2009 31.12.2012 31.12.2018
unter 5.000 Einwohner k.A. 966 756 114 114
5.000 - 100.000 Einwohner k.A. 74 78 103 102
100.000 und mehr Einwohner k.A. 2 2 2 2
Einwohner nicht erfassbarer Gemeinden k.A. 811.668
(33,2 %)
644.662
(27,4 %)
205.795
(9,1 %)
199.931
(9,1 %)
Einwohner max. erfassbarer Gemeinden k.A. 1.630.119
(66,8 %)
1.711.557
(72,6 %)
2.053.598
(90,1 %)
2.008.390
(90,1 %)
Bevölkerung Sachsen-Anhalt k.A. 2.441.787 2.356.219 2.259.393 2.208.321
Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt; eigene Berechnungen 

Übersicht: Die 10 sächsisch-anhaltinischen Gemeinden des Demographietyps 4, die gemäß der BertelsmannStiftung zwischen 2005 und 2020 mehr als 15 Prozent der Bevölkerung verlieren werden

Tabelle: Sächsisch-anhaltinische Gemeinden mit einem prognostizierten Bevölkerungsverlust von mehr als 15 Prozent zwischen 2005 und 2020
Rang Gemeinden des Demographietyps 4 (Landkreis) Eingemeindungen und Fusionen
(2005 - heute)
Bevölkerung
(31.12.2005*)
Bevölkerungsverlust
(in %)
1 Wolfen (Anhalt-Bitterfeld) Seit 01.07.2007 ein Stadtteil von Bitterfeld-Wolfen 24.908 43,20 %
2 Gräfenhainichen (Wittenberg) 2007: Jüdenberg
2011: Möhlau, Schköna, Tornau und Zschornewitz
7.659 23,66 %
3 Calbe/Saale (Salzlandkreis)   11.161 23,15 %
4 Hettstedt (Mansfeld-Südharz)   15.693 21,81 %
5 Zeitz (Burgenlandkreis) 2009: Döbris, Geußnitz, Kayna, Nonnewitz, Würchwitz;
2010: Theißen, Luckenau
28.117 18,31 %
6 Thale (Harz) 2009: Altenbrak, Friedrichsbrunn, Neinstedt, Stecklenberg, Treseburg, Weddersleben
2010: Westerhausen
2011: Allrode
12.748 18,10 %
7 Hohenmölsen (Burgenlandkreis) 2010: Granschütz und Taucha 9.681 17,23 %
8 Osterburg/Altmark (Stendal) 2009: Fusion der Gemeinden Ballerstedt, Düsdedau, Erxleben, Flessau, Gladigau, Königsmark, Krevese, Meseberg, Rossau, Walsleben und Osterburg/Altmark  zu Osterburg/Altmark 7.111 16,02 %
9 Tangerhütte (Stendal) 2010: Fusion der 19 Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Tangerhütte-Land zur Stadt Tangerhütte 5.924 15,36 %
10 Staßfurt (Salzlandkreis) 2009: Neundorf (Anhalt; Förderstedt) 23.318 15,21 %
Quelle: Regional-Report Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen 2008, S.103ff.; Statistischer Bericht A I, A II, A III hj-2/06, S.49ff.: *Anfangsbestand 

Kommentierte Bibliografie (Teil 1: 1990 - 2003)

1990

KOHL, Christiane (1990): "Die Leute werden dun im Kopf".
Spiegel-Report über die dreckigste Stadt Europas,
in: Spiegel Nr.2  v. 08.01.

SPIEGEL (1990): "Langsam, aber teuer sterben".
Einst galt die Region als Herzstück der DDR-Industrie, jetzt gehen im Dreieck Halle-Bitterfeld-Merseburg die Öfen aus. Zehntausende sind arbeitslos, Milliardenkredite zögern den Abstieg des Reviers nur hinaus. In den konkursreifen Betrieben und auf den Arbeitsämtern brodelt Unmut, Experten rechnen mit sozialen Unruhen,
in: Spiegel Nr.39  v. 24.09.

Spiegel-Bericht über die Lage im Ballungsraum Halle und dem Chemiedreieck in Sachsen-Anhalt:

"Etwa ein Viertel der rund 900.000 Erwerbstätigen im Gebiet des alten Bezirks Halle ist faktisch bereits ohne Beschäftigung. Mehr als 35.000 haben sich als Arbeitslose registrieren lassen, über 200.000 sind als Kurzarbeiter ganz oder teilweise zum Nichtstun verdammt.
In den Brikettbetrieben der Vereinigten Mitteldeutschen Braunkohlewerke AG (früher: Braunkohlekombinat Bitterfeld) stehen die Kohlepressen immer häufiger still. Rund um die Giftschleudern Buna, Leuna und Bitterfeld atmen die Leute neuerdings weniger Stinkluft ein, weil einige Reaktionskessel und Rührmaschinen bereits abgeschaltet wurden.
Das Industriedreieck Halle-Bitterfeld-Merseburg, einstmals die Großküche der sozialistischen Planwirtschaftler, in der 40 Prozent aller DDR-Chemie-Erzeugnisse zusammengemixt wurden, ist jetzt in Gefahr, zu einem riesigen Ruinenfeld zu verkommen. (...).
In dem Bergarbeiterrevier Mansfeld stachen Hüttenwerker vorvergangene Woche mit Sirenengeheul und schwarzen Fahnen einen der letzten Hochöfen ab: Mit Schließung der Kupferhütten im Westen von Halle werden einige tausend Kumpel arbeitslos.
Die S-Bahn-Züge, die zwischen der Arbeitersiedlung Halle-Neustadt und den weiter südlich gelegenen Buna- und Leunawerken pendeln, brausen jetzt manchmal wie Geisterzüge halbleer durch die Nacht: Rund 35.000 Chemiearbeiter bleiben auf Geheiß von oben immer mal wieder der Schicht fern. (...).
Noch ist die offizielle Arbeitslosenquote (in Halle-Stadt 4,07 Prozent) vergleichsweise niedrig. Denn die meisten Betriebe hängen am Treuhand-Tropf. (...).
Spezialisten aus westdeutschen Arbeitsämtern, zur Zeit vor Ort, um ihren ostdeutschen Kollegen Hilfestellung zu geben, rechnen damit, daß sich die Anzahl der Arbeitsplätze im Ballungsraum Halle halbieren wird. (...).
Doch in den Ballungsgebieten entscheidet sich, ob die DDR zum Armenhaus des neuen Deutschland mit einer Masse von Langzeit-Arbeitslosen wird oder ob der Bundeskanzler mit seiner Prognose vom Aufschwung recht behält. (...).
Auch die ganz Großen der Region, ob Bunawerk (17.000 Mitarbeiter) oder Braunkohlebetriebe mit im Raum Halle rund 30.000 Arbeitskräften, die Leunawerke AG (26.000) bei Merseburg oder die Chemie AG (16.000) in Bitterfeld - alle sind derzeit auf massive Finanzhilfen angewiesen. Aus eigener Kraft werden sie kaum je in die schwarzen Zahlen kommen. Allein die Region Halle wird, hochgerechnet bis zum Jahresende, vermutlich an die zehn Milliarden Mark an Krediten und Kurzarbeitergeldern verschluckt haben. Dabei halten Experten die massive Alimentierung der Ostbetriebe für hochproblematisch."

Eine Grafik zeigt uns das "Notstandsgebiet um Halle" mit den Städten Mansfeld, Hettstedt, Sangerhausen, Bitterfeld, Wolfen, Schkopau, Merseburg und Leuna. Die Plattenbausiedlung Halle-Neustadt wird bereits auf dem Weg zum sozialen Brennpunkt gesehen:

"Der Stadtteil Halle-Neustadt, Anfang der sechziger Jahre unter dem Motto »Chemie schafft Schönheit, Brot und Wohlstand« aus dem Boden gestampft, hat beste Chancen, ein sozialer Brennpunkt der neunziger Jahre zu werden: endlose Häuserreihen an durchnumerierten Straßen, ein paar Schulen und Polikliniken, ein Dutzend Klubs und Kneipen, ein Kino, eine Polizeistation - und sonst nichts außer Beton und 90.000 Einwohnern."

1991

SPIEGEL (1991): "Fall fürs Sprengkommando".
Der Niedergang der Region Bitterfeld und das giftige Erbe der DDR-Chemieindustrie,
in: Spiegel Nr.45  v. 04.11.

1992

SPIEGEL (1992): Ausländische Milliarden für das dreckige Dreieck.
Im ostdeutschen Chemiedreieck zwischen Bitterfeld, Halle und Merseburg ist die Stimmung weit schlechter als die Lage. Internationale Konsortien wollen Milliarden in die verrotteten Anlagen von Leuna und Buna investieren, denen nach der Wiedervereinigung kaum jemand eine Chance gegeben hatte,
in: Spiegel Nr.32  v. 03.08.

Der Spiegel berichtet darüber wie der Chemiestandort Sachsen-Anhalt gerettet werden soll:

"Die Chemieindustrie ist der einzige nennenswerte Arbeitgeber in der Gegend. Die Kombinate der Region hatten zu sozialistischen Zeiten rund 80.000 Beschäftigte. Bricht die Produktion bei Buna und Leuna weg, wächst dort wohl auf Jahrzehnte kein neuer Industriezweig nach.
Das halbe Bundesland Sachsen-Anhalt wäre auf Dauer vom versprochenen Aufschwung Ost ausgeschlossen. Da halten selbst die eher bedächtigen Chemiearbeiter nicht mehr still. (...).
Gewiß ist nur: Im Chemiedreieck werden zahllose Steuermilliarden versinken. Rund acht Milliarden Mark sind bisher an Altschulden und Liquiditätskrediten abzubuchen. (...). Nochmals über vier Milliarden Mark Betriebsverluste in den kommenden drei bis vier Jahren hält die Treuhand für unvermeidlich.
Das Minus bleibt bei der Anstalt hängen, weil die Investoren wie etwa das Elf-Konsortium nur zu einem sogenannten Asset-Deal bereit sind. Das bedeutet: Die Firmen kaufen Grundstücke und Anlagen, die verlustreichen Unternehmen selbst, zum Beispiel die Leuna AG, verbleiben der Treuhand. Und natürlich muß die deutsche Staatsholding auch die noch unbekannten Kosten einer Bodensanierung übernehmen (...). Recht bescheiden sieht dagegen die Bilanz für die Arbeitsplätze aus. Der Vertrag mit den Franzosen sichert derzeit nur 1.500 Arbeitsplätze in den alten Raffinerien Leuna und Zeitz. Erst mit der neuen Anlage läuft die Garantie für 6.700 Arbeitsplätze an, die Elf und Thyssen bei einer Vertragsstrafe von 40.000 Mark pro Person zugesagt haben.
Am Standort Leuna werden jedoch höchstens 2.500 Leute beim neuen Eigentümer Arbeit finden. Der Rest der garantierten Arbeitsplätze entfällt auf die in den neuen Ländern verstreuten Minol-Tankstellen. Und dort werden jetzt erst mal rund 3000 Beschäftigte entlassen. Die Sozialplankosten trägt die Treuhand.
Wie viele Arbeitsplätze bei Buna übrigbleiben, ist noch nicht ausgehandelt. Insgesamt, so hatte die Unternehmensberatung McKinsey errechnet, könnten in der ostdeutschen Großchemie noch 20.000 Arbeitsplätze gehalten werden. Doch von dieser Zahl ist die Treuhand noch weit entfernt, und für viele Betriebe gibt es noch gar keine Interessenten.
Selbst wenn die Privatisierung im Osten planmäßig gelingt, sind Arbeitsplätze gefährdet: im Westen."

1994

DEUTSCHER BUNDESTAG (1994): Raumordnungsbericht 1993, Drucksache 12/6921 v. 28.02.

Der Raumordnungsbericht 1993 weist für Sachsen-Anhalt eine Leerstandsquote von 3,6 % Ende 1991 aus. Als Gründe für 18.885 leerstehende Wohnungen werden Unbewohnbarkeit (60,8 %), bauliche Maßnahmen (19,5 %) und erschwerte Vermietbarkeit (17,5 %) genannt (vgl. S.149).

DEUTSCHER BUNDESTAG (1994): Großsiedlungsbericht 1994, Bundestag-Drucksache 12/8406

Der Großsiedlungsbericht beschäftigt sich u.a. mit 11 Modellvorhaben, zu denen Halle-Neustadt und Stendal-Stadtsee gehören (vgl. S.21). Zu den Großwohnsiedlungen in Ostdeutschland heißt es:

"Von den etwa 6,3 Mio. Wohnungen in den neuen Ländern und im Ostteil Berlins wurden über 2 Mio. nach dem Krieg in industrieller Bauweise errichtet. Die Hälfte der sog. »Plattenbauwohnungen« befindet sich in Großwohnsiedlungen mit mehr als 2.500 Wohnungen. 23 v.H. der Bevölkerung in den neuen Ländern und Berlin-Ost leben in diesen großen Neubausiedlungen.
Die Zahlen machen deutlich, daß die »Plattenbaugebiete« in den neuen Ländern und Berlin- Ost für die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum unverzichtbar sind. Die Instandsetzung und Modernisierung der Wohnungen und Wohngebäude sowie die Entwicklung der Gebiete im ganzen sind infolgedessen wichtige wohnungspolitische, städtebauliche und soziale Aufgaben von gesamtstaatlicher Bedeutung."

Das Kapitel 4 präsentiert Zahlen vom 31.12.1993 zu Großwohnsiedlungen. Eine Karte (vgl. S.28) listet 14 Großwohnsiedlungen mit mehr als 2.500 Wohnungen in Sachsen-Anhalt auf (Magdeburg: 6; Halle: 3; sowie 5 in anderen Städten

DEUTSCHER BUNDESTAG (1994): Bericht der Expertenkommission Wohnungspolitik, Drucksache 13/159 v. 30.12.

Die Großsiedlungen in Ostdeutschland werden in dem Bericht als sozial homogen und als prinzipiell sanierungsfähig angesehen. Jedoch wird darauf hingewiesen, dass die Plattenbausiedlungen durch neu entstehende Konkurrenz an Attraktivität verlieren könnten:

"Die Sozialschichtung in den Plattenbausiedlungen ist ausgewogener als in den meisten westdeutschen Großsiedlungen. Die Plattenbauten boten im Vergleich zu dem vernachlässigten, weithin abgewohnten Altbaubestand einen erheblich größeren Komfort und waren als moderne Wohnungen sehr begehrt. Folglich hat sich die übliche Segregation nach Einkommens- und Sozialschichten zwischen verschiedenen Wohngebieten, wie sie in westdeutschen Stadtregionen eingetreten ist, in den ostdeutschen Städten bis heute nicht herausgebildet. Das gute Ansehen, das Großsiedlungen immer noch haben, ist nicht allein eine Folge der früheren Wohnraumbewirtschaftung, sondern liegt auch daran, daß Altbauwohnungen bis heute häufig in einem noch schlechteren Zustand sind. Sobald sich den Bewohnern bessere Alternativen bieten, könnten die Plattenbausiedlungen aufgrund ihrer architektonischen und städtebaulichen Mängel an Attraktivität verlieren." (S.292)

"Gegenwärtig ist schwer abschätzbar, wie hoch die Nachfrage nach Plattenbauten auf den einzelnen räumlichen Teilmärkten sein wird. Dieser Bedarf hängt wesentlich von der Entwicklung der Bevölkerung in den Teilregionen ab. Von Bedeutung ist auch der Anteil der Plattenbauten am Wohnungsbestand. Dort wo 80 vH der Wohnungen in Plattenbauweise errichtet wurden und wo die Zahl der Einwohner deutlich zurückgeht, kann schon in wenigen Jahren, insbesondere wenn der Eigenheimbau in Gang kommt, ein dauerhafter Überschuß an Plattenbauten entstehen. Im Regelfall wird man eine solche Entwicklung aber vorläufig nicht befürchten müssen." (S.293)

1995

SPIEGEL (1995): "Sandstrand am Kohleloch".
Spiegel-Serie Im Osten viel Neues - Teil 4 Sachsen-Anhalt: Deutschlands dreckigstes Industrierevier soll zum Öko-Modell werden: Kein Land im Osten wird so radikal umgebaut wie Sachsen-Anhalt. Trotz der milliardenverschlingenden Sanierung sehen jedoch viele Menschen ihre Zukunft düster - mit der Industrie werden auch die Arbeitsplätze abgeräumt,
in: Spiegel Nr.39  v. 25.09.

Der Spiegel berichtet darüber, wie aus der Tagebau- und Industrielandschaft von Sachsen-Anhalt ein Öko-Paradies werden soll:

"Am 30. Juni vor zwei Jahren (...) wurde der Tagebau gestoppt. Die Kohle war zu schwefelhaltig, der Abbau zu unwirtschaftlich. Von einstmals 7.000 Arbeitern blieben 800 übrig. Die bauen jetzt die Brikettfabriken und Maschinenhäuser ab, sammeln Gleise ein und verschrotten ihre Bagger.
In den Dörfern ist die Stimmung gedrückt (...). Spätestens im Jahr 2002 soll die Grube von Mücheln, derzeit das größte Sanierungsprojekt in Ostdeutschland, in den Fluten versinken.
Wo Bergmänner seit fast 300 Jahren Kohle aus der Erde kratzten, wo bis zur Wende Baggerketten kreischten, täglich Hunderte von Güterzügen entlangrumpelten und Brikettfabriken ihren braunen Qualm in den Himmel bliesen, soll in 25 Jahren das zwölftgrößte Gewässer Deutschlands plätschern: der Geiseltal-See, Sachsen-Anhalts schönstes Bade- und Segelrevier, wie die Sanierer versprechen.
Wie im Geiseltal werden derzeit überall in Sachsen-Anhalt Fabriken, Kraftwerke und Chemieküchen abgeräumt. Noch nie ist in Deutschland eine Region derart radikal umgebaut worden wie der Landstrich zwischen Harz und Elbe. (...).
In den Industriewüsten um Bitterfeld, Merseburg und Mansfeld sind Tausende von Arbeitern damit beschäftigt, ganze Fabrikstädte einzuebnen. Allein in den einstigen Groß-Kombinaten Buna und Leuna rissen die Sanierer bis heute über 500 Gebäude ab. Und noch immer winden sich rostige Rohre über die Gelände, ragen Backsteinruinen und stillgelegte Schornsteine in den Himmel.
Allerorten beeilen sich Kommunalpolitiker, das Schmuddel-Image von ihren Städten und Dörfern abzustreifen. In Wernigerode, Quedlinburg oder Halberstadt putzen die Bewohner ihre alten Fachwerkhäuser heraus. (...).
»Nach der Wende fielen hier die Fernsehteams ein, um das Elend zu filmen«, erinnert sich der Halberstädter Wirtschaftsdezernent Ralf Abrahms, ein aus Bad Harzburg übergewechselter Grünen-Ratsherr: »Außer Mitleid hatten wir gar nichts.«
Nun sind schon ein Drittel der Häuser in dem historischen Harzstädtchen instand gesetzt oder werden gerade renoviert. Stolz zeigt Abrahms auf die Hallen und Baustellen im Gewerbegebiet: »Das füllt sich hier.«
Von Bitterfeld bis Merseburg haben sich die beißenden Qualmschwaden aus Ammoniak, Schwefeldioxid oder Kohlestaub verflüchtigt. Die Luft ist wieder unsichtbar, die Leute klagen seltener über Erkältungen, Husten und Bronchitis. (...).
Über 140 Quadratkilometer Braunkohlerevier werden demnächst der Natur zurückgegeben. In den Abbau-Löchern entstehen Dutzende neuer Seen, die gesamte Fläche größer als der Chiemsee. Weiße Sandstrände werden die Ufer säumen, die Landschaftsarchitekten legen Wiesen, Sumpfstreifen und Wälder an.
In den benachbarten Dörfern rangeln Investoren und Spekulanten bereits um die künftigen Seegrundstücke. (...). Etwa in Bitterfeld. Noch vor zwei Jahren fragte die Berliner BZ: »Lebt das Drecksnest noch?« Nun planen die Stadtväter, die Chemiestadt zum Seebad umzubauen.
Im Osten von Bitterfeld, am stillgelegten Braunkohleloch Goitsche, werfen Kettenbagger bereits eine 61 Kilometer lange Uferböschung auf. "Unsere Uferpromenade wird so ähnlich wie in Lindau am Bodensee", schwärmt Bürgermeister Werner Rauball. Bald, so träumen die Planer, könnten Erholungssuchende aus Leipzig, Halle und sogar Berlin nach »Bad Bitterfeld« strömen.
Nur noch blitzsaubere Chemiebetriebe will sich die Stadt leisten, solche wie das Bayer-Werk, das seit Ende August ausgerechnet in der Kopfschmerzmetropole der einstigen DDR Aspirin-Tabletten produziert.
Wo einstmals das Chemiekombinat Bitterfeld seine giftigen Dämpfe in die Luft entließ, haben sich mehr als 200 neue Firmen angesiedelt, vom Ingenieurbüro bis zum Konzern. Das Bundesumweltministerium will die Region im Rahmen der Weltausstellung Expo 2000 als »Musterbeispiel für eine ökologische und wirtschaftliche Umgestaltung in Deutschland« präsentieren.
Schon heute sind große Flächen um die einstige Giftstadt als Naturschutzgebiete ausgewiesen. Am nahen Muldestausee tummeln sich Kormorane und Fischreiher. Und es nisten sogar drei Fischadler (...).
Auch der Truppenübungsplatz Colbitz-Letzlinger Heide im Norden Sachsen-Anhalts, der vier Jahrzehnte lang von russischen Panzern und Granaten durchpflügt wurde, soll, so will es das Umweltministerium, zum Erholungsgebiet werden. Noch liegt das Gelände arg zerfurcht, möchte die Bundeswehr das Areal zu einem der größten Truppenübungsplätze Europas ausbauen. (...).
Rund 20.000 Menschen werkeln in staatlich geförderten Sanierungsgesellschaften an der schönen neuen Öko-Welt. Für den Umbau sind Milliardensummen nötig (...).
Oft kommen die Arbeiter nur mühsam voran, weil die Anlagen lebensgefährlich verseucht sind. Im Harzstädtchen Ilsenburg etwa zerlegen in Spezialanzüge vermummte Gestalten mit Preßlufthämmern und Schweißgeräten die Schmelzöfen der alten Kupferhütte - früher eine der schlimmsten Giftschleudern des Landes. (...).
Viele der Umweltlasten sind älter als die DDR. Sachsen-Anhalt war bereits ein geschundenes Land, bevor die SED die Macht übernahm. »Halle ist eine winklige, schmutzige, übelriechende Stadt«, schrieb 1837 der Schriftsteller Arnold Ruge: »Nicht nur der Geruch von dem Braunkohlentorf, auch das Wasser, welches die Stärkefabrikanten von Glaucha in offenen Gossen durch die Straßen ihres Stadtteils senden, verpestet die Atmosphäre.« Bei der Ostharzstadt Hettstedt türmt sich eine riesige Halde mit Strahlenschlacke auf den Feldern (...).
In den Labors von Bitterfeld, Buna und Leuna entwickelten Chemiker eine Weltneuheit nach der anderen: 1936 den ersten Farbfilm, 1938 den revolutionären Kunststoff PVC. Selbst eine Kleinstadt wie Halberstadt hatte eine direkte Zugverbindung nach London.
Schon im vorigen Jahrhundert war die Region um Halle und Bitterfeld ein bedeutendes Chemiezentrum. Es gab drei wichtige Grundstoffe: Salz, Wasser und Kohle. (...).
Keines der neuen Länder erlebte einen derart kompletten Zusammenbruch der DDR-Planwirtschaft wie Sachsen-Anhalt. Von den einstmals 75.000 Chemiearbeitern verloren 56.000 ihren Job. In Braunkohlegruben und Brikettfabriken sind von 20.000 Beschäftigten 4.300 übriggeblieben.
Von den 77.000 Arbeitnehmern im Maschinenbau ist gerade mal ein Viertel noch beschäftigt. Mit einer Arbeitslosenquote von 15,6 Prozent ist Sachsen-Anhalt trauriger Spitzenreiter in Deutschland. (...).
Blühende Landschaften? Die Bürger in Sachsen-Anhalt sehen ihre Zukunft pessimistischer als anderswo im Osten."

SPIEGEL (1995): "Warten auf die Wende".
Spiegel-Serie Im Osten viel Neues - Teil 4 Sachsen-Anhalt: Das Mansfelder Land – Armenhaus der Republik?
in: Spiegel Nr.39  v. 25.09.

Der Spiegel berichtet über die Tristesse in Helbra und Hettstedt im Landkreis Mansfelder Land:

"Kaum eine Gegend wurde von der Wende so hart getroffen wie das Mansfelder Land. Die Bergbauregion am Ostrand des Harzes, in der die Menschen seit Jahrhunderten ihr Geld in Bergwerken und Hütten verdienten, ist Brachland geworden. Vor fünf Jahren wurde der letzte Stollen verschlossen, die Rohhütte in Helbra und die Kupfer-Silber-Hütte im benachbarten Hettstedt stillgelegt.
Hier liegt Sachsen-Anhalts armer Hinterhof. Nur wenige Dächer sind neu gedeckt, von vielen Fassaden bröckelt nach wie vor der Putz, die Straßen werden nur zögernd instand gesetzt. (...).
Noch sind in der 5.400-Einwohner-Gemeinde Helbra, dem »größten Dorf der DDR«, wie es bis zur Wende hieß, 1.300 Menschen damit beschäftigt, die Überreste der Kupferhütte einzuebnen und neue Gewerbeflächen herzurichten. Wenn die Arbeit erledigt ist, droht auch diesen Leuten die Arbeitslosigkeit. (...).
Die Menschen fühlen sich im Stich gelassen. Während Hunderte von Millionen nach Bitterfeld oder Merseburg fließen, verkommt das Mansfelder Land zum Armenhaus.
Ganze Ortsteile sind mit Arsen, Blei, Cadmium oder Zink vergiftet, insgesamt rund fünf Millionen Quadratmeter. Bei Hettstedt gibt eine Schlackenhalde radioaktive Strahlung ab. (...).
Ein weiteres Übel: Seit fast drei Jahren verrotten auf den Bergbahngleisen in Hettstedt und Helbra mehr als 150 Eisenbahnwaggons mit tonnenschweren hochgiftigen Filterrückständen. Mit großspurigen Konzepten hatte sich 1992 die westdeutsche MFD-Recycling GmbH den Entsorgungsauftrag für 2,7 Millionen Mark ergattert.
Ihr Geschäftsführer (...) kassierte (...) ab und machte sich aus dem Staub. Seither rotten die Waggons vor sich hin, etliche Säcke sind aufgeplatzt, jeder Regen schwemmt Giftstoffe aus."

Der Landkreis Mansfelder Land wurde 2007 zusammen mit dem Landkreis Sangerhausen zum neuen Landkreis Mansfeld-Südharz fusioniert.

1996

SPIEGEL-Titelgeschichte: Absturz Ost.
Das Ende der Blütenträume

SCHÄFER, Ulrich u.a. (1996): "Vulkane sind überall".
Der ostdeutschen Wirtschaft droht der Absturz: Viele der wenigen Betriebe, die den Weg in die Marktwirtschaft scheinbar schon geschafft hatten, gehen pleite. Die industrielle Basis der neuen Länder, ohnehin klein und brüchig, schrumpft weiter. Ist der Aufschwung Ost vorbei, ehe er richtig begann?
in: Spiegel Nr.25  v. 17.06.

"Dem Aufschwung Ost geht die Luft aus.
Droht nun der Absturz? "In drei bis fünf Jahren", so hatte der Kanzler auf der Hannover-Messe im Frühjahr 1991 prophezeit, sei der Osten am Ziel - spätestens also 1996. Längst ist jedoch klar, daß die Aufholjagd der ehemaligen Planwirtschaft bis weit ins nächste Jahrtausend dauern wird - wenn sie denn überhaupt gelingt.
Gewiß, es sind viele zarte Pflänzlein auf den verdorrten Landschaften gesprossen, doch das Überleben dieser Unternehmen ist keineswegs gesichert. Es wurden Einkaufszentren auf die grüne Wiese gesetzt, marode Altbauten und Straßen saniert, Millionen von Telefonanschlüssen gelegt. Doch viele Gewerbeparks warten immer noch auf Investoren, die sich dort ansiedeln. Die Ostdeutschen produzieren gerade zwei Drittel dessen, was sie konsumieren. Den Rest schießt der Westen zu. (...).
Noch vor zwei bis drei Jahren sah alles ganz anders aus, da zählte der deutsche Osten zu den dynamischsten Wachstumsregionen der Welt: Die Wirtschaft zwischen Rostock und Dresden legte jährlich um acht Prozent zu.
Doch seither geht es dramatisch bergab - bis zum völligen Stillstand. In den ersten drei Monaten dieses Jahres, so hat das Statistische Bundesamt in Wiesbaden gerade errechnet, stagnierte die Wirtschaft in den neuen Ländern: null Wachstum statt Aufschwung Ost.
Erstmals fiel der Osten damit hinter den Westen zurück. Das ist kein einmaliger Ausrutscher, sondern der Beginn eines Trends (...).
Im Jahr sechs nach der Einheit haben mehr als 1,1 Millionen Menschen keine Arbeit, nicht eingerechnet 440 000, die in Umschulungs- und Arbeitsbeschaffungsprogrammen zeitweise untergekommen sind. Die Träume aus der Wendezeit sind geplatzt, die großen Versprechungen haben sich als zu kühn erwiesen, die Illusionen von damals sind wie weggeblasen",

erzählt uns der Spiegel zur Entwicklung der Wirtschaft in den neuen Bundesländern. Beispielhaft für die Probleme steht eine Firma in Staßfurt, die aus Kombinat VEB RFT hervorgegangen ist:

"Beim Fernseh- und Elektronikproduzenten RFT Staßfurt, der zu 49 Prozent der Nord/LB gehört, stoppten die Geldgeber einen Kredit in zweistelliger Millionenhöhe. (...). Wenig später beantragte RFT die Gesamtvollstreckung.
Dabei zählt das Fernsehwerk der RFT zu den modernsten Europas, allerdings verbirgt sich der High-Tech-Glanz auf dem riesigen Firmenareal hinter Ruinen. Die Staßfurter nennen die moderne Produktionshalle »Factory 95«.
Noch auf der Internationalen Funkausstellung präsentierte RFT mit Stardesigner Luigi Colani einen eiförmigen Fernseher, 1997 waren Gewinne und 200 Millionen Mark Umsatz geplant.
Doch die Manager verschätzten sich gewaltig. Im vergangenen Jahr war das Werk nur zur Hälfte ausgelastet, der Umsatz dümpelte bei weniger als 80 Millionen Mark, die Verluste erreichten 50 Millionen.
Nun will der französische Konzern Thomson Multimedia das Vertriebsnetz von RFT übernehmen und Lohnaufträge nach Staßfurt vergeben. Ein Drittel der Jobs könnte das sichern. Das Werk selber will Thomson nicht kaufen."

STALA SACHSEN-ANHALT (1996): Abgeschwächter Bevölkerungsrückgang in Sachsen-Anhalt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 20.06.

SPIEGEL (1996): "Menschenleere Projekte".
Ost-Subventionen: Ostdeutschland wird zum Subventionsmoloch. Viele Milliarden versickern in unrentablen Betrieben und unsinnigen Projekten - einen selbsttragenden Aufschwung hat das Geld nicht bewirkt. Bonn steckt in der Zwickmühle: Die Regierung muß weiter zahlen, damit die Arbeitslosigkeit nicht weiter steigt. Doch nun legt sich Brüssel quer,
in: Spiegel Nr.32  v. 05.08.

Der Spiegel berichtet am Beispiel von Sachsen-Anhalt über die Probleme, die bestehen, um die ostdeutsche Industrie wettbewerbfähig zu machen. Magdeburg und das Chemiedreieck zwischen Schkopau, Bitterfeld und Leuna sind die Schauplätze:

"Beihilfen für den Magdeburger Schwermaschinenbauer Sket kommen nun auf den Brüsseler Prüfstand. Mehr als zwei Milliarden Mark aus öffentlichen Kassen haben nicht verhindert, daß das Traditionsunternehmen Sket heute schlechter dasteht denn je. Der Planumsatz für das laufende Jahr wurde kräftig nach unten korrigiert - von 415 Millionen Mark auf 300 Millionen. (...).
3.000 Firmen, die längst von der Treuhand oder deren Nachfolgeorganisation privatisiert worden waren, brauchen zusätzliche Geldspritzen, oder sie müssen mehr Jobs abbauen, als ursprünglich abgemacht. Und viele der kleinen, einst gefeierten Management-Gesellschaften stecken ebenso in Schwierigkeiten wie die großen und bekannten Sanierungs- und Privatisierungsfälle. (...).
Über 200 Millionen Mark an Bürgschaften und Investitionszuschüssen hatte Sachsen-Anhalt bis Ende vorigen Jahres in die Südharz-Firma Aluhett gepumpt, um schließlich 300 Arbeitsplätze zu retten. Das macht 700.000 Mark pro Job. Dann kam erst die Gesamtvollstreckung und dann ein neuer Käufer. (...).
Vor allem im Chemiedreieck zwischen Schkopau, Bitterfeld und Leuna wird deutlich, wie beim Aufbau Ost jedes Augenmaß verlorenging. Der Erhalt der ostdeutschen Chemieindustrie, rechnete BvS-Vorstand Peter Breitenstein im Juni vor, koste den Steuerzahler »zwischen 30 und 35 Milliarden Mark«.
Allein in die drei Standorte Leuna, Bitterfeld und Zeitz pumpt der Staat gut neun Milliarden Mark, um 18 300 Arbeitsplätze zu sichern. Die Mittel für Sozialpläne, ABM-Maßnahmen und Investitionszulagen sind in der BvS-Rechnung noch nicht enthalten.
Die milliardenschweren Finanzspritzen für die Großprivatisierungen im ostdeutschen Chemiedreieck haben vor allem einen Effekt: Ohne jegliches unternehmerisches Risiko erhalten Weltkonzerne hocheffiziente und durchrationalisierte Betriebsstätten. »Das sind«, so ein BvS-Manager selbstkritisch, »menschenleere Investitionsprojekte.«
Noch 1991 kamen die Unternehmensberater von Arthur D. Little und McKinsey zu dem Schluß, daß die maroden Altanlagen in Leuna »aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht haltbar« seien. Doch 1992 versprach ein Konsortium unter der Führung des französischen Mineralölkonzerns Elf Aquitaine mit der deutschen Thyssen Handelsunion fast fünf Milliarden Mark in eine neue Raffinerie zu investieren und damit 2550 neue Jobs zu kreieren.
Das einst gefeierte deutsch-französische Großprojekt ist heute zu einem schwer kalkulierbaren Problemfall geworden. (...).
Und nun droht auch noch Ärger wegen des Verkaufs des Plaste-Kombinates Buna an Dow Chemical. Jeder Arbeitsplatz, den die Amerikaner dort versprechen, kostet den deutschen Steuerzahler - ohne die verdeckten Strompreissubventionen - mehr als 4,4 Millionen Mark. Das ist Weltspitze."

DEUTSCHER BUNDESTAG (1996): Städtebaulicher Bericht 1996 Nachhaltige Stadtentwicklung, Drucksache 13/5490 v. 04.09.

Der Bericht sieht die Großwohnsiedlungen als erhaltenswert an. Als Großwohnsiedlungen werden Siedlungen mit mehr als 1.000 Wohnungen bezeichnet. Für das Jahr 1995 (Stand 31.05.) werden folgende Zahlen zu diesen Siedlungen präsentiert (vgl. S.40):

Größenklasse (Wohneinheiten) neue Bundesländer alte Bundesländer Insgesamt
10.000 und mehr 28 8 36
5.000 - 10.000 43 16 59
2.500 - 5.000 85 84 169
1.000 - 2.500 230 227 457
Insgesamt 386 335 721

STALA SACHSEN-ANHALT (1996): Immer mehr ältere Menschen,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 23.09.

"Die Anzahl der älteren Menschen nimmt kräftig zu. Nach Mitteilung des Statistischen Landesamtes gab es im Jahr 1985 in Sachsen - Anhalt 28.400 Personen (0,9 Prozent der damaligen Bevölkerung) , die 85 Jahre oder älter waren. Zehn Jahre später erhöhte sich diese Zahl auf 41.500 (1,5 Prozent).
In diesem Zeitraum verzeichnete das Land Sachsen-Anhalt einen Bevölkerungsrückgang um 282.000 Personen, was etwa der Einwohnerzahl der Stadt Halle (Saale) entspricht.
Nach einer Prognose über die künftige Entwicklung der Bevölkerung werden bis zur Jahrtausendwende 42.300 Menschen (1,6 Prozent) in diesem hochbetagten Alter sein. Laut langfristigen Modellrechnungen sind - bei sinkender Bevölkerungszahl - weiterhin Zunahmen auf 60.000 (2,3 Prozent) im Jahr 2020 bzw. über 70.000 (3,2 Prozent ) im Jahr 2040 zu erwarten.
Verschiebungen im Altersaufbau der Bevölkerung werden auch bei den Kindern und Jugendlichen deutlich. In der Altersgruppe 0 bis unter 18 Jahre ging die Bevölkerung von 693.800 (23,0 Prozent der Bevölkerung) im Jahr 1985 auf 548.700 (20,0 Prozent ) im Jahr 1995 zurück, bis zum Jahr 2040 wird sie sich auf ca. 273.000 (12,7 Prozent) halbieren", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (1996): Geburtenfreudigkeit in Sachsen-Anhalt nimmt wieder zu,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 17.12.

1997

STALA SACHSEN-ANHALT (1997): Bevölkerungsentwicklung regional unterschiedlich,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 18.03.

SEMKAT, Ute (1997): Wolfen-Nord - eine Schlafstadt erwacht zu neuem Leben.
Ost-Gemeinde will Plattenbau-Wüste zur Oase machen: Große Wohnungen, viel Grün und preiswerte Mieten,
in: Welt Online  v. 10.05.

STALA SACHSEN-ANHALT (1997): Abgeschwächter Bevölkerungsrückgang in Sachsen-Anhalt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 20.05.

"Im Jahr 1996 wurden 16152 Kinder geboren, 1584 mehr als im Vorjahr. Damit wurde das Niveau von 1992 wieder erreicht. Der Tiefpunkt bezüglich Geburtenfreudigkeit lag im Jahr 1994. Damals gab es nur 14280 Neugeborene", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (1997): Immer mehr ältere Menschen,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 01.08.

1998

STALA SACHSEN-ANHALT (1998): Bevölkerungsprognose Sachsen-Anhalts bis zum Jahr 2010,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 24.04.

"Die Bevölkerungszahl Sachsen-Anhalts wird nach Berechnungen des Statistischen Landesamtes von 2,724 Millionen Personen im Basisjahr 1996 auf 2,485 Millionen im Jahr 2010 zurückgehen. Das entspricht einem Rückgang um 238.000 Personen.
In einem neu veröffentlichten Statistischen Bericht werden erstmals regionale Veränderungen für einen Zeitraum von 14 Jahren dargestellt. Danach werden die Bevölkerungszahlen bis 2010 im Saalkreis (von 72.500 auf 92.300), im Ohrekreis (von 113.400 auf 123.700) und geringfügig im Bördekreis sowie im Altmarkkreis Salzwedel steigen.
Die übrigen Regionen müssen mit schrumpfenden Einwohnerzahlen rechnen. Beachtliche Verluste werden sich in den beiden Großstädten des Landes trotz zu erwartender nachlassender Stadt-Umland-Wanderungen vollziehen.
Die Bevölkerung der Landeshauptstadt Magdeburg wird von 251.000 auf 211.000 sinken, Halle (Saale) muß mit einem Rückgang von 277.000 auf 220.000 Personen rechnen.
Veränderungen werden sich auch in der Altersstruktur bemerkbar machen. Während sich die Anzahl der unter 15jährigen nahezu halbiert (von 417.000 im Jahr 1996 auf 243.000 am Ende des Prognosezeitraums), wächst die Zahl der über 65jährigen um 18 Prozent von 428.000 auf 504.000 Personen. Trotz dieser Entwicklung wird das Erwerbspotential von 1996 bis 2010 geringfügig steigen. Entfielen 1996 auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter (15 bis unter 65 Jahre) 22 Kinder und Jugendliche (bis unter 15 Jahre) sowie 23 Rentner (über 65 Jahre), werden es im letzten Prognosejahr 14 Kinder und Jugendliche sowie 29 Rentner sein", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (1998): Regional unterschiedliche Bevölkerungsentwicklung in Sachsen-Anhalt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 26.05.

STALA SACHSEN-ANHALT (1998): Immer mehr ältere Menschen,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 29.06.

STALA SACHSEN-ANHALT (1998): Junge Mütter werden "älter",
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 22.09.

STALA SACHSEN-ANHALT (1998): Einbruch beim Geschoßwohnungsbau, aber Zuwachs bei Eigenheimen,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 20.10.

1999

SAHNER, Heinz / ZABOROWSKI Katrin, U. (1999): Silberhöhe. Eine Großwohnsiedlung von Halle im Umbruch. Der Hallesche Graureiher 1999,2. Forschungsberichte des Instituts für Soziologie. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

STALA SACHSEN-ANHALT (1999): Genehmigungszahl bei Eigenheimen weiter steigend,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 25.01.

STALA SACHSEN-ANHALT (1999): Bevölkerungszahl Sachsen-Anhalts schrumpft weiter,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 23.04.

"Der Trend steigender Geburtenzahlen setzt sich seit 1995 weiter fort. Die Zahl der Neugeborenen erhöhte sich 1998 gegenüber dem Vorjahr um 319 auf 17.513. Registriert wurden 31.011 Sterbefälle, das sind 119 mehr als 1997. Das Geburtendefizit wurde als Folge steigender Geburtenzahlen weiter abgebaut", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (1999): Größte Wohnungen im Altmarkkreis,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 05.07.

STALA SACHSEN-ANHALT (1999): Sachsen-Anhalts Bevölkerung wird immer älter,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 08.07.

"Das Durchschnittsalter der 2,66 Millionen Sachsen-Anhalter beträgt gegenwärtig 41,8 Jahre und hat sich seit der Volkszählung im Jahr 1981 um knapp vier Jahre erhöht.
Wie das Statistische Landesamt mitteilt, sind die Frauen mit 44 Jahren durchschnittlich 4½ Jahre älter als die Männer. Bis zum Jahr 2010 wird das Durchschnittsalter laut jüngster Regionalprognose der Statistiker im Durchschnitt nochmals um 3½ Jahre höher liegen. (...).
Auf 100 Jahre und mehr blickten in Sachsen-Anhalt am Jahresende 1998 insgesamt 108 Frauen und 15 Männer zurück. Mit 44,7 Prozent ist die Gruppe der 100-jährigen am Stärksten besetzt. Zu den 101-jährigen zählten 29 Frauen und 4 Männer. Auf 102 Jahre konnten 18 Personen zurückschauen, 11 Frauen feierten ihren 103. Ehrentag, drei Frauen den 104. und eine Frau den 105. Geburtstag.
Die am Jahresende 1998 älteste Einwohnerin (inzwischen verstorben) war 107 Jahre alt. Gegenwärtig lebt die älteste Frau Sachsen-Anhalts in Haldensleben und ist 106 Jahre alt, der älteste Mann, ein Schackstedter aus dem Landkreis Bernburg, blickt inzwischen auf das stolze Alter von 102 Jahren zurück", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

2000

MAHLER, Katja (2000): Großsiedlungen : auf dem Weg zum eigenständigen Stadtteil oder zum sozialen Brennpunkt? Eine Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung am 26. Juni 1997 in Magdeburg / [von Katja Mahler verf.]. - [Electronic ed.]. - Bonn, 1997. - 40 S. = 164 Kb, Text . - (Reihe "Wirtschaftspolitische Diskurse" ; 105). - ISBN 3-86077-655-X Electronic ed.: Bonn: FES Library

STALA SACHSEN-ANHALT (2000): Immer weniger Bürger im Land,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 31.01.

"Der Rückgang der Bevölkerungszahl in Sachsen-Anhalt hält an. Ende September 1999 lebten hier noch 2.656.339 Personen. Das waren 27.240 weniger als im September 1998, teilte das Statistische Landesamt in Halle mit.
Als einen wesentlichen Grund für den Bevölkerungsschwund in Sachsen-Anhalt nannte die Behörde die anhaltende Abwanderung in andere Bundesländer. An erster Stelle standen Fortzüge nach Niedersachsen mit 9.537 Personen, gefolgt von Nordrhein-Westfalen (5.722) und Bayern (5.146). Weitere Ziele waren Sachsen (4.718) und Baden Württemberg (4.060). Ins Ausland zogen 7.722 Personen, darunter 6.951 Ausländer. Insgesamt wurden neben 54.301 Fortzügen nur 39.684 Zuzüge registriert, so dass sich Wanderungsverluste ergaben.
Nach wie vor werden in Sachsen-Anhalt wesentlich weniger Menschen geboren als sterben. Den 18.040 neuen Erdenbürgern seit September 1998 standen 30.663 Sterbefälle gegenüber. Damit entfielen auf 10 Geburten rund 17 Sterbefälle", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2000): 1999 ein Fünftel weniger Wohnungen fertiggestellt als ein Jahr zuvor,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 01.03.

"Mit 14.523 Wohnungen wurden gegenüber dem Vorjahr 3.143 Wohnungen, etwa 18 Prozent, weniger fertiggestellt. Insbesondere der Bau von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern war stark rückläufig (- 45 Prozent). Bei Ein- und Zweifamilienhäusern hielt sich der Rückgang mit einem Minus von 6 Prozent in Grenzen", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2000): Wohnfläche immer größer,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 17.03.

"Hervorgerufen wird die Steigerung durch den steigenden Anteil von Einfamilienhäusern am Genehmigungsvolumen. Wohnungen in Einfamilienhäusern sind durchschnittlich 119 Quadratmeter groß. In Zweifamilienhäusern beträgt die geplante Wohnfläche 88 Quadratmeter und im Geschosswohnungsbau 70 Quadratmeter", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

BOYSEN, Jacqueline & Anke PETERMANN (2000): Vom Leerstand zum Notstand.
Die Krise der ostdeutschen Wohnungswirtschaft,
in: Deutschlandfunk  v. 16.07.

STALA SACHSEN-ANHALT (2000): Sachsen-Anhalts Bevölkerung wird immer älter,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 25.07.

KURBJUWEIT, Dirk (2000): "Lieber die Ostzeiten".
Wolfen: In Wolfen verkauft ein PR-Mann Hoffnung, die er selbst nicht hat,
in: Spiegel Nr.34  v. 21.08.

KOELBL, Susanne (2000): "Da hilft nur noch Dynamit".
Plattenbauten: Abriss Ost statt Aufschwung Ost. Die Geschichte eines Stendaler Plattenbaus und seiner Mieter zeigt, warum in den einst begehrten Vierteln fast jede zweite Wohnung leer steht,
in: Spiegel Nr.41  v. 09.10.

Susanne KOELBL berichtet über den Abriss Ost, dem in erster Linie die Plattenbausiedlungen zum Opfer fallen. Schauplatz ist Stendal, das stellvertretend für den Osten steht:

"Der Aufschwung Ost blieb aus, jetzt läuft der Abriss Ost. Die Demontage der Platte in der Friedrich-Ebert-Straße ist erst der Anfang. In den ehemals so schicken DDR-Wohnungen will heute kaum mehr einer leben. Dabei sollte, so sah es der ehrgeizige Generalbebauungsplan der Stadt aus den siebziger Jahren vor, am Ende außer der Kirche und dem Rathaus die gesamte Altstadt abgerissen, durch Plattenbauten ersetzt sein. Doch nun steht in Quartieren wie dem Stendaler Stadtteil Süd inzwischen jede zweite Wohnung leer.
Massenhaft fliehen die Ostdeutschen vor der Arbeitslosigkeit in den Westen. Hatte die Stadt zu Wendezeiten rund 50 000 Einwohner, zählt sie heute schon gut 10 000 weniger. Wie viele noch auf gepackten Koffern sitzen, weiß niemand. Die »reale Quote« der Beschäftigungslosen schätzt Stendals sozialdemokratischer Oberbürgermeister Volker Stephan auf über 40 Prozent.
Aber auch Wendegewinner ziehen fort. Sie bauen ein Haus im Grünen oder wohnen nun in der aufwendig sanierten Altstadt. Allein in Stendal sollen von den einst insgesamt 13.000 DDR-Neubauwohnungen langfristig 6.000 platt gemacht werden - insgesamt sind es in den neuen Bundesländern etwa eine Million.
»Der Leerstand ist dramatisch, bald sind wir pleite«, sagt Helmut Swillims, 49, Geschäftsführer der Stendaler Wohnungsbaugesellschaft. In seinem Büro hängen bereits Pläne mit bunten Stickern, die jene Hochhäuser markieren, die weg sollen - es sind fast 50. Bis zu hundert Mieter laufen Swillims monatlich weg: »Da hilft irgendwann nur noch Dynamit.«
Die erste Platte fiel schon im April. (...). Die Friedrich-Ebert-Straße 19 bis 29 ist nicht irgendein Haus. Hier lebten früher fast ausschließlich privilegierte Mitarbeiter der Kernkraftwerk-Baustelle und des Ausbesserungswerks der DDR-Reichsbahn. (...).
Seit der Wende schlagen sich die Bewohner der Friedrich-Ebert-Straße 19 bis 29 mehr schlecht als recht durch. Das Haus ist inzwischen heruntergekommen, die Gegensprechanlagen sind herausgerissen, die Flure verlassen. Die gardinenlosen Fenster sehen aus wie dunkle Höhlen. (...).
Auf der anderen Straßenseite, dem todgeweihten Plattenbau genau gegenüber, reckt sich eine Miniaturausgabe der amerikanischen Freiheitsstatue in den verhangenen Stendaler Himmel. Sie ist das Markenzeichen des Schnellrestaurants »American Diner« der Jungunternehmerin Karola Walter, 31. Sie hat die Gesetze der neuen Zeit schnell erkannt und erwartet den Abriss mit Freuden: »Das bringt mir Bauarbeiter und Schaulustige, da klingelt die Kasse.«"

KOMMISSION WOHNUNGSWIRTSCHAFT (2000): Wohnungswirtschaftlicher Strukturwandel in den neuen Bundesländern, November 2000

SAHNER, Heinz (2000): Großwohnsiedlungen der Stadt Halle, Heide-Nord im Vergleich. Der Hallesche Graureiher 2000,4. Forschungsberichte des Instituts für Soziologie. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Heinz SAHNER beschreibt die 3 Großwohnsiedlungen (Halle-Neustadt, Halle-Silberhöhe und Halle-Heide-Nord) in Halle folgendermaßen:

"Mehr als in anderen Großstädten Ostdeutschlands gibt es in Halle einen ausgeprägten Dualismus zwischen alt und neu. Das hat zwei Gründe. Da ist einmal der überproportionale Anteil industriell gefertigter Wohngebiete. An der Spitze ist im Westen der Stadt (...) Halle-Neustadt mit über 35.000 Wohneinheiten zu nennen, eine ursprüngliche selbständige Stadt aus der Retorte am Rande von Halle, die – als Chemiewerker-Stadt – republikweit Arbeiter für die naheliegende Chemieindustrie (Schkopau, Leuna) rekrutierte und deren Bewohner (mehr als 85.000) sich 1990 per Abstimmung mehrheitlich für Halle entschieden haben. Von den drei größten Großwohnsiedlungen ist es die älteste. Die Hauptbauphase war in den 60er und 70er Jahren. Die zweitgrößte, zweitälteste aber problematischste Großwohnsiedlung ist die im Süden der Stadt liegende Silberhöhe mit heute (1999) 15.215 Wohneinheiten. Hohe Bebauungsdichte und besonders defizitäre Infrastruktur hat zu überdurchschnittlich und gleichzeitig hoch selektiver Abwanderung geführt. Der Anteil von Sozialhilfeempfängern liegt hier weit über dem Durchschnitt. Die jüngste Großwohnsiedlung ist Heide-Nord mit 4.600 Wohneinheiten. Das Stadtviertel »Heide-Nord/Blumenau« umfaßt noch die Ortslage Blumenau, ein vorwiegend durch Gärten und kleine Einfamilienhäuser geprägte Lage, die etwa 10% der Bevölkerung umfaßt. Durch eine Sonderauszählung des Einwohner- und Statistikamtes kann hier, soweit ich sehe, erstmalig die Bevölkerungsentwicklung der Großwohnsiedlung »Heide-Nord« bereinigt um Blumenau dargestellt werden. Heide-Nord war zum Zeitpunkt der Wende, was den Außenbereich betraf, noch nicht ganz fertiggestellt, ein Sachverhalt, der anfangs zu großer Unzufriedenheit führte. (...). Die im Vergleich zu früheren Jahren hohe Zufriedenheitswerte sind das Ergebnis von umfassenden Verbesserungen der Infrastruktur". (S.16)

2001

NZZ (2001): Der bittere Weg Bitterfelds zur sauberen Stadt.
Als 1981 die damals noch in der DDR lebende Schriftstellerin Monika Maron ihren Roman «Flugasche» in der Bundesrepublik erscheinen liess, war Bitterfeld schon die dreckigste Stadt Europas. Der Bericht einer jungen Journalistin über unzumutbare Arbeits- und Lebensbedingungen in einer Chemiestadt,
in: Neue Zürcher Zeitung Online  v. 02.02.

STALA SACHSEN-ANHALT (2001): Hohe Wanderungsverluste vor allem bei jungen Frauen,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 12.02.

"Von 1991 bis 1999 verließen nach Informationen des Statistischen Landesamtes über 446.381 Bürger das Land und 373.656 zogen zu. Damit ergaben sich in diesen neun Jahren Wanderungsverluste von 72.725 Einwohnern.
Wanderungsgewinne traten nur in den Jahren 1993, 1994 und 1996 auf. Danach stiegen von 1997 bis 1999 die jährlichen Wanderungsverluste von 8.232 Personen auf 13.870 an. Im Mai 1997 verzeichnete Sachsen-Anhalt letztmalig einen Wanderungsgewinn. Seit dem verließen allmonatlich mehr Menschen das Land als jeweils zuzogen. Im ersten Vierteljahr 2000 ergaben sich Wanderungsverluste von 3.610 Personen, d. h. auch für das abgelaufene Jahr ist keine Entspannung des Bevölkerungsrückganges zu erwarten.
Noch deutlicher wird die Problematik, wenn man das Wanderungsverhalten der deutschen Bevölkerung betrachtet: hier waren in allen 9 Jahren Wanderungsverluste zu verzeichnen, insgesamt 103.547 Personen - das entspricht den Einwohnerzahlen der Städte Wittenberg und Hettstedt zusammen. Dabei entfielen auf das weibliche Geschlecht zwei Drittel und davon betraf über die Hälfte die Altersgruppe zwischen 15 und 25 Jahren. Das wird auf zukünftige Geburtenzahlen negative Auswirkungen haben", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2001): Über 2 Millionen Gäste besuchten Sachsen-Anhalt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 26.02.

"Wie in den vergangenen Jahren blieb auch in diesem Jahr das Reisegebiet Harz und Harzvorland die beliebteste Ausflugsregion. In den dortigen Beherbergungseinrichtungen wurden rund 690.000 Gäste begrüßt. Das waren 5,5 Prozent mehr als 1999. Diese Gäste buchten rund 1,9 Millionen Übernachtungen, ein Plus von 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

GURATZSCH, Dankwart (2001): Die Platte geht, der Park kommt.
Debatte: Der Abschied von der Erziehungsarchitektur beginnt: Halle plant das Ende der "sozialistischen Stadt",
in: Welt v. 01.06.

Dankwart GURATZSCH beschreibt euphorisch den Abriss der Plattenbauten in Halle. Für ihn zählt einzig die Altstadt als Gegenmodell zur sozialistischen Stadt:

"Halle an der Saale wird zur Modellstadt für den Rückbau und Abbruch von Plattenbaugebieten. (...). Die jetzt vorgelegte Planungsstudie - erstmals keine »Be«bauungs-, sondern ein »Ab«bauungsplan - bedeutet eine Kehrtwende des Städtebaus um 180 Grad. Sie ist vorbildlos in der deutschen Stadtbaugeschichte. (...).
Eine Million Wohnungen in den neuen Bundesländern finden keine Mieter mehr. Das hat nur bedingt etwas mit Abwanderung und Bevölkerungsschwund zu tun. Denn wer die Wahl zwischen verschiedenen Wohnungstypen hat, wird diejenigen bevorzugen, die ihm gefallen. Die uniformen Großsiedlungen zählen offenbar nicht zu ihnen.
Halle, die einzige deutsche Großstadt, die den Weltkrieg fast unbeschadet überstanden hatte, gehörte zu DDR-Zeiten zu den Hauptaktionsfeldern des »sozialistischen Städtebaus«. Die unzerbombte Altstadt wurde dem Verfall preisgegeben, für die Beschäftigten der Industriekombinate wurden Großsiedlungen in Plattenbauweise aus dem Boden gestampft. Am Tag der Wiedervereinigung war der Stadtumbau zur Hälfte abgeschlossen. Jeder zweite von 300.000 Einwohnern erfreute sich der Privilegien der »Platte«.
Was heute zum Modellfall macht, ist der Ehrgeiz, mit dem in der Euphorie der Wende versucht worden ist, die sozialistische Errungenschaft der Großsiedlungen zu retten. »Hunderte von Millionen«, so die Überbürgermeisterin in einer ernüchternden Bilanz, »sind seit der Wende in die Modernisierung der Großsiedlungen geflossen.« Heute muss sie sich eingestehen, dass es vielfach Fehlinvestitionen waren: »Der Leerstand erfasst auch Wohnungen, die modernisiert und teilmodernisiert worden sind«, und zwar selbst an »städtebaulich bedeutsamen Standorten, zum Beispiel entlang der Magistrale«. (...). Baudezernent Friedrich Busmann (...) prophezeit, dass sich dieser Leerstand von heute 20 auf »zukünftig mindestens 30 Prozent« erhöhen werde. Schon jetzt zeichne sich eine »Schwächung der Sozialstruktur« ab: Der Anteil älterer Bewohner, der Ausländer, der Sozialhilfeempfänger sowie die Arbeitslosenquote (24,5 Prozent) übersteigen den gesamtstädtischen Durchschnitt.
Halles Antwort heißt »Umstrukturierung« (...). Plattenbaumonstren wie die »Elfgeschosser«, ganze Siedlungsbereiche mit jüngeren Plattenbauten und sogar Infrastruktureinrichtungen (Kindergärten, Schulen) müssen weichen und werden überwiegend durch Grünzüge und Sportstätten ersetzt.  (...).
In (...) der Altstadt, liegt aber unausgesprochen die Zukunftsbedeutung und der Pilotcharakter des halleschen Umbauprojektes."

STALA SACHSEN-ANHALT (2001): 2.000 Wohnungsabgänge im Jahr 2000,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 12.06.

"Neben 335 Ein- und Zweifamilienhäusern wurden 138 Mehrfamilienhäuser abgerissen bzw. umgenutzt. Die Hälfte der darin enthaltenen Wohnungen befand sich in Gebäuden, die vor 1949 erbaut wurden. Die andere Hälfte bildeten Wohnungen in Gebäuden, die nach diesem Zeitpunkt errichtet wurden. Insbesondere Mehrfamilienhäuser aus dem DDR-Wohnungsbau waren stärker als in den Vorjahren vertreten. Speziell in Magdeburg sowie in den Landkreisen Stendal und Bitterfeld gab es zahlreiche Wohnungsabgänge. Hauptgründe für den Abriss von Wohngebäuden bildeten insbesondere die Schaffung von Freiflächen sowie beabsichtigter Wohnungsneubau.
Ungeachtet der Abgänge wuchs der Wohnungsbestand in Sachsen-Anhalt im Jahr 2000 aufgrund deutlich höherer Fertigstellungszahlen weiter", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2001): Immer mehr Wohnungen für immer weniger Bewohner,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 18.06.

"Eine durchschnittliche Wohnung verfügt über 4 Räume einschließlich Küche und ist 72,8 Quadratmeter groß. Innerhalb eines Jahres vergrößerte sich die verfügbare Wohnfläche je Einwohner um 2 Prozent von 36,1 auf 36,8 Quadratmeter.
Auffällig bleiben die Unterschiede zwischen den kreisfreien Städten und den Landkreisen. Die durchschnittliche Wohnungsgröße betrug in den Städten lediglich 63,3 Quadratmeter gegenüber 76,1 Quadratmeter Wohnfläche in den Landkreisen. Hauptursache ist der höhere Anteil von Eigenheimen in den Landkreisen", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

WASSERMANN, Andreas & Steffen WINTER (2001): Vechta des Ostens.
Allen Fleischskandalen zum Trotz: Sachsen-Anhalt setzt auf Massentierhaltung. Nun soll dort eine der größten Entenmastanlagen Europas entstehen,
in: Spiegel Nr.34  v. 20.08.

"Die 80 Hektar große Entenfabrik auf ehemaligem NVA-Areal ist das jüngste Projekt der Geflügelindustrie im strukturschwachen Osten Sachsen-Anhalts. Während Verbraucherschutzministerin Renate Künast die angebliche Wende in der Landwirtschaft beschwört, wächst zwischen Zerbst und Altmark eine neue Hochburg der Massentierhaltung heran - ein Vechta des Ostens.
Die niedersächsische Kreisstadt Vechta gilt bei Tierschützern als Synonym für industrialisierte Geflügelzucht. Und von dort zieht es jetzt auch den Fabrikanten Peter Kreienborg nach Grimme, um Vechtaer Verhältnisse in den Osten zu exportieren",

berichten WASSERMANN & WINTER, die auch ähnliche Projekte in Möckern und Rossau bei Dessau erwähnen.

STALA SACHSEN-ANHALT (2001): Sandbeiendorf ist Sachsen-Anhalts jüngste Gemeinde,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 29.08.

"Von den 15 Gemeinden mit dem niedrigsten Durchschnittsalter liegen 9 in den 4 nördlichen Landkreisen.
Die Gemeinde Sandbeiendorf (Ohrekreis) weist ein Durchschnittsalter von 32,2 Jahren auf und ist damit die mit Abstand jüngste Gemeinde Sachsen-Anhalts. Es folgen die Gemeinden Marke (Landkreis Bitterfeld) mit 34 Jahren, Steinitz (Altmarkkreis Salzwedel) mit 34,2 Jahren, Größnitz (Burgenlandkreis) mit 34,3 Jahren, Jarchau und Uenglingen (Landkreis Stendal) mit 34,4 Jahren. Wie das Statistische Landesamt ermittelte, liegen weitere 6 Gemeinden zwischen 34,6 und 35 Jahren (Wellen, Mangelsdorf, Großkugel, Hassel, Günthersdorf und Pietzpuhl). Die jüngsten Männer sind in Größnitz zu Hause (Altersdurchschnitt von 30,1 Jahren) und die jüngsten Frauen in Sandbeiendorf (32,9 Jahre).
Den höchsten Altersdurchschnitt mit 52,6 Jahren weist die Gemeinde Löbnitz im Landkreis Schönebeck aus. Es folgen mit 48,2 Jahren Stecklenberg im Landkreis Quedlinburg, mit 47,4 Jahren Friedensau im Jerichower Land, aus dem Mansfelder Land Benndorf mit 47,3 Jahren und mit je 47 Jahren im Landkreis Wittenberg die Gemeinden Schützberg und Mellnitz. Im Mittelfeld liegen die 3 Kreisfreien Städte: Dessau mit 43 Jahren, Magdeburg mit 42,2 Jahren und Halle (Saale) mit 41,3 Jahre. Dabei sind die Frauen im Durchschnitt um reichlich 4 Jahre älter als die männlichen Großstädter", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2001): 2,6 Millionen Personen leben in Sachsen-Anhalt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 03.09.

"Der Trend jährlich steigender Geburtenzahlen setzte sich seit 1995 weiter fort. Die Zahl der Neugeborenen erhöhte sich im Jahr 2000 gegenüber dem Vorjahr um 547 auf 18.723", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

RICHTER, Peter (2001): Region erahnter Kindheitsmuster.
Schwermut Ost: Die schrumpfenden, abrißbedrohten - und die malerischen Städte,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 29.09.

Peter RICHTER beschreibt die Situation in Halle angesichts des geplanten Stadtumbau Ost folgendermaßen:

"Oft sind es (...) genau jene Häuser, die bereits die DDR sprengen wollte - und der Protest gegen diese Pläne war elementarer Bestandteil der Bürgerrechtsbewegung -, von Greifswald (...) bis nach Görlitz, wo die Bürger eine Hauszeile mit ihren Leibern schützten, als die Sprengladungen schon gelegt waren.
Heute würden diese Sprengladungen die ehemaligen DDR-Oppositionellen vermutlich an die Seite der Anhänger des Regimes treiben, die ihrerseits eher das Versinken der (...) Plattenbau-Vinetas beklagen. So etwas wie die Frontstadt in diesem aus der DDR geerbten Kulturkampf ist Halle: Dort gibt es - ausgenommen den innersten Kern - eine völlig ruinöse Altstadt - und direkt daneben die enorme Plattenbausiedlung Halle-Neustadt. Der Traum der Planer im Rathaus ist die Preisgabe der letzteren zugunsten der ersten. Bislang hat die Neustadt aber eine stärkere Lobby. Letztlich trifft die Stadtflucht aber beide, und zuletzt hat der Exodus aus der Platte zugenommen."

Ein dramatisches Szenario entwirft RICHTER gar für die Landeshauptstadt Magdeburg:

"Den industriellen Glücksversprechen, die die DDR auf den östlichen Äckern zusammengeschraubt hatte, ist nur bereits passiert, was jetzt den idyllischen Altstädten noch droht. Denn (...)(längst) fordern Wirtschaftsliberale ein Ende der flächendeckenden Subventionen. Wenn es gut läuft, wie in Jena oder Dresden, dann läuft es eben, und wenn nicht, dann nicht. Schluß, aus, Schrumpfen. Und am Ende paßt womöglich Magdeburg, so wie nach der Völkerwanderung der Rest der Stadt Arles in ihr Amphitheater paßte - dann paßt vielleicht ganz Magdeburg in sein Fußballstadion, wo es 1974 den Europapokal gewonnen hat."

2002

JACOBS, Tobias & Matthias KLUPP (2002): Entwicklung der Wohnungsbauinvestitionen in den neuen Bundesländern,
in: Informationen zur Raumentwicklung, Heft 3

JACOBS & KLUPP unterscheiden 3 Phasen der Entwicklung der  Wohnungsbauinvestitionen in Ostdeutschland:

1) 1990 - 1993 Zusammenbruch und Reorganisation
2) 1993 . 1997 Konjunkturlokomotive und gespaltener Markt
     Merkmal: Zunahme der Neubauaktivitäten auf der "grünen Wiese" und Sanierung im Bestand durch Sonderabschreibungen für Kapitalanleger
3) 1997 - 1999 nachfrageorientierte Marktentwicklung
     Merkmal: Auslaufen der Sonderabschreibungen und Reduzierung der Förderprogramme, was das Überangebot an Eigenheimen und Altbausanierung
     nicht reduzierte.

JACOBS & KLUPP unterscheiden zudem 5 Wohnungsmarkttypen in Ostdeutschland: Große Städte (Magdeburg und Halle/Saale), Altindustrielle Kreise (restliche Landkreise, u.a. Anhalt-Bitterfeld), Suburbane Kreise (Börde, Saalekreis), Mittlere Städte (Dessau)  und ländliche Kreise (Landkreis Mansfeld-Südharz und Stendal).

STALA SACHSEN-ANHALT (2002): Fast 100.000 Wohnungen mehr als 1990,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 06.06.

"Wie das Statistische Landesamt mitteilt, hat der Wohnungsbestand in Sachsen-Anhalt auch im Jahr 2001 weiter zugenommen. Allerdings fiel der Nettozugang mit 4.800 Wohnungen bescheiden aus. Vor allem größere Wohnungen mit 5 und mehr Räumen wurden fertiggestellt.
Mittlerweile gibt es fast 1,34 Millionen Wohnungen. Seit der Wiedergründung des Landes Sachsen-Anhalt im Jahr 1990 hat das Angebot um fast 100.000 Wohnungen zugenommen. Durch den gleichzeitigen Bevölkerungsrückgang kommen inzwischen auf 1.000 Bewohner Sachsen-Anhalts 516 Wohnungen. Im Jahr zuvor waren es noch 505.
Eine durchschnittliche Wohnung verfügt über 4 Räume einschließlich Küche und ist 73,0 Quadratmeter groß. Innerhalb eines Jahres vergrößerte sich die verfügbare Wohnfläche je Einwohner von 36,8 auf 37,7 Quadratmeter", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2002): Bevölkerungsrückgang nicht zu stoppen,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 09.08.

"Ende Dezember 2001 lebten zwischen Elbe und Saale 2.580.626 Personen mit alleiniger bzw. Hauptwohnung. (...).
Sachsen-Anhalt verzeichnete mit -1,3 Prozent erneut den höchsten Bevölkerungsrückgang der neuen Bundesländer.
Die negative Bevölkerungsentwicklung wurde zu etwa zwei Dritteln durch Abwanderung von Einwohnern verursacht. Im Vergleich zum Jahr 2000 stiegen die Wanderungsverluste um 5,9 Prozent. Das war innerhalb der letzten zehn Jahre der schlechteste Wert. Nur 1991 war die Entwicklung noch dramatischer, als die Bevölkerungszahl um 50.633 Personen schrumpfte. In den Jahren 1993, 1994 und 1996 ging die Zahl der Einwohner zwar ebenfalls zurück aber Sachsen-Anhalt verzeichnete Wanderungsgewinne, d.h. die Zahl der Zuzüge überwog die der Fortzüge.
Der Trend jährlich steigender Geburtenzahlen seit 1995 wurde im Jahr 2001 nicht fortgesetzt. Im vergangenen Jahr wurden 18.073 Kinder geboren, 650 weniger als im Jahr 2000. Die Zahl der Sterbefälle sank gegenüber dem Vorjahr um 554 auf 29 621. Damit ergab sich ein Geburtendefizit als Differenz zwischen Lebendgeborenen und Gestorbenen von 11.548", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2002): Mehr als jede dritte Gemeinde mit Bevölkerungszuwachs gegenüber 1990,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 19.08.

Das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt meldet folgende Bevölkerungsentwicklungen zwischen Ende 1990 und Ende 2001:

Land / RB / Kreis

Bevölkerungsrückgang

Gemeinde mit dem höchsten Rückgang Personen auf % Gemeinde mit dem höchsten Zuwachs Personen auf %
Personen auf %
Kreisfreie Stadt Dessau -16.366 83,2            
Landkreis Anhalt-Zerbst -5.073 93,8 Grimme -118 69,1 Bräsen 54 145,4
Landkreis Bernburg -9.191 88,3 Ilberstedt -309 80,7 Peißen 215 120,6
Landkreis Bitterfeld -16.167 86,9 Wolfen, Stadt -15.363 65,2 Marke 319 229,7
Landkreis Köthen -6.471 91,5 Micheln -208 80,1 Wülknitz 146 132,0
Landkreis Wittenberg -15.308 89,4 Holzdorf -1.144 58,6 Zemnick 39 141,1
Regierungsbezirk Dessau -68.576 88,6 Holzdorf -1.144 58,6 Marke 319 229,7
Kreisfreie Stadt Halle (Saale) -67.189 78,3            
Burgenlandkreis -17.403 89,0 Döbris -44 61,4 Weischütz 40 125,8
Landkreis Mansfelder Land -14.877 87,7 Eisleben, Lutherstadt -5.103 80,3 Aseleben 201 156,5
Landkreis Merseburg-Querfurt -9.686 93,3 Spergau -427 73,5 Ermlitz 858 254,6
Saalkreis 16.959 126,1 Rothenburg -374 73,4 Braschwitz 965 365,8
Landkreis Sangerhausen -9.092 88,1 Dietersdorf -115 71,5 Gonna 160 128,0
Landkreis Weißenfels -8.078 90,6 Weißenfels, Stadt -6.300 83,2 Starsiedel 296 166,2
Regierungsbezirk Halle -109.366 88,6 Döbris -44 61,4 Braschwitz 965 365,8
Kreisfreie Stadt Magdeburg -50.781 81,9            
Landkreis Aschersleben-Staßfurt -13.702 88,2 Staßfurt, Stadt -5.015 80,3 Westdorf 258 143,4
Bördekreis -3.763 95,4 Wefensleben -727 77,1 Klein Rodensleben 151 136,8
Landkreis Halberstadt -7.453 91,3 Aderstedt -117 80,5 Harsleben 459 123,9
Landkreis Jerichower Land 436 100,4 Stresow -87 66,3 Pietzpuhl 151 255,7
Ohrekreis 8.731 108,0 Seggerde -42 71,4 Hermsdorf 1.178 352,2
Landkreis Stendal -17.604 88,7 Warnau -278 46,9 Uenglingen 805 348,5
Landkreis Quedlinburg -10.733 87,9 Thale, Stadt -3.245 80,6 Weddersleben 137 113,6
Landkreis Schönebeck -8.939 89,5 Löbnitz (Bode) -56 83,9 Pretzien 305 151,4
Landkreis Wernigerode -6.991 93,2 Sorge -76 63,8 Reddeber 420 192,1
Altmarkkreis Salzwedel -4.590 95,6 Tangeln -211 65,0 Steinitz 311 274,7
Regierungsbezirk Magdeburg -115.389 91,2 Warnau -278 46,9 Hermsdorf 1.178 352,2
Sachsen-Anhalt -293.331 89,8 Warnau -278 46,9 Braschwitz 965 365,8

2003

MÜLLER, Bernhard & Stefan SIEDENTOP (2003)(Hrsg): Räumliche Konsequenzen des demographischen Wandels. Teil 1: Schrumpfung - Neue Herausforderungen für die Regionalentwicklung in Sachsen/Sachsen-Anhalt und Thüringen, Hannover: Akademie für Raumforschung und Landesplanung

Zu Sachsen-Anhalt finden sich in dem Sammelband nur wenige konkrete Aussagen zur Bevölkerungsentwicklung:

"Stark von Schrumpfungsprozessen betroffene Länder wie Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt realisierten mit etwa 8 % das bundesweit stärkste Wachstum der Siedlungs- und Verkehrsfläche zwischen 1996 und 2000". (2003, S.20)

"Das Land mit den zweitstärksten Bevölkerungsverlusten ist Sachsen-Anhalt, welches prozentual gesehen sogar die deutlichsten Verluste von rund 11 % hinnehmen muss." (S.92)

Zu Einkaufszentren (EKZ) in Sachsen-Anhalt heißt es:

"Unmittelbar auf der Landesgrenze, aber noch im Land Sachsen-Anhalt wurden im Sommer 1990 bereits die Entscheidungen zum Aufbau des größten Einkaufszentrums in Deutschland getroffen. Der Saalepark hat jetzt eine Verkaufsraumfläche von 130.000 m2. Er befindet sich in einer Gemeinde mit 1.000 Einwohnern und die Entwicklung ist noch nicht zu Ende." (2003, S.49)

Der Saalepark heißt mittlerweile Nova Eventis und liegt in Günthersdorf. Die Gemeinde gehört seit 2010 zur Stadt Leuna. Die Verkaufsfläche bleibt mit 76.000 m2 weit unter der genannten Verkaufsfläche.  In einer Liste der größten Einkaufszentren werden bei Wikipedia für Sachsen-Anhalt folgende Einkaufszentren genannt:

Einkaufszentrum Standort Verkaufsfläche Eröffnung
Bördepark Magdeburg 77.000 qm 1994
Nova Eventis Leuna-Günthersdorf 76.000 qm 2006
Florapark Magdeburg 75.000 qm 1993
Elbepark Hohe Börde-Hermsdorf 45.000 qm 1993
City-Carré Magdeburg Magdeburg 40.000 qm 1997
Halle Center Peißen 38.250 1993
Allee-Center Magdeburg 35.000 1998 (Erweiterung 2006)
Rathauspassagen Halberstadt 22.000 1998
Rathaus-Center Dessau-Roßlau 20.400 1995
Dessau-Center Dessau 18.000 2009

Die Gigantomanie begann in Sachsen-Anhalt bereits in den 1990er Jahre und war zum Zeitpunkt des Sammelbandes eher zu Ende. Zur Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt heißt es bei Irene IWANOW & Peter FRANZ:

"In den Raumordnungsregionen der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen- Anhalt, Thüringen und Sachsen werden die Wohnflächen in Mietwohnungen, die heute nicht bewohnt sind, auch trotz steigenden Wohnflächenkonsums der Haushalte weiterhin nicht mehr nachgefragt werden. Haushalte, die Wohnungen aus dem Bestand als Wohneigentum erwerben, können diese Entwicklung allenfalls abmildern. Ohne den Abriss von Wohnungen im Mehrfamilienhausbestand wird sich in den meisten Raumordnungsregionen der Wohnungsleerstand weiter deutlich erhöhen." (S.93)

Der Begriff "Mehrfamilienhausbestand" wird im Aufsatz nicht definiert, sondern erschließt sich nur aus den anderen verwendeten Begrifflichkeiten. So werden vier verschiedene Bebauungsstrukturtypen genannt: Ein- oder Zweifamilienhausbebauung, Altbaugebiet, Zeilenbebauung und großes Plattenbaugebiet. Die Veränderung der Nachfrage wird anhand von Bautzen in Sachsen demonstriert.

Zuletzt wird auf mögliche Probleme beim Stadtumbau Ost hingewiesen, die zum Verfall von Stadtteilen führen können, denen keine Entwicklungschancen prognostiziert werden:

"Im Zusammenhang mit Abrissmaßnahmen ist in Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie im Rahmen des Programms »Stadtumbau Ost« gefordert und zur Voraussetzung gemacht worden, dass ein solcher Abriss stets in eine zu erstellende Stadt- oder Stadtteilentwicklungsstrategie einzubinden sei. (...). Wird der Entwurf einer Stadtentwicklungsstrategie in der Weise umgesetzt, dass Aussagen über die zukünftigen Entwicklungschancen einzelner Stadtteile getroffen werden und gleichzeitig Entscheidungen daran gebunden werden, Baumaßnahmen in bestimmten Stadtteilen nicht mehr mit öffentlichen Mitteln zu fördern, so kann ungewollt der Effekt eintreten, dass für die davon betroffenen Stadtteile so hohe Investitionshürden aufgebaut werden, dass dort überhaupt nichts mehr geschieht. Diese Gefahr besteht vor allem, wenn Kreditinstitute ihre Kreditzusagen an solchen Stadtentwicklungskonzepten orientieren und für Investitionen in bestimmte Gebiete ihre Taschen geschlossen halten. Die Planungsverantwortlichen einer Stadt haben hier große Verantwortung, damit ihre Entscheidungen nicht unter der Hand zu Investitionsblockaden in bestimmten Teilgebieten führen - ein Phänomen, das in den USA unter dem Begriff des »Redlining« bekannt ist: Bildlich gesprochen nehmen Banken und andere Finanzinstitute einen Rotstift her und umranden damit städtische Teilgebiete, in welchen Investitionen als nicht lohnend angesehen werden. Die Wohnungseigentümer in solchen Gebieten werden somit als Kreditnehmer nicht mehr akzeptiert, was zur Konsequenz hat, dass die Bausubstanz des Teilgebiets dem Verfall ausgeliefert wird. Daraus folgt, dass die Autoren von Stadtentwicklungskonzepten sehr vorsichtig mit der Typisierung von Stadtteilen entsprechend solcher Kriterien verfahren sollten." (S.102f.)

Die gravierenden Segregationstendenzen in den ostdeutschen Großstädten könnten also Kollateralschäden des Stadtumbaus Ost gewesen sein.

STALA SACHSEN-ANHALT (2003): Steigende Lebenserwartung in Sachsen-Anhalt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 11.03.

STALA SACHSEN-ANHALT (2003): Tourismus in Sachsen-Anhalt - Weniger Gäste und Übernachtungen im Jahr 2002,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 11.03.

"Das bevorzugte Reisegebiet Sachsen-Anhalts ist nach wie vor der Harz und das Harzvorland. Dorthin reisten mit rund 724 000 Ankünften über ein Drittel aller Gäste. Bei einer durchschnittliche Verweildauer von 2,8 Tagen wurden 2 Millionen Übernachtungen gebucht. Im Vergleich zum Vorjahr ging das Gäste- und Übernachtunsaufkommen jedoch um 2,0 bzw. 1,6 Prozent zurück.
Diese Tendenz spiegelt sich in allen fünf Reisegebieten des Landes wider. Den stärksten Rückgang gab es im Gebiet Magdeburg, Elbe-Börde-Heide. Hier gingen gegenüber 2001 die Zahl der Gäste um 9,3 Prozent und die Zahl der Übernachtungen um 8,3 Prozent zurück", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2003): Wohnfläche je Wohnung steigt im Neubau auf 112 Quadratmeter,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 09.05.

"Das stetige Wachstum ist (...) auf den seit Jahren steigenden Anteil von Einfamilienhäusern am Genehmigungsvolumen zurückzuführen. Wohnungen in Einfamilienhäusern sind durchschnittlich 123 Quadratmeter groß. Dabei planen Privathaushalte mit durchschnittlich 125 Quadratmetern Wohnfläche etwas großzügiger. Hingegen fallen bei den von Unternehmen beantragten Baugenehmigungen die beabsichtigten Wohnflächen mit 111 Quadratmetern etwas kleiner aus.
In Zweifamilienhäusern - bei denen es sich häufig um Eigenheime mit zusätzlicher Einliegerwohnung handelt - beträgt die geplante Wohnungsgröße im Durchschnitt 89 Quadratmeter. Im zur Zeit kaum noch vertretenen Geschosswohnungsbau fallen die Wohnungsgrößen mit 68 Quadratmetern am geringsten aus", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2003): Erstmals mehr Wohnungsabgänge als Wohnungsfertigstellungen,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 02.06.

"Das Jahr 2002 markiert eine Zäsur auf dem Wohnungsmarkt in Sachsen-Anhalt. Erstmals überschritt die Zahl der Wohnungen, welche zum Abgang freigegeben wurden, die Zahl der neu fertiggestellten Wohnungen. Dies teilte das Statistische Landesamt im Rahmen einer Untersuchung mit.
Insgesamt waren es im letzten Jahr 8.600 Wohnungen, die durch Abbruch, Zusammenlegung und Nutzungsänderung aus dem Wohnungsbestand Sachsen-Anhalts verschwanden. Die Zahl der neu fertiggestellten Wohnungen betrug hingegen nur knapp 7.000. Neben
235 Ein- und Zweifamilienhäusern wurden 703 Mehrfamilienhäuser abgerissen bzw. umgenutzt. Beim letztgenannten Typ befanden sich 70 Prozent der Wohnungen in Gebäuden, die nach 1970 erbaut wurden. Hierbei handelt sich im Regelfall um Plattenbauten. Insbesondere in der Stadt Halle wurde der Abriss zahlreicher Wohnungen (2.485) genehmigt. Es folgen der Landkreis Bitterfeld (895), die Stadt Magdeburg (760) und der Kreis Merseburg-Querfurt (742)", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2003): Abgeschwächter Bevölkerungsverlust in Sachsen-Anhalt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 11.06.

"Ende Dezember 2002 lebten zwischen Elbe und Saale 2,55 Millionen Personen mit alleiniger bzw. Hauptwohnung. Der Bevölkerungsrückgang war zu 60 Prozent dem Wanderungsverlust geschuldet, der mit 19.173 Personen nicht so hoch ausfiel wie im Vorjahr (23.201 Personen). (...).
17.617 Kinder wurden geboren, das waren 456 Babys weniger als im Vorjahr und 1.106 weniger als im Jahr 2000. Im Jahr 2002 starben aber 12.542 Personen mehr, als Kinder geboren wurden. Im Jahr 2001 betrug das Geburtendefizit 11.548 Personen", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2003): Wohnungsbestand erstmals rückläufig - aber Gesamtwohnfläche steigt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 17.06.

STALA SACHSEN-ANHALT (2003): Die größten Wohnungen gibt es in Gieseritz,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 30.06.

"Die Wohnungen in Sachsen-Anhalt sind im Durchschnitt 73,3 Quadratmeter groß (Stand Ende 2002). Genau diesem Durchschnitt entsprechen allerdings nur Holzweißig und Ilsenburg. Ansonsten ist die Spannbreite zwischen den Gemeinden sehr groß.
Nach Angaben des Statistischen Landesamtes ist das altmärkische Gieseritz mit 135,0 Quadratmetern durchschnittlicher Wohnfläche einsamer Spitzenreiter. Durch den überproportionalen Anteil von Eigenheimen am Gebäudebestand liegen generell Gemeinden aus dem Altmarkkreis Salzwedel im oberen Bereich. In den Top10 sind neun Gemeinden aus diesem Kreis vertreten.
Am anderen Ende der Skala ist Wolfen mit einer durchschnittlichen Wohnfläche von 59,4 Quadratmetern zu finden. Zwischen 62 und 63 Quadratmeter groß sind die Wohnungen in Weißenfels, Sangerhausen, Zeitz und Halle. Dann folgt Magdeburg mit 63,9 Quadratmetern", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2003): Jeder fünfte Sachsen-Anhalter wohnt in einer kreisfreien Stadt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 09.07.

STALA SACHSEN-ANHALT (2003): Jeder sechste Sachsen-Anhalter ist jünger als 18 Jahre alt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 22.07.

"Im Jahr 2002 hatte die Stadt Dessau die niedrigsten Anteile von unter 18-Jährigen und gleichzeitig hohe Anteile der 65-Jährigen und älteren. Hier entfielen auf 100 ältere Personen lediglich 66 Kinder und Jugendliche. Demgegenüber waren im Saalkreis und Ohrekreis verhältnismäßig wenig ältere Personen und relativ viele Kinder und Jugendliche - Folgen des Zuzugs durch Wohnungsbau in den 90er Jahren. Hier entfielen auf 100 ältere Menschen 109 bzw. 106 unter 18-Jährige", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2003): Anzahl der 100-Jährigen gestiegen,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 14.08.

"Ende des Jahres 2002 zählte das Land 193 Bürger mit einem Lebensalter von 100 und mehr Jahren. Das waren 35 mehr als ein Jahr zuvor und 44 mehr als im Jahr 2000. Rund die Hälfte lebte im Regierungsbezirk Magdeburg. Nach dem Geschlecht betrachtet, dominierten mit 89 Prozent klar die Frauen.
Das sprunghafte Ansteigen der Lebenserwartung, in den letzten 8 Jahren um 3,8 Jahre für neugeborene Knaben und 3,3 Jahre für neugeborene Mädchen, zeigt sich auch an der Zunahme hochbetagter Bürger. Wesentlich haben dazu gesundheitliche Vorsorge, Versorgung und Betreuung beigetragen. Da die Lebenserwartung weiter steigt und die natürliche Reproduktionsrate auch zukünftig nicht gegeben sein wird, statt 2,1 verzeichnet Deutschland seit Jahren 1,4 Kinder pro Frau, und der medizinische Fortschritt seinen Preis hat, wächst der Druck auf die Politik, die Sicherungssysteme Rente, Gesundheit und Pflege zu reformieren", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2003): Sachsen-Anhalts Bevölkerung wird immer älter,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 16.09.

STALA SACHSEN-ANHALT (2003): Abgeschwächter Bevölkerungsrückgang in Sachsen-Anhalt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 27.10.

STALA SACHSEN-ANHALT (2003): Landeshauptstadt Magdeburg und Ohrekreis stoppen Wanderungsverluste,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 30.10.

RÖDING, Anja & Karin VEITH (2003): Stadtumbau in den neuen Ländern.
Fazit aus den Wettbewerbsbeiträgen des Bundeswettbewerbs Stadtumbau Ost,
in:
Informationen zur Raumentwicklung, Heft 10-11

RÖDING & VEITH typisieren die ostdeutschen Städten hinsichtlich der Leerstands-Entwicklung.

HUNGER, Bernd (2003): Wo steht der Stadtumbau Ost - und was kann der Westen davon lernen?
in:
Informationen zur Raumentwicklung, Heft 10-11

Bernd HUNGER präsentiert uns Vorbilder wie die Lutherstadt Wittenberg (Lerchenberg), Halberstadt (Nordring) und Magdeburg (Kannenstieg, Neustädter Feld)

 
     
 
       
   

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Update: 21. März 2020