[ Übersicht der Themen des Monats ] [ Rezensionen ] [ Homepage ]

 
       
   

Kommentierte Bibliografie

 
       
   

Thüringen im demografischen Wandel

 
       
   

Das Bundesland als größtenteils abgehängte deutsche Region (Teil 1)

 
       
     
   
     
 

Kommentierte Bibliografie (Teil 1: 2000 - 2015)

Einführung

In Thüringen stellte von 1990 bis 2014 die CDU den Ministerpräsidenten. Seitdem regiert mit Bodo RAMELOW der erste Ministerpräsident der Linkspartei mit einer rot-rot-grünen Koalition das Land. Die Landtagswahlen im Oktober 2019 stehen unter dem Vorzeichen einer gescheiterten Gebietsreform und einer Alternative für Deutschland (AfD), die zur stärksten Partei im Lande aufsteigen könnte. Thüringen hatte zwischen 2013 und 2018 neben Sachsen-Anhalt die einzigsten Bevölkerungsverluste in den fünf ostdeutschen Flächenländern zu verzeichnen. Im IW-Ranking der deutschen Regionen 2019 gelten 3 der vier Raumordnungsregionen als gefährdet. Nur Mittelthüringen (31.12.2017: 673.923 Einwohner) mit der Landeshauptstadt Erfurt gilt als nicht gefährdet. In Ostthüringen reicht die Strahlkraft der neben Erfurt einzigen thüringischen Großstadt Jena nicht aus, um die Region  (31.12.2017: 667.742 Einwohner) zu beleben - auch wenn neoliberale Ökonomen auf solche "Leuchtturmpolitik" setzen. In dieser Dokumentation geht es deshalb um die Frage, was mit einem Bundesland geschieht, in dem Ende 2017 mehr als zwei Drittel der Bevölkerung (1.477.282) in gefährdeten Regionen lebten und neoliberale Rankings die unterschiedlichen Lebensbedingungen nach interessengesteuerten Kriterien sichtbar machen.

Tabelle: Liste der Rankings zur Zukunftsfähigkeit der Landkreise, kreisfreien Städte und Gemeinden in Thüringen
Organisation Publikation Jahr Anzahl
Untersuchungseinheiten
(Thüringen)
Untersuchungsebene 
Berlin-Institut Deutschland 2020 - Die demografische Zukunft der Nation 2004 440 Landkreise und kreisfreie Städte
Die demografische Lage der Nation 2006 439 Landkreise und kreisfreie Städte
Bertelsmann-Stiftung Wegweiser Kommune
(Bevölkerungsprognose 2020)
2006 2.959 Gemeinden über 5.000 Einwohner
Wegweiser Kommune
(Bevölkerungsprognose 2006-2025)
2008 2.959
Wegweiser Kommune
(Bevölkerungsprognose 2012-2030)
2015 2.944
Prognos AG Zukunftsatlas 2004 439 Landkreise und kreisfreie Städte
2007 439
2010 412
2013 412
2016 402
IW Köln Regionalstudie 2019 96 (4) Raumordnungsregionen

Städterankings zur Zukunftsfähigkeit, zur Entwicklung des Immobilienmarkts und anderen Themen

Rankings sind Ausdruck der Demografisierung gesellschaftlicher Probleme im neoliberalen Standortwettbewerb. Durch die mediale Verbreitung entsteht eine Städtehierarchie, die sich im Bewusstsein festsetzt. Die Indikatorenbildung ist nicht wertfrei, sondern ist interessengeleitet. Dadurch, dass bestimmte Indikatoren immer wieder in unterschiedlichen Kontexten maßgeblich die Bewertungen von Städten bestimmen, erhalten sie im Laufe der Zeit den Rang einer unhinterfragbaren Selbstverständlichkeit.

Bewertungen von städtischen Immobilienmärkten führen nicht nur zu einer Hierarchie der Städte, sondern führen auch zu einer innerstädtischen Hierarchie, die zwischen sozialen Brennpunkten, Szenevierteln, Trendvierteln oder Toplagen unterscheiden. In der folgenden Liste sind einige der Städterankings aufgeführt, die in Zeitschriften in regelmäßigen Abständen wiederholt werden:

Tabelle: Liste diverser Städterankings bzw. Stadtviertelrankings in Zeitschriften
Zeitschrift Typus Erstes Ranking
(Jahr)
Weitere
Rankings
(Jahr)
Abstand zwischen
den Rankings
Rankingebene Zielgruppe
Capital Immobilien-Kompass     jährlich Stadtviertel in ausgewählten Großstädten Investoren
Euro Immobilienatlas     jährlich Stadtviertel in Großstädten und Städte ab 20.000 Einwohner Investoren
Focus Großstadtranking von HWWI / Berenberg Bank 2008   zwei- bis dreijährlich Zukunftsfähigkeit bzw. Wirtschaftsstärke der 30 einwohnerstärksten Großstädte  
Focus Regionenranking   2015
2016
2018
  Wirtschaftsstärke und Lebensqualität in den Kreisen und kreisfreien Städten  
Handelsblatt Trendviertel 2011   jährlich Stadtviertel, in denen die Preise im Dreijahreszeitraum überdurchschnittlich gestiegen sind Investoren
WirtschaftsWoche Großstadtranking 2004   jährlich Zukunftsfähigkeit bzw. Wirtschaftsstärke der 50 einwohnerstärksten Großstädte oder der kreisfreien Großstädte  
WirtschaftsWoche Immobilienatlas     jährlich 50 einwohnerstärkste Großstädte Investoren

Übersicht: Gliederung von Thüringen in Raumordnungsregionen sowie Landkreise und kreisfreie Städte

Tabelle: Die 17 Landkreise und 6 kreisfreien Städte sowie 17 Kreisstädte der 4 Raumordnungsregionen Thüringens des Jahres 2018
Raumordnungsregionen (ROR) Landkreise/
kreisfreie Städte
Kreisstadt Stadttyp
Mittelthüringen (1601) Erfurt (kreisfreie Stadt) - Großstadt
Gotha Gotha Mittelstadt
Ilm-Kreis Arnstadt Mittelstadt
Sömmerda Sömmerda Kleinstadt
Weimar (kreisfreie Stadt) - Mittelstadt
Weimarer Land Apolda Mittelstadt
Nordthüringen (1602) Eichsfeld Heiligenstadt Kleinstadt
Kyffhäuserkreis Sondershausen Mittelstadt
Nordhausen Nordhausen Mittelstadt
Unstrut-Hainich-Kreis Mühlhausen Mittelstadt
Ostthüringen (1603) Altenburger Land Altenburg Mittelstadt
Gera (kreisfreie Stadt) - Mittelstadt
Greiz Greiz Mittelstadt
Jena (kreisfreie Stadt) - Großstadt
Saale-Holzland-Kreis Eisenberg Kleinstadt
Saale-Orla-Kreis Schleiz Kleinstadt
Saalfeld-Rudolstadt Saalfeld Mittelstadt
Südthüringen (1604) Eisenach (kreisfreie Stadt) - Mittelstadt
Hildburghausen Hildburghausen Kleinstadt
Schmalkalden-Meiningen Meiningen Mittelstadt
Sonneberg Sonneberg Mittelstadt
Suhl (kreisfreie Stadt) - Mittelstadt
Wartburgkreis Bad Salzungen Mittelstadt
Quellen: Wikipedia; Statistisches Bundesamt, BBSR

Übersicht: Die 8 thüringischen Gemeinden des Demographietyps 4, die gemäß der BertelsmannStiftung zwischen 2005 und 2020 mehr als 15 Prozent der Bevölkerung verlieren werden

Tabelle: Thüringische Gemeinden mit einem prognostizierten Bevölkerungsverlust von mehr als 15 Prozent zwischen 2005 und 2020
Rang Gemeinden des Demographietyps 4 (Landkreis) Eingemeindungen und Fusionen
(2005 - heute)
Bevölkerung
(31.12.2005)
Bevölkerungsverlust
(in %)
1 Suhl (kreisfreie Stadt) 2019: Gehlberg und Schmiedefeld am Rennsteig 42.689 22,65 %
2 Greiz (Greiz) 2013: Cossengrün, Eubenberg, Gablau, Hohndorf, Leiningen, Pansdorf, Schönbach und Tremnitz als Stadtteil eingemeindet 23.764 21,51 %
3 Meuselwitz (Altenburger Land) 2007: Wintersdorf
2008: Lehma und Trebanz werden ausgegliedert
9.547 20,51 %
4 Roßleben (Kyffhäuserkreis) 2019: Fusion von Roßleben, Wiehe, Donndorf und Nausitz zu Roßleben-Wiehe 6.105 19,80 %
5 Ronneburg (Greiz)   5.515 18,91 %
6 Altenburg (Altenburger Land)   37.781 16,80 %
7 Rudolstadt (Saalfeld-Rudolstadt) 2019: Remda-Teichel 25.397 16,40 %
8 Leinefelde-Worbis (Eichsfeld) 2018: Hundeshagen
2019: Kallmerode
20.675 16,37 %
Quelle: Regional-Report Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen 2008, S.103ff.; Statistisches Jahrbuch Thüringen 2006 

2000

TLS (2000): 1999 Wieder mehr Geburten in Thüringen,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 06.03.

"Im Jahre 1999 erblickten nach ersten vorläufigen Ergebnissen des Thüringer Landesamtes für Statistik 16.900 Thüringer Babys das Licht der Welt. Das waren rund 300 Babys (1,8 Prozent) mehr als 1998. Damit hielt der seit 1995 zu beobachtende Anstieg der Geburtenzahlen weiter an. Die Anzahl der Geburten reicht aber bei weitem nicht aus, um auf lange Sicht die Müttergeneration zu erhalten. Die Reproduktionsquote lag 1999 bei rund 54 Prozent. Das bedeutet, dass die nächste Müttergeneration voraussichtlich nur etwa halb so zahlreich sein wird wie die heutige.", heißt es in der Pressemitteilung.

2001

HONNIGFORT, Bernhard & Franz SCHMIDER (2001): Zur Arbeit ohne Rückfahrkarte.
Eine ostdeutsche Familie: Der Vater jobbt in Bayern, die Mutter in Sachsen und die Töchter in Baden-Württemberg,
in: Frankfurter Rundschau v. 07.06.

"Nirgendwo sonst auf der Welt werden weniger Kinder geboren als in Ostdeutschland: 1,1 pro Frau (...). Die fünf ostdeutschen Länder haben in den vergangenen zehn Jahren eine Million Einwohner verloren. Hält der Trend an, wird die Bevölkerungszahl bis 2020 noch einmal um eine halbe Million sinken. Europaweit haben Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen die höchsten Abwanderungsraten. Nur die portugiesische Armenregion Alentejo weist vergleichbare Zahlen auf. Noch schmerzlicher als die reine Zahl ist, dass vor allem die hoch qualifizierten und jungen Menschen den Osten verlassen", erklären uns HONNIGFORT & SCHMIDER.

TLS (2001): In Thüringen im Jahr 2000 leichter Anstieg der Geburtenzahl,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 05.10.

"Im vergangenen Jahr wurden 17.577 Thüringer Kinder lebend geboren. Das sind nach Mitteilung des Thüringer Landesamtes für Statistik 651 Kinder bzw. 3,8 Prozent mehr als im Jahr 1999. Unter den Neugeborenen waren 8.969 Jungen und 8.608 Mädchen; 334 Lebendgeborene bzw. 1,9 Prozent sind Ausländer.
Nach dem deutlichen Geburtenrückgang in den ersten 5 Jahren seit der deutschen Einheit – mit dem Tiefpunkt im Jahr 1994 - stiegen ab diesem Zeitpunkt die Geburtenzahlen wieder leicht und kontinuierlich an. Während im Jahr 1994 nur 40 Prozent der Geburten des Jahres 1989 registriert wurden, waren es im vergangenen Jahr ca. 55 Prozent.
In den Kreisen ist eine differenzierte Entwicklung festzustellen. Sie reicht von einem Geburtenrückgang in der kreisfreien Stadt Jena um 7,0 Prozent bis zu einem Geburtenanstieg um 15,1 Prozent im Landkreis Hildburghausen.", heißt es in der Pressemitteilung.

HERWIG, Oliver (2001): Abriss des Ostens.
Schauplatz Jena: Eine Million Leerwohnungen in den neuen Bundesländern,
in: Neue Zürcher Zeitung v. 30.10.

"»Der Rückgang der Bevölkerung in den Kernstädten geht in der Regel zu 60 bis 80 Prozent auf die Abwanderungen in das jeweilige Umland zurück«, sagt Ulrich Pfeiffer, ehemaliger Leiter der Abteilung Wohnungswesen im Bundesministerium für Bauwesen, Raumordnung und Städtebau, und schliesst einen bedeutsamen Satz an: »Der baulichen Fragmentierung entsprich dann eine Segregation nach Sozialschichten.« Alte uns Schwache, Rentner und Verlierer der Wende bleiben in zerfallenden Innenstädten und Plattenbausiedlungen zurück. Der Rest landet im Grünen, mit Auto, Haus und Familie. Diese Entwicklung kann nicht gut gehen, und sie ist auch nicht gutzuheissen.
Wie sieht es vor Ort aus? Die Stadt Jena mag in vielem eine typische Stadt im »Osten« sein. In einigen Punkten ist sie es nicht. Mit Jenaoptik und Intershop verfügt sie über zwei Vorzeigebetriebe. Und sie verzeichnete im letzten Jahr sogar einen leichten Bevölkerungszuwachs. »Das sind vielleicht nur einige Studenten, die hierher ihren Hauptwohnsitz verlegt haben«, meint Iven Kaczmarek, von der SWVG, der Städtischen Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft Jena. Dennoch ist es ein ermutigendes Zeichen (...). Denn gerade der erste Eindruck ist durchaus zweispältig: die zur A 4 ausgerichteten Plattenbauten von Jena-Lobeda, einer Trabantensiedlung für fast 25.000 Menschen am Fuss des 385 Meter hohen Gräfenbergs",

führt Oliver HERWIG in die Geschichte um das Plattenbauviertel Jena-Lobeda ein, dem neues Leben eingehaucht werden soll:

"»Vitales Wohnen« hat drei elfgeschossige Hochhäuser einfach abgesägt und aus 231 identischen 101 unterschiedliche Wohnungen gemacht. Die abgetreppten Bauten sind keine Schönheiten, zeigen aber, dass man durch gezielte Massnahmen sogar Gewerbe ins Wohnviertel bringen kann. Der Anfang ist gemacht, auch wenn noch einige Plattenbauten fallen müssen",

meint HERWIG hoffnungsvoll. 17 Jahre später ist Jena jedoch immer noch mit der Imageverbesserung von Jena-Lobeda beschäftigt. 

2002

TLS (2002): Einwohnerzahl Thüringens im Jahr 2001 weiterhin rückläufig,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 24.07.

"Im Jahr 2001 gab es ca. 17,4 Tausend Geburten", heißt es in der Pressemitteilung.

2003

SEILER, Lutz (2003): Schwarze Abfahrt Gera-Ost.
Deutsche Landschaften Thüringen (9): Die Welt hinter Korbußen, Bethenhausen, Brahmenau, Hirschfeld, Pölzig, Reichsstädt und Schwaara, 
in: Süddeutsche Zeitung v. 25.01.

Der in Gera geborene Schriftsteller Lutz SEILER erzählt vom Thüringen seiner Kindheit, den Korbmachern und dem Uranabbau, der die Gegend um Gera prägte:

"(D)as winzige Dorf (...) meiner Kindheit (...) zählt 502 Einwohner und heißt Korbußen. (...). Damals sagte man, der Name des Ortes ginge zurück auf die slawischen Korbmacher (...). Auch meine Mutter hat noch Ruten geschnitten. (...) Die Ruten wurden an einen Korbmacher geliefert im benachbarten Großenstein, das heute mit den Ortschaften Korbußen, Bethenhausen, Brahmenau, Hirschfeld, Pölzig, Richstädt und Schwaara eine Verwaltungsgemeinschaft bildet. (...). Einige Jahre hatten wir in Korbußen, dem zweiten Dorf meiner Kindheit geliebt, nachdem das erste namens Culmitzsch für den Uranbergbau geschleift worden war und bevor wir, wie viele der ausquartierten Dörfler, eine der damals begehrten Neubauwohnungen in der Stadt zugewiesen bekamen. (...). Schon in den achtziger Jahren veränderte sich die Gegend. (...). Plattenbauten schoben sich von Gera-Bieblach her über die Hügel auf die Dörfer zu. (...). Die Neubauten der achtziger Jahre und die Reihenhäuser der Nachwendezeit reichen bereits bis an das Korbußen benachbarte Dorf Trebnitz heran, das (...) inzwischen zur Stadt Gera gehört. (...). Das berühmte Heilbad Bad Ronneburg zog mit seinen strahlenden Wassern reichsweit ein illustres Publikum an. (...). Aus Bad Ronneburg wird nach dem ersten Weltkrieg wieder Ronneburg und nach dem zweiten die »Grube Ronneburg« mit ihren weithin sichtbaren Kegelhalden (...). Wer die Uranprovinz noch einmal sehen will, muss sich beeilen. 2007 sollen alle Halden verschwunden sein, dann wird die Bundesgartenschau sich mit ihrer guten dunklen Muttererde über den Schutt gelegt haben."

TLS (2003): Einwohnerzahl Thüringens im Jahr 2002 weiterhin rückläufig,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 19.06.

"Im Jahr 2002 wurden 17.007 Thüringer geboren. Das waren 344 Kinder weniger als im Jahr zuvor.", heißt es in der Pressemitteilung.

HILBIG, Wolfgang (2003): Die farbigen Gräber.
Deutsche Landschaften Das Altenburger Land (19): Wer sich ins östliche Thüringen begibt, kann dem Industriezeitalter in den Rachen schauen. Ein Porträt,
in: Süddeutsche Zeitung v. 28.06.

Der in Meuselwitz im Landkreis Altenburger Land geborene Schriftsteller Wolfgang HILBIG schreibt über die Gegend seiner Kindheit und Jugend im thüringischen Braunkohletagebaugebiet.

2004

GEO -Extrabeilage: Kreise und Städte im Test.
Der demographische Wandel: Daten, Trends und Analysen

GEO (2004): Der demographische Wandel: Daten, Trends und Analysen.
Kreise und Städte im Test,
in: GEO. Beilage zu den demographischen Perspektiven Deutschlands, Mai

Für folgende Kreise und Städte werden starke Bevölkerungsverluste bzw. -zugewinne prognostiziert:

Tabelle: Bevölkerungsentwicklung der Landkreise und kreisfreien Städte im Zeitraum 2000-2020
Landkreise und Städte mit Bevölkerungsverlusten
von 15 und mehr Prozent (Note 6)
Landkreise und Städte mit Bevölkerungswachstum von 10 und mehr Prozent (Note 1)
Altenburger Land (Thüringen) keine
Eichsfeld (Thüringen)  
Greiz (Thüringen)  
Jena (Thüringen)  
Kyffhäuserkreis (Thüringen)  
Saale-Orla-Kreis (Thüringen)  
Saalfeld-Rudolfstadt (Thüringen)  
Sonneberg (Thüringen)  
Unstrut-Hainich-Kreis (Thüringen)  
Quelle: Geo-Beilage Heft 5, 2004, S.22ff. 

TLS (2004): Bevölkerungsentwicklung in Thüringen im Jahr 2003,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 02.07.

"Im Jahr 2003 wurden 16.911 Thüringer geboren. Das waren 96 Kinder weniger als im Jahr zuvor", heißt es in der Pressemitteilung.

PROGNOS (2004): Zukunftsatlas 2004.
Das Ranking zur Zukunftsfähigkeit der 439 Regionen in Deutschland,
in: Pressemitteilung der Prognos AG v. 21.07.

SPIEGEL-Titelgeschichte: Jammertal Ost

BERG, Stefan u.a.(2004): Trübsal in der Zwischenwelt.
Nach 15 Jahren ist ein großer Teil der Ostdeutschen noch nicht in der Bundesrepublik angekommen. Viele hängen der Bequemlichkeit der DDR nach und haben sich an das Prinzip der Eigeninitiative nicht gewöhnt. Die extremen Parteien von links und rechts haben Zulauf wie nie.,
in: Spiegel Nr.39  v. 20.09.

Der Spiegel gibt Ratschläge, die sich 15 Jahre später als fatal erweisen werden, denn die Neoliberalisierung der Linkspartei wie sie am Bürgermeister von Hildburghausen in Thüringen gepriesen wird, wird dann der AfD den Nimbus der einzigen verbliebenen Protestpartei im Osten ebnen:

"Steffen Harzer ist seit 1996 Bürgermeister von Hildburghausen, was im schwarzen Thüringen einer Revolution gleichkam. Er ist gelernter Werkzeugmacher und war in der SED. Heute sagt er: »Es ist schon alles in Ordnung, so, wie es jetzt ist.«
 Seine Vorlagen im Stadtrat bringt die PDS mal mit der CDU, mal mit den Freien Wählern durch. Die Parteikollegen in Erfurt und Berlin erinnert er hin und wieder daran, dass man unter Umständen in die Lage kommen könnte, Versprechen einlösen zu müssen. Er kennt das »Spannungsfeld zwischen Wünschen und Handeln« aus eigenem Erleben und warnt immer wieder vor Totalopposition. Zwar ist auch er gegen Hartz IV, doch inzwischen längst dabei, Ein-Euro-Jobs in seiner Stadt zu schaffen, um den städtischen Rasen zu mähen, Senioren zu betreuen und den Wald zu bewirtschaften. »Das könnte ich mir sonst gar nicht leisten.«
Harzer ist bis 2008 als Bürgermeister von Hildburghausen gewählt. Er baut mittlerweile städtische Schulden ab und will im Haushalt ohne Kreditaufnahme auskommen. Die letzte Wahl gewann er im ersten Gang mit 65 Prozent.
Geht die PDS Harzers Weg, ist sie gefährlicher für CDU und SPD, als wenn sie sich dauerhaft als Protestpartei versteht. Wenn sie gemäßigte Traditionspflege mit pragmatischer Politik verbindet, könnte sie langfristig eine Art CSU des Ostens werden. Aber dafür muss sie sich stärker der Realität öffnen, als sie es in den Wahlkämpfen von Sachsen und Brandenburg getan hat.
In ihrer Unentschiedenheit zwischen Radikalpopulismus und Bereitschaft zur Vernunft lässt die PDS eine Lücke für die Rechtsextremisten. Zum Teil schöpfen sie aus derselben trüben Suppe".

Steffen HARZER war bis 2014 Bürgermeister in Hildburghausen. Er flüchtete sich dann über die Landesliste in den Landtag. Sein Nachfolger unterlag dann gegen den CDU-Kandidaten. 2019 unterlag HARZER als Direktkandidat der AfD-Kandidatin im Wahlkreis 18 Hildburghausen/Schmalkalden-Meiningen III. Diese stand bei keinem der Wahlkreisprognose-Institute an erster Stelle. Listenplatz 32 war zu schlecht, um es noch einmal über die Landesliste zu schaffen. Man kann an der Biografie von HARZER den Niedergang des progressiven Neoliberalismus als Mainstream-Ideologie erkennen.    

2005

TLS (2005): Regionale Unterschiede der Geburtenentwicklung in Thüringen 2004,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 14.09.

"Im vergangenen Jahr brachten Thüringer Frauen 17.310 Kinder zur Welt. Mehr Kinder wurden nach Mitteilung des Thüringer Landesamtes für Statistik in den Jahren 2001 (17.351 Kinder), 2000 (17.577) und 1991 (17.403) geboren. Die meisten Geburten gab es im betrachteten Zeitraum im Jahr 1990 mit 28.674 Kindern, die niedrigste Zahl Lebendgeborener im Jahr 1994 mit 12.721 Kindern.
Bezogen auf 1.000 Thüringer wurden im vergangenen Jahr 7,3 Kinder geboren – 1990 waren es 11,0 Kinder. Im Vergleich zwischen den kreisfreien Städten und Landkreisen nimmt die kreisfreie Stadt Jena mit 9,1 Lebendgeborenen je 1.000 Einwohner den ersten Platz in der Rangliste der »geburtenfreudigsten« Regionen ein. Vergleichsweise günstig fällt auch das Ergebnis für die kreisfreien Städte Erfurt (8,7 Lebendgeborene je 1.000 Einwohner), Weimar (8,6) und Eisenach (8,0) sowie für den Landkreis Eichsfeld (8,7) aus. Das Schlusslicht bildet die kreisfreie Stadt Suhl mit 5,7 Lebendgeborenen je 1.000 Einwohner. In der Summe zeigen sich die kreisfreien Städte mit 8,1 Lebendgeborenen je 1.000 Einwohner »geburtenfreudiger« als die Landkreise mit 7,1 – diese Unterschiede gab es 1990 noch nicht. Damit vollzog sich die rückläufige Geburtenentwicklung vor allem zu Lasten der Landkreise. Nur die kreisfreie Stadt Suhl bildet eine Ausnahme. Mit minus 6,5 Kindern je 1.000 Einwohner wurde für Suhl der höchsten Rückgang seit 1990 im Vergleich aller Landkreise und kreisfreien Städte ermittelt, gefolgt vom Landkreis Eichsfeld (- 4,7). Die geringste Abnahme entfällt auf die Stadt Weimar (- 2,2).
Bezieht man die Zahl der Lebendgeborenen nur auf die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter zwischen 15 und 44 Jahren, so führen die Landkreise Eichsfeld (1,45 Kinder je Frau) und der Unstrut-Hainich-Kreis (1,43 Kinder je Frau) diese Rangliste an, gefolgt vom Landkreis Gotha (1,39) und der kreisfreien Stadt Eisenach (1,37). Den letzten Platz belegt die kreisfreie Stadt Suhl (1,10). Vergleichweise gering sind auch die Werte für den Ilmkreis (1,18) und für die kreisfreie Stadt Weimar (1,19). In Thüringen waren es im vergangenen Jahr 1,29 Kinder je Frau im gebärfähigen Alter, im Jahr 1990 waren es 1,50 Kinder", heißt es in der Pressemitteilung.

MÜLLER, Claus Peter (2005): Platten zu Mustervillen.
Wie eine Stadt in Thüringen die Folgen der Abwanderung dämpft,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 01.10.

Claus Peter MÜLLER beschreibt Leinefelde im thüringischen Landkreis Eichsfeld als Vorzeigestadt, wobei er die Mentalität der Bewohner zum politischen Ideal stilisiert:

"Die Eichsfelder haben mit ihrer noch immer tiefen katholischen Prägung (...) Stolz und ihr Gottvertrauen, das sich im Alltag als Optimismus und Durchhaltewillen bewährt. Ähnlich wie die Fuldaer in Hessen schildern die Eichsfelder (...) ihre Chancen. Im umliegenden Stammland der Reformation, in Mühlhausen oder Nordhausen, ist das umgekehrt. Da (...) dominieren Sorgen, Klagen und der Ruf nach dem Staat. Die Arbeitslosenquote gilt als Nachweis der Benachteiligung."

MÜLLER sieht diese Mentalität verantwortlich dafür dass das katholische Thüringen - also die CDU - den Stadtumbau Ost richtig anpackt, eben wie das CSU-Bayern - und den desolaten Wohnungsmarkt - anders als die anderen ostdeutschen Bundesländer - und insbesondere die SPD-Länder Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg - gut dasteht.

"Eigentlich ist Leinefelde keine Stadt. Es war ein kleines Dorf bei Worbis im niederdeutschen Teil des Eichsfelds östlich des oberdeutschen Eichsfelds um Heiligenstadt gelegen. Beide Teile aber waren stets katholisch und damit gegen politische Extreme resistent. Sowohl die Nationalsozialisten als auch später die Sozialisten bekamen das zu spüren. Um das Eichsfeld gleichsam zu knacken, baute der SED-Staat das kleine Leinefelde zur »Arbeiterstadt« aus. (...) Die Arbeiter wurden aus der ganzen DDR angesiedelt. Binnen weniger Jahre wuchs das Dorf von 2.500 auf 16.500 Einwohner. Plattenbauten ragten auf. (...). Am Ende der DDR hatte Leinefelde die höchste Geburtenrate Gesamtdeutschlands und mit 2.400 Einwohnern je Quadratkilometer die höchste Bevölkerungsdichte Thüringens. Der Altersdurchschnitt in der Stadt lag bei 25 Jahren. Dann aber bracht die Industrie zusammen. Von den einst 12.500 Industriearbeitsplätzen gingen drei Viertel verloren. Teile der Bevölkerung wanderten in die frühere Heimat zurück oder wandten sich attraktiven Ländern (..) zu. Andere bauten sich ihr Haus im Grünen und verließen damit auch »die Platte«. Die Geburtenrate sank um zwei Drittel und die Bevölkerungszahl auf unter 13.000",

zitiert MÜLLER die Sicht des CDU-Bürgermeisters Gerd REINHARDT, der seit 1990 waltet, auf die Entwicklung seiner CDU-Stadt, die 2004 mit Worbis zusammengelegt wurde. REINHARDT präsentiert sich als Anpacker, der den Umbau Ost nicht hinterfragt, sondern in Leinefelde durchzieht:

"Die erste Erkenntnis lautete: Die Einwohnerverluste und Leerstände werden noch zunehmen. »Lügt euch nicht in die Tasche«, erinnert Reinhardt an die Devise. Die Hälfte des Wohnungsbestands war langfristig nicht mehr zu halten. Von 1993 an wurde Leinefelde umgebaut. 1995 fiel der Entschluß, sich mit dem Stadtumbau als dezentrales Projekt an der Expo zu beteiligen. Das erhöhte den Druck in der Kommune. Die Akteure rückten zusammen. Der Dorfkern und die Neubauten aus den DDR-Tagen sollten als zusammenhängende Stadt erhalten werden. Kein Plattenbau, der schon modernisiert war, sollte abgerissen werden. Vor allem an der Peripherie sollte Leinefelde »umstrukturiert« werden. (...). Die einstigen Plattenbausiedlungen ähneln heute einer Bauausstellung. Die fünften und sechsten Stockwerke mancher Häuser wurden abgetragen, Laubengänge wurden installiert, Wohnblöcke verkürzt oder aus langen »Wohnscheiben« Segmente herausgesägt. Auf dem noch durchgehenden Kellergeschoß (...) blieben moderne, individuelle Stadtvillen als Reste sozialistischer Einheitsarchitektur",

beschreibt MÜLLER den Umbau von Leinefelde, der sich in die Strategie des thüringischen Ministeriums fügt:

"»Manch einer ist noch der Meinung, es genügte punktuell ein Gebäude wegzunehmen«, sagt Olaf Langlotz, Abteilungsleiter für Wohnungs- und Städtebau in Trautvetters Ministerium. Doch Langlotz glaubt nicht an die »perforierte Stadt«, wo Parks entstehen, wo einst Häuser standen: »Andere gehen realistischer ran.« Städte sollten von außen nach innen schrumpfen, doch das sei leicht gesagt. (...). Das Land, die Städte und Dörfer entvölkern sich nicht gleichmäßig. Sorge bereiten vielfach die Gründerzeitviertel im Ring zwischen dem Ortskern und den Satelitenstädten, zumal sie in den Industriegebieten der vorvorigen Jahrhundertwende liegen. Diese Areale sind vielfach  »nicht marktfähig«."

Als Problemstädte werden ehemalige DDR-Bezirkshauptstädte wie Gera und Suhl betrachtet:

"Gera hatte einmal 120.000 Einwohner und nähert sich der Marke von 80.000, Suhls Einwohnerzahl könnte bis 2020 von ehedem 60.000 auf 35.000 sinken."

Bis 2009 sollen nach den Planungen in Thüringen insgesamt 40.000 Wohnungen zurückgebaut sein. 

WILTON, Jennifer (2005): Ein Viertel der Männer geht leer aus.
Wo in Deutschland großer Frauenmangel herrscht: Der thüringsche Ilm-Kreis steckt in Schwierigkeiten,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 19.10.

Jenniger WILTON war im thüringschen Arnstadt. In der Reportage geht es darum, dass junge, gut gebildete Frauen dem Osten den Rücken kehren und ein Männerproletariat zurückbleibt:

"In Arnstadt, Thüringen, erschließt sich die ostdeutsche Tristesse nicht auf den ersten Blick. (...). Sogar ein paar Mädchen radeln durch die Fußgängerzone.
Noch. Denn die thüringische Kleinstadt liegt im Ilm-Kreis, und der hat laut neuester Statistik in einem Punkt einen der Spitzenplätze erreicht: Nur knapp 78 junge Frauen kommen in der Gegend zwischen Erfurt und dem Thüringer Wald auf 100 Männer. Rein rechnerisch wird hier ein Viertel der Mänenr auf der Suche nach einer Partnerin leer ausgehen",

schreibt WILTON anlässlich der Dissertation Disproportionale Bevölkerungsentwicklung in europäischen Regionen - dargestellt an ausgewählten Strukturveränderungen im demographisch aktiven Alter von Torsten OBST. Ergänzt wird die Reportage durch Statements von Bernhard NAUCK, Reiner KLINGHOLZ und Christiane DIENEL zu den Folgen dieser Migration.

2006

KRÖHNERT, Steffen/MEDICUS, Franziska/KLINGHOLZ, Reiner (2006): Die demographische Zukunft der Nation. Wie zukunftsfähig sind Deutschlands Regionen? München: Dtv, April

Folgenden kreisfreien Städten in Thüringen wird ein weiterer Bevölkerungsrückgang prognostiziert: Suhl, und Gera (vgl. 2006, S.42).

Für folgende Kreise und Städte werden starke Bevölkerungsverluste bzw. -zugewinne prognostiziert:

Tabelle: Vergleich der Bevölkerungsentwicklung der Landkreise und kreisfreien Städte im Zeitraum 2000-2020 und 2004-2020 (Die fettgedruckten Regionen wurden in beiden Prognosen mit der besten oder schlechtesten Note bewertet. Die grün und rot markierten Regionen verbesserten bzw. verschlechterten sich um mindestens 2 Noten)
Landkreise und Städte mit Bevölkerungsverlusten
von 15 und mehr Prozent (Note 6)
Landkreise und Städte mit Bevölkerungswachstum von 10 und mehr Prozent (Note 1)
Altenburger Land (Thüringen)  
Eichsfeld (Thüringen); 2004: Nur noch 10-15 %  
Greiz (Thüringen); 2004: Nur noch 10-15 %  
Jena (Thüringen); 2004: Nur noch 10-15 %  
Kyffhäuserkreis (Thüringen)  
Saale-Orla-Kreis (Thüringen); 2004: Nur noch 10-15 %  
Saalfeld-Rudolfstadt (Thüringen)  
Sonneberg (Thüringen)  
Unstrut-Hainich-Kreis (Thüringen); 2004: Nur noch 10-15 %  
   
Kreise und Städte für die erst 2006 ein Bevölkerungsrückgang von 15 Prozent und mehr prognostiziert wurde
Gera (Thüringen)  
Quelle: Geo-Beilage Heft 5, 2004, S.22ff., Die demografische Lage der Nation, 2006, S.56ff. 

TLS (2006): Im Jahr 2005 hatte Thüringen 600 Neugeborene weniger als 2004 und fast 400 Sterbefälle mehr,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 05.07.

"Im Jahr 2005 kamen nach ersten Ergebnissen des Thüringer Landesamtes für Statistik in Thüringen 16.713 Babys zur Welt, 8.568 Jungen und 8.145 Mädchen. Im gleichen Zeitraum starben 25.695 Thüringerinnen und Thüringer.
Die natürliche Bevölkerungsbilanz (Geburten und Sterbefälle) Thüringens weist damit einen Verlust von 8.982 Personen auf, das sind durchschnittlich täglich 25 Menschen. Das Geburtendefizit erhöhte sich gegenüber dem Jahr zuvor um 967 Personen bzw. 12,1 Prozent.
Während es im Jahr 2004 mit 17.310 Neugeborenen noch einen Zuwachs gegenüber 2003 (16.911 Lebendgeborene) gab, wurde für das Jahr 2005 im Vergleich mit dem Jahr zuvor wieder ein Geburtenrückgang um 597 Babys für Thüringen festgestellt", heißt es in der Pressemitteilung.

TLS (2006): 59 Prozent der allein lebenden Männer in Thüringen sind ledig,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 31.07.

"Im Jahre 2005 hatten 397 Tausend Alleinlebende ihren Hauptwohnsitz in Thüringen, davon 179 Tausend Männer und 218 Tausend Frauen. Das entsprach einem Anteil an der Thüringer Bevölkerung von 17 Prozent.
Von den 179 Tausend allein lebenden Männern waren nach Mitteilung des Thüringer Landesamtes für Statistik 59 Prozent ledig, 21 Prozent geschieden, 14 Prozent verwitwet und 6 Prozent verheiratet getrennt lebend.
Bei den Frauen zeigen die Ergebnisse des Mikrozensus, der jährlichen repräsentativen Haushaltsbefragung, ein anderes Bild. Mehr als die Hälfte der 218 Tausend allein lebenden Frauen (54 Prozent) waren verwitwet, 27 Prozent ledig, 16 Prozent geschieden und 3 Prozent verheiratet getrennt lebend.
Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind insbesondere vor dem Hintergrund einer höheren Lebenserwartung der Frauen zu sehen. 60 Prozent der allein lebenden Frauen sind 65 Jahre und älter, von den Männern nur 17 Prozent.", heißt es in der Pressemitteilung.

2007

PROGNOS (2007): Zukunftsatlas 2007.
Studie: Alle 439 Städte und Kreise im Test. Ostdeutschland holt auf Bayern und Baden-Württemberg deutschlandweit vorne,
in: Pressemitteilung der Prognos AG v. 26.03.

TLS (2007): Kindersegen in der warmen Jahreszeit 2006,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 15.06.

"Im Jahr 2006 kamen 16.402 kleine Thüringerinnen und Thüringer zur Welt", heißt es in der Pressemitteilung.

TLS (2007): Durchschnittsalter der Thüringer 1990 und 2006 im Vergleich,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 23.10.

2008

TLS (2008): Neue Bevölkerungsvorausberechnungen für Thüringer Städte mit mehr als 10 000 Einwohnern.
Der Statistische Bericht "Entwicklung der Bevölkerung ausgewählter Städte Thüringens 2007 bis 2020" mit den Ergebnissen der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (11. KBV) liegt nunmehr vor,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 29.02.

Lediglich eine Stadt mit mehr als 10.000 Einwohner (insgesamt 27 Städte) haben nach der Bevölkerungsprognose bis 2020 einen positiven Saldo: Hildburghausen (+ 0,3 %). Die folgenden 10 Städte haben die höchsten Bevölkerungsverluste zu verzeichnen:

Tabelle: 10 Städte (ü.10.000 E.), denen bis 2020 der höchste Bevölkerungsverlust prognostiziert wird
Rang Stadt Landkreis (Lkr) Bevölkerung
31.12.2006
Bevölkerung
31.12.2020
Bevölkerungsrückgang
absolut prozentual
1 Greiz Lkr Greiz 23.368 18.370 - 4.998 - 21,4 %
2 Altenburg Altenburger Land 37.236 29.904 - 7.332 - 19,7 %
3 Zeulenroda-Triebes Lkr Greiz 17.211 14.097 - 3.114 - 18,1 %
4 Meuselwitz Altenburger Land 12.283 12.110 10.198 - 17,0 %
5 Apolda Weimarer Land 24.088 20.107 - 3.981 - 16,5 %
6 Rudolstadt Saalfeld-Rudolstadt 25.131 21.020 - 4.111 - 16,4 %
7 Zella-Mehlis Schmalkalden-Meiningen 12.095 10.124 - 1.971 - 16,3 %
8 Sondershausen Kyffhäuserkreis 24.532 20.640 - 3.892 - 15,9 %
9 Schmölln Altenburger Land 12.395 10.535 - 1.860 - 15,0 %
10 Leinefelde-Worbis Eichsfeld 20.419 17.491 - 2.928 - 14,3 %

TLS (2008): Mehr Geburten im Jahr 2007 – Trendwende in Thüringen?
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 03.06.

TLS (2008): Regionale Unterschiede der Geburtenentwicklung in Thüringen 2007,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 27.06.

BERTELSMANNSTIFTUNG (2008): Regionalreport Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.  Differenzierung des »Wegweisers Demographischer Wandel« für drei ostdeutsche Bundesländer, August

Thorsten WIECHMANN &, Ingo NEUMANN (TU Dresden) analysieren in dem Regionalreport in erster Linie die Kommunen des Demographietyps 4 "Schrumpfende und alternde Städte und Gemeinden mit hoher Abwanderung", zu denen in den drei Ländern die überwiegende Mehrheit der Städte und Gemeinden mit über 5.000 Einwohnern gehören. Bundesweit gehören 352 Kommunen zu diesem Typ. 228 (vgl. Tabelle 5, S.21) liegen in Sachsen (125 Kommunen), Sachsen-Anhalt (59 Kommunen) und Thüringen (44 Kommunen).

Von den 53 Kommunen mit einem prognostizierten Bevölkerungsverlust von mehr als 15 Prozent zwischen 2005 und 2020 gehören 35 zu Sachsen, 10 zu Sachsen-Anhalt und 8 zu Thüringen. Der Spitzenreiter ist die Kommune Wolfen (43,2 %), die ab 2007 mit Bitterfeld zusammen die neue Gemeinde Bitterfeld-Wolfen bildet.

TLS (2008): Durchschnittliche Kinderzahl je Frau im Jahr 2007 gestiegen,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 19.09.

"Die durchschnittliche Kinderzahl je Frau, d.h. die Summe der altersspezifischen Geburtenziffern, ist in Thüringen im Jahr 2007 nach Mitteilung des Thüringer Landesamtes für Statistik wieder auf 1,34 Kinder gestiegen. Lag die zusammengefasste Geburtenziffer je Frau 1990 noch bei 1,50 Kindern, war deren Entwicklung seitdem rückläufig und erreichte im Jahr 1994 mit 0,77 Kindern je Frau das Minimum. Ab 1995 stieg das Geburtenniveau kontinuierlich an, wobei mit 1,29 Kindern im Jahr 2004 ein Zwischenhoch erreicht wurde. In den Jahren 2005 und 2006 sank diese Geburtenziffer wieder auf 1,26 bzw. 1,25 Kinder je Frau. Mit dem Ergebnis des Jahres 2007 wurde somit die seit zwei Jahren rückläufige durchschnittliche Kinderzahl je Frau gestoppt und es war der höchste Wert der vergangenen zehn Jahre und der zweithöchste seit 1990.
Regional betrachtet sind auch im Jahr 2007 große Unterschiede hinsichtlich der durchschnittlichen Kinderzahl je Frau festzustellen. Im Vergleich zwischen den kreisfreien Städten und Landkreisen war die durchschnittliche Kinderzahl je Frau im Unstrut-Hainich-Kreis mit 1,49 Kindern die höchste, gefolgt von der Stadt Eisenach (1,46) und dem Landkreis Eichsfeld (1,45). Die niedrigste durchschnittliche Kinderzahl je Frau gab es in der Stadt Suhl mit 1,22 Kindern, gefolgt vom Wartburgkreis (1,23) und vom Landkreis Sonneberg (1,25).
Im Jahr 2007 brachten Thüringer Frauen 17.176 Kinder zur Welt", heißt es in der Pressemitteilung

2009

TLS (2009): Durchschnittliche Kinderzahl je Frau im Jahr 2008 gestiegen.
Höchstes Ergebnis seit 1991,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 04.09.

"In Thüringen kamen im Jahr 2008 nach Mitteilung des Thüringer Landesamtes für Statistik 17.332 Kinder zur Welt, 8.881 Jungen und 8.451 Mädchen. Das sind insgesamt 156 Babys mehr als im Jahr zuvor und die höchste Zahl Lebendgeborener seit 2001. Damit stabilisierte sich das Aufwärtsniveau von 2007.
Auch die statistische durchschnittliche Kinderzahl je Frau, d.h. die Summe der altersspezifischen Geburtenziffern, hat sich im Jahr 2008 im Land weiter erhöht auf 1,37 Kinder (2007: 1,34 Kinder).
Lag die durchschnittliche Kinderzahl je Frau im Jahr 1990 bei 1,50 Kindern, war deren Entwicklung seitdem rückläufig und erreichte im Jahr 1994 mit 0,77 Kindern je Frau den tiefsten Stand.
Seit 1995 stieg das Geburtenniveau fast stetig an. Seit 2007 ist der Aufwärtstrend wieder deutlicher. Die Entwicklung seit dem Jahr 2007 beendete die zwischenzeitlich stagnierende bzw. leicht rückläufige Entwicklung der durchschnittlichen Kinderzahl je Frau in Thüringen (siehe Grafik). Im Jahr 2008 konnte die bisher höchste Anzahl seit 1991 registriert werden. Die 1,37 Kinder entsprechen dem Wert, der für die Frauen in den alten Bundesländern im Jahr 2007 statistisch ermittelt wurde.
Auch im Jahr 2008 gab es erhebliche regionale Unterschiede in der erreichten durchschnittlichen Kinderzahl je Frau. Im Vergleich zwischen den kreisfreien Städten und Landkreisen war die durchschnittliche Kinderzahl je Frau im Landkreis Sömmerda mit 1,52 die höchste, gefolgt von den Landkreisen Gotha und Weimarer Land mit je 1,49 Kindern sowie dem Ilmkreis und dem Unstrut-Hainich-Kreis (je 1,47). Erst dann folgt mit der Stadt Jena (1,45) die erste kreisfreie Stadt. Die niedrigste durchschnittliche Kinderzahl je Frau gab es in der Stadt Suhl mit 1,20 Kindern, gefolgt von dem Landkreis Greiz (1,29) sowie dem Kyffhäuserkreis und den Landkreisen Saalfeld-Rudolstadt, Schmalkalden-Meiningen und Sonneberg (je 1,30).", heißt es in der Pressemitteilung

TLS (2009): Durchschnittsalter der Thüringer Bevölkerung 2008.
In den letzten 8 Jahren stieg das Durchschnittsalter um 3,4 Jahre,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 30.09.

FRÜNDT, Steffen (2009): Der Turmbau zu Jena.
Zwanzig Jahre Mauerfall: Mit einem riesigen Hochhaus wollte das DDR-Regime Macht und Größe demonstrieren. Doch erst nach der friedlichen Revolution kam richtig Leben in die Bude. Heute ist das höchste Bürogebäude Ostdeutschlands ein Symbol des Neubeginns,
in: Welt am Sonntag v. 25.10.

"Von überall aus sieht man die gläserne Fassade des Turms. (...). Dafür baute der Staat Anfang der 70er-Jahre mitten in Jena einen Turm, der mit 155,40 Metern noch heute das höchste Bürogebäude im Osten ist.
Doch obwohl sie (...) den Stararchitekten Hermann Henselmann engagierten und ein historisches Altstadtviertel abrissen, ernteten die Turmbauer von Jena nur Hohn und Spott. (...). Und der Vorzeigebetrieb der DDR, das Kombinat Carl-Zeiss Jena, für dessen Forschung der Turm eigentlich gebaut worden war, zog niemals ein. (...).
Der Turm wurde zum Symbol dafür, was in der Planwirtschaft alles schiefgeht. (...).
Wenn der JenTower, wie ihn manche jetzt nennen, ein Symbol ist, dann steht er heute für unternehmerische Fantasie und Neuanfang",

erzählt uns Steffen FRÜNDT eine typisch arrogante Wessi-Erzählung, bei der die Fassadenschäden unerwähnt bleiben, denn die passen nicht zu einem Symbol des Neuanfangs.

2010

TLS (2010): Anzahl der Geburten im Jahr 2009 in Thüringen wieder rückläufig.
Höchster Gestorbenenüberschuss seit 11 Jahren,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 25.06.

"Im Jahr 2009 wurden in Thüringen 16.854 Kinder lebend geboren. Das sind nach Mitteilung des Thüringer Landesamtes für Statistik 478 Kinder weniger als im Jahr 2008. Von den 16.854 Lebendgeborenen waren 8.549 männlichen und 8.305 weiblichen Geschlechts.
(...).
Die Summe der altersspezifischen Geburtenziffern 1) der Frauen von 15 bis unter 45 Jahren hat sich 2009 im Vergleich zum Vorjahr wieder verringert. Brachte eine Frau im Alter von 15 bis unter 45 Jahren im Jahr 2008 1,37 Kinder zur Welt, so waren es im Jahr 2009 nur 1,36) Kinder", heißt es in der Pressemitteilung.

TLS (2010): Der "Durchschnitts-Thüringer" war Ende 2009 genau 45,6 Jahre alt,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 23.09.

"Nach Mitteilung des Thüringer Landesamtes für Statistik lebt die jüngste Bevölkerung in den beiden Universitätsstädten Jena (42,4 Jahre) und Weimar (43,3). Waren die Jenaer die jüngsten Thüringer, so müssen sich die Suhler mit 48,2 Jahren als die älteste Bevölkerung einer Region (Landkreis oder kreisfreie Stadt) in Thüringen bezeichnen lassen. Nach Weimar folgt auf dem drittjüngsten Platz der regionalen Durchschnittsalter-Skala der Landkreis Eichsfeld mit 43,6 Jahren", heißt es in der Pressemitteilung.

PROGNOS (2010): Zukunftsatlas 2010.
Alle 412 Städte und Kreise im Test,
in: Pressemitteilung der Prognos AG v. 15.11.

TLS (2010): Neue Bevölkerungsvorausberechnungen für Thüringer Städte mit mehr als 10 000 Einwohnern.
Der Statistische Bericht „Entwicklung der Bevölkerung ausgewählter Städte Thüringens 2010 bis 2030“ mit den Ergebnissen der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (12. kBV) liegt nunmehr vor. Die Vorausberechnungen der insgesamt 27 kreisangehörigen Städte mit mehr als 10 000 Einwohnern basieren nach Mitteilung des Thüringer Landesamtes für Statistik auf dem fortgeschriebenen Bevölkerungsstand zum 31.12.2009 und reichen bis zum Jahr 2030,
in:
Thüringer Statistisches Landesamt v. 01.12.

Lediglich zwei Städte mit mehr als 10.000 Einwohner (insgesamt 27 Städte) haben nach der Bevölkerungsprognose bis 2030 einen positiven Saldo: Nordhausen (+ 2,8 %) und Hildburghausen (+ 0,9 %). Die folgenden 10 Städte haben die höchsten Bevölkerungsverluste zu verzeichnen:

Tabelle: 10 Städte (ü.10.000 E.), denen bis 2030 der höchste Bevölkerungsverlust prognostiziert wird
Rang Stadt Landkreis (Lkr) Bevölkerung
31.12.2009
Bevölkerung
31.12.2030
Bevölkerungsrückgang
absolut prozentual
1 Greiz Lkr Greiz 22.150 15.262 - 6.888 - 31,1 %
2 Zeulenroda-Triebes Lkr Greiz 16.344 11.607 - 4.737 - 29,0 %
3 Altenburg Altenburger Land 35.447 26.799 - 8.648 - 24,4 %
4 Apolda Weimarer Land 23.179 17.522 - 5.657 - 24,4 %
5 Sondershausen Kyffhäuserkreis 23.489 18.181 - 5.302 - 22,6 %
6 Rudolstadt Saalfeld-Rudolstadt 24.033 18.649 - 5.384 - 22,4 %
7 Meuselwitz Altenburger Land 11.385 8.869 - 2.516 - 22,1 %
8 Leinefelde-Worbis Eichsfeld 19.761 15.840 - 3.921 - 19,8 %
9 Waltershausen Lkr Gotha 10.754 8.724 - 2.030 - 18,9 %
10 Zella-Mehlis Schmalkalden-Meiningen 11.743 9.629 - 2.114 - 18,0 %

2011

HUMMEL, Katrin (2011): Ein Leben unter Niveau.
Viele junge Frauen kehren den ländlichen Gebieten Ostdeutschlands den Rücken. Zurück bleiben alleinstehende Männer, die nicht nur die Frau fürs Leben, sondern oft auch Arbeit suchen. Oder nicht einmal mehr das. Im Kyffhäuserkreis in Thüringen ist es besonders schlimm,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 06.08.

EICHHORN, Daniel & Holger OERTEL (2011): Kleinräumige Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Greiz – Herausforderungen für die Kommunalplanung aus demografischer Sicht, IÖR Text Nr.164, Juni

Aus der folgenden Tabelle ist die Bevölkerungsentwicklung von 2000 bis 2009 und die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung 2010 bis 2025 des IÖR ersichtlich:

Tabelle: Bevölkerungsentwicklung des Landkreises Greiz
Bevölkerung Stand der Bevölkerungsentwicklung
zum 31.12. des Jahres
Bevölkerungsprognose 2010 bis 2025
Variante "Status Quo"
(jeweils zum 31.12. des Jahres)
2000 2005 2009 2010 2015 2020 2025
unter 15-Jährige 15.331 11.259 11.159        
15-44-Jährige 50.750 44.201 34.957        
45-64-Jährige 34.704 34.407 35.148        
65 Jahre und älter 23.084 26.453 27.739        
Insgesamt 123.869 116.320 109.003 106.633 98.634 90.540 82.295
15- bis 45-jährige Frauen 24.226 20.879 16.280        

Quelle: 2011 Tabelle 2, S.18 und Tabelle 4, S.27; eigene Darstellung

Im Jahr 2015 lebten im Landkreis Greiz statt der prognostizierten 98.634 Einwohner 101.114 Menschen (vgl. Kreiszahlen für Thüringen – Ausgabe 2016, Thüringer Landesamt für Statistik, S.39). Im Jahr 2010 waren es 107.555 statt 106.633. Die tatsächliche Bevölkerungsentwicklung stellt sich somit für die Jahr 2010 bis 2015 positiver dar als prognostiziert.

Die Autoren gehen auch für die Gemeinden innerhalb des Landkreises von einer differenzierten Bevölkerungsentwicklung bis 2025 aus:

"Auf Gemeinde- bzw. Gemeindeclusterebene gibt es große Unterschiede (...). Für alle Gemeinden/Gemeindecluster ergibt sich ein Bevölkerungsrückgang. Überdurchschnittliche Bevölkerungsverluste sind insbesondere in Langenwolschendorf (-35,2 %), Seelingstädt (-33,7 %), Hohenleuben (-33,4 %) und Hohenölsen (-33,1 %) zu erwarten. Relativ günstige Bevölkerungsentwicklungen weisen dagegen die Gemeinden Caaschwitz (-0,7 %), Korbußen und Bethenhausen (Cluster 9, -6,8 %) sowie Hartmannsdorf und Crimla (Cluster 1, -10,7 %) auf. (...). Für die beiden größten Städte im Landkreis Greiz und Zeulenroda-Triebes ergibt die IÖR-Bevölkerungsvorausberechnung einen Einwohnerverlust von -29,9 % und -27,2 %."

Die Gemeinde Hohenölsen wurde 2013 aufgelöst.

Die Website des Landkreises Greiz führt zur aktuellen Gemeindestruktur folgendes aus:

"Der Landkreis Greiz besteht aus neun Städten und 37 Gemeinden. Elf davon haben eine eigene Verwaltung. Bei den übrigen wird die Verwaltung durch eine der drei im Landkreis existierenden Verwaltungsgemeinschaften oder eine erfüllende Gemeinde wahrgenommen." (Seitenabruf: 03.04.2017)

KLINGHOLZ, Reiner/KRÖHNERT, Steffen/KUHN, Eva/KARSCH, Margret/BENNERT, Wulf (2011): Die Zukunft der Dörfer. Zwischen Stabilität und demografischem Niedergang, Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, November

Die Autoren stilisieren das Dorf zum Pionier der Postwachstumsgesellschaft, weil es dazu aufgrund der demografischen Entwicklung angeblich keine Alternative gibt:

"(I)n der modernen Wissensgesellschaft, entstehen aus der kritischen Masse von klugen Köpfen und Ideen neue Unternehmen und die Jobs der Zukunft. Gerade junge Menschen finden im Leben auf dem Lande kaum mehr Erfüllung.
Der demografische Wandel verstärkt die Landflucht. Der allgemeine Bevölkerungsrückgang in Deutschland, der sich bis 2050 auf mindestens zwölf Millionen Menschen summieren dürfte, wird überwiegend entlegene ländliche Regionen treffen. Aber nicht nur Deutschland ist von diesem Trend betroffen: Alle Nationen mit stagnierenden oder gar rückläufigen Bevölkerungszahlen – von Portugal über Mittel- und Osteuropa bis nach Japan – erleben den gleichen Niedergang weiter ländlicher Gebiete.
Viele deutsche Dörfer nehmen damit voraus, was für immer mehr Regionen der Welt Alltag werden könnte: Sie werden zu Testfeldern der (demografischen) Post-Wachstumsgesellschaft. Und darin liegt eine große Chance – auch für das Land."
(2011, S.4)

Um das zu belegen, werden uns zwei Landkreise, der hessische Vogelsbergkreis und der thüringische Landkreis Greiz, vorgestellt. Letzterer wird folgendermaßen charakterisiert:

"Im Kreis Greiz gibt es 233 Orte, für die eine eigenständige Einwohnerstatistik geführt wird. Von diesen 233 Orten haben nur 17 mehr als 1.000 Einwohner. In 20 Dörfern leben zwischen 500 und 1.000 Einwohner. 197 Orte haben weniger als 500 Bürger, und bei drei Vierteln dieser kleinen Dörfer liegt die Einwohnerschaft unter der Grenze von 250. (...).
In den kleinsten Dörfern, etwa Horngrund und Ölsengrund (Gemeinde Hohenölsen), Rüßdorf (Gemeinde Teichwolframsdorf) oder Wüstenroda (Gemeinde Pölzig) lebten 2009 nicht einmal 20 Bürger. (...).
Den stärksten Einwohnerverlust zwischen 2004 und 2009 erlebte Nattermühle (Gemeinde Steinsdorf) mit einem Minus von 88 Prozent. Dieser Extremwert erklärt sich daraus, dass dort ein Heim für Asylbewerber geschlossen wurde. Als Ort existiert Nattermühle praktisch nicht mehr, nur neun Einwohner sind dort noch verblieben. Ansonsten bewegt sich die Entwicklung der Einwohnerzahl zwischen einem Verlust von 29 Prozent in Eubenberg (Ortsteil von Arnsgrün) und einem Zuwachs von 41 Prozent in Kleindraxdorf (Gemeinde Hohenölsen). Beides sind sehr kleine Orte, wodurch Verlust oder Zugewinn von wenigen Einwohnern prozentual stark ins Gewicht fallen. Insgesamt haben fast 200 der 233 analysierten Orte zwischen 2004 und 2009 mehr als zwei Prozent ihrer Bevölkerung verloren, 19 Orte sogar mehr als 15 Prozent. Demgegenüber haben 24 Orte mehr als ein Prozent Bevölkerung hinzugewonnen, zwölf Orte sogar mehr als fünf Prozent." (2011, S.37),

Die Autoren gehen in der Broschüre Die Zukunft der Dörfer von einem Ortsbegriff aus, der nichts mit der Struktur der politischen Gemeinden bzw. Verwaltungsgemeinschaften im Landkreis Greiz zu tun hat. Die beschriebene Gemeinde Hohenölsen wurde bereits 2013 aufgelöst und existiert damit in dieser Form gar nicht mehr.

"Nimmt man (...) die Einwohnerdichte als Kriterium für Ländlichkeit und betrachtet solche Gemeinden als „ländlich“, in denen sich nicht mehr als 150 Einwohner je Quadratkilometer – ein häufig verwendeter Grenzwert – finden, so leben nur etwa 17 Millionen Deutsche in ländlichen Gemeinden",

erklären die Autoren ihr Verständnis von "ländlichem Raum", bieten uns aber keine explizite Definition des Begriffs "Dorf" an. Implizit sind damit jedoch Orte mit weniger als 500 Einwohnern gemeint, denn nur diese werden einer Risikobewertung unterzogen. Während auf Seite 37 von 233 Orten gesprochen wird, von denen 197 weniger als 500 Einwohner haben, wird auf Seite 50 nur noch von 196 Orten mit weniger als 500 Einwohnern gesprochen.

Wikipedia erklärt uns zur Entwicklung es Dorfes in Deutschland:

"Traditionell stellte das Dorf – im Gegensatz zum kleineren Weiler – als Gemeinde der Bauern eine politische Einheit dar. Vor der Schaffung von Gemeinderäten im 19. Jahrhundert gab es im deutschsprachigen Raum den Ortsvorsteher, den Dorfschulzen. Durch die Gebietsreformen der 1970er bis 1990er Jahre sind die meisten Dörfer in Deutschland keine Gebietskörperschaften mehr, sondern wurden zu Ländlichen Gemeinden zusammengefasst oder in benachbarte Städte eingemeindet. Einen Kompromiss mit Resten von Eigenständigkeit der Dörfer stellen die Samtgemeinden dar." (Seitenabruf: 04.04.2017) 

Der Humangeograph Gerhard HENKEL unterscheidet in seinem Aufsatz Geschichte und Gegendwart des Dorfes unterschiedliche Siedlungsgrößen der Dörfer:

"Gemeinhin unterscheidet man vier Größenstufen des deutschen beziehungsweise mitteleuropäischen Dorfes:
 - das kleine bis mäßig große Dorf mit 20 bis 1OO Hausstätten beziehungsweise 100 bis 500 Einwohnern,
- das mittelgroße Dorf mit 1OO bis 4OO Hausstätten beziehungsweise 500 bis 2000 Einwohnern,
- das große Dorf mit 400 bis 1000 Hausstätten beziehungsweise 2000 bis 5OOO Einwohnern und
- das sehr große Dorf mit mehr als 1000 Hausstätten und 5000 Einwohnern.
Für die beiden letztgenannten Größenstufen werden vielfach auch die Bezeichnungen »Großdorf« und »Stadtdorf« gebraucht, womit die statistische Nähe zur städtischen Siedlungen deutlich wird." (2016, S.10)

Das Berlin-Institut beschränkt sich also bei seiner Dorfbetrachtung auf die kleinste Siedlungsgröße des Dorfes. HENKEL beziffert die Anzahl der Dörfer in Deutschland auf rund 35.000 Ortschaften, wobei er die Heterogenität der Dörfer herausstreicht.

Der Landkreis Greiz widerspricht auf der Orts- bzw. Siedlungsebene jenen angeblichen Zusammenhängen, die mit dem Begriff der Abwärtsspirale verbunden werden, was die Autoren ratlos zurück läßt:

"Für die Dörfer des Kreises Greiz lassen sich kaum Zusammenhänge zwischen der Entwicklung der Einwohnerzahl und den vor Ort erhobenen Indikatoren zur Siedlungsstruktur ausmachen. Weder sind im Gesamteindruck als attraktiv bewertete Orte im Mittel besonders stabil, noch solche, in denen der bauliche Zustand besonders positiv bewertet wurde. Orte mit klarem Ortsmittelpunkt entwickeln sich im Mittel ebenso wie solche ohne zentralen Platz. Lediglich die landschaftliche Attraktivität der Umgebung zeigt den erwarteten Einfluss: Jene Orte, deren Einbettung in die Landschaft mit der Bestnote bewertet wurde, zeigen im Schnitt eine Bevölkerungszunahme." (2011, S.43)

Auch bei der Infrastruktur ist die Sache keineswegs so klar wie dies meist dargestellt wird, denn obwohl die Infrastrukturspannbreite auf der Ortsebene im Landkreis Greiz gering ist, wird dies durch die gute, überörtliche Erreichbarkeit von Infrastruktureinrichtungen wieder wett gemacht. Die in den Medien gerne intonierte Melodie, dass ein Dorf stirbt, wenn das letzte Gasthaus schließt, ist in dieser Schlichtheit nicht haltbar.

Ab Seite 50 wird die Zukunftsfähigkeit der Dörfer des Landkreises Greiz nach 6 Indikatoren bewertet: Dorfgröße, Bevölkerungsentwicklung 2004-2010, Anteil der unter 18-Jährigen im Jahr 2009, Vereine je 1.000 Einwohner im Jahr 2011, offensichtlicher Leerstand im Jahr 2011, Fahrzeit zum Oberzentrum in Minuten.

Die folgende Tabelle ermöglicht einen Vergleich mit der Studie des IÖR, die ganz andere Gebiete beim Landkreis Greiz betrachtet:

Tabelle: Vergleich der betrachteten Gebiete des Landkreises Greiz in den Studien des IÖR und des Berlin-Instituts und der Bewertung hinsichtlich ihrer Zukunftsfähigkeit
Gemeinde bzw. Gemeindecluster Bevölkerungsverluste
gemäß IÖR bis 2025
Orte mit weniger als 500 Einwohner gemäß
Berlin-Institut
Risikobewertung (hoch = 15-18; niedrig = 3-6 Punkte)
Langenwolschendorf - 35,2 %   keine
Seelingstädt - 33,7 % Zwirtzschen 15-18
    Seelingstädt Dorf; Friedmannsdorf 10
    Chursdorf 9
    Bahnhof Seelingstädt keine
Hohenleuben - 33,4 % Hohenleuben keine
    Brückla 9
Hohenölsen - 33,1 % Horngrund 15-18
    Neudörfel 12-14
    Kleindraxdorf 10
    Ölsengrund 9
Greiz - 29,9 % Eubenberg; Rothenthal; Mühlenhäuser 15-18
    Thalbach; Schönbach 12-14
    Dölau; Tremnitz 11
    Raasdorf; Caselwitz; Gablau; Hohndorf 9
    Moschwitz; Untergrochlitz; Reinsdorf; Waltersdorf; 8
    Kurtschau; Pansdorf; Sachswitz 7
    Cossengrün; Leiningen 3-6
    Irchwitz; Schönfeld keine
Zeulenroda-Triebes - 27,2 % Büna 15-18
    Frotschau; Piesigitz; Quingenberg; Zadelsdorf 12-14
    Mehla 11
    Wolfshain; Dörtendorf; Läwitz; Niederböhmersdorf 10
    Dobia 9
    Kleinwolschendorf; Schönbrunn; Förthen; Leitlitz; Silberfeld; Weckersdorf 8
    Pahren; Merkendorf; Stelzendorf 7
    Arnsgrün; Bernsgrün 3-6
Hartmannsdorf und Caaschwitz - 10,7 % Hartmannsdorf 8
Korbußen und Bethenhausen - 6,8 % Bethenhausen 3-6
Hartmannsdorf und Crimla - 0,7 % Crimla 9
 

Die Tabelle zeigt, dass stark schrumpfende Gemeinden wie Langenwolschendorf bei der Betrachtung des Berlin-Instituts herausfallen, weil es Orte mit mehr als 500 Einwohner sind und deshalb nicht als Dörfer zählen.

Ein Vergleich wird zudem erschwert durch falsche Einordnungen (Kleinwolschendorf, Dörtendorf, Förthen, Läwitz, Leitlitz, Pahren mit Stelzendorf und Weckersdorf werden z.B. vom Berlin-Institut als Gemeinden geführt, obwohl  sie seit den 1990er Jahren Stadtteile von Zeulenroda-Triebes sind.

Zudem fanden nach den beiden Untersuchungen Eingemeindungen statt, die in der Retrospektive zu Verzerrungen führen können. In Greitz eingemeindet wurden nach den Untersuchungen die Ortsteile Cossengrün, Hohndorf (mit Gablau, Leiningen, Pansdorf, Tremnitz) und Schönbach und die Gemarkung Eubenberg des Ortsteils Arnsgrün.

Zu Zeulenroda-Triebes gehören Arnsgrün mit Büna, Bernsgrün mit Frotschau sowie Schönbrunn, Pöllwitz mit Dobia sowie Wolfshain, Silberfeld mit Quigenberg und Zadelsdorf.

2013

HANDELSBLATT (2013): Zukunftsatlas 2013.
Alle 412 Städte und Kreise im Test: Der Süden zieht davon. Erfolgreiche Großstädte im Osten haben den Westen überholt. In einzelnen Städten des Westens ballen sich die Probleme. Größte langfristige Aufsteiger sind erfolgreiche ländliche Regionen,
in: Pressemitteilung des Handelsblatt v. 08.11.

2014

HAIMANN, Richard (2014): Senioren lösen neue Wanderungsbewegung aus.
Die ältere Generation zieht in kleine Städte in reizender Landschaft und reichem Kulturangebot. Schrumpfende Orte haben nun wieder eine Zukunft; denn durch die Senioren entstehen neue Arbeitsplätze,
in:
Welt Online v. 08.03.

Richard HAIMANN macht PR im Sinne der Immobilienwirtschaft. Schon vor einiger Zeit wurde Investoren aufgrund der Überhitzung des Wohnungsmarktes in Metropolen und dort insbesondere der angesagten Szeneviertel, nunmehr die Investition in "Städte der zweiten Reihe" als lukrativ empfohlen. Nun also werden die scheinbar dazu passenden Statistiken der Öffentlichkeit als angeblich neuer Trend präsentiert.

Gibt es aber einen neuen Trend? Die Wanderungsbewegungen von 2009-2012 sollen das belegen. Aber unterscheiden die sich von früher und wenn ja warum? HAIMANN erklärt Weimar als Vorbild dieses angeblich neuen Trends. Bereits im Jahr 2006 schrieb aber das auf die Demografie fixierte Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung:

"Während sich das wirtschaftsschwache Ostthüringen zu einer der am stärksten überalterten Gegenden der Republik entwickelt, stellt Jena die jüngste Stadt im Osten dar. Sie zählt mit Weimar, Erfurt und Eisenach (...) als Region der Stabilität im schrumpfenden Ostdeutschland".

Weimar gehörte bereits seit längerem zu den Städten mit positivem Wanderungssaldo. Bereits im Jahr 2008 berichtete die FAS über die Attraktivität von Weimar für Rentner.

Es ist eines der demografischen Märchen, dass Deutschland schrumpft, denn im Gegenteil wächst Deutschland derzeit. Und innerhalb von Deutschland gibt es große Unterschiede bezüglich der demografischen Entwicklung von Gemeinden und Regionen.

2015

KAWKA, Rupert (2015): Gleichwertigkeit messen,
in: Informationen zur Raumforschung, Heft 1, S.71-82

FOCUS-Titelgeschichte: Wo man in Deutschland am besten lebt.
402 Regionen im großen Vergleich

MATTHES, Nadja & Michael KOWALSKI (2015): Deutschlands Atlas der Stärken.
Stadt oder Land? Nord oder Süd? Der große Focus-Vergleich zeigt, in welchen der 402 Städte und Kreise die Wirtschaft floriert, wo neue Jobs entstehen und Arbeitnehmer die höchsten Gehälter erzielen,
in:
Focus Nr.22 v. 23.05.

Die Empirica-Auftragsstudie fasst die vier Indikatoren Wachstum und Jobs, Firmengründungen, Produktivität und Standortkosten sowie Einkommen und Attraktivität zum Index "wirtschaftliche Stärke" zusammen, sodass sich darin eine Rangliste von 1 bis 402 ergibt. Die folgenden 10 Landkreise, die alle in Ostdeutschland liegen, bilden die Schlusslichter (vgl. Focus v. 23.05., S.68ff.):

 
Region Bundesland Rang
Oberspreewald-Lausitz Brandenburg 393
Greiz Thüringen 394
Nordsachsen Sachsen 395
Unstrut-Heinich-Kreis Thüringen 396
Anhalt-Bitterfeld Sachsen-Anhalt 397
Kyffhäuserkreis Thüringen 398
Salzlandkreis Sachsen-Anhalt 399
Vorpommern-Greifswald Mecklenburg-Vorpommern 400
Altenburger Land Thüringen 400
Dessau-Roßlau Sachsen-Anhalt 402
 
     
   
 
       
   

weiterführender Link

 
       
     
       
   
 
   

Bitte beachten Sie:
single-generation.de ist nicht verantwortlich für die Inhalte externer Internetseiten

 
   
 
     
   
 
   
© 2002-2020
Bernd Kittlaus
webmaster@single-generation.de Erstellt: 20. Juli 2019
Update: 20. Februar 2020