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Die Spitzenkandidaten in der
Medienberichterstattung
In der folgenden Tabelle
sind die
Spitzenkandidaten der Parteien ersichtlich, die in
diesem Anhang Erwähnung finden:
Tabelle: Die
Spitzenkandidaten der Parteien (Liste Platz 1) bei der Landtagswahl 2019 |
Partei |
Spitzenkandidaten
(Funktion) |
Listen-
platz |
Wahlkreisergebnisse für den Direktkandidaten 2019 |
Wahlkreis-
zweit-
stimmen-
ergebnis
2014 |
Landesergebnis
der Partei
2019
(Differenz
Wahlkreis) |
Wahlkreis
(Platzierung) |
Erststimmen-
anteil des
Kandidaten |
Zweitstimmen-
anteil der Partei
im Wahlkreis |
Differenz
Erst-/Zweit-
stimme |
CDU |
KRETSCHMER, Michael
(Ministerpräsident) |
1 |
58 Görlitz 2 (1) |
45,8
% |
35,2
% |
+ 10,6
% |
38,4
% |
32,1
% (+ 3,1 %) |
AfD |
URBAN,
Jörg
(Fraktionsvorsitzender) |
1 |
56 Bautzen 5
(2) |
36,4
% |
36,4
% |
+/-
0 % |
14,8
% |
27,5
% (+ 8,9 %) |
SPD |
DULIG,
Martin
(sächsischer Minister) |
1 |
40 Meißen 4 (3) |
17,4
% |
8,6
% |
+ 8,6
% |
13,8
% |
7,7
% (+ 0,9 %) |
Linke |
GEBHARDT, Rico
(Fraktionsvorsitzender) |
1 |
14
Erzgebirge 2 (3) |
12,8 % |
9,2
% |
+
3,6 % |
19,0 % |
10,4 % (- 1,2 %) |
Grüne |
MEIER,
Katja
(Landtagsabgeordnete) |
1 |
37
Meißen 1 (7) |
4,3 % |
4,1
% |
+
0,2 % |
3,1 % |
8,6 % (- 8,5 %) |
FDP |
ZASTROW, Holger
(Landesvorsitzender) |
1 |
54
Bautzen 3 (3) |
13,5 % |
7,8
% |
+
5,7 % |
4,4 % |
4,4 % (+ 3,4 %) |
|
Quelle:
wahlen.sachsen.de;
eigene Berechnungen |
Die Medienberichterstattung über Michael
Kretschmer (CDU)
LASCH, Hendrik (2019): Nur Daumendrücken reicht nicht.
Sachsens CDU beschließt
Wahlprogramm. Kretschmer attackiert AfD als "Miesmacher",
in:
Neues Deutschland
v. 11.06.
Hendrik LASCH zählt noch einmal die AfD-getriebene Programmatik
der sächsischen CDU auf, deren Versäumnisse aufgrund ihrer
neoliberalen Austeritätspolitik nicht wett zu machen sind. Und
warum die CDU wählen, wenn nur die AfD ein Garant für einen
Politikwechsel bei der CDU ist?
LASCH, Hendrik
(2019): Ende der Bewährung.
Landtagswahl in Sachsen: Die sächsische CDU lässt ihren
Spitzenmann Michael Kretschmer allein um Stimmen kämpfen,
in:
Neues Deutschland
v. 23.07.
BARTSCH, Michael
(2019):
Heimatflair zum Wahlkampfstart.
Für Sachsens Ministerpräsident
Michael Kretschmer begann am Montagabend die Überlebensschlacht der
CDU im Görlitzer Wahlkreis. Es gab Bratwurst und Bier,
in:
TAZ v. 24.07.
SCHRÖRS, Tobias (2019): Noch ist Wahlkreis 37 nicht verloren.
Landtagswahl in Sachsen: In Sachsen wehrt sich die CDU gegen die
aufstrebende AfD. Ministerpräsident Kretschmer will bis zur Wahl allen
Bezirken einen Besuch abstatten - ob das reicht?
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 31.07.
Die
ZEIT-Kontroverse:
In Sachsen wird am 1.
September gewählt. CDU und AfD liefern sich ein Duell. Der
Ministerpräsident, der sich mit Putin fotografieren ließ, ist
umstritten. Zwei Ansichten zu Michael Kretschmer |
MACHOWECZ, Martin (2019): Er ist da, wo es wehtut,
in:
Die ZEIT Nr.32 v. 01.08.
Die ZEIT ist nicht da, wo es wehtut, sondern die ZEIT
spricht das Wohlfühlbürgertum an, das keine richtige Kontroverse will,
sondern konformen Meinungsbrei. Sowohl MACHOWECZ ('"die Lage ist
ernst. Aber keiner sollte sich zu sicher sein, dass sie ohne
Kretschmer möglicherweise noch ernster wäre") als auch HENSEL ("Das
Schicksal Sachsens liegt auf den Schultern von Michael Kretschmer")
sehen in KRETSCHMER einen alternativlosen Ministerpräsidenten, der für
Wohl und Wehe in Sachsen steht. Die geübte Kritik ist deshalb lau,
aber nicht wirklich grundsätzlich.
Fazit: Die Pseudokontroverse zeigt
das eigentliche Problem: das erschöpfte kosmopolitische Milieu ist
unfähig zu unangenehmen Einsichten:
"SPD und Linkspartei sind im Moment
zu schwach, um einen Wandel (...) einleiten zu können",
erklärt uns Jana HENSEL. Das
verdrängt das eigentliche Problem: den Niedergang des progressiven
Neoliberalismus, dem das kosmopolitische Milieu nostalgisch
hinterherweint, statt auf die veränderten politische Lage angemessen
zu reagieren.
HENSEL, Jana (2019): Er ist überall und nirgends,
in:
Die ZEIT Nr.32 v. 01.08.
MÜLLER, Hansjörg (2019): Auf Gratwanderung im Erzgebirge.
Landtagswahl in Sachsen: Mit gutem Zureden und konservativen Tönen
stemmt sich der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer gegen
die AfD,
in:
Neue Zürcher Zeitung v. 10.08.
Hansjörg MÜLLER konfrontiert die Sicht von Michael KRETSCHMER mit zwei
rechten CDU-Lokalpolitikern, die sich gegen eine
Koalition mit Grünen und Linkspartei wenden und stattdessen eine
Minderheitsregierung unter Tolerierung der AfD verlangen.
NIMZ, Ulrike (2019):
Alles wird Glut.
Landtagswahl in Sachsen: Seit Wochen grillt sich Michael
Kretschmer durch Sachsen. Es geht um die Zukunft es Landes und auch um
seine eigene. Eindrücke aus einem Wahlkampf, der mindestens so heiß
wie fettig ist,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 24.08.
BARTSCH, Michael/MAIER, Anja/Am ORDRE, Sabine (2019): Überlappende
Ränder.
Landtagswahl in Sachsen: Nahaufnahme: Wenn Michael Kretschmer
(CDU) dem AfD-Spitzenmann Jörg Urban begegnet, schaut er demonstrativ
weg. Mit den Rechten will der sächsische Regierungschef nichts zu tun
haben. Doch in seinem Landesverband rumort es,
in:
TAZ
v. 27.08.
Die taz stellt schon einmal
die Frage, ob nicht doch eine blau-schwarze Koalition in Sachsen
droht. Matthias RÖßLER und Christian HARTMANN werden als mögliche
Anhänger einer solchen Koalition genannt, doch offen bekennen will
sich derzeit niemand und über die Größenordnung der Sympathisanten
besteht Ungewissheit. Der Werte-Union, deren Größenverhältnisse
unbekannt sind, wird eine Nähe zu solchen Überlegungen zugetraut. Es
wird zudem auf die kommunale Ebene verwiesen, wo Kooperationen
durchaus schon stattfinden, wenngleich es noch nicht zu richtiger
Zusammenarbeit gekommen ist.
Fazit: Je nach Ausgang der Wahl,
ist eine schwarz-blaue Koalition nicht auszuschließen. Der Artikel
zielt jedoch in erster Linie auf die Mobilisierung der
"demokratischen" Wählerschaft.
LOCKE, Stefan & Markus WEHNER (2019): Mit und ohne Merkel.
Die CDU-Spitzenkandidaten Michael Kretschmer und Ingo Senftleben
führen in Sachsen und
Brandenburg einen schweren Wahlkampf. Sie stehen für
unterschiedliche Ausrichtungen ihrer Partei. Und die AfD ist ein
starker Gegner,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 27.08.
"(B)eide (haben) den zweiten
Bildungsweg beschritten: Kretschmer war Büroinformationselektroniker,
bevor er Wirtschaftsingenieur wurde; Senftleben war wie sein Vater
Maurer, bevor er sich in Hamburg zum Hochbautechniker weiterbildete",
streichen LOCKE & WEHNER heraus,
denn in Zeiten der AfD-Erfolge ist nicht mehr der
Akademiker-Herkunftsprädikat Nr.1. Als Aufsteiger stehen beide jedoch
in der "Abstiegsgesellschaft" für eine vergangene Zeit.
"Mit seiner Kommunikationsoffensive
ist er binnen kürzester Zeit zum beliebtesten Politiker Sachsens
aufgestiegen. Seine Partei allerdings kann bisher kaum davon
profitieren. Das liegt auch daran, dass die CDU viele der Probleme,
die Kretschmer jetzt anpackt, zuvor selbst verursacht hat und dass es
eine Alternative gibt."
KRETSCHMER ist als Generalsekretär
Teil des Problems gewesen. Seine Beliebtheit kann darüber nicht
hinwegtäuschen, dass der CDU längst in den Kommunen und Kreistagen die
Basis weggebrochen ist. An der sächsischen Basis ist Blau-schwarz
längst salonfähig, zumal viele AfD-Politiker aus den eigenen Reihen
kamen.
SCHMIDT, Christina (2019): Der Dauerredner.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer grillt Bratwürste und
redet auch mit Bürgern, die ihn anschreien. Reicht das, seine CDU
wieder zur stärksten Partei zu machen - und die Gesellschaft zu
befrieden?
in: WirtschaftsWoche
Nr.36
v. 30.08.
MACHOWECZ, Martin & Henning SUßEBACH (2019): "Ich finde weder
Sie noch Ihre Partei demokratisch".
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat bei der
Landtagswahl mit Mühe die AfD geschlagen. Hier trifft er Bürger,
die bitter von der Politik enttäuscht sind,
in: Die ZEIT
Nr.37 v. 05.09.
Die Wohlfühl-ZEIT hat ein neues
Ressort "Streit" eingeführt, das mit einem Helmut SCHMIDT-Zitat
garniert ist. Hier darf Michael KRETSCHMER seinen Wahlkampf
weiterführen. Als sächsische Kontrahenten gibt es eine
AfD-Wählerin, einen FDP-Wähler und einen katholischen
Wechselwähler, womit die rechte Mitte abgedeckt ist und Streit
erst gar nicht aufkommt.
Die Medienberichterstattung über
Jörg Urban
(AfD)
BECKER, Kim Björn (2019): AfD darf in Sachsen mit 30 Kandidaten
antreten.
Sächsisches Verfassungsgericht bestätigt einstweilige Verfügung. Urban
kündigt Anzeige wegen Rechtsbeugung an,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 17.08.
LOCKE, Stefan (2019): Wahlkampfschlager DDR.
Landtagswahl in Sachsen: Um die Wahl in Sachsen zu gewinnen,
zeichnet die AfD ein Zerrbild der Wirklichkeit - was ihre Wähler nicht
stört,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 26.08.
Stefan LOCKE knöpft sich den AfD-Direktkandidat und Spitzenpolitiker
Jörg URBAN vor, der im Wahlkreis 56 Bautzen 5 gegen den immerwährenden
CDU-Direktkandidat Marko SCHIEMANN antritt.
"Urban, 54 Jahre alt, verheiratet,
drei Kinder, in Meißen geboren und Diplomingenieur für Wasserbau, war
bis vor fünf Jahren Geschäftsführer der »Grünen Liga Sachsen«, eines
Netzwerks ökologischer Bewegungen. Dort kämpfte er etwa vehement gegen
den Bau der Dresdner Waldschlößchenbrücke und Straßenneubau im
ländlichen Raum. Seine Wähler nehmen ihm das nicht übel",
heult uns LOCKE vor, als ob
Straßenneubau im ländlichen Raum das Problem wäre und nicht der
Rückbau des Schienenetzes.
"Etwa die Hälfte der 60 sächsischen
Wahlkreise, die stets die Union holte, könnte an die AfD fallen, davon
fast alle im östlichen Sachsen",
klagt LOCKE, der Fake-News der AfD
präsentiert und dagegen die Wahrheit der FAZ setzt. Besonders
liegt LOCKE die Widerlegung von "Verschwörungstheorien" zum
Landeswahlausschuss am Herzen und versucht nun den
Schaden
der Entscheidung dieser Institution für die CDU zu minimieren.
BARTSCH, Michael/MAIER, Anja/Am ORDRE, Sabine (2019): Überlappende
Ränder.
Landtagswahl in Sachsen: Nahaufnahme: Wenn Michael Kretschmer
(CDU) dem AfD-Spitzenmann Jörg Urban begegnet, schaut er demonstrativ
weg. Mit den Rechten will der sächsische Regierungschef nichts zu tun
haben. Doch in seinem Landesverband rumort es,
in:
TAZ
v. 27.08.
SCHULZ, Daniel/BARTSCH, Michael/REINECKE, Stefan (2019): Letzter
Warnschuss.
Landtagswahlergebnisse in Sachsen:
Görlitzer Bürger, die Parteispitzen in Berlin, eine Grüne in Bautzen:
Nach den Wahlen versuchen sich alle in Erklärungen,
in:
TAZ
v. 03.09.
SCHULZ/BARTSCH/REINECKE ergehen sich in Heldengeschichten des
Anti-AfD-Bündnisses. Da geht es um die symbolischen Kämpfe in den
Wahlkreisen
58
Görlitz 2 und
56 Bautzen 5. Zu Bautzen äußert sich die
gescheiterte grüne Oberbürgermeisterkandidatin Franziska SCHUBERT:
"Sie verweist auf Bautzen, wo
AfD-Landeschef Jörg Urban gegen einen alten CDU-Mann verloren hat, der
noch die sächsische Verfassung mit ausgearbeitet hat. Ausgerechnet in
Bautzen, wo es eine starke rechtsradikale Szene gibt (...).
Fazit:
Die Situation sei schlimm, aber wenigstens nicht schlimmer
geworden."
BECKER, Kim Björn (2019): Abgehängt in Sachsen.
Landtagswahlergebnisse in Sachsen:
Lange hat die CDU die Politik im Freistaat dominiert, ihre
Direktmandate waren eine Bank. Diese Zeit ist nun vorbei,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 03.09.
Aus der folgenden Tabelle sind
die Gemeinden mit Ergebnissen bei der Landtagswahl 2019 mit über 45
Prozent bei Erst- oder Zweitstimme ersichtlich:
Gemeinde |
Wahlberechtigte |
Wahlkreis |
Erststimme |
Zweitstimme |
Lampertswalde |
2.101 |
38 Meißen 2 |
50,7
% |
48,4
% |
Neißeaue |
1.404 |
57 Görlitz 1 |
49,5
% |
48,4
% |
Dürrhennersdorf |
819 |
59 Görlitz 3 |
47,7
% |
46,0
% |
Großdubrau |
3.534 |
56 Bautzen 5 |
46,2
% |
45,7
% |
Dorfchemnitz |
1.267 |
18 Mittelsachsen 1 |
46,9
% |
45,4
% |
Beiersdorf |
961 |
59 Görlitz 3 |
46,5
% |
45,0
% |
Schönbach |
918 |
59 Görlitz 3 |
47,9
% |
|
Thiendorf |
2.949 |
38 Meißen 2 |
46,7
% |
|
Neschwitz |
1.955 |
55 Bautzen 4 |
46,6
% |
|
Großschirma |
4.546 |
19 Mittelsachsen 2 |
46,5
% |
|
Großschweidnitz |
1.085 |
59 Görlitz 3 |
46,0
% |
|
Puschwitz |
660 |
55 Bautzen 4 |
45,5
% |
|
Bahretal |
1.769 |
50 Sächsische
Schweiz-Osterzgebirge 3 |
45,3
% |
|
Rathmannsdorf |
767 |
51 Sächsische
Schweiz-Osterzgebirge 4 |
45,0
% |
|
Die Medienberichterstattung über Martin
Dulig (SPD)
ZEISING, Max
(2019): Mutmacher, kein Magier.
Landtagswahl in Sachsen: Spitzenkandidat Martin Dulig möchte der
SPD und den Sachsen zeigen, wie es aufwärts geht,
in:
Neues Deutschland
v. 27.08.
Der Artikel schrammt harscharf an
Kitsch vorbei. Sportmetaphern und Kirchenmetaphern stehen für
neoliberalen Wettbewerb und die Religion als Sinnstiftungsinstanz. Die
SPD wird zur wahren Christenpartei stilisiert. Martin DULIG steht
jedoch exemplarisch für das kosmopolitische Fassadenbürgertum:
"Aus einem privaten Gespräch heraus
hörte man ihn sagen, dass die SPD kaputt sei und es Jahre brauche, um
sie wieder aufzubauen. Öffentlich gibt DULIG aber den Begeisternden".
Das erinnert an den
SPD-Kanzlerkandidaten Martin SCHULZ, der mit Siegerpose alle
Umfragentiefs wegzulächeln versuchte und eine wendige Politik
präsentierte, die an Unglaubwürdigkeit nicht mehr zu übertreffen war.
LÖWISCH, Georg
(2019): Genosse Schmerzensmann.
Landtagswahl in Sachsen: Nahaufnahme: Spitzenkandidat Martin Dulig
kämpft in Sachsen für eine SPD, die schon so klein ist, wie sie
bundesweit werden könnte. Mit ganzem Einsatz. Aber es tut ihm weh: "Im
Bauch. Die Kopfschmerzen kommen dazu",
in: TAZ
v. 28.08.
Georg LÖWISCH zeichnet ein sehr wohlwollendes Porträt des
SPD-Ministers Martin DULIG (Wahlkreis 40 Meißen 4), das nicht an
biografischen Details spart.
"Als Tillich 2017 zurücktrat und
Michael Kretschmer für die CDU übernahm, war Dulig auf einmal der
Erfahrene. Sie verabredeten, den Sparkurs zu beenden und Geld
auszugeben. Heute weiß kein Mensch mehr, wer die 1.000 Polizisten
zuerst wollte und wer die 1,7 Milliarden für die Lehrer. Deshalb hat
Dulig die Gemeinschaftsschule zur Bedingung für eine neue Koalition
gemacht."
DULIG wird uns als "Grüner"
präsentiert, der neben Gemeinschaftsschule auch für einen
Verkehrsverbund wirbt. Wichtiger als der Ausbau des Schienennetzes ist
ihm im Autoland Sachsen jedoch die Elektrifizierung bestehender
Strecken, wenn man zwischen den Zeilen liest. LÖWISCH macht klar, dass
DULIG und die SPD der Garant für das Mitregieren der Grünen im
Anti-AfD-Bündnis ist, auch wenn es heißt:
"Die AfD hat die Schubkraft einer
Bewegung von Retro und Ressentiment, die Grünen beflügelt eine
Bewegung für Klimaschutz und Offenheit. Dazwischen verteidigt die CDU
den Status quo. Die SPD hat keine Rolle. (...).
Auf seinen Wahlplakaten sind die drei Buchstaben der SPD nicht in Rot,
sondern unauffällig in Weiß gedruckt. (...):
Der Kandidat unter 10 Prozent will über 10 Prozent. Oder wenigstens
auf 10, das wäre eine Sensation."
Der Kampf der taz und der anderen kosmopolitischen Medien für
DULIG hat sich ausgezahlt.
LOCKE, Stefan (2019): Zuversicht aus Trotz.
In Sachsen hat es die SPD seit jeher schwer. Die Polarisierung
zwischen AfD, CDU und Grünen lässt ihre Umfragwerte abermals in den
Keller rutschen. Doch Dulig kämpft,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 29.08.
Stefan LOCKE betreibt Promi-Marketing für den CDU-Juniorpartner SPD,
wobei es eine Zugpferd-Hierachie gibt: Oben steht Manfred DULIG, der
Wirtschaftsminister, Danach kommt die Integrationsministerin Petra
KÖPPING und zuletzt
Frank RICHTER.
"Während Linke und vor allem die
Grünen in den Metropolen Sachsens zum Teil erstmals auf Direktmandate
zusteuern, haben die
Kandidaten
der SPD praktisch in keinem der 60 Wahlkreise eine Chance",
erklärt uns Stefan LOCKE. Der SPD
bleibt deshalb nur noch auf die Zweitstimme zu setzen. DULIG wird als
"Realpolitiker" bezeichnet, was ein Synonym für Neoliberaler ist.
"Seine Sympathie für das Bündnis
steht und fällt jetzt mit der Grundrente, von der allein in Sachsen
240.000 Menschen profitieren würden, die nach 1990 nie mehr eine feste
Arbeit fanden",
wird DULIG zitiert. Mit "Bündnis"
ist also die Berliner Groko gemeint, deren Unterstützer DULIG bislang
ist.
Fazit: LOCKE recyclet in dem
Artikel lediglich das Promi-Marketing der vergangenen FAZ-Artikel.
DUNKEL, Monika (2019): Die Mauer
in den Taschen.
Sachsen war das ostdeutsche Vorzeigebundesland: mehr Wachstum,
weniger Arbeitslose als die Nachbarn. Trotzdem dürfte die Wut der
Bürger die AfD bei den Wahlen weit tragen. Wo kommt dieser Frust her?
in:
Capital
Nr.9, September
Die Medienberichterstattung über
Rico Gebhardt (Linke)
LOCKE, Stefan & Markus WEHNER (2019):
Schwester Agnes und der Ostfaktor.
In
Brandenburg
weiß die Linke nicht, ob sie noch mal regieren will. In Sachsen wird
sie nicht mehr stärkste Oppositionspartei,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 22.08.
LOCKE & WEHNER präsentieren uns die
Sicht des sächsischen Spitzenkandidaten Rico GEBHARDT.
LASCH, Hendrik (2019):
"Verantwortung heißt: Den Übergang organisieren".
Landtagswahlergebnisse in Sachsen:
Ex-Spitzenkandidat Rico Gebhardt bleibt Chef der Linksfraktion im
sächsischen Landtag. Wie seine Stellvertreter ist er zunächst nur im
ersten Jahr der Legislatur im Amt,
in:
Neues Deutschland
v. 18.09.
Aus der folgenden Tabelle sind die 14 Landtagsabgeordnete der
Linkspartei ersichtlich, die noch im neuen Landtag vertreten sind:
Name |
Listenplatz |
Wahlkreis-
bewerber |
Funktion im Landtag 2019 |
GEBHARDT, Rico |
1 |
14
Erzgebirge 2 |
Fraktionsvorsitzender |
SCHAPER, Susanne |
2 |
11
Chemnitz 2 |
Stellv. Fraktionsvorsitzende |
FEIKS, Antje |
3 |
16
Erzgebirge 4 |
|
BÖHME, Marco |
4 |
30 Leipzig 4 |
|
TÄNDLER-WALENTA,
Marika |
5 |
21
Mittelsachsen 4 |
Stellv. Fraktionsvorsitzende |
BUDDEBERG, Sarah |
6 |
41
Dresden 1 |
Parlamentarische Geschäftsführerin |
GORSKIH, Anna |
7 |
x |
|
SODANN, Franz |
8 |
33 Leipzig 7 |
|
NEUHAUS-WARTENBERG,
Luise |
9 |
35
Nordsachsen 2 |
|
SCHULTZE, Mirko |
10 |
58 Görlitz 2 |
|
KÖDITZ, Kerstin |
11 |
25
Leipzig Land 3 |
|
BRÜNLER, Nico |
12 |
10
Chemnitz 1 |
|
MERTSCHING, Antonia |
13 |
57
Görlitz 1 |
|
NAGEL, Juliane |
15 |
28 Leipzig 2 |
|
Nur Juliane NAGEL zog als
Direktkandidatin in den Landtag ein, während die anderen 13 Kandidaten
lediglich über den Listenplatz in den Landtag kamen.
Die Medienberichterstattung über
Katja Meier (Grüne)
LASCH, Hendrik
(2019): Die an den Rädern dreht.
Landtagswahl in Sachsen: Die Ex-Punkerin Katja Meier führt die
Grünen im sächsischen Wahlkampf - und danach womöglich in die
Regierung,
in:
Neues Deutschland
v. 06.08.
Katja MEIER wird uns als schwarz-grüne Hoffnungsträgerin präsentiert,
die ihre Karriere im schwarz-grünen Hessen begann. Weil die Grünen mit
ihrem kosmopolitischen Habitus im Osten jenseits der Großstädte
chancenlos sind, wird MEIER zum Underdog stilisiert:
"Die Ex-Punkerin, die von
Bundeschef Robert Habeck wegen ihrer Herkunft aus dem Zwickauer
Stadtteil Eckersbach einmal als »Katja aus der Platte« vorgestellt
wurde".
Der Stadtteil
Eckersbach ist nur zum Teil eine Plattenbausiedlung. Die 1979
geborene Politikern hat
gemäß Selbstauskunft 1998 das Abitur gemacht, was eher nicht zur
"typischen" Plattenbaukarriere von "Abgehängten" gehört. Oder was
sonst will uns die Titulierung verheißen? Bis zur Wende hatten zudem
Plattenbausiedlungen noch nicht das schlechte Image, das ihnen nach
der Wende angehängt wurde. Will sich hier also jemand ein Image
verpassen, das mit der eigentlichen Herkunft nichts gemein hat? Zur
Biografie sind die Netzinformationen (z.B.
Wikipedia) eher mager, was ebenfalls auf pures Imagedesign
hindeutet.
Fazit: Mussten früher die Politiker
einen Doktortitel vorweisen (egal ob echt oder gefälscht), um ernst
genommen zu werden, so gehört in Zeiten der AfD-Erfolge nun die
(vermeintliche) Herkunft aus dem Nicht-Akademikermilieu zum Ausweis
des Volksverstehers!
LOCKE, Stefan und Markus WEHNER (2019): Das grüne Jawort.
Brandenburg und Sachsen: Brandenburg und Sachsen:
Plötzlich ist die Partei auch im Osten stark. Sie will sogar regieren.
Kann das gelingen?
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 16.08.
Ausgiebig wird auf
"Katja aus dem Plattenbau" und
Wolfram GÜNTHER eingegangen.
LÖWISCH, Georg (2019): Katja Meier will, dass der Boom der Grünen Sachsen wirklich verändert.
Unter Leuten: 8,7 Millionen
Menschen leben in Brandenburg, Thüringen und Sachsen. Hier ist eine
von ihnen,
in:
TAZ v. 27.08.
"Herkunft: ein Plattenbau in
Zwickau-Eckersbach, der Vater Ingenieur im VEB Sachsenring, in dem der
Trabant hergestellt wurde, die Mutter arbeitete im VEB Plauener
Gardine",
heißt es zu Katja aus der Platte.
Nur waren damals Plattenbauten noch keine soziale Brennpunkte wie
heutzutage. LÖWISCH träumt sich eine Kenia-Koalition, d.h. einer um
die SPD erweiterten schwarz-grünen Koalition. Die Zweierkoalition CDU/AfD
könnte für viele in der CDU wesentlich attraktiver sein! Die SPD
dürfte als Minipartner in solcher einer Koalition noch unsichtbarer
werden als sie es schon ist.
BARTSCH, Michael (2019): Tief
in ihr steckt der Punk.
Landtagswahl in Sachsen: Katja Meier: Die Spitzenkandidatin der
sächsischen Grünen rockt vielleicht bald zusammen mit der CDU,
in:
Freitag Nr.35 v. 29.08.
Michael BARTSCH sieht in Katja MEIER bereits eine grüne Ministerin. Er
beschreibt einen Wahlkampfauftritt von MEIER (Wahlkreis 37 Meißen 1)
zusammen mit Robert HABECK in einer Traditionsnudelfabrik in Riesa:
"Wahlkampf heißt (...) ein Besuch
in der über hundertjährigen Traditionsnudelfabrik. Die hat im
Gegensatz zum Stahlwerk überlebt, die Ostdeutschen kaufen weiterhin
Riesaer Teigwaren. (...). Die Bio-Linie hat einen Anteil von 40
Prozent erreicht, also hat der Pasta-Besuch tatsächlich grüne Aspekte.
(...).
Beifall ist ihr im Meißen-Riesaer Wahlkreis nicht so sicher. (...). Im
Stadtrat Riesa wurde bei der Kommunalwahl in diesem Mai die CDU aber
noch einmal stärkste Fraktion. Der mittelsächsische Raum tendiert
nicht nur zu konservativ bis reaktionär, er fühlt sich überdies noch
als ländlicher Raum, also abgehängt. Kein Pflaster für die grüne
Großstadtpartei?
Katja Maier dementiert (...). Wenn Ministerpräsident Kretschmer die
»im Wesentlichen intakte Infrastruktur« auf dem flachen Land lobe, mag
das vielleicht für die Straßen gelten. »Nicht aber für die Fahrpläne«,
spricht die echtgrüne Anhängerin des ÖPNV, die selber auf ein Auto
verzichtet."
Wolfram GÜNTHER gilt BARTSCH nicht
wirklich als Spitzenkandidat.
Die Medienberichterstattung über
Holger Zastrow (FDP)
LOCKE, Stefan & Markus WEHNER (2019): Wenn es nur bergauf gehen kann.
Bei den vergangenen Wahlen flog die FDP aus den Landtagen in
Brandenburg und Sachsen. Nun will sie dort wieder einziehen - ob
das wohl klappt?
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 20.08.
"Umfragen sehen sie bei fünf
Prozent, sollte jedoch die Wahlbeteiligung tatsächlich stark steigen -
2014 gab nicht einmal die Hälfte der Wahlberechtigten ihre Stimme ab
-, könnte es für die Liberalen am Ende abermals nicht reichen",
meinen LOCKE & WEHNER, die Sachsens
FDP-Chef Holger ZASTROW porträtieren, der das
"landesweit erste Direktmandat für
die FDP holen (will). Seinen Wahlkreis Bautzen drei, der an Dresden
und die Lage seines Ausflugslokals grenzt, gewann früher stets die CDU
mit Stanislaw Tillich, doch der tritt nicht mehr an, und die einstige
Vormachtstellung der Union ist gebrochen, sein härtester Konkurrent
ist ein Kandidat der AfD. Bei der Stadtratswahl im Mai in Dresden
erhielt Zastrow mit gut 11.300 Stimmen überraschend das mit Abstand
beste Ergebnis aller Stadträte. Für einen FDP-Kandidaten in einer
Großstadt sei das selten, sagt er."
Im Wahlkreis 54 Bautzen 3 sieht
wahlkreisprognose.de nicht die AfD, sondern die CDU vorne (Stand:
23.08.2019). Dort will
Mathias KOCKERT das CDU-Erbe weiter verwalten.
ZASTROW träumt von einer
Minderheitsregierung mit der CDU.
Der Landkreis Meißen
und seine vier Wahlkreise in der
Medienberichterstattung
Im Landkreis Meißen konnte die
Alternative für Deutschland (AfD) drei der vier Wahlkreise
gewinnen. Damit war die AfD in diesem sächsischen Landkreis
besonders erfolgreich. Aus der folgenden Tabelle ist die
politische Lage in den vier Wahlkreisen nach der Landtagswahl
2019 ersichtlich:
Parteiplatzierungen |
WK 37
Meißen 1 |
WK 38
Meißen 2 |
WK 39 Meißen 3 |
WK 40
Meißen 4 |
|
Erststimme |
Zweitstimme |
Erststimme |
Zweitstimme |
Erststimme |
Zweitstimme |
Erststimme |
Zweitstimme |
Wahlkreissieger |
AfD
(36,2%) |
34,3 % (+ 1,9 %) |
AfD (40,1 %) |
38,0 % (+ 2,1 %) |
AfD (34,2 %) |
33,5
% (+ 0,7 %) |
CDU (29,4 %) |
31,8 % (- 2,4 %) |
Zweitplatzierter |
CDU
(29,3 %) |
30,5
% (- 1,2 %) |
CDU
(32,2 %) |
30,9
% (+ 1,3 %) |
CDU (31,2 %) |
31,0 % (+ 0,2 %) |
AfD (27,5 %) |
27,1
% (+ 0,4 %) |
Drittplatzierter |
Linke
(12,8 %) |
9,2 % (+ 3,6 %) |
Linke (8,5 %) |
7,6 %
(+ 0,9 %) |
SPD (10,1 %) |
7,0 % (+ 3,1 %) |
SPD (17,4 %) |
8,6 % (+ 8,8 %) |
Viertplatzierter |
SPD (5,0 %) |
6,4 % (- 1,4 %) |
SPD
(6,3 %) |
6,1 % (+ 0,2 %) |
Linke (8,3 %) |
7,8 % (+ 0,5 %) |
Grüne
(9,2 %) |
10,1
% (- 0,9 %) |
In den Wahlkreisen traten
zudem der Spitzenkandidat der SPD,
Martin DULIG und die grüne
Spitzenkandidatin Katja MEIER an. Außerdem waren dort
Vertreter der
Werte-Union und ihre Ikone Hans-Georg MAAßen besonders
aktiv.
Aus der folgenden Tabelle
sind die Städte und Gemeinde ersichtlich, die zu den vier
Wahlkreisen gehören, ersichtlich:
WK 37
Meißen 1 |
WK 38
Meißen 2 |
WK 39 Meißen 3 |
WK 40
Meißen 4 |
Gemeinde/
Stadt |
stärkste
Partei |
Zweit-
stimmen-
anteil
(Vorsprung) |
Gemeinde/
Stadt |
stärkste
Partei |
Zweit-
stimmen-
anteil
(Vorsprung) |
Gemeinde/
Stadt |
stärkste
Partei |
Zweit-
stimmen-
anteil
(Vorsprung) |
Gemeinde/
Stadt |
stärkste
Partei |
Zweit-
stimmen-
anteil
(Vorsprung) |
Diera-Zehren |
AfD |
40,5 %
(+ 12,2 %) |
Ebersbach |
AfD |
40,8 %
(+ 8,6 %) |
Klipphausen |
AfD |
33,6 %
(+ 2,4 %) |
Coswig
(Stadt) |
AfD |
32,6 %
(+ 2,6 %) |
Hirschstein |
AfD |
38,8
%
(+ 10,1 %) |
Glaubitz |
AfD |
39,4
%
(+ 10,4 %) |
Meißen
(Stadt) |
AfD |
32,7
%
(+ 3,3 %) |
Moritzburg |
AfD |
30,3 %
(+ 0,2 %) |
Käbschütztal |
AfD |
35,5
%
(+ 5,6 %) |
Gröditz
(Stadt) |
AfD |
37,7
%
(+ 6,7 %) |
Niederau |
AfD |
39,8
%
(12,3 %) |
Radebeul
(Stadt) |
CDU |
33,2 %
(+ 10,1 %) |
Lommatzsch
(Stadt) |
CDU |
34,9 %
(+ 5,2 %) |
Großenhain
(Stadt) |
AfD |
37,4
%
(+ 8,0 %) |
Nossen
(Stadt) |
CDU |
33,7
%
(0 %/
3 Stimmen) |
|
|
|
Riesa
(Stadt) |
AfD |
33,7 %
(+ 3,5 %) |
Lampertswalde |
AfD |
48,4 %
(+ 15,6 %) |
Weinböhla |
CDU |
33,1
%
(+ 0,5) |
|
|
|
Stauchitz |
AfD |
37,5
%
(+ 6,1 %) |
Nünchritz |
AfD |
33,3
%
(+ 2,1 %) |
|
|
|
|
|
|
Strehla
(Stadt) |
CDU |
34,3
%
(+ 6,8 %) |
Priestewitz |
AfD |
36,0
%
(+ 1,2 %) |
|
|
|
|
|
|
Zeithain |
AfD |
39,5 %
(+ 12,3 %) |
Radeburg
(Stadt) |
AfD |
33,7
%
(+ 1,2 %) |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Röderaue |
AfD |
40,3
%
(+ 8,5 %) |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Schönfeld |
AfD |
41,3
%
(+ 9,2 %) |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Thiendorf |
AfD |
44,7
%
(+ 16,7 %) |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Wülknitz |
AfD |
37,8
%
(+ 3,6 %) |
|
|
|
|
|
|
Aus der folgenden
Tabelle sind die Direktkandidaten der Meißener Wahlkreise, deren
Parteien in den Landtag eingezogen sind, gemäß ihres
Wahlerfolges ersichtlich:
WK 37
Meißen 1 |
WK 38
Meißen 2 |
WK 39 Meißen 3 |
WK 40
Meißen 4 |
Partei |
Direktkandidat |
Partei |
Direktkandidat |
Partei |
Direktkandidat |
Partei |
Direktkandidat |
AfD |
HÜTTER, Carsten |
AfD |
BEGER, Mario |
AfD |
KIRSTE, Thomas |
CDU |
RÖßLER, Matthias |
CDU |
MACKENROTH, Geert |
CDU |
FISCHER, Sebastian |
CDU |
KUGE,
Daniela |
AfD |
HEIN,
René |
Linke |
KNEBEL, Uta |
Linke |
RICHTER, Erik Christopher |
SPD |
RICHTER, Frank |
SPD |
DULIG, Martin |
SPD |
DRECHLER, Amrei |
SPD |
SCHITTKO, Katja |
Linke |
HELLMANN, Tilo |
Grüne |
PLESSING, Tobias |
Grüne |
MEIER, Katja |
Grüne |
BERNDT, Thomas |
Grüne |
WENGENMAYR, Martin |
Linke |
BOROWITZKI, Daniel Falco |
LASCH, Hendrik
(2019): Schlechte Zeiten für die Regionalbahn 110.
Das sächsische Nossen ist seit 2015
vom Zugverkehr abgehängt, schöpft vor der Landtagswahl 2019 aber
Hoffnung,
in:
Neues Deutschland
v. 02.01.
"Der Bahnhof
Nossen
liegt zwar nach wie vor an Gleisen, aber nicht mehr an einer
Bahnstrecke. Am 12. Dezember 2015 fuhr zum letzten Mal die
Regionalbahn 110 in Richtung Meißen und Döbeln; dann wurde der Betrieb
eingestellt. Zu unrentabel, hieß es bei den zwei zuständigen
sächsischen Verkehrsverbünden",
berichtet Hendrik LASCH, der mit
Peter
WUNDERWALD, Abgeordneter der Grünen im Kreistag Meißen, einen
Verfechter des Schienenverkehrs vorstellt, der die straßenfixierte
Verkehrspolitik kritisiert:
"Spätestens seit der Bahnreform
1994 werde das »System Rad/Schiene systematisch an die Wand gefahren«.
Es sei »Opfer einer Verkehrspolitik, die einseitig auf die Straße
setzt«"
LASCH schildert eindrucksvoll wie
die neoliberale Verkehrspolitik in Sachsen zur Stilllegung von
angeblich unrentablen Bahnstrecken führte.
"Während im benachbarten Tschechien
auch abgelegte Strecken regelmäßig und mit modernen Fahrzeugen bedient
werden, wurde das Schienennetz im Freistaat radikal ausgedünnt: Allein
zwischen 1994 und 2012 wurde auf 39 Abschnitten mit einer Gesamtlänge
von 700 Kilometern der Personenverkehr eingestellt. Darunter sind
Trassen wie, die zwischen Annaberg-Buchholz und Schwarzenberg,
Eilenburg und Bad Düben, Hainichen und Rosswein oder auch die gut 33
Kilometer von Nossen nach Riesa. Viele wurden durch Busse ersetzt."
Proteste wurden bislang von der
sächsischen Regierung ignoriert. Es musste erst die Bundestagswahl
2017 kommen, bei der die AfD in Sachsen stärkste Partei wurde, um ein
"erstes Umdenken" zu erreichen. Das ist mehr als traurig, denn es
zeigt die eklatante Schwäche der ostdeutschen "Linken". Das Versagen
der "Linken" und der Aufstieg der Rechten als einzige Partei, die noch
auf die neoliberalen Regierungen ernstzunehmenden Druck ausüben kann,
ist ein Armutszeugnis für die Rest-Linke.
"Im Fall der Bahntrasse durch
Nossen kam die Kehrtwende bei einem Bürgergespräch, das Sachsens
Kabinett im Mai nach Freiberg führte und bei dem es Ex-Landrat Graetz
gelang, CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer persönlich für das
Anliegen zu erwärmen. (...).
Am 13. Dezember 2018, auf den Tag genau drei Jahre nach dem Ende der
RB 110, fiel im Landtag in Dresden eine Entscheidung, die (...)
Hoffnung machen könnte. Das Parlament beschloss den Haushalt für
2019/20. Er enthält (...) »Zuschüsse für strukturbestimmende
Einzelmaßnahmen«, in dem für eine mögliche Wiederinbetriebnahme der
Trasse für 2019 zwei Millionen und für 2020 bis 2023 jeweils drei
Millionen Euro eingestellt sind."
Ob es tatsächlich zu einer
Wiederinbetriebnahme kommt, ist aufgrund der hohen Kosten und den
politischen Gegebenheiten fraglich. Am Ende könnte es lediglich
Wahlkampfgetöse gewesen sein, denn die entscheidenden Akteure sehen
die Sache offensichtlich anders.
SCHRÖRS, Tobias (2019): Noch ist Wahlkreis 37 nicht verloren.
Landtagswahl in Sachsen: In Sachsen wehrt sich die CDU gegen die
aufstrebende AfD. Ministerpräsident Kretschmer will bis zur Wahl allen
Bezirken einen Besuch abstatten - ob das reicht?
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 31.07.
Tobias SCHRÖRS präsentiert uns
einen
Zweikampf um das Direktmandat im Wahlkreis 37 Meißen 1. Als
Identifikationsfiguren für die Leser werden uns ein Fuhrunternehmer
präsentiert, der sich auf einer Wahlveranstaltung umstimmen ließ und
statt der AfD nun die CDU zu wählen vorgibt. Wenig überzeugend ist
jedoch die Begründung des Umschwungs:
"Bei dem Fuhrunternehmer (...)
zieht am Ende das Argument mit der Erfahrung."
Die AfD zieht dagegen ihre
Attraktivität gerade aus ihrer Nichteinbindung in das
Politikestablishment. Warum sollte ich einen 69-jährigen CDU-Politiker
wählen, dessen Engagement in der Vergangenheit offensichtlich
ungenügend war?
Wahlkreisprognose.de sieht im Wahlkreis 37 den AfD-Kandidaten mit
leichten Vorteilen (Stand: 02.08.2019) und
election.de sieht die AfD sogar mit "74 Prozent
Wahrscheinlichkeit" vorne (Stand: 18.07.2019).
Abschreckend ist zudem die
Verunglimpfung des Internet durch den greisen CDU-Politiker:
"Im Internet habe sich eine Art
Gegenöffentlichkeit herausgebildet. »Dort wird ein Zustand unseres
Landes beschrieben, der nichts mit der Realität zu tun hat«, sagt er."
Dass das Internet eine
Gegenöffentlichkeit darstellt, mag einem etablierten Politiker nicht
passen, der sich in der Mainstreampresse wohlig eingerichtet hat.
Inwiefern jedoch die Zustandsbeschreibungen im Internet unangemessen
sind, wäre eine empirische Frage. Schließlich informieren sich
Menschen im Internet eher vielseitig und nicht nur einseitig in den
"sozialen Medien", dem angesagten Feindbild unserer greisen Elite. Und
vielleicht sind die einseitigen Leser der Mainstreammedien ja jene,
die den Bezug zur Realität verloren haben?
MALZAHN, Claus Christian
(2019): Ein Appell von Maaßen verpufft trotz aller Zustimmung.
Landtagswahl in Sachsen: Der Ex-Verfassungsschutzcef wirbt
auf einer Veranstaltung der Werte-Union in Sachsen für die CDU.
Er findet den Saal voller Sorgen - und voller AfD-Wähler,
in:
Welt
v. 03.08.
BARTSCH, Michael
(2019): Stimmung wie bei der AfD.
Landtagswahl in Sachsen: Auf Einladung der CDU-Splitterbewegung
"Werte-Union" macht Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen
Wahlkampf in Sachsen. Dort wird der von den Rechten gefeiert,
in:
TAZ
v. 03.08.
"Unter den 200 Gästen fand sich
kaum ein Jugendlicher, in der Mehrzahl waren es alte Männer. In der
AfD ist das weibliche Geschlecht nahezu unbekannt, doch auch hier
saßen nur wenige Vertreterinnen im Saal. Anwesend waren die
AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier und Detlev Spangenberg. Etwa
jeder zweite der 17 Fragesteller outete sich als bekennender
AfD-Anhänger",
berichtet Michael BARTSCH. Offenbar
haben die Grünen vergessen ihre Anhänger in die Versammlung
einzuschmuggeln. Lediglich eine Kosmopolitin konnte BARTSCH zitieren.
Der Bericht zeigt wie links-mittige Identitätspolitik funktioniert,
die der eigenen Wähler- bzw. Leserschaft Selbstbestätigung verschafft.
Der CDU-Direktkandidat Matthias RÖßLER kommt nur am Rande vor und wird
als "ehemals »Patriotismusbeauftragter« der Sächsischen Union"
tituliert.
LOCKE, Stefan (2019): Apokalyptischer Reiter.
Landtagswahl in Sachsen: Der frühere Chef des Verfassungsschutzes,
Hans-Georg Maaßen, macht Wahlkampf für die CDU in Sachsen. Sein erster
Auftritt in Radebeul ist vor allem ein Fest für die AfD,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 03.08.
Bei Claus
Christian MALZAHN in der heutigen Welt
wird RÖßLER folgendermaßen beschrieben:
"Matthias Rößler gehört zum
konservativen Flügel der ohnehin konservativen sächsischen Union".
Ist also die Werte-Union noch
konservativer als der konservative Flügel der CDU? Während die FAZ
auf Differenz bedacht ist, erzeugt die Welt Nähe:
"Rößler gehört offenbar zu denen,
die in einem Tolerierungsmodell lieber punktuell mit der AfD
zusammenarbeiten würden, als mit den Grünen einen Koalitionsvertrag
auszuhandeln",
erklärt uns MALZAHN. RÖßLER tritt
im Wahlkreis 40 Meißen 4 an. Election.de sieht dort die AfD mit 72 %
Wahrscheinlichkeit vorne (Stand: 18.07.2019). Der AfD-Kandidat ist
ebenfalls nicht durch die Landesliste abgesichert.
Wahlkreisprognose.de sieht dagegen RÖßLER mit leichten Vorteilen vorne
(Stand: 02.08.2019).
LASCH, Hendrik
(2019): Die an den Rädern dreht.
Landtagswahl in Sachsen: Die Ex-Punkerin Katja Meier führt die
Grünen im sächsischen Wahlkampf - und danach womöglich in die
Regierung,
in:
Neues Deutschland
v. 06.08.
LASCH, Hendrik
(2019): Die Zeit zum Theoretisieren ist vorbei.
Landtagswahl in Sachsen: Frank Richter, einst Chef der
Landeszentrale für politische Bildung, zieht für Sachsens SPD in den
Wahlkampf,
in:
Neues Deutschland
v. 16.08.
Hendrik LASCH stellt das langjährige CDU-Mitglied Frank RICHTER vor,
der zuerst als parteiloser
Oberbürgermeisterkandidat für Rot-Rot-Grün in Meißen ist und nun
für die desolate SPD als "Hoffnungsträger" um den
Wahlkreis 39 - Meißen 3 kämpft. Sowohl bei
election.de als auch bei
wahlkreisprognose.de liegt im Wahlkreis jedoch die AfD vorne.
election.de sieht nicht einmal die SPD auf dem zweiten Platz, sondern
die CDU. RICHTER war als Chef der Landeszentrale für politische
Bildung und Sachsen Teil des Problems. Erst nach Abgabe seines Amtes
wurde er für die "Opposition" zur Heilsfigur.
Fazit: Weil die mitregierende SPD
erschöpft ist, sollen Promis wie Petra KÖPPING (Landesliste: Platz 2),
Martin DULIG (Landesliste: Platz 1) und Frank RICHTER (Landesliste:
Platz 7) den Super-Gau in Sachsen verhindern. Die
Umfragen sehen die SPD spätestens seit Mai diesen Jahres im
einstelligen Bereich. Personalisierung erscheint da eher trügerischer
Aktionismus, zumal die Bundespartei mit ihrer Kandidatenwahl für den
Parteivorsitz die desaströse Lage für alle anschaulich macht. Weder
election.de noch wahlkreisprognose.de sehen in Sachsen für die
SPD-Kandidaten einen gewinnbaren Wahlkreis. Wer es nicht auf die
Landesliste und dort auf die vorderen Ränge gebracht hat, der dürfte
im nächsten Landtag das Nachsehen haben.
LOCKE, Stefan (2019): Der Sachsenflüsterer.
Landtagswahl in Sachsen: Frank Richter war Bürgerrechtler und
Pfarrer, und dreißig Jahre gehörte er zur CDU. Bei der Landtagswahl im
Herbst tritt er nun für die SPD an,
in:
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 25.08.
Stefan LOCKE porträtiert Frank RICHTER, dessen
SPD-Kandidatur im Wahlkreis 39
Meißen 3 derzeit durch
die Mainstreammedien gehechelt wird, weil die sächsische SPD sonst
nicht viel zu bieten hat.
"In Umfragen nähert die SPD sich
(...) der Fünf-Prozent-Hürde. Erklären lässt sich das kaum, die Partei
macht als kleiner Koalitionspartner der bisher großen CDU eine solide
und skandalfreie Arbeit",
meint Stefan LOCKE. "solide" und
"skandalfrei" nennt man eine Parteiarbeit, die im Grunde visionslos
ist und sich wie im Bund die Butter vom Brot wegnehmen lässt. Der CDU
kommt das wie im Bund zugute, dass sich die SPD in Unsichtbarkeit übt.
In Sachsen kann die SPD nach aktuellem Stand
kein einziges Direktmandat
gewinnen. Die Hoffnungsträger von Martin DULIG bis Petra KÖPPING
sind auf die Landeslistenplatzierung angewiesen.
DUNKEL, Monika (2019): Die Mauer
in den Taschen.
Sachsen war das ostdeutsche Vorzeigebundesland: mehr Wachstum,
weniger Arbeitslose als die Nachbarn. Trotzdem dürfte die Wut der
Bürger die AfD bei den Wahlen weit tragen. Wo kommt dieser Frust her?
in:
Capital
Nr.9, September
Monika DUNKEL stellt Meißen in den Mittelpunkt ihrer Reportage über
Sachsen:
"Rauhentalstraße (...) nicht weit
von der Altstadt von Meißen, kleine Fachwerk- und Bürgerhäuser, teils
denkmalgeschützt. Wer die Straße hinunterschaut, sieht auf die
Porzellan-Manufaktur Meissen, Aushängeschild der Stadt,
Touristenmagnet. (...).
Meißen (ist) im Kleinen, was Sachsen im Großen ist: eigentlich was zum
Vorzeigen. Die Albrechtsburg, wo der Freistaat 1990 wieder gegründet
wurde, thront über allem. Der Marktplatz ist schön hergerichtet, die
Geschäfte belebt, gut 28.000 Menschen leben hier im Speckgürtel von
Dresden. Meißen hat Kliniken, Schulen, ein Elitegymnasium; die
Arbeitslosenquote liegt mit 5,1 Prozent auf Rekordtief, die
Verschuldung der Stadt sinkt seit Jahren."
Meißen wird aus der Sicht des
kosmopolitischen Milieus geschildert, weshalb der Bauunternehmer
Ingolf BRUMM den Maßstab für die Bewertungen bildet:
"Als er das Haus nach dem Brand
saniert und im Oktober 2015 tatsächlich Familien aus Syrien und
Afghanistan einziehen, beginnt Meißen, sich in zwei Lager zu spalten:
die, die Brumm hassen, und jene, die zu ihm halten. (...). Die
Initiative »Buntes Meißen« (...) organisiert Lichterketten. (...).
Ein Ex-Mitarbeiter tritt 2019 bei den Stadtratswahlen für die AfD an.
Der Konflikt reicht bis in die eigene Familie".
Als Experten für die Gründe der
Wut, kommen Felix RÖSEL und Joachim RAGNITZ vom Dresdner
Ifo-Instituts, eine Filiale der neoliberalen Denkfabrik in München.
Daneben kommt Martin DULIG, sächsischer SPD-Minister, und ein
Gewerkschafter zu Wort. Es geht um das Billiglohnbundesland Sachsen:
"Doch eine Niedriglohnpolitik sei
in Deutschland kein besonders nachhaltiges Geschäftsmodell. Denn
Niedriglöhne schützen einen Standort nicht. In Meißen etwa hat gerade
Keramik Meissen seine Produktion geschlossen, um sie im noch
billigeren Nachbarland Polen wieder aufzubauen",
wird RAGNITZ zitiert. Der Gutmensch
BRUMM schiebt die Unzufriedenheit auf falsche Vergleiche und die
Schuld für seine Billiglöhne auf den Staat:
"Maßstab sei nicht mehr die eigene
Vergangenheit, sondern der Westen.
Dass er nicht mehr zahlt, liege vor allem an seinem wichtigsten
Auftraggeber: dem Freistaat Sachsen. Der vergebe Ausschreibungen
»grundsätzlich« an den billigsten Anbieter. Brumm baut mit am Schloss,
am Zwinger, der Semperoper - kaum ein Großdenkmal ohne seine Leute."
BRUMM wird als Aufsteiger
porträtiert, der macht, statt zu meckern. Zum Schluss kommt der
Präsident der Handwerkskammer, Jörg DITTRICH, zu Wort, der die
selbständigen Handwerksmeister vertritt, die
"zwischen 1990 und 2010 für wenig Geld arbeiten gegangen, statt sich
in die soziale Hängematte zu legen. Doch deren Renten werden nun zu
niedrig sein, um davon sorgenfrei zu leben."
Monika DUNKEL stellt Meißen in den Mittelpunkt ihrer Reportage über
Sachsen:
"Rauhentalstraße (...) nicht weit
von der Altstadt von Meißen, kleine Fachwerk- und Bürgerhäuser, teils
denkmalgeschützt. Wer die Straße hinunterschaut, sieht auf die
Porzellan-Manufaktur Meissen, Aushängeschild der Stadt,
Touristenmagnet. (...).
Meißen (ist) im Kleinen, was Sachsen im Großen ist: eigentlich was zum
Vorzeigen. Die Albrechtsburg, wo der Freistaat 1990 wieder gegründet
wurde, thront über allem. Der Marktplatz ist schön hergerichtet, die
Geschäfte belebt, gut 28.000 Menschen leben hier im Speckgürtel von
Dresden. Meißen hat Kliniken, Schulen, ein Elitegymnasium; die
Arbeitslosenquote liegt mit 5,1 Prozent auf Rekordtief, die
Verschuldung der Stadt sinkt seit Jahren."
Meißen wird aus der Sicht des
kosmopolitischen Milieus geschildert, weshalb der Bauunternehmer
Ingolf BRUMM den Maßstab für die Bewertungen bildet:
"Als er das Haus nach dem Brand
saniert und im Oktober 2015 tatsächlich Familien aus Syrien und
Afghanistan einziehen, beginnt Meißen, sich in zwei Lager zu spalten:
die, die Brumm hassen, und jene, die zu ihm halten. (...). Die
Initiative »Buntes Meißen« (...) organisiert Lichterketten. (...).
Ein Ex-Mitarbeiter tritt 2019 bei den Stadtratswahlen für die AfD an.
Der Konflikt reicht bis in die eigene Familie".
Als Experten für die Gründe der
Wut, kommen Felix RÖSEL und Joachim RAGNITZ vom Dresdner
Ifo-Instituts, eine Filiale der neoliberalen Denkfabrik in München.
Daneben kommt Martin DULIG, sächsischer SPD-Minister, und ein
Gewerkschafter zu Wort. Es geht um das Billiglohnbundesland Sachsen:
"Doch eine Niedriglohnpolitik sei
in Deutschland kein besonders nachhaltiges Geschäftsmodell. Denn
Niedriglöhne schützen einen Standort nicht. In Meißen etwa hat gerade
Keramik Meissen seine Produktion geschlossen, um sie im noch
billigeren Nachbarland Polen wieder aufzubauen",
wird RAGNITZ zitiert. Der Gutmensch
BRUMM schiebt die Unzufriedenheit auf falsche Vergleiche und die
Schuld für seine Billiglöhne auf den Staat:
"Maßstab sei nicht mehr die eigene
Vergangenheit, sondern der Westen.
Dass er nicht mehr zahlt, liege vor allem an seinem wichtigsten
Auftraggeber: dem Freistaat Sachsen. Der vergebe Ausschreibungen
»grundsätzlich« an den billigsten Anbieter. Brumm baut mit am Schloss,
am Zwinger, der Semperoper - kaum ein Großdenkmal ohne seine Leute."
BRUMM wird als Aufsteiger
porträtiert, der macht, statt zu meckern. Zum Schluss kommt der
Präsident der Handwerkskammer, Jörg DITTRICH, zu Wort, der die
selbständigen Handwerksmeister vertritt, die
"zwischen 1990 und 2010 für wenig Geld arbeiten gegangen, statt sich
in die soziale Hängematte zu legen. Doch deren Renten werden nun zu
niedrig sein, um davon sorgenfrei zu leben."
POLLMER, Cornelius (2019):
Wachstumsschmerzen.
Landtagswahlergebnisse in Sachsen: In der sächsischen Stadt Meißen sind alte
Gewissheiten schon länger verloren gegangen, links wie rechts. Und:
Die Menschen haben sich politisiert. Das jedenfalls ist eine gute
Nachricht,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 02.09.
In Meißen wurden 3 der vier
Wahlkreise von der AfD gewonnen. Darunter auch der
Wahlkreis 39 Meißen 3, dessen AfD-Kandidat nicht auf der
Landesliste vertreten war. Die AfD lag dort mit 34,2 % vor der CDU
(31,2 %). Frank RICHTER sorgte
dort für die SPD mit 10,1 % für den dritten Platz.
"In Meißen (ist) (...) eine neue
Ordnung im Stadtrat abzulesen (...): fünf Sitze für die AfD, fünf
Sitze aber auch für die überparteilichen »Bürger für Meißen«. (...).
Es gibt neue Bündnisse, ab er auch neue Verwerfungen. Und über allem
steht die Frage, ob diese Verwerfungen (...) vorübergehende
Wachstumsschmerzen der Demokratie (sind)",
erklärt uns Cornelius POLLMER, der
den Ernst der Lage offenbar nicht begriffen hat. Seit ihrer Gründung
haben die Neoliberalen die AfD als vorübergehendes Phänomen gesehen,
das man einfach weglächeln kann. Frank RICHTER sollte in Meißen 3
einen AfD-Erfolg unbedingt verhindern. Für das Anti-AfD-Bündnis hat es
aber nicht gereicht. Meißen 3 gehört zu einem der 8 Wahlkreise, die
für die AfD aufgrund der Listenplatzbeschränkung besonders wichtig
waren.
Meißen steht damit als Synonym für
das Scheitern der Anti-AfD-Bündnisse. Dabei ging POLLMER vom Gegenteil
aus, denn er stellte die CDU-Direktkandidatin Daniela KUGE und ihren
Dialog-Wahlkampf in den Mittelpunkt:
"Den Verlust von Gewissheiten
bespricht man am besten mit Daniela Kuge, 44, seit 2014 direkt
gewähltes Mitglied des Sächsischen Landtags für die CDU. (...). Eines
der Formate von Kuge heißt »Daniela im Dialog«, sie hat dazu
eingeladen am Dienstag vor der Wahl in eine Beachbar an der Elbe.
(...). Ihr gegenüber sitzt Meißens parteiloser Oberbürgermeister Olaf
Raschke, der von der CDU getragen wird (...).
Ende der Achtziger gab es im ZDF einen Beitrag über die Stadt, der in
eine dringliche Reiseempfehlung mündete: Besuchen Sie Meißen, solange
es noch geht. Die Stadt war zu 90 Prozent verfallen. Heute, sagt
Rachke, sehe man fast nur frisch sanierte Dächer, wenn man von der
Burg auf die Stadt schaue. Fernwärme überall, Deutschlands
beliebtester Radweg, die vierte Grundschule sei am Netz, der Tourismus
in diesem Jahr wieder um zehn Prozent gewachsen. Politiker berichten
im Wahlkampf sonst oft, was sie anders und besser machen wollen. An
diesem Abend fällt auf, dass Kuge vor allem sagt, was sie in den
vergangenen fünf Jahren bereits getan habe.
Die Leute, sagt Kuge später, würden geleistete Arbeit nicht mehr
automatisch würdigen",
erklärt uns POLLMER. KUGE klagt
darüber, dass die Wähler der Politik Dinge zuschreiben, die gar nicht
in deren Verantwortung lägen. Politische Bildung soll deshalb in
Zukunft die Zuschreibungen realistischer machen. Dies aber dürfte kaum
gelingen, denn natürlich ist Verantwortungsübernahme nicht Sache der
gewählten Mandatsträger - und schon gar nicht bei der CDU, die lieber
Probleme aussitzen.
Neben der Klage über die
Fehlattributierung, darf die Klage über das Internet nicht fehlen, das
zum Kontrollverlust geführt hat. Plötzlich sind die Menschen nicht
mehr ausschließlich auf die Informationen aus den traditionellen
Medien angewiesen, sondern können sich anderweitig - besser -
informieren. Politiker dagegen zeichnen das einseitige Bild von Fake
News, die es aber auch in den Qualitätsmedien gibt!
Neben der CDU-Direktkandidatin
werden uns zwei exemplarische Sozialfiguren präsentiert, die zur
Filterblase des Kosmopolitismus gehören: da ist zum einen Heiko, der
von der CDU enttäuscht ist, aber nicht AfD-Mitglied sein will. Er ist
kein Abgehängter, sondern "besitzt Immobilien in Meißen,
wirtschaftlich geht es ihm gut, mindestens" und wählt trotzdem die AfD.
Für Neoliberale ist das völlig unverständlich.
Die zweite Sozialfigur ist der
Engagierte, der sich gegen die AfD engagiert. Zu dieser Sozialfigur
gehören der Betreiber der letzten Gaststätte im Viertel. Nicht
meckern, sondern tun, lautet das Motto der oberen Mittelschicht, die
die Weltsicht des Kosmopolitismus prägt, wobei die
Ressourcenausstattung ausgeblendet wird.
"Die Kneipe von Heinz ist
assoziiert mit dem Verein Hafenstraße im selben Gebäude. (...).
Zweck der Hafenstraße, so steht es in der Satzung, ist die Förderung
einer vielfältigen Kultur in der Stadt Meißen, besonders in Verbindung
mit sozialen Aspekten. »Wir sind Bürgerzentrum für alle (...)« sagt
Kerstin Urban. Ihr Mann Ralf, Bruder des sächsischen
AfD-Spitzenkandidaten Jörg Urban, sagte schon bei Daniela Kuge (...),
dieses Bürgerzentrum kämpfe gerade um seine Zukunft. Es geht dabei ums
Ehrenamt und um Fördermittel, um viel Bürokratie und das sächsische
Kulturraumgesetz",
erzählt uns POLLMER. Bei ihm darf
natürlich auch nicht Ute CZESCHKA fehlen:
"Czeschka fand sich
parteiübergreifend mit anderen zusammen, aus einer losen Gruppierung
wurde eine Bürgerinitiative, die den früheren Bürgerrechtler Frank
Richter fast bis ins Amt des Oberbürgermeisters trug und heute mehr
als 100 Mitglieder zählt. Czeschla leitete Richters Wahlkampf, sie
sagt, sie sei nach wie vor unparteiisch, ihr gehe es um die Stadt, und
deswegen sitzt sie jetzt als Abgeordnete in deren Rat."
Fazit: Der AfD-Kandidat Thomas
KIRSTE, dürfte ab morgen zu denjenigen gehören, die für den hohen
AfD-Sieg in Sachsen stehen. Frank RICHTER, der den AfD-Sieg nicht
verhindern konnte, wird über die Landesliste der SPD einziehen, denn
er steht auf Platz 7 von 10 gewählten SPD-Vertretern.
Die Single-Lüge - Das Buch zur Debatte
"Dies
ist die erste grundlegende Auseinandersetzung mit dem
nationalkonservativen Argumentationsmuster, das zunehmend
die Debatte um den demografischen Wandel bestimmt.
Hauptvertreter dieser Strömung sind Herwig Birg, Meinhard
Miegel, Jürgen Borchert und Hans-Werner Sinn. Die
Spannbreite der Sympathisanten reicht von Frank
Schirrmacher bis zu Susanne Gaschke. Als wichtigster
Wegbereiter dieses neuen Familienfundamentalismus muss der
Soziologe Ulrich Beck angesehen werden.
Es wird aufgezeigt, dass sich die
nationalkonservative Kritik keineswegs nur gegen Singles
im engeren Sinne richtet, sondern auch gegen Eltern, die
nicht dem klassischen Familienverständnis entsprechen.
Die Rede von der "Single-Gesellschaft"
rechtfertigt gegenwärtig eine Demografiepolitik, die
zukünftig weite Teile der Bevölkerung wesentlich
schlechter stellen wird. In zahlreichen Beiträgen, die
zumeist erstmals im Internet veröffentlicht wurden,
entlarvt der Soziologe Bernd Kittlaus gängige
Vorstellungen über Singles als dreiste Lügen. Das Buch
leistet damit wichtige Argumentationshilfen im neuen
Verteilungskampf Alt gegen Jung, Kinderreiche gegen
Kinderarme und Modernisierungsgewinner gegen
Modernisierungsverlierer." |
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