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Debatte

 
       
   

Wahlanalyse: Landtagswahl in Sachsen 2019

 
       
   

Anhang: Die Spitzenkandidaten der Parteien in den Medien

 
       
     
       
   
     
 

Die Spitzenkandidaten in der Medienberichterstattung

In der folgenden Tabelle sind die Spitzenkandidaten der Parteien ersichtlich, die in diesem Anhang Erwähnung finden:

Tabelle: Die Spitzenkandidaten der Parteien (Liste Platz 1) bei der Landtagswahl 2019
Partei Spitzenkandidaten
(Funktion)
Listen-
platz
Wahlkreisergebnisse für den Direktkandidaten 2019 Wahlkreis-
zweit-
stimmen-
ergebnis
2014
Landesergebnis
der Partei
2019
(Differenz
Wahlkreis)
Wahlkreis
(Platzierung)
Erststimmen-
anteil des
Kandidaten
Zweitstimmen-
anteil der Partei
im Wahlkreis
Differenz
Erst-/Zweit-
stimme
CDU KRETSCHMER, Michael
(Ministerpräsident)
1 58 Görlitz 2 (1) 45,8 % 35,2 % + 10,6 % 38,4 % 32,1 % (+ 3,1 %)
AfD URBAN, Jörg
(Fraktionsvorsitzender)
1 56 Bautzen 5 (2) 36,4 % 36,4 % +/- 0 % 14,8 % 27,5 % (+ 8,9 %)
SPD   DULIG, Martin
(sächsischer Minister)
1 40 Meißen 4 (3) 17,4 % 8,6 % + 8,6 % 13,8 % 7,7 % (+ 0,9 %)
Linke GEBHARDT, Rico
(Fraktionsvorsitzender)
1 14 Erzgebirge 2 (3) 12,8 % 9,2 % + 3,6 % 19,0 % 10,4 % (- 1,2 %)
Grüne MEIER, Katja
(Landtagsabgeordnete)
1 37 Meißen 1 (7) 4,3 % 4,1 % + 0,2 % 3,1 % 8,6 % (- 8,5 %)
FDP ZASTROW, Holger
(Landesvorsitzender)
1 54 Bautzen 3 (3) 13,5 % 7,8 % + 5,7 % 4,4 % 4,4 % (+ 3,4 %)
Quelle: wahlen.sachsen.de; eigene Berechnungen

Die Medienberichterstattung über Michael Kretschmer (CDU)

LASCH, Hendrik (2019): Nur Daumendrücken reicht nicht.
Sachsens CDU beschließt Wahlprogramm. Kretschmer attackiert AfD als "Miesmacher",
in:
Neues Deutschland v. 11.06.

Hendrik LASCH zählt noch einmal die AfD-getriebene Programmatik der sächsischen CDU auf, deren Versäumnisse aufgrund ihrer neoliberalen Austeritätspolitik nicht wett zu machen sind. Und warum die CDU wählen, wenn nur die AfD ein Garant für einen Politikwechsel bei der CDU ist?

LASCH, Hendrik (2019): Ende der Bewährung.
Landtagswahl in Sachsen: Die sächsische CDU lässt ihren Spitzenmann Michael Kretschmer allein um Stimmen kämpfen,
in:
Neues Deutschland v. 23.07.

BARTSCH, Michael (2019): Heimatflair zum Wahlkampfstart.
Für Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer begann am Montagabend die Überlebensschlacht der CDU im Görlitzer Wahlkreis. Es gab Bratwurst und Bier,
in:
TAZ v. 24.07.

SCHRÖRS, Tobias (2019): Noch ist Wahlkreis 37 nicht verloren.
Landtagswahl in Sachsen: In Sachsen wehrt sich die CDU gegen die aufstrebende AfD. Ministerpräsident Kretschmer will bis zur Wahl allen Bezirken einen Besuch abstatten - ob das reicht?
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 31.07.

Die ZEIT-Kontroverse: In Sachsen wird am 1. September gewählt. CDU und AfD liefern sich ein Duell. Der Ministerpräsident, der sich mit Putin fotografieren ließ, ist umstritten. Zwei Ansichten zu Michael Kretschmer

MACHOWECZ, Martin (2019): Er ist da, wo es wehtut,
in:
Die ZEIT Nr.32 v. 01.08.

Die ZEIT ist nicht da, wo es wehtut, sondern die ZEIT spricht das Wohlfühlbürgertum an, das keine richtige Kontroverse will, sondern konformen Meinungsbrei. Sowohl MACHOWECZ ('"die Lage ist ernst. Aber keiner sollte sich zu sicher sein, dass sie ohne Kretschmer möglicherweise noch ernster wäre") als auch HENSEL ("Das Schicksal Sachsens liegt auf den Schultern von Michael Kretschmer") sehen in KRETSCHMER einen alternativlosen Ministerpräsidenten, der für Wohl und Wehe in Sachsen steht. Die geübte Kritik ist deshalb lau, aber nicht wirklich grundsätzlich.

Fazit: Die Pseudokontroverse zeigt das eigentliche Problem: das erschöpfte kosmopolitische Milieu ist unfähig zu unangenehmen Einsichten:

"SPD und Linkspartei sind im Moment zu schwach, um einen Wandel (...) einleiten zu können",

erklärt uns Jana HENSEL. Das verdrängt das eigentliche Problem: den Niedergang des progressiven Neoliberalismus, dem das kosmopolitische Milieu nostalgisch hinterherweint, statt auf die veränderten politische Lage angemessen zu reagieren.

HENSEL, Jana (2019): Er ist überall und nirgends,
in:
Die ZEIT Nr.32 v. 01.08.

MÜLLER, Hansjörg (2019): Auf Gratwanderung im Erzgebirge.
Landtagswahl in Sachsen: Mit gutem Zureden und konservativen Tönen stemmt sich der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer gegen die AfD,
in:
Neue Zürcher Zeitung v. 10.08.

Hansjörg MÜLLER konfrontiert die Sicht von Michael KRETSCHMER mit zwei rechten CDU-Lokalpolitikern, die sich gegen eine Koalition mit Grünen und Linkspartei wenden und stattdessen eine Minderheitsregierung unter Tolerierung der AfD verlangen.

NIMZ, Ulrike (2019): Alles wird Glut.
Landtagswahl in Sachsen: Seit Wochen grillt sich Michael Kretschmer durch Sachsen. Es geht um die Zukunft es Landes und auch um seine eigene. Eindrücke aus einem Wahlkampf, der mindestens so heiß wie fettig ist,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 24.08.

BARTSCH, Michael/MAIER, Anja/Am ORDRE, Sabine (2019): Überlappende Ränder.
Landtagswahl in Sachsen: Nahaufnahme: Wenn Michael Kretschmer (CDU) dem AfD-Spitzenmann Jörg Urban begegnet, schaut er demonstrativ weg. Mit den Rechten will der sächsische Regierungschef nichts zu tun haben. Doch in seinem Landesverband rumort es,
in:
TAZ v. 27.08.

Die taz stellt schon einmal die Frage, ob nicht doch eine blau-schwarze Koalition in Sachsen droht. Matthias RÖßLER und Christian HARTMANN werden als mögliche Anhänger einer solchen Koalition genannt, doch offen bekennen will sich derzeit niemand und über die Größenordnung der Sympathisanten besteht Ungewissheit. Der Werte-Union, deren Größenverhältnisse unbekannt sind, wird eine Nähe zu solchen Überlegungen zugetraut. Es wird zudem auf die kommunale Ebene verwiesen, wo Kooperationen durchaus schon stattfinden, wenngleich es noch nicht zu richtiger Zusammenarbeit gekommen ist.

Fazit: Je nach Ausgang der Wahl, ist eine schwarz-blaue Koalition nicht auszuschließen. Der Artikel zielt jedoch in erster Linie auf die Mobilisierung der "demokratischen" Wählerschaft.

LOCKE, Stefan & Markus WEHNER (2019): Mit und ohne Merkel.
Die CDU-Spitzenkandidaten Michael Kretschmer und Ingo Senftleben führen in Sachsen und Brandenburg einen schweren Wahlkampf. Sie stehen für unterschiedliche Ausrichtungen ihrer Partei. Und die AfD ist ein starker Gegner,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 27.08.

"(B)eide (haben) den zweiten Bildungsweg beschritten: Kretschmer war Büroinformationselektroniker, bevor er Wirtschaftsingenieur wurde; Senftleben war wie sein Vater Maurer, bevor er sich in Hamburg zum Hochbautechniker weiterbildete",

streichen LOCKE & WEHNER heraus, denn in Zeiten der AfD-Erfolge ist nicht mehr der Akademiker-Herkunftsprädikat Nr.1. Als Aufsteiger stehen beide jedoch in der "Abstiegsgesellschaft" für eine vergangene Zeit.

"Mit seiner Kommunikationsoffensive ist er binnen kürzester Zeit zum beliebtesten Politiker Sachsens aufgestiegen. Seine Partei allerdings kann bisher kaum davon profitieren. Das liegt auch daran, dass die CDU viele der Probleme, die Kretschmer jetzt anpackt, zuvor selbst verursacht hat und dass es eine Alternative gibt."

KRETSCHMER ist als Generalsekretär Teil des Problems gewesen. Seine Beliebtheit kann darüber nicht hinwegtäuschen, dass der CDU längst in den Kommunen und Kreistagen die Basis weggebrochen ist. An der sächsischen Basis ist Blau-schwarz längst salonfähig, zumal viele AfD-Politiker aus den eigenen Reihen kamen.

SCHMIDT, Christina (2019): Der Dauerredner.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer grillt Bratwürste und redet auch mit Bürgern, die ihn anschreien. Reicht das, seine CDU wieder zur stärksten Partei zu machen - und die Gesellschaft zu befrieden?
in: WirtschaftsWoche
Nr.36 v. 30.08.

MACHOWECZ, Martin & Henning SUßEBACH (2019): "Ich finde weder Sie noch Ihre Partei demokratisch".
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat bei der Landtagswahl mit Mühe die AfD geschlagen. Hier trifft er Bürger, die bitter von der Politik enttäuscht sind,
in: Die ZEIT
Nr.37 v. 05.09.

Die Wohlfühl-ZEIT hat ein neues Ressort "Streit" eingeführt, das mit einem Helmut SCHMIDT-Zitat garniert ist. Hier darf Michael KRETSCHMER seinen Wahlkampf weiterführen. Als sächsische Kontrahenten gibt es eine AfD-Wählerin, einen FDP-Wähler und einen katholischen Wechselwähler, womit die rechte Mitte abgedeckt ist und Streit erst gar nicht aufkommt.

Die Medienberichterstattung über Jörg Urban (AfD)

BECKER, Kim Björn (2019): AfD darf in Sachsen mit 30 Kandidaten antreten.
Sächsisches Verfassungsgericht bestätigt einstweilige Verfügung. Urban kündigt Anzeige wegen Rechtsbeugung an,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 17.08.

LOCKE, Stefan (2019): Wahlkampfschlager DDR.
Landtagswahl in Sachsen: Um die Wahl in Sachsen zu gewinnen, zeichnet die AfD ein Zerrbild der Wirklichkeit - was ihre Wähler nicht stört,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 26.08.

Stefan LOCKE knöpft sich den AfD-Direktkandidat und Spitzenpolitiker Jörg URBAN vor, der im Wahlkreis 56 Bautzen 5 gegen den immerwährenden CDU-Direktkandidat Marko SCHIEMANN antritt.

"Urban, 54 Jahre alt, verheiratet, drei Kinder, in Meißen geboren und Diplomingenieur für Wasserbau, war bis vor fünf Jahren Geschäftsführer der »Grünen Liga Sachsen«, eines Netzwerks ökologischer Bewegungen. Dort kämpfte er etwa vehement gegen den Bau der Dresdner Waldschlößchenbrücke und Straßenneubau im ländlichen Raum. Seine Wähler nehmen ihm das nicht übel",

heult uns LOCKE vor, als ob Straßenneubau im ländlichen Raum das Problem wäre und nicht der Rückbau des Schienenetzes.

"Etwa die Hälfte der 60 sächsischen Wahlkreise, die stets die Union holte, könnte an die AfD fallen, davon fast alle im östlichen Sachsen",

klagt LOCKE, der Fake-News der AfD präsentiert und dagegen die Wahrheit der FAZ setzt. Besonders liegt LOCKE die Widerlegung von "Verschwörungstheorien" zum Landeswahlausschuss am Herzen und versucht nun den Schaden der Entscheidung dieser Institution für die CDU zu minimieren.

BARTSCH, Michael/MAIER, Anja/Am ORDRE, Sabine (2019): Überlappende Ränder.
Landtagswahl in Sachsen: Nahaufnahme: Wenn Michael Kretschmer (CDU) dem AfD-Spitzenmann Jörg Urban begegnet, schaut er demonstrativ weg. Mit den Rechten will der sächsische Regierungschef nichts zu tun haben. Doch in seinem Landesverband rumort es,
in:
TAZ v. 27.08.

SCHULZ, Daniel/BARTSCH, Michael/REINECKE, Stefan (2019): Letzter Warnschuss.
Landtagswahlergebnisse in Sachsen: Görlitzer Bürger, die Parteispitzen in Berlin, eine Grüne in Bautzen: Nach den Wahlen versuchen sich alle in Erklärungen,
in:
TAZ v. 03.09.

SCHULZ/BARTSCH/REINECKE ergehen sich in Heldengeschichten des Anti-AfD-Bündnisses. Da geht es um die symbolischen Kämpfe in den Wahlkreisen 58 Görlitz 2 und 56 Bautzen 5. Zu Bautzen äußert sich die gescheiterte grüne Oberbürgermeisterkandidatin Franziska SCHUBERT:

"Sie verweist auf Bautzen, wo AfD-Landeschef Jörg Urban gegen einen alten CDU-Mann verloren hat, der noch die sächsische Verfassung mit ausgearbeitet hat. Ausgerechnet in Bautzen, wo es eine starke rechtsradikale Szene gibt (...).
Fazit: Die Situation sei schlimm, aber wenigstens nicht schlimmer geworden."

BECKER, Kim Björn (2019): Abgehängt in Sachsen.
Landtagswahlergebnisse in Sachsen: Lange hat die CDU die Politik im Freistaat dominiert, ihre Direktmandate waren eine Bank. Diese Zeit ist nun vorbei,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 03.09.

Aus der folgenden Tabelle sind die Gemeinden mit Ergebnissen bei der Landtagswahl 2019 mit über 45 Prozent bei Erst- oder Zweitstimme ersichtlich:

Gemeinde Wahlberechtigte Wahlkreis Erststimme Zweitstimme
Lampertswalde 2.101 38 Meißen 2 50,7 % 48,4 %
Neißeaue 1.404 57 Görlitz 1 49,5 % 48,4 %
Dürrhennersdorf 819 59 Görlitz 3 47,7 % 46,0 %
Großdubrau 3.534 56 Bautzen 5 46,2 % 45,7 %
Dorfchemnitz 1.267 18 Mittelsachsen 1 46,9 % 45,4 %
Beiersdorf 961 59 Görlitz 3 46,5 % 45,0 %
Schönbach 918 59 Görlitz 3 47,9 %  
Thiendorf 2.949 38 Meißen 2 46,7 %  
Neschwitz 1.955 55 Bautzen 4 46,6 %  
Großschirma 4.546 19 Mittelsachsen 2 46,5 %  
Großschweidnitz 1.085 59 Görlitz 3 46,0 %  
Puschwitz 660 55 Bautzen 4 45,5 %  
Bahretal 1.769 50 Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 3 45,3 %  
Rathmannsdorf 767 51 Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 4 45,0 %  

Die Medienberichterstattung über Martin Dulig (SPD)

ZEISING, Max (2019): Mutmacher, kein Magier.
Landtagswahl in Sachsen: Spitzenkandidat Martin Dulig möchte der SPD und den Sachsen zeigen, wie es aufwärts geht,
in:
Neues Deutschland v. 27.08.

Der Artikel schrammt harscharf an Kitsch vorbei. Sportmetaphern und Kirchenmetaphern stehen für neoliberalen Wettbewerb und die Religion als Sinnstiftungsinstanz. Die SPD wird zur wahren Christenpartei stilisiert. Martin DULIG steht jedoch exemplarisch für das kosmopolitische Fassadenbürgertum:

"Aus einem privaten Gespräch heraus hörte man ihn sagen, dass die SPD kaputt sei und es Jahre brauche, um sie wieder aufzubauen. Öffentlich gibt DULIG aber den Begeisternden".

Das erinnert an den SPD-Kanzlerkandidaten Martin SCHULZ, der mit Siegerpose alle Umfragentiefs wegzulächeln versuchte und eine wendige Politik präsentierte, die an Unglaubwürdigkeit nicht mehr zu übertreffen war.

LÖWISCH, Georg (2019): Genosse Schmerzensmann.
Landtagswahl in Sachsen: Nahaufnahme: Spitzenkandidat Martin Dulig kämpft in Sachsen für eine SPD, die schon so klein ist, wie sie bundesweit werden könnte. Mit ganzem Einsatz. Aber es tut ihm weh: "Im Bauch. Die Kopfschmerzen kommen dazu",
in: TAZ
v. 28.08.

Georg LÖWISCH zeichnet ein sehr wohlwollendes Porträt des SPD-Ministers Martin DULIG (Wahlkreis 40 Meißen 4), das nicht an biografischen Details spart.

"Als Tillich 2017 zurücktrat und Michael Kretschmer für die CDU übernahm, war Dulig auf einmal der Erfahrene. Sie verabredeten, den Sparkurs zu beenden und Geld auszugeben. Heute weiß kein Mensch mehr, wer die 1.000 Polizisten zuerst wollte und wer die 1,7 Milliarden für die Lehrer. Deshalb hat Dulig die Gemeinschaftsschule zur Bedingung für eine neue Koalition gemacht."

DULIG wird uns als "Grüner" präsentiert, der neben Gemeinschaftsschule auch für einen Verkehrsverbund wirbt. Wichtiger als der Ausbau des Schienennetzes ist ihm im Autoland Sachsen jedoch die Elektrifizierung bestehender Strecken, wenn man zwischen den Zeilen liest. LÖWISCH macht klar, dass DULIG und die SPD der Garant für das Mitregieren der Grünen im Anti-AfD-Bündnis ist, auch wenn es heißt:

"Die AfD hat die Schubkraft einer Bewegung von Retro und Ressentiment, die Grünen beflügelt eine Bewegung für Klimaschutz und Offenheit. Dazwischen verteidigt die CDU den Status quo. Die SPD hat keine Rolle. (...).
Auf seinen Wahlplakaten sind die drei Buchstaben der SPD nicht in Rot, sondern unauffällig in Weiß gedruckt. (...):
Der Kandidat unter 10 Prozent will über 10 Prozent. Oder wenigstens auf 10, das wäre eine Sensation."

Der Kampf der taz und der anderen kosmopolitischen Medien für DULIG hat sich ausgezahlt.

LOCKE, Stefan (2019): Zuversicht aus Trotz.
In Sachsen hat es die SPD seit jeher schwer. Die Polarisierung zwischen AfD, CDU und Grünen lässt ihre Umfragwerte abermals in den Keller rutschen. Doch Dulig kämpft,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 29.08.

Stefan LOCKE betreibt Promi-Marketing für den CDU-Juniorpartner SPD, wobei es eine Zugpferd-Hierachie gibt: Oben steht Manfred DULIG, der Wirtschaftsminister, Danach kommt die Integrationsministerin Petra KÖPPING und zuletzt Frank RICHTER.

"Während Linke und vor allem die Grünen in den Metropolen Sachsens zum Teil erstmals auf Direktmandate zusteuern, haben die Kandidaten der SPD praktisch in keinem der 60 Wahlkreise eine Chance",

erklärt uns Stefan LOCKE. Der SPD bleibt deshalb nur noch auf die Zweitstimme zu setzen. DULIG wird als "Realpolitiker" bezeichnet, was ein Synonym für Neoliberaler ist.

"Seine Sympathie für das Bündnis steht und fällt jetzt mit der Grundrente, von der allein in Sachsen 240.000 Menschen profitieren würden, die nach 1990 nie mehr eine feste Arbeit fanden",

wird DULIG zitiert. Mit "Bündnis" ist also die Berliner Groko gemeint, deren Unterstützer DULIG bislang ist.

Fazit: LOCKE recyclet in dem Artikel lediglich das Promi-Marketing der vergangenen FAZ-Artikel.

DUNKEL, Monika (2019): Die Mauer in den Taschen.
Sachsen war das ostdeutsche Vorzeigebundesland: mehr Wachstum, weniger Arbeitslose als die Nachbarn. Trotzdem dürfte die Wut der Bürger die AfD bei den Wahlen weit tragen. Wo kommt dieser Frust her?
in:
Capital Nr.9, September

Die Medienberichterstattung über Rico Gebhardt (Linke)

LOCKE, Stefan & Markus WEHNER (2019): Schwester Agnes und der Ostfaktor.
In Brandenburg weiß die Linke nicht, ob sie noch mal regieren will. In Sachsen wird sie nicht mehr stärkste Oppositionspartei,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 22.08.

LOCKE & WEHNER präsentieren uns die Sicht des sächsischen Spitzenkandidaten Rico GEBHARDT.

LASCH, Hendrik (2019): "Verantwortung heißt: Den Übergang organisieren".
Landtagswahlergebnisse in Sachsen: Ex-Spitzenkandidat Rico Gebhardt bleibt Chef der Linksfraktion im sächsischen Landtag. Wie seine Stellvertreter ist er zunächst nur im ersten Jahr der Legislatur im Amt,
in:
Neues Deutschland v. 18.09.

Aus der folgenden Tabelle sind die 14 Landtagsabgeordnete der Linkspartei ersichtlich, die noch im neuen Landtag vertreten sind:

Name Listenplatz Wahlkreis-
bewerber
Funktion im Landtag 2019
GEBHARDT, Rico 1 14 Erzgebirge 2 Fraktionsvorsitzender
SCHAPER, Susanne 2 11 Chemnitz 2 Stellv. Fraktionsvorsitzende
FEIKS, Antje 3 16 Erzgebirge 4  
BÖHME, Marco 4 30 Leipzig 4  
TÄNDLER-WALENTA, Marika 5 21 Mittelsachsen 4 Stellv. Fraktionsvorsitzende
BUDDEBERG, Sarah 6 41 Dresden 1 Parlamentarische Geschäftsführerin
GORSKIH, Anna 7 x  
SODANN, Franz 8 33 Leipzig 7  
NEUHAUS-WARTENBERG, Luise 9 35 Nordsachsen 2  
SCHULTZE, Mirko 10 58 Görlitz 2  
KÖDITZ, Kerstin 11 25 Leipzig Land 3  
BRÜNLER, Nico 12 10 Chemnitz 1  
MERTSCHING, Antonia 13 57 Görlitz 1  
NAGEL, Juliane 15 28 Leipzig 2  

Nur Juliane NAGEL zog als Direktkandidatin in den Landtag ein, während die anderen 13 Kandidaten lediglich über den Listenplatz in den Landtag kamen.

Die Medienberichterstattung über Katja Meier (Grüne)

LASCH, Hendrik (2019): Die an den Rädern dreht.
Landtagswahl in Sachsen: Die Ex-Punkerin Katja Meier führt die Grünen im sächsischen Wahlkampf - und danach womöglich in die Regierung,
in:
Neues Deutschland v. 06.08.

Katja MEIER wird uns als schwarz-grüne Hoffnungsträgerin präsentiert, die ihre Karriere im schwarz-grünen Hessen begann. Weil die Grünen mit ihrem kosmopolitischen Habitus im Osten jenseits der Großstädte chancenlos sind, wird MEIER zum Underdog stilisiert:

"Die Ex-Punkerin, die von Bundeschef Robert Habeck wegen ihrer Herkunft aus dem Zwickauer Stadtteil Eckersbach einmal als »Katja aus der Platte« vorgestellt wurde".

Der Stadtteil Eckersbach ist nur zum Teil eine Plattenbausiedlung. Die 1979 geborene Politikern hat gemäß Selbstauskunft 1998 das Abitur gemacht, was eher nicht zur "typischen" Plattenbaukarriere von "Abgehängten" gehört. Oder was sonst will uns die Titulierung verheißen? Bis zur Wende hatten zudem Plattenbausiedlungen noch nicht das schlechte Image, das ihnen nach der Wende angehängt wurde. Will sich hier also jemand ein Image verpassen, das mit der eigentlichen Herkunft nichts gemein hat? Zur Biografie sind die Netzinformationen (z.B. Wikipedia) eher mager, was ebenfalls auf pures Imagedesign hindeutet.

Fazit: Mussten früher die Politiker einen Doktortitel vorweisen (egal ob echt oder gefälscht), um ernst genommen zu werden, so gehört in Zeiten der AfD-Erfolge nun die (vermeintliche) Herkunft aus dem Nicht-Akademikermilieu zum Ausweis des Volksverstehers!

LOCKE, Stefan und Markus WEHNER (2019): Das grüne Jawort.
Brandenburg und Sachsen: Brandenburg und Sachsen: Plötzlich ist die Partei auch im Osten stark. Sie will sogar regieren. Kann das gelingen?

in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 16.08.

Ausgiebig wird auf "Katja aus dem Plattenbau"  und Wolfram GÜNTHER eingegangen.

LÖWISCH, Georg (2019): Katja Meier will, dass der Boom der Grünen Sachsen wirklich verändert.
Unter Leuten: 8,7 Millionen Menschen leben in Brandenburg, Thüringen und Sachsen. Hier ist eine von ihnen,
in:
TAZ v. 27.08.

"Herkunft: ein Plattenbau in Zwickau-Eckersbach, der Vater Ingenieur im VEB Sachsenring, in dem der Trabant hergestellt wurde, die Mutter arbeitete im VEB Plauener Gardine",

heißt es zu Katja aus der Platte. Nur waren damals Plattenbauten noch keine soziale Brennpunkte wie heutzutage. LÖWISCH träumt sich eine Kenia-Koalition, d.h. einer um die SPD erweiterten schwarz-grünen Koalition. Die Zweierkoalition CDU/AfD könnte für viele in der CDU wesentlich attraktiver sein! Die SPD dürfte als Minipartner in solcher einer Koalition noch unsichtbarer werden als sie es schon ist.

BARTSCH, Michael (2019): Tief in ihr steckt der Punk.
Landtagswahl in Sachsen: Katja Meier: Die Spitzenkandidatin der sächsischen Grünen rockt vielleicht bald zusammen mit der CDU,
in:
Freitag Nr.35 v. 29.08.

Michael BARTSCH sieht in Katja MEIER bereits eine grüne Ministerin. Er beschreibt einen Wahlkampfauftritt von MEIER (Wahlkreis 37 Meißen 1) zusammen mit Robert HABECK in einer Traditionsnudelfabrik in Riesa:

"Wahlkampf heißt (...) ein Besuch in der über hundertjährigen Traditionsnudelfabrik. Die hat im Gegensatz zum Stahlwerk überlebt, die Ostdeutschen kaufen weiterhin Riesaer Teigwaren. (...). Die Bio-Linie hat einen Anteil von 40 Prozent erreicht, also hat der Pasta-Besuch tatsächlich grüne Aspekte. (...).
Beifall ist ihr im Meißen-Riesaer Wahlkreis nicht so sicher. (...). Im Stadtrat Riesa wurde bei der Kommunalwahl in diesem Mai die CDU aber noch einmal stärkste Fraktion. Der mittelsächsische Raum tendiert nicht nur zu konservativ bis reaktionär, er fühlt sich überdies noch als ländlicher Raum, also abgehängt. Kein Pflaster für die grüne Großstadtpartei?
Katja Maier dementiert (...). Wenn Ministerpräsident Kretschmer die »im Wesentlichen intakte Infrastruktur« auf dem flachen Land lobe, mag das vielleicht für die Straßen gelten. »Nicht aber für die Fahrpläne«, spricht die echtgrüne Anhängerin des ÖPNV, die selber auf ein Auto verzichtet."

Wolfram GÜNTHER gilt BARTSCH nicht wirklich als Spitzenkandidat.

Die Medienberichterstattung über Holger Zastrow (FDP)

LOCKE, Stefan & Markus WEHNER (2019): Wenn es nur bergauf gehen kann.
Bei den vergangenen Wahlen flog die FDP aus den Landtagen in Brandenburg und Sachsen. Nun will sie dort wieder einziehen - ob das wohl klappt?
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 20.08.

"Umfragen sehen sie bei fünf Prozent, sollte jedoch die Wahlbeteiligung tatsächlich stark steigen - 2014 gab nicht einmal die Hälfte der Wahlberechtigten ihre Stimme ab -, könnte es für die Liberalen am Ende abermals nicht reichen",

meinen LOCKE & WEHNER, die Sachsens FDP-Chef Holger ZASTROW porträtieren, der das

"landesweit erste Direktmandat für die FDP holen (will). Seinen Wahlkreis Bautzen drei, der an Dresden und die Lage seines Ausflugslokals grenzt, gewann früher stets die CDU mit Stanislaw Tillich, doch der tritt nicht mehr an, und die einstige Vormachtstellung der Union ist gebrochen, sein härtester Konkurrent ist ein Kandidat der AfD. Bei der Stadtratswahl im Mai in Dresden erhielt Zastrow mit gut 11.300 Stimmen überraschend das mit Abstand beste Ergebnis aller Stadträte. Für einen FDP-Kandidaten in einer Großstadt sei das selten, sagt er."

Im Wahlkreis 54 Bautzen 3 sieht wahlkreisprognose.de nicht die AfD, sondern die CDU vorne (Stand: 23.08.2019). Dort will Mathias KOCKERT das CDU-Erbe weiter verwalten.

ZASTROW träumt von einer Minderheitsregierung mit der CDU.

Der Landkreis Meißen und seine vier Wahlkreise in der Medienberichterstattung

Im Landkreis Meißen konnte die Alternative für Deutschland (AfD) drei der vier Wahlkreise gewinnen. Damit war die AfD in diesem sächsischen Landkreis besonders erfolgreich. Aus der folgenden Tabelle ist die politische Lage in den vier Wahlkreisen nach der Landtagswahl 2019 ersichtlich:

Parteiplatzierungen

WK 37 Meißen 1

WK 38 Meißen 2

WK 39 Meißen 3

WK 40 Meißen 4

  Erststimme Zweitstimme Erststimme Zweitstimme Erststimme Zweitstimme Erststimme Zweitstimme
Wahlkreissieger AfD (36,2%) 34,3 % (+ 1,9 %) AfD (40,1 %) 38,0 % (+ 2,1 %) AfD (34,2 %) 33,5 % (+ 0,7 %) CDU (29,4 %) 31,8 % (- 2,4 %)
Zweitplatzierter CDU (29,3 %) 30,5 % (- 1,2 %) CDU (32,2 %) 30,9 % (+ 1,3 %) CDU (31,2 %) 31,0 % (+ 0,2 %) AfD (27,5 %) 27,1 % (+ 0,4 %)
Drittplatzierter Linke (12,8 %) 9,2 % (+ 3,6 %) Linke (8,5 %) 7,6 % (+ 0,9 %) SPD (10,1 %) 7,0 % (+ 3,1 %) SPD (17,4 %) 8,6 % (+ 8,8  %)
Viertplatzierter SPD (5,0 %) 6,4 % (- 1,4 %) SPD (6,3 %) 6,1 % (+ 0,2 %) Linke (8,3 %) 7,8 % (+ 0,5 %) Grüne (9,2 %) 10,1 % (- 0,9 %)

In den Wahlkreisen traten zudem der Spitzenkandidat der SPD, Martin DULIG und die grüne Spitzenkandidatin Katja MEIER an. Außerdem waren dort Vertreter der Werte-Union und ihre Ikone Hans-Georg MAAßen besonders aktiv.

Aus der folgenden Tabelle sind die Städte und Gemeinde ersichtlich, die zu den vier Wahlkreisen gehören, ersichtlich:

WK 37 Meißen 1

WK 38 Meißen 2

WK 39 Meißen 3

WK 40 Meißen 4

Gemeinde/
Stadt
stärkste
Partei
Zweit-
stimmen-
anteil
(Vorsprung)
Gemeinde/
Stadt
stärkste
Partei
Zweit-
stimmen-
anteil
(Vorsprung)
Gemeinde/
Stadt
stärkste
Partei
Zweit-
stimmen-
anteil
(Vorsprung)
Gemeinde/
Stadt
stärkste
Partei
Zweit-
stimmen-
anteil
(Vorsprung)
Diera-Zehren AfD 40,5 %
(+ 12,2 %)
Ebersbach AfD 40,8 %
(+ 8,6 %)
Klipphausen AfD 33,6 %
(+ 2,4 %)
Coswig
(Stadt)
AfD 32,6 %
(+ 2,6 %)
Hirschstein AfD 38,8 %
(+ 10,1 %)
Glaubitz AfD 39,4 %
(+ 10,4 %)
Meißen
(Stadt)
AfD 32,7 %
(+ 3,3 %)
Moritzburg AfD 30,3 %
(+ 0,2 %)
Käbschütztal AfD 35,5 %
(+ 5,6 %)
Gröditz
(Stadt)
AfD 37,7 %
(+ 6,7 %)
Niederau AfD 39,8 %
(12,3 %)
Radebeul
(Stadt)
CDU 33,2 %
(+ 10,1 %)
Lommatzsch
(Stadt)
CDU 34,9 %
(+ 5,2 %)
Großenhain
(Stadt)
AfD 37,4 %
(+ 8,0 %)
Nossen
(Stadt)
CDU 33,7 %
(0 %/
3 Stimmen)
     
Riesa
(Stadt)
AfD 33,7 %
(+ 3,5 %)
Lampertswalde AfD 48,4 %
(+ 15,6 %)
Weinböhla CDU 33,1 %
(+ 0,5)
     
Stauchitz AfD 37,5 %
(+ 6,1 %)
Nünchritz AfD 33,3 %
(+ 2,1 %)
           
Strehla
(Stadt)
CDU 34,3 %
(+ 6,8 %)
Priestewitz AfD 36,0 %
(+ 1,2 %)
           
Zeithain AfD 39,5 %
(+ 12,3 %)
Radeburg
(Stadt)
AfD 33,7 %
(+ 1,2 %)
           
      Röderaue AfD 40,3 %
(+ 8,5 %)
           
      Schönfeld AfD 41,3 %
(+ 9,2 %)
           
      Thiendorf AfD 44,7 %
(+ 16,7 %)
           
      Wülknitz AfD 37,8 %
(+ 3,6 %)
           

Aus der folgenden Tabelle sind die Direktkandidaten der Meißener Wahlkreise, deren Parteien in den Landtag eingezogen sind, gemäß ihres Wahlerfolges ersichtlich:

WK 37 Meißen 1

WK 38 Meißen 2

WK 39 Meißen 3

WK 40 Meißen 4

Partei Direktkandidat Partei Direktkandidat Partei Direktkandidat Partei Direktkandidat
AfD HÜTTER, Carsten AfD BEGER, Mario AfD KIRSTE, Thomas CDU RÖßLER, Matthias
CDU MACKENROTH, Geert CDU FISCHER, Sebastian CDU KUGE, Daniela AfD HEIN, René
Linke KNEBEL, Uta Linke RICHTER, Erik Christopher SPD RICHTER, Frank SPD DULIG, Martin
SPD DRECHLER, Amrei SPD SCHITTKO, Katja Linke HELLMANN, Tilo Grüne PLESSING, Tobias
Grüne MEIER, Katja Grüne BERNDT, Thomas Grüne WENGENMAYR, Martin Linke BOROWITZKI, Daniel Falco

LASCH, Hendrik (2019): Schlechte Zeiten für die Regionalbahn 110.
Das sächsische Nossen ist seit 2015 vom Zugverkehr abgehängt, schöpft vor der Landtagswahl 2019 aber Hoffnung,
in:
Neues Deutschland v. 02.01.

"Der Bahnhof Nossen liegt zwar nach wie vor an Gleisen, aber nicht mehr an einer Bahnstrecke. Am 12. Dezember 2015 fuhr zum letzten Mal die Regionalbahn 110 in Richtung Meißen und Döbeln; dann wurde der Betrieb eingestellt. Zu unrentabel, hieß es bei den zwei zuständigen sächsischen Verkehrsverbünden",

berichtet Hendrik LASCH, der mit Peter WUNDERWALD, Abgeordneter der Grünen im Kreistag Meißen, einen Verfechter des Schienenverkehrs vorstellt, der die straßenfixierte Verkehrspolitik kritisiert:

"Spätestens seit der Bahnreform 1994 werde das »System Rad/Schiene systematisch an die Wand gefahren«. Es sei »Opfer einer Verkehrspolitik, die einseitig auf die Straße setzt«"

LASCH schildert eindrucksvoll wie die neoliberale Verkehrspolitik in Sachsen zur Stilllegung von angeblich unrentablen Bahnstrecken führte.

"Während im benachbarten Tschechien auch abgelegte Strecken regelmäßig und mit modernen Fahrzeugen bedient werden, wurde das Schienennetz im Freistaat radikal ausgedünnt: Allein zwischen 1994 und 2012 wurde auf 39 Abschnitten mit einer Gesamtlänge von 700 Kilometern der Personenverkehr eingestellt. Darunter sind Trassen wie, die zwischen Annaberg-Buchholz und Schwarzenberg, Eilenburg und Bad Düben, Hainichen und Rosswein oder auch die gut 33 Kilometer von Nossen nach Riesa. Viele wurden durch Busse ersetzt."

Proteste wurden bislang von der sächsischen Regierung ignoriert. Es musste erst die Bundestagswahl 2017 kommen, bei der die AfD in Sachsen stärkste Partei wurde, um ein "erstes Umdenken" zu erreichen. Das ist mehr als traurig, denn es zeigt die eklatante Schwäche der ostdeutschen "Linken". Das Versagen der "Linken" und der Aufstieg der Rechten als einzige Partei, die noch auf die neoliberalen Regierungen ernstzunehmenden Druck ausüben kann, ist ein Armutszeugnis für die Rest-Linke.

"Im Fall der Bahntrasse durch Nossen kam die Kehrtwende bei einem Bürgergespräch, das Sachsens Kabinett im Mai nach Freiberg führte und bei dem es Ex-Landrat Graetz gelang, CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer persönlich für das Anliegen zu erwärmen. (...).
Am 13. Dezember 2018, auf den Tag genau drei Jahre nach dem Ende der RB 110, fiel im Landtag in Dresden eine Entscheidung, die (...) Hoffnung machen könnte. Das Parlament beschloss den Haushalt für 2019/20. Er enthält (...) »Zuschüsse für strukturbestimmende Einzelmaßnahmen«, in dem für eine mögliche Wiederinbetriebnahme der Trasse für 2019 zwei Millionen und für 2020 bis 2023 jeweils drei Millionen Euro eingestellt sind."

Ob es tatsächlich zu einer Wiederinbetriebnahme kommt, ist aufgrund der hohen Kosten und den politischen Gegebenheiten fraglich. Am Ende könnte es lediglich Wahlkampfgetöse gewesen sein, denn die entscheidenden Akteure sehen die Sache offensichtlich anders.

SCHRÖRS, Tobias (2019): Noch ist Wahlkreis 37 nicht verloren.
Landtagswahl in Sachsen: In Sachsen wehrt sich die CDU gegen die aufstrebende AfD. Ministerpräsident Kretschmer will bis zur Wahl allen Bezirken einen Besuch abstatten - ob das reicht?
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 31.07.

Tobias SCHRÖRS präsentiert uns einen Zweikampf um das Direktmandat im Wahlkreis 37 Meißen 1. Als Identifikationsfiguren für die Leser werden uns ein Fuhrunternehmer präsentiert, der sich auf einer Wahlveranstaltung umstimmen ließ und statt der AfD nun die CDU zu wählen vorgibt. Wenig überzeugend ist jedoch die Begründung des Umschwungs:

"Bei dem Fuhrunternehmer (...) zieht am Ende das Argument mit der Erfahrung."

Die AfD zieht dagegen ihre Attraktivität gerade aus ihrer Nichteinbindung in das Politikestablishment. Warum sollte ich einen 69-jährigen CDU-Politiker wählen, dessen Engagement in der Vergangenheit offensichtlich ungenügend war? Wahlkreisprognose.de sieht im Wahlkreis 37 den AfD-Kandidaten mit leichten Vorteilen (Stand: 02.08.2019) und election.de sieht die AfD sogar mit "74 Prozent Wahrscheinlichkeit" vorne (Stand: 18.07.2019).

Abschreckend ist zudem die Verunglimpfung des Internet durch den greisen CDU-Politiker:

"Im Internet habe sich eine Art Gegenöffentlichkeit herausgebildet. »Dort wird ein Zustand unseres Landes beschrieben, der nichts mit der Realität zu tun hat«, sagt er."

Dass das Internet eine Gegenöffentlichkeit darstellt, mag einem etablierten Politiker nicht passen, der sich in der Mainstreampresse wohlig eingerichtet hat. Inwiefern jedoch die Zustandsbeschreibungen im Internet unangemessen sind, wäre eine empirische Frage. Schließlich informieren sich Menschen im Internet eher vielseitig und nicht nur einseitig in den "sozialen Medien", dem angesagten Feindbild unserer greisen Elite. Und vielleicht sind die einseitigen Leser der Mainstreammedien ja jene, die den Bezug zur Realität verloren haben?

MALZAHN, Claus Christian (2019): Ein Appell von Maaßen verpufft trotz aller Zustimmung.
Landtagswahl in Sachsen: Der Ex-Verfassungsschutzcef wirbt auf einer Veranstaltung der Werte-Union in Sachsen für die CDU. Er findet den Saal voller Sorgen - und voller AfD-Wähler,
in:
Welt v. 03.08.

BARTSCH, Michael (2019): Stimmung wie bei der AfD.
Landtagswahl in Sachsen: Auf Einladung der CDU-Splitterbewegung "Werte-Union" macht Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen Wahlkampf in Sachsen. Dort wird der von den Rechten gefeiert,
in:
TAZ v. 03.08.

"Unter den 200 Gästen fand sich kaum ein Jugendlicher, in der Mehrzahl waren es alte Männer. In der AfD ist das weibliche Geschlecht nahezu unbekannt, doch auch hier saßen nur wenige Vertreterinnen im Saal. Anwesend waren die AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier und Detlev Spangenberg. Etwa jeder zweite der 17 Fragesteller outete sich als bekennender AfD-Anhänger",

berichtet Michael BARTSCH. Offenbar haben die Grünen vergessen ihre Anhänger in die Versammlung einzuschmuggeln. Lediglich eine Kosmopolitin konnte BARTSCH zitieren. Der Bericht zeigt wie links-mittige Identitätspolitik funktioniert, die der eigenen Wähler- bzw. Leserschaft Selbstbestätigung verschafft. Der CDU-Direktkandidat Matthias RÖßLER kommt nur am Rande vor und wird als "ehemals »Patriotismusbeauftragter« der Sächsischen Union" tituliert.

LOCKE, Stefan (2019): Apokalyptischer Reiter.
Landtagswahl in Sachsen: Der frühere Chef des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, macht Wahlkampf für die CDU in Sachsen. Sein erster Auftritt in Radebeul ist vor allem ein Fest für die AfD,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 03.08.

Bei Claus Christian MALZAHN in der heutigen Welt wird RÖßLER folgendermaßen beschrieben:

"Matthias Rößler gehört zum konservativen Flügel der ohnehin konservativen sächsischen Union".

Ist also die Werte-Union noch konservativer als der konservative Flügel der CDU? Während die FAZ auf Differenz bedacht ist, erzeugt die Welt Nähe:

"Rößler gehört offenbar zu denen, die in einem Tolerierungsmodell lieber punktuell mit der AfD zusammenarbeiten würden, als mit den Grünen einen Koalitionsvertrag auszuhandeln",

erklärt uns MALZAHN. RÖßLER tritt im Wahlkreis 40 Meißen 4 an. Election.de sieht dort die AfD mit 72 % Wahrscheinlichkeit vorne (Stand: 18.07.2019). Der AfD-Kandidat ist ebenfalls nicht durch die Landesliste abgesichert. Wahlkreisprognose.de sieht dagegen RÖßLER mit leichten Vorteilen vorne (Stand: 02.08.2019).

LASCH, Hendrik (2019): Die an den Rädern dreht.
Landtagswahl in Sachsen: Die Ex-Punkerin Katja Meier führt die Grünen im sächsischen Wahlkampf - und danach womöglich in die Regierung,
in:
Neues Deutschland v. 06.08.

LASCH, Hendrik (2019): Die Zeit zum Theoretisieren ist vorbei.
Landtagswahl in Sachsen: Frank Richter, einst Chef der Landeszentrale für politische Bildung, zieht für Sachsens SPD in den Wahlkampf,
in:
Neues Deutschland v. 16.08.

Hendrik LASCH stellt das langjährige CDU-Mitglied Frank RICHTER vor, der zuerst als parteiloser Oberbürgermeisterkandidat für Rot-Rot-Grün in Meißen ist und nun für die desolate SPD als "Hoffnungsträger" um den Wahlkreis 39 - Meißen 3 kämpft. Sowohl bei election.de als auch bei wahlkreisprognose.de liegt im Wahlkreis jedoch die AfD vorne. election.de sieht nicht einmal die SPD auf dem zweiten Platz, sondern die CDU. RICHTER war als Chef der Landeszentrale für politische Bildung und Sachsen Teil des Problems. Erst nach Abgabe seines Amtes wurde er für die "Opposition" zur Heilsfigur.

Fazit: Weil die mitregierende SPD erschöpft ist, sollen Promis wie Petra KÖPPING (Landesliste: Platz 2), Martin DULIG (Landesliste: Platz 1) und Frank RICHTER (Landesliste: Platz 7) den Super-Gau in Sachsen verhindern. Die Umfragen sehen die SPD spätestens seit Mai diesen Jahres im einstelligen Bereich. Personalisierung erscheint da eher trügerischer Aktionismus, zumal die Bundespartei mit ihrer Kandidatenwahl für den Parteivorsitz die desaströse Lage für alle anschaulich macht. Weder election.de noch wahlkreisprognose.de sehen in Sachsen für die SPD-Kandidaten einen gewinnbaren Wahlkreis. Wer es nicht auf die Landesliste und dort auf die vorderen Ränge gebracht hat, der dürfte im nächsten Landtag das Nachsehen haben.

LOCKE, Stefan (2019): Der Sachsenflüsterer.
Landtagswahl in Sachsen: Frank Richter war Bürgerrechtler und Pfarrer, und dreißig Jahre gehörte er zur CDU. Bei der Landtagswahl im Herbst tritt er nun für die SPD an,
in:
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 25.08.

Stefan LOCKE porträtiert Frank RICHTER, dessen SPD-Kandidatur im Wahlkreis 39 Meißen 3 derzeit durch die Mainstreammedien gehechelt wird, weil die sächsische SPD sonst nicht viel zu bieten hat.

"In Umfragen nähert die SPD sich (...) der Fünf-Prozent-Hürde. Erklären lässt sich das kaum, die Partei macht als kleiner Koalitionspartner der bisher großen CDU eine solide und skandalfreie Arbeit",

meint Stefan LOCKE. "solide" und "skandalfrei" nennt man eine Parteiarbeit, die im Grunde visionslos ist und sich wie im Bund die Butter vom Brot wegnehmen lässt. Der CDU kommt das wie im Bund zugute, dass sich die SPD in Unsichtbarkeit übt. In Sachsen kann die SPD nach aktuellem Stand kein einziges Direktmandat gewinnen. Die Hoffnungsträger von Martin DULIG bis Petra KÖPPING sind auf die Landeslistenplatzierung angewiesen.

DUNKEL, Monika (2019): Die Mauer in den Taschen.
Sachsen war das ostdeutsche Vorzeigebundesland: mehr Wachstum, weniger Arbeitslose als die Nachbarn. Trotzdem dürfte die Wut der Bürger die AfD bei den Wahlen weit tragen. Wo kommt dieser Frust her?
in:
Capital Nr.9, September

Monika DUNKEL stellt Meißen in den Mittelpunkt ihrer Reportage über Sachsen:

"Rauhentalstraße (...) nicht weit von der Altstadt von Meißen, kleine Fachwerk- und Bürgerhäuser, teils denkmalgeschützt. Wer die Straße hinunterschaut, sieht auf die Porzellan-Manufaktur Meissen, Aushängeschild der Stadt, Touristenmagnet. (...).
Meißen (ist) im Kleinen, was Sachsen im Großen ist: eigentlich was zum Vorzeigen. Die Albrechtsburg, wo der Freistaat 1990 wieder gegründet wurde, thront über allem. Der Marktplatz ist schön hergerichtet, die Geschäfte belebt, gut 28.000 Menschen leben hier im Speckgürtel von Dresden. Meißen hat Kliniken, Schulen, ein Elitegymnasium; die Arbeitslosenquote liegt mit 5,1 Prozent auf Rekordtief, die Verschuldung der Stadt sinkt seit Jahren."

Meißen wird aus der Sicht des kosmopolitischen Milieus geschildert, weshalb der Bauunternehmer Ingolf BRUMM den Maßstab für die Bewertungen bildet:

"Als er das Haus nach dem Brand saniert und im Oktober 2015 tatsächlich Familien aus Syrien und Afghanistan einziehen, beginnt Meißen, sich in zwei Lager zu spalten: die, die Brumm hassen, und jene, die zu ihm halten. (...). Die Initiative »Buntes Meißen« (...) organisiert Lichterketten. (...).
Ein Ex-Mitarbeiter tritt 2019 bei den Stadtratswahlen für die AfD an. Der Konflikt reicht bis in die eigene Familie".

Als Experten für die Gründe der Wut, kommen Felix RÖSEL und Joachim RAGNITZ vom Dresdner Ifo-Instituts, eine Filiale der neoliberalen Denkfabrik in München. Daneben kommt Martin DULIG, sächsischer SPD-Minister, und ein Gewerkschafter zu Wort. Es geht um das Billiglohnbundesland Sachsen:

"Doch eine Niedriglohnpolitik sei in Deutschland kein besonders nachhaltiges Geschäftsmodell. Denn Niedriglöhne schützen einen Standort nicht. In Meißen etwa hat gerade Keramik Meissen seine Produktion geschlossen, um sie im noch billigeren Nachbarland Polen wieder aufzubauen",

wird RAGNITZ zitiert. Der Gutmensch BRUMM schiebt die Unzufriedenheit auf falsche Vergleiche und die Schuld für seine Billiglöhne auf den Staat:

"Maßstab sei nicht mehr die eigene Vergangenheit, sondern der Westen.
Dass er nicht mehr zahlt, liege vor allem an seinem wichtigsten Auftraggeber: dem Freistaat Sachsen. Der vergebe Ausschreibungen »grundsätzlich« an den billigsten Anbieter. Brumm baut mit am Schloss, am Zwinger, der Semperoper - kaum ein Großdenkmal ohne seine Leute."

BRUMM wird als Aufsteiger porträtiert, der macht, statt zu meckern. Zum Schluss kommt der Präsident der Handwerkskammer, Jörg DITTRICH, zu Wort, der die selbständigen Handwerksmeister vertritt, die

"zwischen 1990 und 2010 für wenig Geld arbeiten gegangen, statt sich in die soziale Hängematte zu legen. Doch deren Renten werden nun zu niedrig sein, um davon sorgenfrei zu leben."

Monika DUNKEL stellt Meißen in den Mittelpunkt ihrer Reportage über Sachsen:

"Rauhentalstraße (...) nicht weit von der Altstadt von Meißen, kleine Fachwerk- und Bürgerhäuser, teils denkmalgeschützt. Wer die Straße hinunterschaut, sieht auf die Porzellan-Manufaktur Meissen, Aushängeschild der Stadt, Touristenmagnet. (...).
Meißen (ist) im Kleinen, was Sachsen im Großen ist: eigentlich was zum Vorzeigen. Die Albrechtsburg, wo der Freistaat 1990 wieder gegründet wurde, thront über allem. Der Marktplatz ist schön hergerichtet, die Geschäfte belebt, gut 28.000 Menschen leben hier im Speckgürtel von Dresden. Meißen hat Kliniken, Schulen, ein Elitegymnasium; die Arbeitslosenquote liegt mit 5,1 Prozent auf Rekordtief, die Verschuldung der Stadt sinkt seit Jahren."

Meißen wird aus der Sicht des kosmopolitischen Milieus geschildert, weshalb der Bauunternehmer Ingolf BRUMM den Maßstab für die Bewertungen bildet:

"Als er das Haus nach dem Brand saniert und im Oktober 2015 tatsächlich Familien aus Syrien und Afghanistan einziehen, beginnt Meißen, sich in zwei Lager zu spalten: die, die Brumm hassen, und jene, die zu ihm halten. (...). Die Initiative »Buntes Meißen« (...) organisiert Lichterketten. (...).
Ein Ex-Mitarbeiter tritt 2019 bei den Stadtratswahlen für die AfD an. Der Konflikt reicht bis in die eigene Familie".

Als Experten für die Gründe der Wut, kommen Felix RÖSEL und Joachim RAGNITZ vom Dresdner Ifo-Instituts, eine Filiale der neoliberalen Denkfabrik in München. Daneben kommt Martin DULIG, sächsischer SPD-Minister, und ein Gewerkschafter zu Wort. Es geht um das Billiglohnbundesland Sachsen:

"Doch eine Niedriglohnpolitik sei in Deutschland kein besonders nachhaltiges Geschäftsmodell. Denn Niedriglöhne schützen einen Standort nicht. In Meißen etwa hat gerade Keramik Meissen seine Produktion geschlossen, um sie im noch billigeren Nachbarland Polen wieder aufzubauen",

wird RAGNITZ zitiert. Der Gutmensch BRUMM schiebt die Unzufriedenheit auf falsche Vergleiche und die Schuld für seine Billiglöhne auf den Staat:

"Maßstab sei nicht mehr die eigene Vergangenheit, sondern der Westen.
Dass er nicht mehr zahlt, liege vor allem an seinem wichtigsten Auftraggeber: dem Freistaat Sachsen. Der vergebe Ausschreibungen »grundsätzlich« an den billigsten Anbieter. Brumm baut mit am Schloss, am Zwinger, der Semperoper - kaum ein Großdenkmal ohne seine Leute."

BRUMM wird als Aufsteiger porträtiert, der macht, statt zu meckern. Zum Schluss kommt der Präsident der Handwerkskammer, Jörg DITTRICH, zu Wort, der die selbständigen Handwerksmeister vertritt, die

"zwischen 1990 und 2010 für wenig Geld arbeiten gegangen, statt sich in die soziale Hängematte zu legen. Doch deren Renten werden nun zu niedrig sein, um davon sorgenfrei zu leben."

POLLMER, Cornelius (2019): Wachstumsschmerzen.
Landtagswahlergebnisse in Sachsen: In der sächsischen Stadt Meißen sind alte Gewissheiten schon länger verloren gegangen, links wie rechts. Und: Die Menschen haben sich politisiert. Das jedenfalls ist eine gute Nachricht,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 02.09.

In Meißen wurden 3 der vier Wahlkreise von der AfD gewonnen. Darunter auch der Wahlkreis 39 Meißen 3, dessen AfD-Kandidat nicht auf der Landesliste vertreten war. Die AfD lag dort mit 34,2 % vor der CDU (31,2 %). Frank RICHTER sorgte dort für die SPD mit 10,1 % für den dritten Platz.

"In Meißen (ist) (...) eine neue Ordnung im Stadtrat abzulesen (...): fünf Sitze für die AfD, fünf Sitze aber auch für die überparteilichen »Bürger für Meißen«. (...). Es gibt neue Bündnisse, ab er auch neue Verwerfungen. Und über allem steht die Frage, ob diese Verwerfungen (...) vorübergehende Wachstumsschmerzen der Demokratie (sind)",

erklärt uns Cornelius POLLMER, der den Ernst der Lage offenbar nicht begriffen hat. Seit ihrer Gründung haben die Neoliberalen die AfD als vorübergehendes Phänomen gesehen, das man einfach weglächeln kann. Frank RICHTER sollte in Meißen 3 einen AfD-Erfolg unbedingt verhindern. Für das Anti-AfD-Bündnis hat es aber nicht gereicht. Meißen 3 gehört zu einem der 8 Wahlkreise, die für die AfD aufgrund der Listenplatzbeschränkung besonders wichtig waren.

Meißen steht damit als Synonym für das Scheitern der Anti-AfD-Bündnisse. Dabei ging POLLMER vom Gegenteil aus, denn er stellte die CDU-Direktkandidatin Daniela KUGE und ihren Dialog-Wahlkampf in den Mittelpunkt:

"Den Verlust von Gewissheiten bespricht man am besten mit Daniela Kuge, 44, seit 2014 direkt gewähltes Mitglied des Sächsischen Landtags für die CDU. (...). Eines der Formate von Kuge heißt »Daniela im Dialog«, sie hat dazu eingeladen am Dienstag vor der Wahl in eine Beachbar an der Elbe.
(...). Ihr gegenüber sitzt Meißens parteiloser Oberbürgermeister Olaf Raschke, der von der CDU getragen wird (...).
Ende der Achtziger gab es im ZDF einen Beitrag über die Stadt, der in eine dringliche Reiseempfehlung mündete: Besuchen Sie Meißen, solange es noch geht. Die Stadt war zu 90 Prozent verfallen. Heute, sagt Rachke, sehe man fast nur frisch sanierte Dächer, wenn man von der Burg auf die Stadt schaue. Fernwärme überall, Deutschlands beliebtester Radweg, die vierte Grundschule sei am Netz, der Tourismus in diesem Jahr wieder um zehn Prozent gewachsen. Politiker berichten im Wahlkampf sonst oft, was sie anders und besser machen wollen. An diesem Abend fällt auf, dass Kuge vor allem sagt, was sie in den vergangenen fünf Jahren bereits getan habe.
Die Leute, sagt Kuge später, würden geleistete Arbeit nicht mehr automatisch würdigen",

erklärt uns POLLMER. KUGE klagt darüber, dass die Wähler der Politik Dinge zuschreiben, die gar nicht in deren Verantwortung lägen. Politische Bildung soll deshalb in Zukunft die Zuschreibungen realistischer machen. Dies aber dürfte kaum gelingen, denn natürlich ist Verantwortungsübernahme nicht Sache der gewählten Mandatsträger - und schon gar nicht bei der CDU, die lieber Probleme aussitzen.

Neben der Klage über die Fehlattributierung, darf die Klage über das Internet nicht fehlen, das zum Kontrollverlust geführt hat. Plötzlich sind die Menschen nicht mehr ausschließlich auf die Informationen aus den traditionellen Medien angewiesen, sondern können sich anderweitig - besser - informieren. Politiker dagegen zeichnen das einseitige Bild von Fake News, die es aber auch in den Qualitätsmedien gibt!

Neben der CDU-Direktkandidatin werden uns zwei exemplarische Sozialfiguren präsentiert, die zur Filterblase des Kosmopolitismus gehören: da ist zum einen Heiko, der von der CDU enttäuscht ist, aber nicht AfD-Mitglied sein will. Er ist kein Abgehängter, sondern "besitzt Immobilien in Meißen, wirtschaftlich geht es ihm gut, mindestens" und wählt trotzdem die AfD. Für Neoliberale ist das völlig unverständlich.

Die zweite Sozialfigur ist der Engagierte, der sich gegen die AfD engagiert. Zu dieser Sozialfigur gehören der Betreiber der letzten Gaststätte im Viertel. Nicht meckern, sondern tun, lautet das Motto der oberen Mittelschicht, die die Weltsicht des Kosmopolitismus prägt, wobei die Ressourcenausstattung ausgeblendet wird.

"Die Kneipe von Heinz ist assoziiert mit dem Verein Hafenstraße im selben Gebäude. (...).
Zweck der Hafenstraße, so steht es in der Satzung, ist die Förderung einer vielfältigen Kultur in der Stadt Meißen, besonders in Verbindung mit sozialen Aspekten. »Wir sind Bürgerzentrum für alle (...)« sagt Kerstin Urban. Ihr Mann Ralf, Bruder des sächsischen AfD-Spitzenkandidaten Jörg Urban, sagte schon bei Daniela Kuge (...), dieses Bürgerzentrum kämpfe gerade um seine Zukunft. Es geht dabei ums Ehrenamt und um Fördermittel, um viel Bürokratie und das sächsische Kulturraumgesetz",

erzählt uns POLLMER. Bei ihm darf natürlich auch nicht Ute CZESCHKA fehlen:

"Czeschka fand sich parteiübergreifend mit anderen zusammen, aus einer losen Gruppierung wurde eine Bürgerinitiative, die den früheren Bürgerrechtler Frank Richter fast bis ins Amt des Oberbürgermeisters trug und heute mehr als 100 Mitglieder zählt. Czeschla leitete Richters Wahlkampf, sie sagt, sie sei nach wie vor unparteiisch, ihr gehe es um die Stadt, und deswegen sitzt sie jetzt als Abgeordnete in deren Rat."

Fazit: Der AfD-Kandidat Thomas KIRSTE, dürfte ab morgen zu denjenigen gehören, die für den hohen AfD-Sieg in Sachsen stehen. Frank RICHTER, der den AfD-Sieg nicht verhindern konnte, wird über die Landesliste der SPD einziehen, denn er steht auf Platz 7 von 10 gewählten SPD-Vertretern.

Die Single-Lüge - Das Buch zur Debatte

"Dies ist die erste grundlegende Auseinandersetzung mit dem nationalkonservativen Argumentationsmuster, das zunehmend die Debatte um den demografischen Wandel bestimmt. Hauptvertreter dieser Strömung sind Herwig Birg, Meinhard Miegel, Jürgen Borchert und Hans-Werner Sinn. Die Spannbreite der Sympathisanten reicht von Frank Schirrmacher bis zu Susanne Gaschke. Als wichtigster Wegbereiter dieses neuen Familienfundamentalismus muss der Soziologe Ulrich Beck angesehen werden.
          
 Es wird aufgezeigt, dass sich die nationalkonservative Kritik keineswegs nur gegen Singles im engeren Sinne richtet, sondern auch gegen Eltern, die nicht dem klassischen Familienverständnis entsprechen.
          
 Die Rede von der "Single-Gesellschaft" rechtfertigt gegenwärtig eine Demografiepolitik, die zukünftig weite Teile der Bevölkerung wesentlich schlechter stellen wird. In zahlreichen Beiträgen, die zumeist erstmals im Internet veröffentlicht wurden, entlarvt der Soziologe Bernd Kittlaus gängige Vorstellungen über Singles als dreiste Lügen. Das Buch leistet damit wichtige Argumentationshilfen im neuen Verteilungskampf Alt gegen Jung, Kinderreiche gegen Kinderarme und Modernisierungsgewinner gegen Modernisierungsverlierer."

 
     
 
       
   

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webmaster@single-generation.de Erstellt: 17. September 2019
Update: 20. September 2019