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Kommentierte Bibliografie

 
       
   

Thüringen im demografischen Wandel

 
       
   

Das Bundesland als größtenteils abgehängte deutsche Region (Teil 3)

 
       
     
   
     
 

Kommentierte Bibliografie (Teil 3: 2017)

2017

DPA/ND (2017): Rot-Rot-Grün zieht vor Gericht.
Thüringens Regierung will rechtliche Bedenken gegen Volksgehren prüfen lassen,
in:
Neues Deutschland v. 09.01.

"Derweil wird im Freistaat um das zentrale Argument für die Gebietsreform gestritten: Die Thüringer werden weniger. Kommunalpolitiker bezweifeln die entsprechende Prognose der Statistiker öffentlich, das Statistische Landesamt verteidigt seine Berechnungen. Er habe keinerlei Verständnis dafür, wenn Kommunalpolitiker »ein knallhartes Rechenmodell« anzweifelten, sagte der Präsident des Amtes, Günter Krombholz",

heißt es in dem Bericht. Das ist schon merkwürdig. Das Statistische Bundesamt hat in einer Überprüfung ihrer Bevölkerungsvorausberechnungen der letzten Jahre ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Berechnungen keineswegs die zukünftige Entwicklung treffsicher prognostizieren. Jetzt tut das Landesamt so, als ob die Prognosen Wahrheiten wären. Dass die Rechenmodelle mathematisch korrekt sind, ist ja gar nicht das Problem. Prognosen stehen und fallen mit ihren Annahmen und diese sind Festlegungen und können deshalb durchaus in Frage gestellt werden. Es zeigt sich jedoch, dass der Umgang mit Prognosen oder Bevölkerungsvorausberechnungen durchaus interessengeleitet ist.

"Thüringen hat derzeit etwa 2,17 Millionen Einwohner. Nach der Prognose des Landesamtes werden 2030 nur noch etwa 1,95 Millionen Menschen im Freistaat leben, fünf Jahre später nur noch etwa 1,88 Millionen Menschen. 2015 wurden jedoch so viele Kinder wie seit 1990 nicht mehr geboren: 17.934.
Zuletzt hatte etwa die Präsidentin des Thüringischen Landkreistages, Martina Schweinsburg (CDU), angezweifelt, dass die Prognose des Landesamtes zutreffend sei",

wird uns berichtet. Die Babyboomer werden dem Bericht zufolge als "Generation, die nach 1950 geboren wurden" bezeichnet.

NEUES DEUTSCHLAND-Tagesthema: Fusionen von Landkreisen.
Gebietsreform - das mag in manchen Ohren dröge klingen. Derlei Vorhaben sorgen aber häufig für mächtig Zoff. In Brandenburg übergibt eine Volksinitiative heute Unterschriften gegen die geplante Kreisreform an die Landtagspräsidentin. In Thüringen liegen mehrere Klagen vor

LASCH, Hendrik (2017): Längere Wege und nichts gespart.
Studie warnt vor unerwünschten politischen Folgen von Gebietsreformen,
in:
Neues Deutschland v. 14.02.

"Zwei Forscher vom Ifo-Institut in Dresden und dem Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung der Uni München legten jetzt eine Analyse vor, für die 30 Studien zu Gebietsreformen etwa in den Niederlanden, Dänemark, der Schweiz und Baden-Württemberg ausgewertet wurden. In aller Regel schreiben die Autoren Sebastian Blesse und Felix Rösel, wiesen die Untersuchungen »nicht darauf hin«, dass Fusionen zur »Erhöhung der Qualität und Effektivität im Verwaltungshandeln geführt haben«",

schreibt Hendrik LASCH über die Ergebnisse einer Studie, die die Kritiker von Gebietsreformen stärkt. Velten SCHÄFER versucht deshalb in seinem Artikel die Bedeutung der Studie herunterzuspielen, indem er Frank KUSCHEL (Linkspartei) zitiert. Der spricht von einem "»Aufsatz« eines Doktorranden, der für die FDP zur Landtagswahl 2009 in Thüringen kandidiert habe".

Als weiteren Kritiker von Gebietsreformen nennt LASCH den Greifswalder Wirtschaftsgeograf Helmut KLÜTER, der angesichts der Gebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern von einer "Überzentralisierung" spricht

SCHÄFER, Velten (2017): Acht plus zwei gleich Zukunft?
Die für das kommende Jahr geplante Thüringer Gebietsreform ist heftig umstritten,
in:
Neues Deutschland v. 14.02.

Velten SCHÄFER versucht die Gebietsreform in Thüringen herunterzuspielen und bezeichnet sie als "Mittelweg zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt". Zudem sei Thüringen bei den ostdeutschen Gebietsreform im Rückstand.

ESCHBACH, Hans u.a. (2017): Das geteilte Land.
Rund die Hälfte der Deutschen blickt sorgenvoll in die Zukunft - obwohl es den meisten materiell gut geht. Doch die Ängste um Job, Altersvorsorge und persönliche Sicherheit sind groß. Es hat sich herumgesprochen: Die Mitte ist kein sicherer Ort mehr,
in:
Handelsblatt v. 17.02.

"Die Fahrzeug- und Waffenindustrie hatte bis in die 1980er-Jahre viele Arbeiter in die Stadt gezogen. Mit der Wende gingen die Hersteller pleite. Ihr Ende leitete den Exodus aus Suhl ein, der bis heute andauert. 1995 lebten noch rund 50.000 Menschen in Suhl, 2015 waren es nur noch rund 36.000. Laut Prognosen sinkt die Einwohnerzahl weiter. Vor allem junge Leute haben Suhl verlassen. Nirgendwo sonst in Deutschland ist die Bevölkerung seit 1995 so stark gealtert",

schildern die  Autoren, nur um diese Situation auf die letzte Landtagswahl im Thüringer Wahlkreis Suhl/Schmalkalden-Meiningen IV zu beziehen, deren Ergebnis sie folgendermaßen beschreiben:

"Bei der letzten Landtagswahl in Thüringen entfielen im Wahlkreis Suhl/Schmalkalden-Meiningen IV exakt 50 Prozent der Stimmen auf Linkspartei, AfD und NPD. Auf Parteien also, die dem bundesrepublikanischen System aus Marktwirtschaft und liberaler Demokratie in mehr oder weniger ausgeprägter Fundamentalopposition gegenüberstehen."

Schaut man das Ergebnis des Wahlkreises genauer an, dann errang in diesem Wahlkreis die Linkspartei 35,7 % der Landesstimmen, die AfD kam dagegen nur auf 10,7 % und die NPD auf 3,6 %. Mit Fundamentalopposition ist also nicht in erster Linie diejenige gegen die liberale Demokratie gemeint, denn die rechten Parteien AfD und NPD kamen zusammen "nur" auf 14,3 %, sondern gegen die Marktwirtschaft. Das Attribut "sozial" zur Marktwirtschaft haben die Autoren erst gar hinzugefügt.

Vergleicht man den Wahlkreis mit dem Landtagergebnis, dann zeigt sich zudem, dass der Wahlkreis hinsichtlich AfD (Wahlkreis: 10,7 %/Landtag: 10,6 %) und NPD (Wahlkreis: 3,6 % /Landtag: 3,6 %) repräsentativ ist, lediglich die Linkspartei fällt aus dem Rahmen: 35,7 % gegenüber 28,2 % für ganz Thüringen.

Und nicht zuletzt wird das Ergebnis im Wahlkreis von den Autoren in die Nähe des Wahlsiegs von Donald TRUMP in den USA gerückt. Dies ist umso absurder als TRUMP mit dem Programm der Linkspartei nichts gemein hat.

Was also wollen die Autoren eigentlich mit dem Beispiel Suhl belegen? Dass der Niedergang einer Arbeiterstadt dem Rechtspopulismus in die Hände spielt? Das wäre naheliegend, denn die Autoren gehen danach auf die Gefahr des Rechtspopulismus in den Niederlanden und Frankreich ein. Suhl wäre vor diesem Hintergrund eher ein Beleg für die abweichende Situation in Deutschland.

Der Populismusbegriff der Autoren bezeichnet im Grund nichts anders als den Gegenbegriff zum FDP/CDU/CSU/SPD/Grünen-Mainstream und ist dadurch kein analytischer Begriff, sondern ein ideologischer Begriff. Das Establishment igelt sich in seiner Mainstreamfestung ein und hofft, dass es doch nicht so schlimm werden wird.

Hervorgehoben wird von den Autoren das Buch Sleeping Giant von Tamara DRAUT, in dem die Front zwischen Akademikern und Nicht-Akademikern gezogen wird. Aber ist eine solche Frontstellung überhaupt typisch für die aufbrechenden Konflikte in den Industrieländern? Die Beschreibung entspringt eher den Abgrenzungsbedürfnissen unserer Eliten und weniger der gesellschaftlichen Realität.

Die Autoren wollen uns Lesern klarmachen, dass unsere gefühlte Ungleichheit postfaktisch ist. Dazu präsentieren sie uns eine Studie, in denen die ungleichen Markteinkommen den weit gleicheren Nettoeinkommen gegenüber gestellt werden. Anders formuliert: Der Sozialstaat ist in Deutschland eine große Umverteilungsmaschine. Die Studie hat jedoch einen gewaltigen Haken, denn er berücksichtigt nur die unter-60-Jährigen, denn bei den über-60-Jährigen kehrt sich die Sachlage um, denn in keinem EU-Land wurden die Renten derart drastisch gekürzt wie in Deutschland, weshalb das IW Köln vor einiger Zeit die Erhöhung des Renteneintrittsalters damit begründet hat, dass der Sozialstaat an den geringen Alterseinkommen schuld sei. Es kommt eben immer darauf an, was man mit Studien beweisen will!

Fazit: Der Artikel ist eine Beruhigungspille. Soziale Ungleichheit oder zunehmende Altersarmut? Alles nur unsere Einbildung. Der soziale Aufstieg ist ein Problem? Keineswegs, denn bei uns gibt es keinen sozialen Abstieg auf breiter Front! Lediglich die Steuern sind unserer Elite ein Dorn im Auge. Davon profitiert die privilegierte obere Mittelschicht und die Einkommensoberschicht wenigstens am meisten, dafür wird dann bei den Sozialleistungen gespart, die Gering- und Schlechterverdienern mehr entgegenkommen würden.

HAAK, Sebastian (2017): Ein seltenes Schauspiel.
In Thüringen liegen sich die rot-rot-grüne Regierung, die CDU-Fraktion und das Landtagspräsidium gehörig in den Haaren,
in:
Neues Deutschland v. 21.03.

DPA/ND (2017): Unterschriften gegen Gebietsreform.
Mit dem landesweiten Thüringer Bürgeraufruf soll das Projekt gestoppt werden,
in:
Neues Deutschland v. 21.03.

ECKERT, Daniel (2017): Der geteilte Osten.
Während Sachsen und Thüringen aufholen, verlieren Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt den Anschluss,
in:
Welt v. 31.03.

LACHMANN, Harald (2017): Geschäfte mit dem Tod.
Fast die Hälfte der Krematorien in Deutschland arbeiten inzwischen privatwirtschaftlich,
in:
Neues Deutschland v. 12.04.

"Für 2016 fehlt noch die Statistik, doch jene 925.200 Bundesbürger, die allein 2015 zu Grabe getragen wurden, bedeuteten einen sehr deutlichen Sprung gegenüber dem Jahr zuvor. Das erste Mal seit 1991 überstieg in der latent alternden Gesellschaft diese Zahl wieder die Markte von 900.000.
(...)(In) Landau bei Kaiserslautern, eröffnete (...) das überhaupt erste rein privatwirtschaftlich betriebene Krematorium der Republik.
Erst 20 Jahre ist das her. (...) Von den 159 Krematorien arbeiten inzwischen 72 als Kapitalgesellschaften. Lediglich 87 Krematorien werden (...) noch kommunal geführt, so wie jenes im thüringischen Gotha, das 1878 als erstes im deutschsprachigen Raum (...) entstand",

berichtet Harald LACHMANN über die Entwicklung der Feuerbestattungen in Deutschland. Immer mehr Angehörige lassen zudem ihre Verstorbenen in den Niederlanden oder der Schweiz bestatten, weil dort keine Friedhofspflicht für die Urnen besteht.

GÖBEL, Andreas (2017): "Sie verlassen den sanierten Sektor".
In Thüringen stehen bereits 45.000 Gebäude leer - für Kommunen wachsen die Probleme,
in:
Neues Deutschland v. 18.04. 

HAAK, Sebastian (2017): Und plötzlich waren's vier.
Thüringens rot-rot-grüne Regierung nimmt beim Plan zur umstrittenen Gebietsreform gravierende Korrekturen vor,
in:
Neues Deutschland v. 20.04.

Sebastian HAAK berichtet über eine Revision der Gebietsreform, die Thüringens Innenminister Holger POPPENHÄFER (SPD) am Mittwoch vorgestellt hat. Danach sollen Weimar und Gera doch kreisfreie Städte bleiben. HAAK zählt nochmals die Gründe auf, die gegen eine solche Kreisfreiheit sprechen. Die Gebietsreform wird von HAAK zum "Kernprojekt der rot-rot-grünen Koalition" stilisiert, an dem keine Abstriche gemacht werden dürfen.

LOCKE, Stefan (2017): Tolles Thüringen.
Die Regierung in Erfurt plant eine Gebietsreform. Nichts Ungewöhnliches, andere waren schneller. Zum ersten Mal stellt sich aber die Frage: Haben sie alle einen großen Fehler gemacht?
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 29.04.

Stefan LOCKE berichtet über die umstrittene Gebietsreform in Thüringen.

"Die Metropole Weimar (...) als Teil eines Landkreises, auf einer Stufe mit Städten wie Apolda, Saalfeld, Sömmerda?"

fragt LOCKE entsetzt angesichts der historischen Bedeutung der rund 65.000 Einwohner zählenden Kleinstadt, in der man an GOETHE und SCHILLER nicht vorbei kommt.

Weimar, Theaterplatz; Foto: Bernd Kittlaus 2017

"Von 850 Gemeinden sollen 200 übrig bleiben, jeder zweite der 17 Landkreise soll wegfallen. Das sonst so geruhsame Thüringen ist darüber in Aufruhr. Neun Landkreise und die CDU klagen gegen die Reform. Eine Bürgerinitiative sammelte gut 40.000 Unterschriften für ein Volksbegehren",

schildert LOCKE die Situation, der die Gebietsreform zum Sargnagel der Koalition stilisiert:

"Scheitert die Reform, scheitert auch die Koalition."

Unterfüttert wird die Kritik an der Reform mit einer Studie, über die das Neue Deutschland bereits vor über zwei Monaten ausführlich berichtet hat.

"Von 215 Kreisen und 8.000 Städten und Gemeinden zur Zeit der Wiedervereinigung sind heute nur noch etwa ein Drittel übrig. Nach den Reformen in Thüringen und Brandenburg, wo die Regierung Ähnliches plant, wird es in ganz Ostdeutschland noch rund 60 Landkreise und 1.000 Gemeinden geben - nur halb so viele wie allein in Bayern oder Rheinland-Pfalz",

erklärt uns LOCKE. Nach dieser Schreckensbilanz lässt LOCKE jedoch Frank KUSCHEL zu Wort kommen, der als kommunalpolitischer Sprecher der Linksfraktion die Gebietsreform rhetorisch durchsetzen soll:

"Er spricht von 571 Gemeinden, die weniger als 1.000 Einwohner, aber zig Ämter haben, Kleinstverwaltungen mit kaum zehn Mitarbeitern, 23 Wasserbehörden und, und, und."

Geschäftsschließungen werden als Marktversagen gebrandmarkt. KUSCHEL spricht von öffentlichem Leben - vermeidet jedoch die Nennung von Schulschließungen und anderer öffentlicher Einrichtungen. KUSCHEL setzt auf die Stärkung der Zivilgesellschaft - ganz im Sinne neoliberaler Politik, die in Deutschland eine Wahlverwandtschaft mit dem Nationalkonservatismus eingegangen ist.

Am Schluss stellt uns LOCKE die Vorsitzende der Verwaltungsgemeinschaft Hermsdorf vor, der es um die Stärkung der Selbstverwaltung geht - was leicht fällt, wenn man zu den privilegierten Gemeinden im Land zählt.

ND/DPA (2017): Noch eine Reform der Gebietsreform?
Thüringen: CDU-Politiker will Vertrauensabstimmung,
in:
Neues Deutschland v. 03.05.

"Laut Vorschlag des Innenministers sollen Sitz der Landratsämter in den dann nur noch acht statt 17 Kreisen die Städte Mühlhausen, Sondershausen, Sömmerda, Gotha, Bad Salzungen, Hildburghausen, Saalfeld und Altenburg werden",

heißt es in dem Bericht, in dem der Streit um den Kreissitz in Sonderhausen im Vordergrund steht:

"Bürgermeisterin Jutta Krauth (SPD) (...) wolle sich dafür einsetzen, dass Nordhausen und nichts Sondershausen Kreissitz nach einer Fusion der Kreise Nordhausen und Kyffhäuser werde."

LOCKE, Stefan (2017): Von oben herab.
Die Linke predigt gern "von unten", tut aber das ganze Gegenteil. Bestes Beispiel Thüringen,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 05.05.

"Fast alle Parteien und alle Fraktionen im Landtag redeten schon seit Jahren darüber, dass sich etwas ändern müsse, allen voran die CDU, die aber jeglicher Entscheidung selbst dann noch auswich, als Gutachten, die von ihr in Auftrag gegebenen worden waren, zu dem Ergebnis kamen, dass es so nicht weitergehen kann",

schickt Stefan LOCKE dem Vorwurf voraus, dass Rot-Rot-Grün die Kreisreform in Thüringen falsch angepackt hat:

"Größere Einheiten, geringere Kosten, mehr Effizienz, so lautete der zukunftsträchtige Dreiklang. In der Wirtschaft mag das Überzeugungskraft entfalten. In der kommunalen Selbstverwaltung aber gibt es weit mehr Variablen. Dass Gebietsfusionen den Nutzen nicht bringen (...) liegt daran, dass in vielen Kommunen soziale Pflichtaufgaben der größte Kostentreiber sind, und die fallen unabhängig von Kreis- oder Gemeindegrenzen an."

Den größten Schaden sieht LOCKE jedoch für die Demokratie. Er ist der Auffassung, dass in Thüringen die Funktional- und Verwaltungsreform unter die Räder kommt und es lediglich eine Gebietsreform geben wird. Das läge daran, dass dem Ministerpräsidenten das nötige Drohpotenzial fehle, weil er einen parteiübergreifenden Protest gegen sich habe.

KEILHOLZ, Christine (2017): Ramelows gestörte Kreise.
Erfurt: Deutschlands erste rot-rot-grüne Landesregierung scheitert an einer Reform der Kreisgebiete. Politik zwischen Dörfern und Bratwurstigkeit,
in:
Freitag Nr.19 v. 11.05.

Bislang fanden Berichte über die Gebietsreform in Thüringen kaum Eingang in die überregionale Berichterstattung. In Zeiten des Bundestagswahlkampfs ändert sich das nun. Zuletzt berichtete die FAZ sogar auf Seite 1 über die Konflikte in Thüringen. Wer genauer informiert sein wollte, der musste schon Zeitungen wie Neues Deutschland lesen. Als Grund für die Notwendigkeit wird uns die demografische Entwicklung in Thüringen genannt, denn was ist,

"wenn in 15 Jahren nur noch die Hälfte der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter sein wird? 571 Gemeinden zählen weniger als 1.000 Einwohner. Die blühenden Vorstädte, wo Eigenheimchen neben Eigenheimchen entsteht, saugen nicht nur den peripheren Dörfern das Leben ab, auch den Städten. Umlandkreise voller Schlafsiedlungen vereinigen sich lieber untereinander und schwächen damit Städte wie Arnstadt und Eisenach. Das macht eine verstreute Ämterlandschaft nötig, die schwer zu finanzieren ist."

KEILHOLZ kritisiert die Rücknahme von Reformmaßnahmen als "Öffnen der Büchse der Pandora". Dass Weimar und Gera nun doch kreisfrei bleiben sollen ist in dieser Sicht der Anfang vom Ende. So soll nun auch Mühlhausen Kreisstadt bleiben, weil ein Aktionsbündnis "Pro Kreisstadt Mühlhausen" 4.700 Unterschriften gesammelt habe. Hinzu kommt, dass die Regierung nur mit einer Stimme Mehrheit regiert.

BARTSCH, Michael (2017): Rot-Rot-Grün in Thüringen unter Druck.
R2G: Auch eine gute Halbzeitbilanz der ersten linksgeführten Landesregierung nutzt nichts, wenn die Gebietsreform scheitert,
in:
TAZ v. 30.05.

DPA/ND (2017): Thüringer Gebietsreform vor Gericht.
Wurde Zeitdruck erzeugt, um das Vorschaltgesetz durch den Landtag zu bringen? Die oppositionelle CDU sagt ja, Rot-Rot-Grün bestreitet das,
in:
Neues Deutschland v. 31.05.

SCHROEDER, Wolfgang/WEßELS, Bernhard/BERZEL, Alexander/NEUSSER, Christian (2017): Bewegung? Partei?
In den Landtagen agiert die AfD uneinheitlich,
in: WSI-Mitteilung, Heft 4,
Juni

SCHROEDER/WEßELS/BERZEL/NEUSSER haben die 10 Landtagsfraktionen in bewegungsorientiert und parlamentsorientiert unterschieden, wobei zwei Landtagsfraktionen als uneinheitlich agierend eingestuft werden:

Parlamentsorientierte Fraktionen uneinheitlich agierende Fraktionen Bewegungsorientierte Fraktionen
- Berlin
- Rheinland-Pfalz
- Sachsen
- Baden-Württemberg
(eher bewegungsorientiert)
- Hamburg
(eher parlamentsorientiert)
 
- Brandenburg
- Mecklenburg-Vorpommern
- Sachsen-Anhalt
- Thüringen
 

Anhand von Anträgen und Kleinen Anfragen haben die Autoren ein Profil der Parlamentsarbeit der AfD erstellt.

HAAK, Sebastian (2017): Niederlage? Welche Niederlage?
Das Thüringer Verfassungsgericht hat das Vorschaltgesetz zur Gebietsreform aus formalen Gründen für nichtig erklärt,
in:
Neues Deutschland v. 10.06.

Sebastian HAAK berichtet dass Rot-Rot-Grün das Verfassungsgerichtsurteil als Sieg deutet, weil die Festlegung von Mindesteinwohnerzahlen und die Berufung auf Bevölkerungsvorausberechnungen nicht grundsätzlich gegen die Verfassung verstoße.

BARTSCH, Michael (2017): Nu mal schön langsam.
Gebietsreform: Das wichtigste Projekt der rot-rot-grünen Thüringer Koalition scheitert vor dem Landesverfassungsrecht. SPD und Grüne wollen das Reformtempo zügeln,
in: TAZ
v. 13.06.

HAAK, Sebastian (2017): Rot-Rot-Grün zieht zurück.
Thüringen: Die Klage gegen das Volksbegehren zur Gebietsreform ist vom Tisch - die Probleme bleiben,
in:
Neues Deutschland v. 14.06.

HAAK, Sebastian (2017): Zensur eines Gutachtens?
Auch eine Kommission kann Streit um Direktorin des Thüringer Landtags nicht beenden,
in:
Neues Deutschland v. 17.06.

ISSIG, Peter (2017): Thüringen ade, Bayern olè.
Die Bürger Sonneborns stellen sich gegen die Gebietsreform-Pläne der rot-rot-grünen Landesregierung in Erfurt. Nun planen sie eine Revolution,
in:
Welt v. 21.06.

Peter ISSIG liefert Wahlkampffolklore aus dem über 23.000 Einwohner zählenden  Sonneberg (nicht Sonneborn!) in Thüringen. Der dortige CDU-Bürgermeister ist gegen die geplante Gebietsreform.

"Der Landkreis Sonneberg, der zwischen den oberfränkischen Landkreisen Coburg und Kronach nach Bayern hineinragt, würde wohl in einem Verwaltungsbezirk von der Größe des Saarlands aufgehen. Sonneberg verlöre den Status als Kreisstadt",

beschreibt ISSIG die Auswirkungen der geplanten Gebietsreform. Sonneberg profitiert durch seine Nähe zu Bayern:

"Der Landkreis ist Mitglied der sogenannten Metropolregion Nürnberg, es gibt einen grenzüberschreitenden Klinkverbund. Viele Menschen pendeln zur Arbeit über die Landesgrenzen. (...). Die Arbeitslosenquote von 3,6 Prozent liegt deutlich unter dem Thüringer Landesschnitt von 5,8 Prozent."

BURFEIND, Sophie (2017): Scherbenhaufen.
Deutschland war die Porzellanhochburg in Europa, nach der Wende zerbrach alles. Ein paar Unternehmen sind jetzt wieder erfolgreich. Wie schaffen sie das? Über eine Welt, die vom Wandel der Gesellschaft erzählt,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 01.07.

Sophie BURFEIND schreibt über den Niedergang der Porzellanindustrie in Oberfranken. Die neue Erzählung heißt nun jedoch, dass die Krise vorbei sei. Dazu präsentiert uns BURFEIND Kahla in Thüringen, das weniger durch sein Porzellanproduktion als durch seine Neonazis Schlagzeilen macht. Weitere Stationen der Reportage sind Reichenbach in Thüringen, sowie Selb in Oberfranken und Weiden in der Oberpfalz.

FÖRSTER, Andreas (2017): Bürger gegen braune Horden.
Im Juli sollen im thüringischen Themar drei große Konzerte rechter Bands stattfinden. Erwartet werden bis zu 5.000 Neonazis aus ganz Europa. Das wollen sich die Ortsansässigen nicht gefallen lassen - sie planen eine Gegenveranstaltung,
in:
Frankfurter Rundschau v. 01.07.

"Themar liegt in Südthüringen, nicht weit von Hildburghausen und der Landesgrenze zu Bayern. Gut 1200 Jahre alt ist der Ort, der knapp 3.000 Einwohner hat und am Ufer der Werra liegt",

berichtet Andreas FÖRSTER über den Ort, der zur Kulisse einer Provinzposse degradiert wird. Im Zentrum steht die verschworene Gemeinschaft der Bürgermeister der Verwaltungsgemeinschaft Feldstein, die sich plötzlich mit einem Feind in den eigenen Reihen konfrontiert sieht, der ihren Widerstand zunichte macht:

"Bodo Dressel, der Bürgermeister von Grimmelshausen. Das 300-Seelen-Dorf, dem mit dem »Simplicissimus« ein literarisches Denkmal gesetzt worden ist, gehört zur »Feldstein«-Gemeinschaft. Dressel war noch als CDU-Mitglied in das Bürgermeisteramt seiner Gemeinde gewählt worden, inziwschen gehört er der AfD an und sitzt in deren Kreisvorstand."   

HÜLSEN, Isabell (2017): Erschöpfte Stadt.
Standorte: Gera war einmal reich. Heute ist Thüringens drittgrößte Stadt pleite. Der Niedergang begann, wie bei vielen ostdeutschen Kommunen, mit der Wende. Andere rappelten sich auf. Gera gelang das nie. Und das liegt nicht allein am Geld,
in:
Spiegel Nr.27 v. 01.07.

"Gera ist pleite. Vor drei Jahren musste Thüringens drittgrößte Stadt ihre Betriebe - die Stadtwerke mitsamt Nahverkehr und Müllabfuhr - in die Insolvenz schicken. Als erste und einzige Stadt der Republik. (...).
Mit 9,9 Prozent Arbeitslosigkeit ist Gera heute Schlusslicht in Thüringen. Mit der Arbeit gingen die Menschen. Seit 1990 ist die Einwohnerzahl um fast ein Drittel geschrumpft. Wer Arbeit hat, verdient im Schnitt knapp 26.000 Euro im Jahr, brutto. Das ist fast ein Fünftel weniger als im Bundesdurchschnitt.
Ja, Gera ist arm. Aber Geld ist nicht einmal das größte Probleme. Gera ist nicht Duisburg-Marxloh, es brennt hier nicht wie in Dortmunds Nordstadt oder in Berlin-Hellersdorf - Stadtteilen, die in Armut, Drogen und Kriminalität versinken",

beschreibt Isabell HÜLSEN die Situation der Stadt. Wenn eine Stadt beim Wettbewerbsindividualismus versagt, dann wird das gerne auf die Mentalität geschoben.

"Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Der Niedergang bringt den Frust. Aber in Gera scheint auch das Gegenteil zu stimmen. Der Frust bedingt den Niedergang. Das Bewusstsein bestimmt das Sein",

schreibt HÜLSEN das was - wäre Gera ein Dorf - als typische Abwärtsspirale gilt. Aber in Gera leben über 95.000 Einwohner.

"Gera war schon so vieles: Einkaufsstadt, Otto-Dix-Stadt. Doch jedes neue Etikett, das die Stadtoberen ihr anhefteten, brachte Enttäuschung. Nun also Hochschulstadt",

kritisiert HÜLSEN die neueste Idee, der als Alternative die Gesundheitsstadt empfohlen wird. Für eine Hochschulstadt fehle Gera die Tradition, denn Gera sei nur eine Arbeiterstadt.

"Es ist nicht so, dass Gera stirbt, im Gegenteil, die Stadt wächst sogar leicht. Im vergangenen Jahr wurden hier 782 Babys geboren, das sind 76 mehr als im Jahr davor. Über 1.300 Menschen sind in derselben Zeit gestorben. Das Wachstum verdankt Gera auch dem kleinen, aber stetigen Zuwachs von Ausländern. Sie machen inzwischen 4,8 Prozent der Einwohner aus",

heißt es zur demografischen Entwicklung. HÜLSEN greift sich einen Textilbetrieb heraus, um der Bevölkerung ihr "irres Anspruchsdenken" und ihr rechtsextremes Gedankengut vorzuwerfen:

"In Gera leben Flüchtlinge auch aus Afrika. Denen werde das Geld hinterhergeworfen, hetzt die AfD. Aber darüber, dass gut 200 Jobs an Afrika hängen, wird in der Stadt nicht geredet".

Die AfD sitzt jedoch nicht im Stadtrat - wie in so mancher ostdeutschen Gemeinde. Dagegen ist die Linkspartei stark vertreten. Die Oberbürgermeisterin ist dagegen parteilos, konnte jedoch auf die Unterstützung von CDU und FDP zählen.

ND/DPA (2017): Eisenach will freiwillig seinen Status aufgeben.
OB Wolf: Gebietsreform in Westthüringen durchziehen,
in:
Neues Deutschland v. 04.07.

Die Oberbürgermeisterin Katja WOLF (Linkspartei) erhofft sich durch die freiwillige Fusion der kreisfreien Stadt Eisenach mit dem Wartburgkreis mehr Zugeständnisse vom Land. 

GUMBRECHT, Hans Ulrich (2017): Suburbia!
Die Metropolen versprechen Freiheit - aber die Kreativzonen liegen heute am Stadtrand,
in: Neue Zürcher
Zeitung v. 07.07.

"Das in den Medien gehegte Schreckensbild einer sich verhärtenden Provinzbastion aus populistischem Ressentiment bedarf ebenso einer Revision wie die unterstellte Aura der jung-dynamischen Metropolen. (...).
Auf die Frage nach dem Ort jener Dynamik, die intellektuelle Erneuerung und die Expansion des Kapitals gleichermassen beflügelt, haben vor allem die deutschsprachigen Kulturen eine altehrwürdige Antwort gegeben. Ihr Kern war das heute unwahrscheinlicher denn je wirkende Motiv von der Provinz als einzigem Ort starken Denkens. Vor allem die thüringischen Kleinstädte Weimar und Jena(...) weckten schon um 1800 Bewunderung aufgrund vielfacher Erneuerungsbewegungen, die dort begonnen hatten und weithin Resonanz fanden. (...).
Doch nicht etwa in die Metropolen ist die Energie dieses Geistes gezogen, sondern in eine andere Lage der Provinz. Die zwanzig besten Universitäten unserer Zeit, Harvard, Stanford, Princeton und Yale etwa, Cambridge, Oxford und die ETH, gehören zu Städten, die schon allein aus Quantitätsgründen nicht als globale Metropolen gelten können. Dies trifft vor allem auf das Silicon Valley als jene kompakte Kreativzone zu, deren Erfindungen während der vergangenen drei Jahrzehnte den globalen Alltag grundlegend verändert haben.
Google, Apple, Oracle und die meisten jener Startups, die Weltmarken geworden sind, haben Adressen in Mountain View, Sunnyvale oder Palo Alto, in Gemeinden mit etwa sechzigtausend Einwohnern, welche die fünfzig Kilometer zwischen den kleinen Millionenstädten San Francisco und San Jose ausfüllen", heißt es in dem Lob der Mittelstadt von Hand Ulrich GUMBRECHT.

ND/DPA (2017): Ramelow schließt Stopp der Gebietsreform aus.
Thüringens Regierungschef hält es für möglich, dass das Vorhaben bis zur Wahl 2019 nicht in Gänze umsetzbar ist,
in:
Neues Deutschland v. 10.07.

Die Grünen bestehen darauf, dass Weimar und Gera ihre Kreisfreiheit verlieren, wird in der Agenturmeldung berichtet.

DPA/ND (2017): Kommunen fahren auf Verschleiß.
Thüringen: Zahlt das Land zu wenig - oder ist Kleinteiligkeit das Problem?
in:
Neues Deutschland v. 22.07.

Bericht über das geplante Finanzausgleichsgesetz in Thüringen, mit dem kleine Gemeinden zu Fusionen gezwungen werden sollen. Damit soll auch Druck aufgebaut werden, um die geplante Gebietsreform besser durchsetzen zu können. Gemeinen mit weniger als 10.000 Einwohner sollen zukünftig schlechter gestellt werden. Statt dem demografischen Wandel mit dem Finanzausgleich gegenzusteuern wird im Gegenteil die Kluft zwischen Land und Stadt verschärft. Das Ergebnis solcherart von Politik kann man in den USA, Großbritannien und Frankreich sehen. Die dortigen Konflikte werden durch die hiesige neoliberale Standortkonkurrenz auch in Deutschland aufbrechen. Die Erfolge der AfD sind lediglich ein harmloses Vorspiel dessen, was uns erwarten könnte, wenn der Aufschwung in Deutschland zu Ende geht.

HAAK, Sebastian (2017): Steuerdebatte mit Beleidigungen.
Thüringen: Der Linke-Politiker Frank Kuschel will Grundstücke stärker besteuern - als Folge ist eine politische Schlammschlacht ausgebrochen,
in:
Neues Deutschland v. 28.07.

DIECKMANN, Christoph (2017): Wartburka und Elisabeth.
Eisenach, deutsches Herzland, im Wahljahr 2017: Die einen fürchten den Schleier, die anderen die Kommunisten. Wo einst die Revolution begann, möchte man heute: Bloß nicht noch einen Umbruch,
in:
Die ZEIT Nr.32 v. 03.08.

Christoph DIECKMANN zeichnet ein seltsam blasses Stadtporträt der ca. 43.000 Einwohner zählenden Thüringer Stadt Eisenach, bei dem nicht die Bewohner, sondern die Parteien die Hauptrolle spielen.

HAAK, Sebastian (2017): Grenzprovokation am "Nordkap von Bayern".
Es muss ja nicht der Stil eines Markus Söder sein, aber Thüringen könnte von seinem Nachbarn manches lernen,
in: Neues Deutschland
v. 04.08.

HAAK, Sebastian (2017): Spiel auf Zeit.
Die Koalition in Thüringen einigte sich zur Gebietsreform - sie wird länger dauern,
in:
Neues Deutschland v. 17.08.

Sebastian HAAK berichtet über die zeitliche Streckung der Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform:

"Statt bis 2019 die Verwaltungs-, Funktional und Gebietsreform komplett abzuschließen, sollen der Einigung nach bis 2019 nur freiwillige Gemeindefusionen geschehen. Zudem sollen die Kreisfusionen zwar bis 2019 beschlossen, aber noch nicht umgesetzt sein. Erst im Jahr 2021 sollen diese wirksam werden".

Damit wird auch der geplante Abbau von rund 1000 Stellen in der Landesverwaltung hinausgeschoben. HAAK sieht das auch im Zusammenhang mit der Thüringer Landtagswahl, die nun mitten im Reformprozess stattfindet. Ob das Kalkül von Rot-Rot-Grün aufgeht, damit der "gebietsreformfeindlichen Stimmung im Land" den Wind aus den Segeln zu nehmen, wird sich zeigen müssen.

KAISER, Lena (2017): Brownies gegen den Verfall.
Tristesse: Leere Häuser, viele Arbeitslose: Bremerhaven ist eine krisengeplagte Stadt. Einige stemmen sich gegen den Niedergang,
in:
TAZ v. 19.08.

Die abgehängten Regionen entstammen einer Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage Stärkung strukturschwacher Regionen in Deutschland  der Linkspartei. Folgende Städte und Regionen wurden als abgehängte Regionen klassifiziert (vgl. Bundestagsdrucksache 18/11263, 2017, Tabelle 2, S.4):

Land Kreisregion
(stark unterdurchschnittlich)
Kreisregion
(sehr stark unterdurchschnittlich)
Brandenburg Oder-Spree/Frankfurt (Oder), Stadt
Uckermark
Prignitz
Ostprignitz-Ruppen
Elbe-Elster
Bremen Bremerhaven, Stadt  
Mecklenburg-Vorpommern Ludwigslust-Parchim
Vorpommern-Greifswald
Vorpommern-Rügen
Mecklenburger Seenplatte
Nordrhein-Westfahlen Herne, Stadt
Oberhausen, Stadt
Gelsenkirchen, Stadt
 
Sachsen-Anhalt Anhalt-Bitterfeld/Dessau-Roßlau, Stadt
Jerichower Land
Wittenberg
Saalekreis
Salzlandkreis
Altmarkkreis Salzwedel
Stendal
Mansfeld-Südharz
Burgenlandkreis
Harz
Thüringen Altenburger Land
Unstrut-Hanich-Kreis
Kyffhäuserkreis

BÖGER, Heidrun (2017): Das Sterben der Landgasthöfe.
Bürokratie, Nachwuchssorgen und Fachkräftemangel sorgen für einen drastischen Schwund in der ländlichen Gastronomie Thüringens,
in:
Neues Deutschland v. 21.08.

HAAK, Sebastian (2017): Plötzlich Innenminister.
Auf den entlassenen Holger Poppenhäger folgt Georg Maier - das Problem bleibt: die Thüringer Gebietsreform,
in:
Neues Deutschland v. 31.08.

HONNINGFORT, Bernhard (2017): Die Quadratur der Kreise in Thüringen.
Die geplante Gebietsreform ist ein vertracktes Dauerärgernis. Der neue Innenminister ist nicht zu beneiden,
in:
Frankfurter Rundschau v. 01.09.

DECKER, Markus (2017): Verzweifelte Entschlossenheit an der Wahlurne.
Es gibt zahlreiche niederschmetternde Gründe, warum die politische Lage in Ostdeutschland auch im 27. Jahr der Einheit anders geblieben ist,
in:
Frankfurter Rundschau v. 22.09.

"Die Rechtsdrift ist nicht zuletzt ein Phänomen der Jungen. So würden nach einer aktuellen Erhebung 15,4 Prozent der unter 18-Jährigen in Sachsen die AfD wählen. Das ist bundesweit das zweithöchste Ergebnis nach Thüringen, wo es 15,7 Prozent wären",

erklärt uns DECKER, was wohl heißen soll, dass die AfD in Zukunft noch stärker werden wird.

BOLLMANN, Ralph (2017): Migranten im eigenen Land.
17 Millionen Menschen kamen 1990 aus einem Land namens DDR in die Bundesrepublik. Das Wahlergebnis zeigt: Viele von ihnen haben sich bis heute nicht integriert,
in:
Frankfurter Allgemeine Sonntagzeitung v. 01.10.

"Städte wie (...) Jena (...) haben sich zu weltoffenen, wohlhabenden und liberalen Zentren entwickelt. (...) Dort ist die Integration im Ganzen geglückt",

behauptet BOLLMANN. Im thüringischen Jena erhielt die AfD 14,4 %.

LASCH, Hendrik (2017): Sehnsucht nach der Schwarmstadt.
Sachsen-Anhalt: Dessau-Roßlau ist die "älteste deutsche Stadt" - und damit (noch) nicht glücklich,
in:
Neues Deutschland v. 02.10.

"In einer Liste von 400 Landkreisen und kreisfreien Städten, die das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) publizierte, rangiert Dessau-Roßlau ganz am unteren Ende, knapp hinter Suhl und dem Altenburger Land (beide Thüringen)", berichtet Hendrik LASCH

HAAK, Sebastian (2017): Schein und Sein der Landärzte.
Weil die Wirklichkeit anders ist als einschlägige TV-Serien zeigen, schickt die Uni Jena Studenten auf Besuchstour,
in:
Neues Deutschland v. 26.10.

"Nun mag man argumentieren, dass Sonneberg im ländlich geprägten Thüringen - als Noch-Kreisstadt - ohnehin nicht der Ort ist, an dem ein echter Landarzt sitzt. Oder sitzen sollte. Weil es im Freistaat freilich noch ländlichere Orte gibt als die 24.000-Einwohner-Stadt Sonneberg. Doch die Landärzte der Zukunft werden eher in Orten wie Sonneberg sitzen als in einem 300-Seelen-Dorf. Denn die medizinische Versorgung wird sich in den nächsten Jahren mehr und mehr auf die Zentren konzentrieren. Auf urbane Zentren. Auf die Zentren des ländlichen Raums. Alle, die sich mit der Medizin der Zukunft beschäftigen, wissen das",

versucht Sebastian HAAK die Vorurteile zu zerstreuen, die durch Landarzt-TV-Serien geprägt werden.

DPA/ND (2017): Kulturstaatsvertrag Soll Weimars Status sichern.
Thüringer Kultusminister: "Es gibt nicht mehr Gerd, aber wir verpflichten uns, die Finanzierung aufrecht zu erhalten",
in:
Neues Deutschland v. 02.11.

BAGANZ, Dorian (2017): Raus aufs Land.
Peripherie: In Brandenburg ist die Kreisgebietsreform gescheitert. Rot-Rot-Grün in Thüringen sollte vor derlei Plänen gewarnt sein,
in:
Freitag Nr.45 v. 09.11.

STALA THÜRINGEN (2017): 2016: Mehr Geburten, weniger Sterbefälle und mehr Eheschließungen in Thüringen – dennoch Sterbefallüberschuss von 9 841 Personen.
Neuer Höchststand bei den Geburten und Eheschließungen seit 1991,
in:
Pressemitteilung des Statistischen Landesamt Thüringen v. 15.11.

ND/DPA  (2017): Ein "Murks-Projekt" steht auf der Kippe.
Kreisreform in Thüringen wird erneut Fall für den Koalitionsausschuss,
in:
Neues Deutschland v. 16.11.

LEMBKE, Judith & Kristina PEZZEI  (2017): Ganz schön provinziell!
Städte und Gemeinde, die abseits der Ballungszentren wachsen, haben in der Regel meist mehr zu bieten als günstige Immobilienpreise und Natur. Wir haben uns im Land umgehört,
in:
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 19.11.

Während die Lobbyisten auf attraktive Mittelstädte ("Ankerstädte") setzen, stellen LEMBKE & PEZZEI Kommunen vor, die sich selber als aufstrebende Gemeinden vermarkten: u.a. Suhl in Thüringen. Suhl gehört zwar seit der Wende zu den stark schrumpfenden ostdeutschen Städten, hat aber offenbar eine starke Lobby, die darauf drängt die rund 35.000 Einwohner zählende Stadt als Oberzentrum aufzuwerten.

HAAK, Sebastian (2017): Gewerkschaftsfahnen statt Höcke.
Thüringen: AfD-Landeschef hatte sich an Schweigemarsch von Siemens-Mitarbeitern beteiligt - IG Metall sucht nach Antworten,
in:
Neues Deutschland v. 27.11.

Die Linke ist hilflos angesichts der Doppelstrategie der AfD: einerseits Stützung neoliberaler Unternehmensführung und andererseits Stilisierung zum Anwalt der kleinen Leute.

POLLMER, Cornelius (2017): Aufschub und Aus
Thüringens rot-rot-grüne Regierung stoppt Kreisgebietsreform,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 02.12.

Cornelius POLLMER berichtet darüber, dass nun "freiwillige" Gemeindefusionen durch 200 Euro pro Einwohner und einer Höchstförderungsgrenze von 2 Millionen Euro begünstigt werden sollen. Die freiwillige Fusion von Eisenach und Wartburgkreis soll 2019 abgeschlossen sein.

HAAK, Sebastian (2017): Das rot-rot-grüne Kernprojekt ist tot.
Linke, SPD und Grüne in Thüringen müssen die Kreisgebietsreform beerdigen - nennen es aber anders,
in:
Neues Deutschland v. 02.12.

Sebastian HAAK, ein gnadenloser Verfechter von Toip-Down-Gebietsreformen, deren Sinn durchaus angezweifelt werden kann, kritisiert das Aus der Gebietsreform in Thüringen.

LOCKE, Stefan & Kerstin SCHWENN (2017): Die schnellste Mitte Deutschlands.
Mit der Bahn in vier Stunden von München nach Berlin. Erfurt liegt in der Mitte und erhofft sich einen Aufschwung - andere Städte sehen sich als Verlierer,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 08.12.

Erfurt wird als Gewinner und Jena, Gera und Naumburg werden als Verlierer der neuen Bahnverbindung beschrieben.

SCHLESIGER, Christian (2017): Einmal Paradies und zurück.
Wohlstandsfaktor Bahn: Die neue ICE-Strecke Berlin-München offenbart: Ein Anschluss an den Fernverkehr entscheidet über Aufstieg und Niedergang von Städten,
in:
WirtschaftsWoche Nr.51 v. 08.12.

GERTZ, Holger (2017): Dreifünfundfünfzig.
Es wird viel geschimpft über die Deutsche Bahn, aber am Sonntag fliegt sie in nicht mal vier Stunden von München nach Berlin. Es wird ein großer Tag für das Unternehmen. Ein bitterer Tag für Jena-Paradies. Über Ankommende und Abgehängte,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 09.12.

ND/DPA (2017): Hochzeitsprämien für Gemeinden.
Thüringen: Rot-Rot-Grün will für Zusammenschlüsse 200 Euro pro Einwohner zahlen,
in:
Neues Deutschland v. 15.12.

BECKER, Lisa & Jan GROSSARTH (2017): Flucht in die Privatschule.
Neue Lernmethoden, die schlecht in die Praxis umgesetzt werden, und überforderte Lehrer: Kaum etwas bewegt Eltern mehr als die Schulpolitik. Nicht wenige verabschieden sich aus dem staatlichen System. Eine gute Lösung,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 16.12.

"Gerade hat das Statistische Bundesamt Zahlen veröffentlicht: Danach besuchten im Schuljahr 2016/17 gut 750.000 Schüler eine allgemeinbildende und knapp 240.000 eine berufsbildende private Schule; das war jeder elfte Schüler in Deutschland. 5.836 Ersatzschulen gab es: Ihr Besuch ersetzt den Besuch einer staatlichen Schule",

erklären uns BECKER & GROSSARTH. Die letzte Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 21.11.2017 hieß: 0,6 % mehr Schulanfängerinnen und Schulanfänger 2017 im Vergleich zum Vorjahr. Dazu heißt es:

"Zu Beginn des laufenden Schuljahres 2017/2018 wurden nach vorläufigen Daten in Deutschland 725.100 Kinder eingeschult. Das waren 0,6 % mehr als im Vorjahr. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, ist die Zahl der Einschulungen im Vergleich zum Vorjahr in allen Bundesländern bis auf Baden-Württemberg (– 0,8 %) gestiegen. Die größten prozentualen Anstiege gab es in Thüringen (+ 2,5 %) und in Sachsen-Anhalt (+ 2,2 %)."

Im Schuljahr 2016/17 waren es gemäß dem Statistischen Bundesamt nur 720.733 Schüler an allgemeinbildenden Schulen eingeschult worden, d.h. rund 30.000 Schüler weniger als BECKER & GROSSARTH behaupten.

ND/DPA (2017): Phantomschmerz bei Rot-Rot-Grün.
Thüringens Regierung will Gemeindefusion forcieren - und streitet über ihr jüngstes Scheitern,
in:
Neues Deutschland v. 19.12.

Der Bericht nennt nur ein paar Beispiele für die 100 Gemeinden, die beim Land Fusionsanträge gestellt haben: Fusion von Drei Gleichen und Günthersleben-Wechmar im Landkreis Gotha, Umwandlung der Verwaltungsgemeinschaft um Straußfurt in die Landgemeinde Gera Aue im Landkreis Sömmerda, Fusion von Föritz, Judenbach und Neuhaus-Schierschnitz zu Föritztal im Kreis Sonneberg sowie Eingliederung von  Hundeshagen zur Stadt Leinefelde-Worbis im Eichsfeld.

HAAK, Sebastian (2017): Familiäre Hilfe für Pflegebedürftige wurde unterschätzt.
Thüringen: Menschen ziehen bei Pflegebedürftigkeit, so hieß es jahrelang, in die Städte - doch die Statistiker sagen nun etwas anderes,
in:
Neues Deutschland v. 27.12.

 
     
 
       
   

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webmaster@single-generation.de Erstellt: 11. August 2019
Update: 11. August 2019