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Debatte: Familien contra Singles ] [
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Mikrozensus
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Analysen
eines jährlich wiederkehrenden Rituals
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Die Politik der
Haushaltsstatistik
Es ist ein
alljährliches Ritual geworden. Die
Haushaltsstatistik ist das ideale Instrument,
um Politik im Sinne "Familien versus
Singles" zu betreiben.
Solange
das Statistische Bundesamt nicht die
Haushaltsstrukturstatistik mit der
Bevölkerungsstruktur verknüpfen muss, d.h.
sagen muss, dass in den 13,7 Millionen
Single-Haushalten NUR 13,7 Millionen Menschen
und damit ca. 69 Millionen Menschen NICHT in
Single-Haushalten leben, wird ein verzerrtes
Bild der tatsächlichen Lebensverhältnisse
in Deutschland vorgetäuscht. Denn ca.
85 % der Bevölkerung lebt NICHT
in Single-Haushalten!
Wenn man dann noch weiss, dass
sich das Statistische Bundesamt nur für
WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFTEN interessiert und
nicht für LEBENSVERHÄLTNISSE, dann ergibt
sich eine weitere Verzerrrung.
Die
Haushaltsstatistik überschätzt das
Alleinwohnen, weil das ALLEINWOHNEN GAR NICHT
ERFASST WIRD, SONDERN NUR DAS
ALLEINWIRTSCHAFTEN. In den Single-Haushalten
wohnen viele Paare, die nur nicht angegeben
haben, dass sie zusammenwirtschaften. Diese
Paare WOHNEN nur zusammen! Für die Art des
Zusammenwohnens interessiert sich die
Haushaltsstatistik überhaupt nicht. Das ist
Privatsache, d.h. eine
WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT muss gar keine
PARTNERSCHAFT sein. Es gibt keine mir
bekannte repräsentative empirische
Untersuchung, in der weniger Paare gezählt
werden als vom Statistischen Bundesamt.
Die
Kategorie "Nichteheliche
Lebensgemeinschaft" sollte besser
"Wirtschaftsgemeinschaft von Mann und
Frau" heissen, denn genau das wird
erfasst und nichts anderes.
Die
ASOZIALITÄT ist die Konsequenz der
ökonomistischen Perspektive. Beziehungen
werden nur in ihrer ökonomischen Funktion
erfasst. Aber selbst diese Betrachtungsweise
ist unvollständig. Das Statistische
Bundesamt geht davon aus, dass ökonomische
Austauschprozesse nur innerhalb des Haushalts
und nicht zwischen Haushalten stattfindet.
Dies
ist aber genau jene Sichtweise, die auch in
der Single-Debatte vorherrscht. Die Familie
ist ein gesellschaftlicher Leistungsträger
und Singles werden deshalb auch nur als
Leistungsträger erfasst. Angesichts der
Tatsache, dass ca.
85 % der Bevölkerung nicht in
Single-Haushalten leben,
ist die Aufmerksamkeit
verständlich.
Singles sind EXOTEN!
Sie sind so selten,
dass man in den Medien nur etwas über sie
liest, wenn mal wieder ein Sündenbock
gesucht wird. Man muss deshalb die
Haushaltsstatistik sozusagen als LUPE
verwenden, um die Singles überhaupt sichtbar
machen zu können. Man würde sie sonst glatt
übersehen.
Wer Alleinwirtschaften
mit Alleinwohnen, Partnerlosigkeit oder
Kinderlosigkeit gleichsetzt, der muss
logischerweise ein falsches Bild unserer
Gesellschaft im Kopf haben. Jede dieser
Dimensionen kann unabhängig voneinander
auftreten, aber es existieren auch die
vielfältigsten Kombinationen.
Das Statistische
Bundesamt ist nicht am Puls der Zeit, sondern
lichtjahreweit davon entfernt!
Die Kritik am
Single-Begriff des Statistischen Bundesamtes
basiert auf der Magisterarbeit: "Das
Single-Dasein. Leistungen und Grenzen von
Begriffstraditionen und Typologien"
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STATISTISCHES
BUNDESAMT (2002): 17 % der
Menschen in Deutschland leben allein,
in: Pressemitteilung des
Statistischen Bundesamt v. 03.05.
Die
Pressekonferenz in den Medien:
EUBEL,
Cordula (2002): Viele leben wild,
die meisten trauen sich.
Mit Kindern ist im
Westen die Ehe nach wie vor die
häufigste Lebensgemeinschaft -
im Osten heiraten immer weniger,
in: Tagesspiegel v.
03.05.
BUL
(2002): Ehe wie ehedem.
Mikrozensus zu Familie
und Kindern,
in: Tagesspiegel v.
03.05.
KIRCH,
Raimund (2002): Dinner for one.
Werden wir zu einer
Gesellschaft von
"Ichlingen"?,
in: Nürnberger
Zeitung v. 04.05.
WELT
(2002): In Deutschland leben 13,5
Millionen Singles.
Statistisches
Bundesamt untersucht mit dem
Mikrozensus 2001 wieder die
Lebens- und Familiensituationen
der Mitbürger,
in: Welt v. 04.05.
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AFP/DPA
(2001): Zahl der Single-Haushalte
erreicht neue Rekordmarke.
Bundesamt legt
"Minivolkszählung" vor: Trend
zum Alleinwohnen ungebrochen / Immer mehr
Paare verzichten auf Kinder,
in: Frankfurter
Rundschau v. 19.04.
ZIMMERMANN,
Felix (2001): Mikrozensus 2000 des
Statistischen Bundesamtes.
Männer beherrschen
die Chefetagen. Nur ein Drittel der
Spitzenjobs besetzen Frauen/Fast jedes
zweite Ehepaar kinderlos,
in: Süddeutsche
Zeitung v. 19.04.
AFP
(2001): Zahl der Einpersonenhaushalte
erreicht neue Rekordmarke.
Mit 13,7 Millionen
der häufigste Haushaltstyp - Mikrozensus
2000: Trend zur Individualisierung
ungebrochen,
in: Kieler
Nachrichten v. 20.04.
BERNARDING,
Bernard (2001): Immer mehr Deutsche leben
alleine.
Der Mikrozensus 2000
belegt Trend zum Single-Dasein und zur
Kleinfamilie - Doch die Ehe bleibt
stabil,
in: Pirmasenser
Zeitung v. 20.04.
BERNARDING,
Bernard (2001): Steter Trend zum
Single-Dasein.
Doch die
traditionelle Ehe bleibt in Deutschland
recht stabil - Der Mikrozensus 2000,
in: Saarbrücker
Zeitung v. 20.04.
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Die
Pressekonferenz am 03.05.2002
"Leben und Arbeiten in Deutschland -
Mikrozensus 2001"
STATISTISCHES
BUNDESAMT (2002): 17 % der
Menschen in Deutschland leben allein,
in: Pressemitteilung
des Statistischen Bundesamt
v. 03.05.
Die
Pressekonferenz in den Medien:
EUBEL,
Cordula (2002): Viele leben wild,
die meisten trauen sich.
Mit Kindern ist im
Westen die Ehe nach wie vor die
häufigste Lebensgemeinschaft -
im Osten heiraten immer weniger,
in: Tagesspiegel
v. 03.05.
BUL
(2002): Ehe wie ehedem.
Mikrozensus zu Familie
und Kindern,
in: Tagesspiegel
v. 03.05.
KIRCH,
Raimund (2002): Dinner for one.
Werden wir zu einer
Gesellschaft von
"Ichlingen"?,
in: Nürnberger
Zeitung v. 04.05.
WELT
(2002): In Deutschland leben 13,5
Millionen Singles.
Statistisches
Bundesamt untersucht mit dem
Mikrozensus 2001 wieder die
Lebens- und Familiensituationen
der Mitbürger,
in: Welt
v. 04.05.
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SCHOLZ,
Ernst-G. (2001): Kinderlose Gesellschaft,
in:
Hamburger
Abendblatt v.
25.04.
"Statistik,
das sind nun mal in erster Linie
Zahlen und Prozente. Logisch und
kalt. Seele und Bedeutung
bekommen sie erst, wenn man sie
auf die Menschen bezieht, die
hinter den Ziffern stehen. Dann
werden sie lebendig und können
eine Dramatik entwickeln, die man
ohne die Zahlen so nie gesehen
hätte. Wie bei der Aussage, dass
in vier von fünf Hamburger
Haushalten keine Kinder mehr
großgezogen werden
(...) Man muss sich das mal
vorstellen: Ein Hochhaus und dann
die Balkone abgezählt. Eins,
zwei, drei, vier, Kinder, eins,
zwei, drei, vier, Kinder. Nur in
jeder fünften Wohnung lebt
mindestens ein Kind. Kinderlose
sind die Mehrheit."
SCHOLZ
möchte die Menschen
hinter den Zahlen
sichtbar machen. Er
begeht dabei jedoch einen
typischen Denkfehler.
Wenn in vier von fünf
Haushalten keine Kinder
mehr groß gezogen werden,
dann heißt das eben
nicht, dass nur in jeder
fünften Wohnung ein Kind
lebt. Zwischen Allein-
bzw. Zusammenwirtschaften
und Allein- bzw.
Zusammenwohnen besteht
eine Differenz, die
sofort deutlich wird,
wenn man weiß, dass es
in Hamburg zwar 916.300
Haushalte gibt, aber nur
852.900 Wohnungen. Es
besteht also eine
Differenz von ca. 60.000.
Diese 60.000 Haushalte
werden nicht etwa von
Obdachlosen geführt, wie
das nach der Rechnung von
SCHOLZ sein müsste,
sondern eine Wohnung kann
mehrere Haushalte
umfassen. Da das
Statistische Landesamt
weder
Wohngemeinschaften
noch Partnerschaften mit getrennter
Haushaltsführung
erfasst, sondern nur
Wirtschaftsgemeinschaften,
ergeben sich in der
Realität andere
Verhältnisse: So wohnt
eine Alleinerziehende mit
einem Kind
(Zwei-Personen-Haushalt)
mit ihrem neuen Partner (Einpersonenhaushalt)
in einer Wohnung
zusammen. Daneben wohnt
ein
Partnerloser
(Einpersonenhaushalt).
Sein Nachbar ist ein
Alleinwirtschaftender,
dessen Partnerin eine
Wohnung in einem anderen
Stadtteil hat, die sie
erst aufgeben möchte,
wenn sie sicher ist, dass
die Partnerschaft auch
die erste Krise
übersteht. Nebenan wohnt
ein alleinwirtschaftender
Zahlvater, der seine
beiden Söhne nur nach
einer ausgeklügelten
Besuchsregelung sieht
oder wenn die Mutter mal
kurzfristig einen
Babysitter benötigt.
Ganz unten wohnt eine
alleinwirtschaftende
Trümmerfrau, deren
überlebenden Kinder (die
Hälfte hat entweder die
Kindheit oder den Krieg
nicht überlebt) wegen
besserer Berufschancen
nach Süddeutschland
gezogen sind, aber sie
wollte ihren
Bekanntenkreis nicht
aufgeben und blieb lieber
im Norden. Die nackten
statistischen Zahlen oder
der polarisierende Blick
von SCHOLZ vereinfachen
lieber, denn um der
Familienpolitik willen
darf Realität nicht
vorkommen.
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"Die
meisten Hamburger Singles wohnen
in St. Georg: Zwei von drei
Bewohner dieses Stadtteils leben
allein (67,8%)",
ist der
erste Satz und er zeigt, dass
INGA besser über andere Themen
schreiben sollte.
Von einer
überregionalen Tageszeitung
sollte man erwarten können, dass
die Journalisten wissen, was sie
schreiben.
INGA begeht
einen klassischen Fehler und
setzt Bewohner mit Haushalten
gleich. Es ist zwar
wahrscheinlich richtig, dass es
in St. Georg 67,8 %
Einpersonenhaushalte gibt, aber
dass deshalb zwei von drei
Bewohnern allein lebt ist voll
daneben! Leider stellt das
Statistische Landesamt in Hamburg
keine stadtteilspezifische
Haushaltshaltsdaten ins Internet,
aber die Broschüre
Statistik.Magazin.Hamburg
Nr.6 vom 17.04.2001
Mikrozensus. Leben und
Arbeiten in Hamburg
ist als PDF-Datei abrufbar. In
dem Magazin erfährt man, dass 25
% der Hamburger in den ca. 48 %
Einpersonenhaushalten leben. In
St. Georg wohnen also maximal 34
% allein. Das wären Ein von drei
Bewohnern. In diesem Fall dürfte
es nur Ein- und
Zweipersonenhaushalte in St.
Georg geben, was wenig
wahrscheinlich ist, d.h. der
Anteil der Alleinlebenden liegt
wohl irgendwo um die 30 %.
Die sozialpolitische Debatte
macht zwar solche Horrorzahlen -
wie sie von INGA präsentiert
werden - plausibel. Gerade
deshalb wäre es wichtig, dem
entgegen zu wirken.
Journalisten sollten lieber die
absoluten Haushaltszahlen angeben
oder noch besser: die Statistiker
auffordern den Bewohneranteil zu
nennen. Dadurch würde dem Leser
so manches Missverständnis
erspart bleiben. Dies wäre den
Alleinlebenden gegenüber
wesentlich fairer.
Hohe
Prozentzahlen mögen ja
langweilige Statistiken ein wenig
aufpeppen, aber sie schüren die
Vorurteile und das ist
singlefeindliche
Berichterstattung!
KREBS, Andrea
(2001): Familie ist da, wo Kinder leben.
Ein erster Bericht.
Zukunftswerkstätten sollen bis zum
Sommer Antworten finden
in:
Neue
Ruhr Zeitung v.
20.11.
Andrea KREBS berichtet über die
Vorstellung des ersten kommunalen
Familienbericht von Düsseldorf. Um
dem Bericht Nachdruck zu
verleihen zitiert sie den
Sozialdezernenten Göbel,
"dass Düsseldorf die
Hauptstadt der Alleinerziehenden
und Singles ist". Danach
liefert sie statistische Daten,
die das belegen sollen:
"Von
den 480 001 Frauen und Männern
über 18 Jahren sind 227 626
Singles. Mit 47,9 Prozent besteht
fast die Hälfte aller Haushalte
aus einer Person, im
Bundesdurchschnitt sind das nur
35,7 Prozent."
Ein
Vergleich
mit den Daten des Statistischen
Amtes
ergibt
folgendes: Am 31.12.1999 lebten
480.001 über 18Jährige in
Düsseldorf. Davon führten
147.023 einen Einpersonenhaushalt
und werden deshalb als
"Singles" bezeichnet.
Dies sind
zwar 47,9 Prozent der Haushalte,
aber nur knapp über 30 Prozent
"Singles".
KREBS
nennt eine um 80.000 erhöhte
Zahl (ca. 17 %). Würde man die
Zahlen ernst nehmen, dann würde Düsseldort statt der 570.000 nur
396.000 Einwohner haben. Desweiteren
wird nicht nach dem Alter der
"Singles"
unterschieden. Eine
alleinwohnende Witwe wird genauso
dazu gezählt wie ein Student in
einer Wohngemeinschaft. Aus der
Altersstruktur von Düsseldorf
ergibt sich, dass die größte
Zahl von "Singles"
alleinwohnende Witwen sein
dürften.
Außerdem
sollte sich eine Stadt wie
Düsseldorf mit anderen
Großstädten messen und nicht
mit einem Bundesdurchschnitt ihre
angebliche Ausnahmesituation
hervorheben. Städte zeichnen
sich generell durch eine andere
Bevölkerungsstruktur als
Umlandgemeinden oder ländliche
Gegenden aus.
ZIPS, Martin (2002): Roland -
allein zuhaus.
In Bayerns Großstädten lebt
jeder Zweite allein. Besuch bei einem von zwei Millionen Singles
- wie ein 40-Jähriger das Leben in der Einsamkeit meistert,
in:
Süddeutsche
Zeitung v. 09.02.
Es ist eine Schande, dass in
einer überregionalen Zeitung immer noch Falschmeldungen über die
Anzahl der Singles zu lesen sind.
Es kann
gar keine Rede davon sein, dass in Bayerns Großstädten jeder
Zweite allein lebt. Der Autor verwechselt die
Haushalts-
und Personenebene.
ZIPS hätte besser bei seinem
Kollegen von der Regionalzeitung Main Echo (10.12.2002)
abgeschrieben, denn dort steht zu lesen, dass
"in den bayerischen Städten mit
mindestens 100 000 Einwohnern über 26 Prozent der Menschen
alleine (lebten). Fast jeder zweite Haushalt (49 Prozent)
bestand dort aus nur einer Person."
Auch wenn man bei der SZ gerne die
Familien als aussterbende Minderheit darstellt, so sollte man
nicht versuchen die Anzahl der Singles künstlich zu
dramatisieren, denn dies ist
singlefeindliche Medienberichterstattung.
"Nur wenige Singles sind unter
30".
Dies ist so richtig wie falsch!
Die größte
Gruppe sind die älteren Witwen. Aber auch junge Singles unter 30
sind in Bayern mit 18 Prozent eine bedeutende Gruppe. Die
Alleinlebenden jedoch, die im Brennpunkt der Medien stehen, sind
die 25-45 Jährigen. Nur ist das nicht die Mehrheit, wie es ZIPS
nahelegt, sondern eine Minderheit.
Nur in einem Punkt liegt ZIPS
richtig:
Männer dominieren in dieser
Gruppe auch wenn die weiblichen Yuppies gerne in den Vordergrund
gerückt werden. Das Fallbeispiel eines geschiedenen
Alleinlebenden, der Unterhalt zahlen muss liegt näher an der
Wirklichkeit des typischen männlichen Singles im mittleren
Lebensalter als die üblichen Lifestyle-Yuppie-Geschichten.
Der Soziologe
Jörg ECKHARDT
nennt diese Gruppe die
"gebrauchten Junggesellen".
DIERING,
Frank (2002): Keine Lust mehr auf Kinder.
Neue Statistik: Jede
fünfte Familie lebt von Sozialhilfe -
Berlin entwickelt sich zur Hauptstadt der
Singles,
in:
Berliner
Morgenpost 16.07.
"Fast
jeder zweite Berliner lebt in
einem Single-Haushalt",
behauptet DIERING. Wäre diese
Meldung richtig, dann hätte
Berlin nur 1,8 Millionen
Einwohner und keine 3,3
Millionen!
Dies mag zwar jene bestätigen,
die das Aussterben der Deutschen
befürchten, aber der Realität
entspricht es nicht.
Nur
26,8 % der Berliner leben in
einem Einpersonenhaushalt, obwohl
der Anteil der
Einpersonenhaushalte in Berlin 49
% beträgt.
Das Statistische Landesamt
Berlin meldet deshalb auch fast korrekt:
"Die
Hälfte aller Berliner Haushalte
sind Singles"
(Pressemeldung vom 03.07.2002).
Interessant
ist auch die Tatsache, dass die
Männer im Alter von 25-50 Jahren
dominieren. Dies steht im krassen
Gegensatz zur Tatsache, dass die
kinderlose Karrierefrau die
Single-Debatte beherrscht. Mehr als
doppelt so viele Männer wie
Frauen wohnen im mittleren
Lebensalter alleine. In das Bild
von DIERING passt ein solcher
Sachverhalt jedoch nicht.
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Leserbrief
von single-dasein.de an die
Berliner Zeitung (21.04.2001):
"Die
Einpersonenwirtschaft ist heute
der häufigste Haushaltstyp in
der Bundesrepublik. Man wird -
das macht diese Entwicklung
deutlich - die Familie nicht
wieder zum zentralen Ort, zum
Kern der Gesellschaft machen
können"
schreibt Arno
Widmann. Das hört sich auf den
ersten Blick beängstigend an.
Aber wenn in Deutschland über 82
Millionen Menschen leben und nur
13,7 Millionen in
Single-Haushalten, dann heisst
dies, dass ca. 85 % der
Bevölkerung NICHT in
Single-Haushalten lebt. Wenn es
weiter heisst:
"In
Westdeutschland nahm die Zahl der
Single-Haushalte bei den 25- bis
40-Jährigen seit 1961 um mehr
als das Fünffache zu."
Auch
dies hört sich nur auf den
ersten Blick dramatisch an. Das
Statistische Bundesamt spricht
von den 25-45Jährigen und diese
Personengruppe macht nicht einmal
7 % der Bevölkerung aus. Die
Ledigen in Single-Haushalten (ca.
3 % der Bevölkerung) sind vor
allem Studenten und Auszubildende
oder Berufseinsteiger. Die
Verbesserung der
Wohnverhältnisse hat den Effekt,
dass sie nicht mehr in
Anstaltshaushalten (Wohnheimen)
untergebracht sind, sondern in Appartments. Über solche
Verschiebungen wird leider nichts
ausgesagt. Menschen in
Einpersonenhaushalten sind also
vor allem jene, die auch früher
keine Familie gegründet haben.
Im mittleren Lebensalter handelt
es sich vor allem um geschiedene
Männer (meist Zahlväter). Die
Zahl der über 75Jährigen ist
seit 1961 um mehr als das
Vierfache gestiegen. Dies
verdeutlicht, dass die erhöhte
Lebenserwartung und nicht die
niedrige Geburtenzahl (die Zahl
der Lebendgeboren ist 1978 in den
alten Bundesländern sogar um
über 100.000 niedriger gewesen
als 20 Jahre später) das
eigentliche Problem ist. Wer die
Schuld für die demografische
Entwicklung bei den jungen
Singles sucht, der hat sich
offensichtlich im Dschungel der
Haushaltsstatistik verirrt.
Eine
detaillierte Erläuterung
der Kritik:
In
der gegenwärtigen
Kontroverse
"Familien versus
Singles" wird der
Single-Begriff meist als
Synonym für Haushalte
ohne Kinder verwendet,
z.B. in der
Titelgeschichte des
Spiegels Zurück
zur Familie.
WIDMANN weicht jedoch
davon ab, wenn er von
Single-Haushalten
spricht. Diese sind nur
eine kleine Untergruppe
der Haushalte ohne
Kinder. Die gutverdienenden Haushalte
ohne Kinder sind in
erster Linie unter den
Mehrpersonenhaushalte
ohne Kinder zu suchen.
Indem WIDMANN die
25-45jährigen und deren enormen Zuwachs in den Mittelpunkt
stellt, möchte er anscheinend den Eindruck erwecken, dass es
vor allem die
Yuppies
sind, die sich hinter
dieser Gruppe verbergen.
Eine Fehleinschätzung,
die er mit vielen seiner
Kollegen teilt. Die Yuppies, die sich
unter den
Einpersonenhaushalten
befinden, sind vor allem
ein Kategorienproblem des
Statistischen Bundesamt.
Nicht das Zusammenwohnen
von Mann und Frau,
sondern nur das
Zusammenwirtschaften
bildet für das
Statistische Bundesamt
die Grundlage zur
Einordnung in einen
Mehrpersonenhaushalt.
Die Zahl der Single-Haushalte
ist gerade im "Familienlebens-Alter" besonders niedrig. Es
überwiegen jüngere und ältere "Singles". Dies deutet bereits
darauf hin, dass das lebenslange Alleinwirtschaften die
Ausnahme von der Regel ist.
In dem Bericht des
Statistischen Bundesamtes
fehlen ausgerecht jene
Zahlen, die besonders
aussagekräftig wären.
Es gibt nur eine Tabelle
mit der Altersstruktur
der Einpersonenhaushalte.
Notwendig wäre jedoch
eine Tabelle aus der
sowohl das Lebensalter
als auch der
Familienstand hervorgeht.
Stattdessen wird auf die
Zunahme im Vergleich zu
früheren
Mikrozensusuntersuchungen
ausgewichen. Daraus lässt sich
schließen, dass es nur
eine getrennte Tabelle
von Alter und
Familienstand gibt.
Letztere fehlt im
Bericht. Man wird auf das
Erscheinen der Fachserie
warten müssen, um
Genaueres darüber zu
erfahren.
Die Nichterwähnung der
erstaunlichen Zunahme der
über 75jährigen lässt
dagegen darauf schließen, dass die
Aufmerksamkeit auf das
Thema
"Kinderlosigkeit"
und nicht auf das Thema
"höhere
Lebenserwartung"
gelenkt werden soll. Dies
passt wiederum zur
gegenwärtigen Debatte
über das angebliche
"Aussterben der
Deutschen".
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HEIDENREICH,
Hans-Joachim & Manuela NÖTHEN (2002): Der
Wandel der Lebensformen im Spiegel des
Mikrozensus,
in:
Wirtschaft und Statistik
Heft 1, S.26-38
Die Autoren stellen
die Defizite des Mikrozensus bei der
Erfassung von Paaren und Familien in den
Mittelpunkt und formulieren Anforderungen
für eine Reform des Mikrozenus. Die
Soziologen
Hans
BERTRAM und
Norbert F.
SCHNEIDER haben mit
empirischen Untersuchungen die
Unzulänglichkeiten des
Haushaltskonzeptes bewiesen.
Die
vorgeschlagenen Reformen von HEIDENREICH
& NÖTHEN bleiben weit hinter dem
zurück, was aus Sicht der Soziologie
bezüglich der Erfassung von Lebensformen
wünschenswert wäre. Das größte Manko,
die "haushaltsbegrenzte
Betrachtung", wird auch nach einer
Reform des Mikrozensus weiter bestehen
bleiben.
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