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Kommentierte Bibliografie

 
       
   

Sachsen-Anhalt im demografischen Wandel

 
       
   

Ein ganzes Bundesland als gefährdete Region (Teil 4)

 
       
     
   
     
 

Kommentierte Bibliografie (Teil 4: 2017 )

2017

DPA/ND (2017): Die Frühaufsteher altern zusehends.
Der demografische Abwärtstrend in Sachsen-Anhalt scheint trotz vermehrten Zuzugs ungebrochen,
in:
Neues Deutschland v. 02.01.

Bericht über Ergebnisse zur Bevölkerungsentwicklung in Sachsen-Anhalt aus dem Anfang Dezember erschienenen Statistischen Jahrbuch 2016.

LOBENSTEIN, Caterina (2017): Hier herrscht Klassenkampf.
Sachsen-Anhalt: In der Arbeiterstadt Bitterfeld ist die AfD stärkste Partei. Ihre Wähler haben nicht nur mit Flüchtlingen ein Problem, sondern auch mit dem Kapitalismus,
in:
Die ZEIT Nr.2 v. 05.01.

STALA SACHSEN-ANHALT (2017): Ergebnisse der Tourismusstatistik für das Jahr 2016 im Land Sachsen-Anhalt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 01.03.

Im Vorjahresvergleich verzeichneten 2016 alle Reisegebiete Sachsen-Anhalts außer der Altmark gestiegene Gäste- und auch Übernachtungszahlen. In der Altmark gab es 7,3 Prozent weniger Gäste und 4,4 Prozent weniger Übernachtungen gegenüber dem sehr erfolgreichen Jahr 2015. Gemessen am Jahr 2014 waren das aber 1,8 Prozent mehr Gäste und 3,6 Prozent mehr Übernachtungen. Über dem Landesdurchschnittswert der Zuwächse bei Gästen als auch Übernachtungen lagen der Harz und das Harzvorland (Gäste: + 4,9 %, Übernachtungen: + 3,7 %) sowie das Reisegebiet Halle, Saale, Unstrut (Gäste: + 3,9 %, Übernachtungen: + 3,6 %). Die Beherbergungsbetriebe im Reisegebiet Anhalt-Wittenberg meldeten mit + 3,9 Prozent den höchsten Zuwachs an Übernachtungen, die Gästezahlen stiegen um 1,3 Prozent. Die Region Magdeburg, Elbe-Börde-Heide schloss gegenüber dem Vorjahr mit 0,7 Prozent mehr Gästen und 0,6 Prozent mehr Übernachtungen stabil ab (...).
Im Regionalvergleich der kreisfreien Städte und Landkreise hatte der Landkreis Harz mit 2,6 Millionen die absolut höchste Zahl an Übernachtungen. Rund ein Drittel aller Übernachtungen Sachsen-Anhalts wurden 2016 in diesem Landkreis gebucht. Jeweils mehr als eine halbe Million Übernachtungen meldeten die Beherbergungsbetriebe des Landkreises Wittenberg, des Burgenlandkreises und der Landeshauptstadt Magdeburg. Das geringste Übernachtungsaufkommen mit weniger als 200 000 Übernachtungen gab es im Landkreis Jerichower Land. Gemessen an der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer 2016 verweilten die Gäste am längsten im Altmarkkreis Salzwedel (3,7 Tage) und am kürzesten in Dessau-Roßlau (1,6 Tage).
In 8 der 14 kreisfreien Städte und Landkreise Sachsen-Anhalts konnten im Jahr 2016 mehr Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben als 2015 gezählt werden. Spitzenreiter im Zuwachs war der Saalekreis mit 13,1 Prozent mehr Übernachtungen. Mehr Übernachtungen im Vorjahresvergleich als im Landesdurchschnitt gab es auch in den Landkreisen Wittenberg (+ 5,8 %), Mansfeld-Südharz (+ 4,7 %), Harz (+ 3,6 %), der Landeshauptstadt Magdeburg (+ 3,4 %) und dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld (+ 2,9 %). Rückläufig waren die Übernachtungszahlen in 6 kreisfreien Städten und Landkreisen. Den höchsten Rückgang an Übernachtungen gab es in den Landkreisen Stendal (- 8,9 %) und Jerichower Land (- 6,3 %)", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

LASCH, Hendrik (2017): Auf dem Land spielt die Musik.
Sachsen-Anhalt: Wie Bürgermeister Andreas Brohm in Tangerhütte den Altmark-Blues vertreibt,
in:
Neues Deutschland v. 12.04.

"Von 2008 bis 2025 sagte das Statistische Landesamt voraus, werde die Einwohnerzahl um 25 Prozent sinken. Dabei wohnt hier schon jetzt kaum jemand: Tangerhütte mit seinen 30 weit verstreuten Ortsteilen hat zwar mit 295 Quadratkilometern mehr Fläche als Frankfurt (Main), aber nur ein Zweiundsechzigstel der Einwohnerzahl: exakt 11.005, Tendenz fallend",

berichtet uns Hendrik LASCH über die Gemeinde Tangerhütte im Landkreis Stendhal in Sachsen-Anhalt, die mit ihrem Bürgermeister einen eloquenten Vermarkter der Landgemeinde hat und dadurch überregionale Aufmerksamkeit erhält. Inwiefern dadurch der Abwärtstrend gestoppt werden kann, wird die Zukunft zeigen müssen.

LASCH, Hendrik (2017): Landlust bei der Regierung.
Sachsen-Anhalt denkt über neues Staatsziel nach,
in:
Neues Deutschland v. 12.04.

Hendrik LASCH geht auf den Stimmungswechsel im Land Sachsen-Anhalt ein, das im Jahr 2004 mit dem Strategiepapier 68-seitigen Sachsen-Anhalt 2020 des SPD-Politikers Jens BULLERJAHN eine Abkehr von der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse einleiten wollte:

"Für ländliche Räume und Ballungsgebiete wird des unterschiedliche Entwicklungswege geben müssen",

zitiert LASCH. Heute fordert vor allem Reiner KLINGHOLZ Vielfalt statt Gleichwertigkeit. Die Grünenpolitikerin Claudia DALBERT will dagegen die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in die Verfassung des Landes aufnehmen, das von derzeit von einer CDU/SPD/Grünen-Koalition regiert wird.

"In Sachsen-Anhalt leben nach Angaben der Regierung 1,7 Millionen Menschen auf dem Land, 80 Prozent der Gesamtbevölkerung. Im ländlichen Raum werden zudem 75 Prozent des sachsen-anhaltinischen Bruttoinlandsprodukts erzeugt",

berichtet LASCH über das ostdeutsche Bundesamt.

HALLMANN, Barbara (2017): Mit den Kindern geht auch das Dorfleben.
In Sachsen-Anhalt organisieren sich Eltern und Pädagogen gegen Schulschliessungen - von der Politik wird das nicht gern gesehen,
in:
Neue Zürcher Zeitung v. 18.04.

Es ist erstaunlich, dass die NZZ über eine geplante Schule im sachsen-anhaltinischen Dorf Kamern berichtet. Weniger erstaunlich ist es jedoch, wenn man weiß, dass es um ein Privatschule geht. Eine staatliche Schule hätte Barbara HALLMANN dagegen nicht interessiert. Der Artikel zeigt jedoch wie unsinnig die Demografisierung gesellschaftlicher Probleme ist, denn die Schulplanung und -förderung ist von Bevölkerungsvorausberechnungen und politischen Gemeindestrukturen abhängig, was fatale Folgen zeitigt. So wird in der Politik nicht etwa die aktuelle Bevölkerungsvorausberechnung, sondern eine überholte Berechnung aus dem Jahr 2010 unterstellt, weil die EU den nationalen Statistiken immer einen Schritt zurückliegt. Es darf also keinen wundern, dass das Ansehen der EU gering ist.

HALLMANN geht es jedoch nicht um solche Missstände, sondern nur um die Kontroverse Privat- vs. Staatsschule, wobei erstere aus neoliberaler Sicht zu bevorzugen ist. So kritisiert HALLMANN die weiten Schulwege der staatlichen Schulen, nur um begeistert davon zu schreiben, dass die geplante Privatschule einen großen Einzugsbereich hat:

"Nur wenige Anmeldungen für ihr Schulprojekt kämen direkt aus dem Ort, sondern aus der Umgebung und auch aus dem knapp 30 Kilometer entfernten Rathenow."

Der Klientel der Privatschule ist die Entfernung jedoch egal, denn ihre Kinder müssen nicht mit dem Schulbus fahren, sondern werden von ihren begüterten Eltern oder ihrem Hauspersonal im Auto chauffiert.

Dass klamme ostdeutsche Gemeinde durch die Demografisierung gesellschaftlicher Probleme (vgl. die neoliberale Propaganda des Privatinstituts von Reiner KLINGHOLZ) zu unsinnigen Mitteln greifen, ist ein generelles politisches Problem, das unter dem Begriff der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland diskutiert wird und seltsame Blüten treibt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2017): Straße der Romanik: fast die Hälfte des Tourismus im Jahr 2016 in Sachsen-Anhalt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 02.05.

"Knapp die Hälfte (505) aller Beherbergungsbetriebe einschließlich Camping (1.031) in Sachsen-Anhalt befanden sich in den 65 Orten der Straße der Romanik. Dadurch entfielen auch von allen Gästeankünften (1.575.155; 49 %) und Übernachtungen (3 807 081; 49 %) in Sachsen-Anhalt jeweils fast die Hälfte auf diese Orte.
Die meisten Gästeankünfte neben den beiden kreisfreien Städten Magdeburg (370.699) und Halle (Saale) (219.553) verzeichneten die Städte Quedlinburg (160.125; 10 % der Ankünfte in Orten der Straße der Romanik) und Naumburg (117.598; 8 %). Die Städte Halle (Saale), Quedlinburg und Naumburg befinden sich auf den Südrouten der Straße der Romanik.
Diese 4 Städte vereinten in ihren Beherbergungsbetrieben insgesamt 51 Prozent der Übernachtungen (1.931.347) in den Orten der Straße der Romanik. Die meisten entfielen auf Magdeburg (629.559), gefolgt von Naumburg (455.877), Quedlinburg (443.816) und Halle (Saale) (402.095)", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2017): Fertigstellungen im Einfamilienhausbau auf 10-Jahres-Höchststand,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 22.05.

BBSR/BMUB (2017)(Hrsg.): Gemeinsame Evaluierung der Programme Stadtumbau Ost und Stadtumbau West

Der Evaluierungsbericht gibt für Ende 2014 den Abriss von 74.066 Wohnungen im Rahmen des Stadtumbaus Ost in Sachsen-Anhalt seit 2002 bekannt (vgl. Abbildung 76, S.112). 94 Prozent der Abrisse wurde von der organisierten Wohnungswirtschaft vorgenommen (vgl. S.115). Auf Halle/Saale entfielen 13.876 Wohnungsabgänge. In Halberstadt waren es 2.278 und in Bernburg/Saale 1.186. Die drei Städte wurden im Bericht auch vertieft behandelt. Für Sachsen-Anhalt wird auch weiterhin von der Dominanz von Abrissen ausgegangen:

"In Sachsen-Anhalt (stehen) Wohngebäude (...) teilweise schon so lange leer, dass eine Wiederinbetriebnahme weder sinnvoll noch wirtschaftlich erscheint. So wird auch in Sachsen-Anhalt die Rückbauförderung nicht ausgesetzt, gegebenenfalls kommt es zu Verzögerungen bzw. zu vorübergehenden Umschichtungen zwischen einzelnen Vorhaben, da es im Land noch immer mehr Anträge als Mittel für Rückbau gibt. Ein genereller Strategiewechsel, weg vom Abriss, wird nicht erwartet." (S.205)

Die Planungsregion 1502 Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg gilt als Region mit dem höchsten Leerstand (23,6 %).

IfS (2017): Jahresbericht 2016 der Begleitforschung Stadtumbau Ost Land Sachsen-Anhalt im Auftrag der Stadt Halberstadt und Halle, Juni

"In den 42 Stadtumbaustädten wurde im Zeitraum 2002-2015 nach Angaben des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr (MLV) der Rückbau von insgesamt 78.657 Wohnungen bewilligt und der Rückbau von 74.557 Wohnungen umgesetzt (94,8 Prozent). Mit 56.037 der insgesamt 74.557 realisierten Rückbauten entfielen drei Viertel aller Rückbauten auf die zehn rückbaustärksten Städte (Halle, Dessau-Roßlau, Magdeburg, Bitterfeld-Wolfen, Stendal, Merseburg, Sangerhausen, Halberstadt, Wittenberg, Zeitz). Die Rückbautätigkeit ist aber auch in diesen zehn Städten stark rückläufig (...).
Im Jahr 2015 wurden in allen 42 Städten lediglich 235 Wohnungen rückgebaut. Für das gleiche Jahr 2015 wurde jedoch ein Rückbau von 2.018 Wohnungen bewilligt, so dass diese sehr niedrige Anzahl tatsächlich rückgebauter Wohnungen im Jahr 2015 in nachfolgenden Anpassungen der Fördermittelstatistik des Landes noch etwas zunehmen könnte" (S.68f.), heißt es im Bericht.

ND/DPA (2017): Mehr Millionäre - und viel Kinderarmut.
Sachsen-Anhalt: Im Kreis Jerichower Land sind die meisten Höchstverdiener pro 100.000 Einwohner gemeldet,
in:
Neues Deutschland v. 26.07.

Bericht über die Pressemitteilung 3,9 Milliarden EUR festgesetzte Einkommensteuer im Jahr 2013 des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt, der mit einer Anfrage der Linken zur Armutsgefährdungsquote von Kindern im Jahr 2015 in Verbindung gebracht wird, obwohl die Armutsgefährdungsquote nur landesweit und nicht wie die Daten zur Einkommenssteuer auf Kreisebene genannt werden.

STALA SACHSEN-ANHALT (2017): Immer mehr Sachsen-Anhalter leben im Einfamilienhaus,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 01.08.

HALLMANN, Barbara (2017): Ein paar Kabel in die weite Welt.
Sachsen-Anhalt: In der Altmark ist man überzeugt, dass Breitbandverbindungen die Abwanderung verringern könnten - ginge deren Ausbau schneller,
in:
Neue Zürcher Zeitung v. 02.08.

Barbara HALLMANN berichtet über eine Posse aus der ostdeutschen Altmarkt, die typisch ist für den Standortwettbewerb neoliberaler Prägung:

"Als die Ortschaftsräte und der Bürgermeister sich für einen Glasfaserausbau bis in jedes einzelne Haus starkmachten, winkte die Telekom nur ab: Zu dünn besiedelt die Gegend, zu hoch das finanzielle Risiko.(...).
Also gründeten altmärkische Kommunen einen Zweckverband Breitband, um dieses Projekt bis Mitte 2019 abzuschliessen – und damit eine Forderung umzusetzen, die alle etablierten Parteien von links bis rechts in ihren Programmen für die diesjährige Bundestagswahl nennen. Rund 40 Millionen Euro gibt der Bund zum Glasfasernetz in der Altmark dazu; das Land Sachsen-Anhalt hat dagegen noch nicht über einen Zuschuss entschieden. Allerdings hat die Kalkulation einen Haken. Seit die beiden grössten Städte der Altmark, Stendal und Salzwedel, sich für eine Kooperation mit der Telekom entschieden haben, geht das Finanzierungsmodell nicht mehr auf: Die hohe Anschlussdichte in den Städten sollte helfen, die unrentablen, weil dünn besiedelten Dörfer ebenfalls mit Breitband versorgen zu können. Das Verlegen der Leerrohre und Glasfaserleitungen ist teuer; mit 140 Millionen Euro rechnet der Verband für die Erschliessung der gesamten Altmark."

Im föderalen System des Gegeneinander statt des Miteinander sind die kleinen Gemeinden die Verlierer. Nicht die Demografie ist das Problem, sondern die Aufgabe des politischen Ziels der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im kurzsichtigen Neoliberalismus. Statt Gegensteuerung wird Standortwettbewerb zur Maxime der Politik. Dass ein kapitalistischer Konzern keine Rücksicht auf die Belange von Kommunen nimmt, ist einleuchtend. Dass jedoch die Politik nicht das nötige Geld für den Aufbau der Infrastruktur in die Hände nimmt, ist eine politische Entscheidung und kein Sachzwang!

RICHTER, Christoph D. (2017): Frustriert und vergessen in Bitterfeld.
Sachsen-Anhalt: Diesig, neblig, grau: Bitterfeld galt mal als die dreckigste Stadt Europas. Davon ist längst nichts mehr zu sehen – doch die Stimmung ist gedrückt. Eine ganze Generation entlassener Industriearbeiter sieht sich bis heute um ihre persönliche Lebensleistung gebracht,
in:
Deutschlandfunk v. 15.09.

LASCH, Hendrik (2017): Sehnsucht nach der Schwarmstadt.
Sachsen-Anhalt: Dessau-Roßlau ist die "älteste deutsche Stadt" - und damit (noch) nicht glücklich,
in:
Neues Deutschland v. 02.10.

"Heute bringt es die Stadt in Sachsen-Anhalt regelmäßig zu eher zweifelhaftem Ruhm wegen der vielen alten Dessauer. Das Durchschnittsalter in der Kommune liegt bei 49,5 Jahren - was deutscher Rekord ist: In einer Liste von 400 Landkreisen und kreisfreien Städten, die das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) publizierte, rangiert Dessau-Roßlau ganz am unteren Ende, knapp hinter Suhl und dem Altenburger Land (beide Thüringen). Besserung ist nicht in Sicht. Eine von der Bertelsmann Stiftung herausgegebene Studie zur demografischen Entwicklung geht davon aus, dass das Durchschnittsalter in Dessau im Jahr 2030 sogar bei 51,8 Jahren liegen wird. Der Anteil der Menschen über 65 an der Stadtbevölkerung werde, so die Prognose, von jetzt 29,9 auf dann 37 Prozent steigen",

berichtet Hendrik LASCH als eine Art Kriegsberichterstatter auf dem Felde des demografischen Wandels. Im August fand die "Demografiewoche Sachsen-Anhalt" statt, deren pessimistische Sicht der Artikel unreflektiert transportiert. Während die verantwortlichen Politiker von Schwarmstädten träumen. Im neoliberalen Standortwettbewerb kämpfen die Kommunen um die Jugend und junge Familien, während die älteren Menschen als Anwälte nur die Sozialverbände haben. Deshalb kommt im Artikel ein Vorstand der Volkssolidarität zur Wort:

"Auch ältere Menschen sorgten für Arbeit: bei Sozialdiensten und im Pflegeeinrichtungen, in den Praxen von Ärzten oder Physiotherapeuten. Allein die Volkssolidarität biete in Dessau-Roßlau 180 Menschen einen Job: in der Tagespflege und Pflegeheimen, bei einem »Menüdienst« und einem Reisebüro. Insgesamt habe die Sozial- und Pflegewirtschaft in der Stadt 1.000 Beschäftigte."

Der Sozialstaat hat jedoch in Zeiten der Demografisierung gesellschaftlicher Probleme einen schlechten Ruf und gilt lediglich als Kostenverursacher und nicht etwa als Job- oder Konsummotor der Wirtschaft.

"Dessau-Roßlau gehörte zu den ersten Städten im Bundesland, die einen Seniorenbeauftragten einsetzten. Der Seniorenbeirat wird regelmäßig gehört",

berichtet LASCH. Es gehört zu den Merkwürdigkeiten der deutschen Gesellschaft der Langlebigen, dass einerseits die älteren Menschen mittels "Aktivierungsparadigma" zu Junggebliebenen stilisiert werden, während sie andererseits von den traditionellen Sozialverbände wie Pflegefälle behandelt werden. Es mangelt also an einem Vokabular, das den heutigen Verhältnissen gerecht wird, denn sonst wird sich der Altersrassismus, der in den Mainstreammedien recht verbreitet ist, durchsetzen.

BUCH, Petra (2017): Harte Zeiten für Kaffeehäuser.
Sachsen-Anhalt: Lässt sich das Geschäftsmodell in hektischer Zeit durchhalten? Ein Bericht aus Sangerhausen,
in:
Neues Deutschland v. 07.10.

"Das Kaffeehaus Kolditz in Sangerhausen (Sachsen-Anhalt), gegründet im November 1888, wirbt mit »Wiener Kaffeehauskultur«. Und das inmitten einer früheren Bergbauregion.
Sangerhausen gehört seit dem Strukturwandel nach 1990 zu den Landstrichen, die mit überdurchschnittlich hoher Arbeitslosigkeit und Abwanderung zu kämpfen haben",

erklärt uns Petra BUCH. Die Sozialwissenschaftler Thomas BÜRK & Sabine BEIßWENGER haben in dem Beitrag Stigmatisierung von Städten (2013) exemplarisch an Sangerhausen aufgezeigt wie Stigmatisierungen verlaufen. Die Stadt wurde von der ZEIT vor fast 20 Jahren als "Hauptstadt der Arbeitslosen" beschrieben. BACH interessiert sich dagegen weniger für die Stadt und ihre Probleme, sondern um das Konditorenhandwerk:

"Es gibt diverse Beispiele, wo Traditionen nicht fortgeführt werden konnten. Nur rund 60 Kilometer von Sangerhausen entfernt, in Halle etwa, gingen in einem alten Kaffeehaus, das auch von Feinschmeckern bundesweit empfohlen wurde, die Lichter aus. Andernorts, so in Touristenhochburgen und Kurorten, sind Kaffeehäuser hingegen der Treffpunkt schlechthin und werden von Reisemanagern wärmstens empfohlen."

BUCH betrachtet die Bäckereifilialen als Konkurrenz zum Kaffeehaus, wenn sie fragt:

"Was ist nun das Rezept zum (Über)-Leben mit einem Kaffeehaus mit gut 80 Plätzen (...). Zumal es mittlerweile gefühlt fast an jeder Ecke in Deutschland Bäckereifilialen gibt, die Sitzecken für Kaffee, Kuchen, Torte und auch Herzhaftes anbieten."

Eine befriedigende Antwort gibt der Artikel jedoch nicht.

STALA SACHSEN-ANHALT (2017): Weniger Bäcker in Sachsen-Anhalt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 16.10.

LASCH, Hendrik (2017): Schifferstadt fürchtet Untergang.
Sachsen-Anhalt: Zehn Jahre nach der Fusion streitet Dessau-Roßlau über den Stadtnamen,
in:
Neues Deutschland v. 21.10.

"Der Name Dessau-Roßlau tauchte erst 2007 auf Landkarten auf. Damals schlossen sich das nördlich der Elbe gelegene Roßlau (...) und das südlich des Flusses gelegene Dessau zusammen. Es war eine Fusion, die eher aus der Not erfolgte: Nur unter dieser Bedingung sah Sachsen-Anhalts Landesregierung davon ab, Dessau im Zuge einer Gebietsreform in einen Landkreis einzugliedern. Die Stadt hatte seit Ende der DDR wegen des Wegbruchs vieler Industriebetriebe 20.000 Einwohner eingebüßt. Unter Einschluss der 12.500 Roßlauer Bürger brachte man es immerhin wieder auf eine Einwohnerzahl von knapp 90.000 - Tendenz seither freilich: weiter kräftig sinkend",

berichtet Hendrik LASCH anlässlich einer Kontroverse um die Namensgebung der Stadt, die eine politische Gruppe zur "Bauhausstadt Dessau" umbenennen möchten, um das schlechte Image der Stadt aufzubessern.

ND/DPA (2017): Mehr als 100 Kilometer Schulweg.
Sachsen-Anhalt: Das Netz für berufliche Bildung im Land steht in der Kritik,
in:
Neues Deutschland v. 08.11.

"»Ein angehender Werkzeugmechaniker aus Sangerhausen müsste zur Berufsschule ins rund 100 Kilometer entfernte Bitterfeld fahren«, nannte Björn Bösse von der IHK Halle-Dessau ein Beispiel. Ohne Auto dauere das mit Bus und Bahn für eine Strecke mehr als drei Stunden.
Fleischerlehrlinge aus dem Norden Sachsen-Anhalts hätten laut Grupe bis zu 200 Kilometer zurückzulegen, um zur Berufsschule nach Weißenfels zu kommen", heißt es in der Agenturmeldung.

KUNATH, Stefan (2017): Plattenbau trifft Kulturwissenschaften.
Der Kulturwissenschaftler Rüdiger Hahn im Interview über die Gegenwart und Zukunft der Platte,
in:
Ost-Journal v. 08.11.

STALA SACHSEN-ANHALT (2017): Wieder mehr Schulanfänger in Sachsen-Anhalt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 10.11.

"Nach vorläufigen Ergebnissen der Schuljahresanfangsstatistik wurden mit Beginn des Schuljahres 2017/18 in die allgemeinbildenden Schulen Sachsen-Anhalts 18.377 Mädchen und Jungen eingeschult. Nach Mitteilung des Statistischen Landesamtes waren das 2,2 Prozent (391 Kinder) mehr als im Jahr zuvor. Damit wurde neben dem Einschulungsjahr 2006 (18.326) seit 1998 (18.432) die höchste Schulanfängerzahl erreicht", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

STALA SACHSEN-ANHALT (2017): Geburtenanstieg und weniger Sterbefälle 2016 in Sachsen-Anhalt,
in:
Pressemitteilung Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt v. 15.11.

"Erstmals seit 15 Jahren wurden wieder mehr als 18.000 Babys in Sachsen-Anhalt geboren (2001: 18.073). Wie das Statistische Landesamt in Halle (Saale) mitteilte, kamen nach vorläufigen Angaben im Jahr 2016 insgesamt 18.093 Kinder zur Welt, das waren 678 bzw. 3,9 Prozent mehr als im Vorjahr.
Die Entwicklung verlief regional sehr unterschiedlich. Im Saalekreis und in der Landeshauptstadt Magdeburg erhöhte sich die Zahl der Lebendgeborenen gegenüber dem Jahr 2015 um 9,6 bzw. 9,2 Prozent. Einen starken Anstieg verzeichneten ebenfalls der Landkreis Stendal mit 7,4 Prozent sowie der Salzlandkreis und die kreisfreie Stadt Dessau-Roßlau mit je 6,8 Prozent. Rückläufige Geburtenzahlen wurden im Altmarkkreis Salzwedel und im Landkreis Harz mit jeweils 1,8 Prozent sowie im Landkreis Anhalt-Bitterfeld mit 1,0 Prozent beurkundet.", meldet das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt.

LASCH, Hendrik (2017): Auf dem Land und trotzdem auf Draht.
Sachsen-Anhalt: In der Altmark nehmen die Kommunen den Ausbau des schnellen Internets selbst in die Hand,
in:
Neues Deutschland v. 29.12.

"20 Gemeinden und die beiden Landkreise im Norden des Landes Sachsen-Anhalt gründeten (...) den »Zweckverband Altmark« (ZVA) mit dem Ziel, die Region mit schnellem Internet zu versorgen - eine Region, die mit 4700 Quadratkilometern fast so groß ist wie das Saarland und Luxemburg zusammen, in der aber nur 200.000 Menschen leben. Weil in den Ortschaften mit mehr als 2000 Einwohnern private Anbieter aktiv sind, soll sich der Zweckverband um die weit verstreuten Dörfer und Gehöfte kümmern; es geht um rund 33.000 Anschlüsse von Privatpersonen und Firmen",

erklärt uns Hendrik LASCH zu einem Vorhaben, das zu einem Milliardengrab zu werden droht, weil die Politik die Kosten eines solchen Unterfangens unter- bzw. den Nutzen überschätzt. Erwähnt werden im Artikel nur die Stadt Tangerhütte mit ihrem Ortsteil Grieben und dem mit den Medien gut vernetzten Bürgermeister. 

LASCH, Hendrik (2017): Den Anschluss voll verpasst.
Breitband: Sachsen-Anhalt ist Letzter beim Vorletzten,
in:
Neues Deutschland v. 29.12.

 
     
 
       
   

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webmaster@single-generation.de Erstellt: 03. Oktober 2019
Update: 21. März 2020