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Kommentierte Bibliografie (Teil 5: 2019 )
2019
JUNG, Hagen
(2019): Prora nun restlos ausverkauft.
Mecklenburg-Vorpommern: Im
ehemaligen NS-Koloss entstehen weitere 200 Wohnungen - Alte
Geschichten um U-Bahn und U-Boot,
in:
Neues Deutschland
v. 16.01.
Hagen JUNG hat Jubelprosa zu Prora verfasst, nachdem im August noch
"Dunkle Wolken über Prora" gesichtet wurden.
Ein Jahr
zuvor fragte die SZ u.a. angesichts des Großprojekts Prora
wieviel Neubau die Insel Rügen verträgt. Prora ist ein monströses
Wohnprojekt, das an die schlimmsten Bausünden des Massentourismus
vergangener Zeiten erinnert. Beeindruckende Blicke auf die Ostsee, wie
sie JUNG verheißt, dürften nur wenige genießen können, wenn es keinen
Kahlschlag bei den Bäumen zwischen Wohnkomplex und Strand gibt.
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Prora,
Foto: Bernd Kittlaus 2018 |
JUNG, Hagen
(2019): Paradies für Autos statt für Urlauber.
Mecklenburg-Vorpommern: Wachsende
Verkehrsbelastung auf Usedom - Polen baut Unterquerung zwischen Wollin
und Swinousjscie,
in:
Neues Deutschland
v. 23.01.
Hagen JUNG berichtet über das von der EU geförderte
Swinetunnel-Projekt (Verbindung der Inseln Wolin und Usedom), das den
Fährbetrieb ablösen soll. Im Jahr 2022 sollen dann die ersten
Fahrzeuge durch den Tunnel rollen. JUNG berichtet über die
Befürchtungen der Kritiker, die von einem erhöhten Verkehrsaufkommen
auf Usedom durch Touristen aus dem Raum Berlin ausgehen.
GASSMANN, Michael (2019):
Attraktivste Innenstädte liegen im Osten.
Eine große Umfrage zeigt, wo
Menschen am liebsten einkaufen und ins Café gehen. Unter den fünf
Gewinnern ist nur eine West-Stadt,
in:
Welt v. 24.01.
Im Gegensatz zur FAZ geht
Michael GASSMANN auch auf die fünf betrachteten Größenklassen und die
jeweiligen Gesamtsieger ein:
Größenklasse |
Gesamtsieger |
Großstadt über 500.000 Einwohner |
Leipzig |
Großstadt mit 200.000 - 500.000 Einwohner |
Erfurt |
Großstadt mit 100.000 - 200.000 Einwohner |
Trier |
Mittelstadt mit 50.000 - 100.000 Einwohner |
Stralsund |
Städte unter 50.000 Einwohner |
Wismar |
Die Auswahl der Studie ist jedoch
nicht repräsentativ, weil z.B. München und Berlin fehlen, bemängelt
GASSMANN. Besonders wird die Situation in Nordrhein-Westfalen
hervorgehoben:
"(U)nter den Gesamtsiegern (findet
sich)(...) keine einzige Stadt aus Nordrhein-Westfalen, obwohl das
bevölkerungsreichste Bundesland mit 32 teilnehmenden Städten die bei
weitem stärkste Gruppe stellt. Lediglich die Kleinstadt
Arnsberg-Nelheim aus dem Hochsauerlandkreis ragt in der Unterkategorie
»Angebotsvielfalt« in ihrer Größenklasse heraus."
Den Ostländern wird von GASSMANN
eine gute Position im "Rennen um die Zukunft der Innenstädte"
bescheinigt. Wer da einen Zusammenhang zum geplanten Soli-Abbau sieht,
dürfte nicht verkehrt liegen.
DREISBACH, Sofia (2019):
In Löcknitz ist noch Leben.
Mecklenburg-Vorpommern: Auch im Nordosten Deutschlands
kämpfen Städte gegen den Wegzug junger Leute. Aber Löcknitz boomt. Das
liegt an der Nähe zur polnischen Grenze,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 29.01.
Heute erscheinen sowohl in der
FAZ als auch in der SZ Reportagen über
Löcknitz, in denen durch selektive Faktenpräsentation ein durchaus
anderes Bild von der politischen Lage in der Gemeinde mit fast 3.200
Einwohnern gezeichnet wird. 2014 löste in der Stadt der
CDU-Bürgermeister Detlef EBERT den Bürgermeister von der Linkspartei
ab, die 12 Jahre lang die CDU-Vorherrschaft gebrochen hatte. Sofia
DREISBACH schreibt:
"Zur Kommunalwahl 2009 (...)
plakatierte die NPD: »Poleninvasion stoppen«. Zwei Jahre später, bei
der Landtagswahl, wählten in Löckwitz 20,8 Prozent die
rechtsextremistische Partei. 2016 wollten Rechtsextreme eine
Info-Veranstaltung für polnische Einwohner (...) verhindern (...).
Unter ihnen waren zwei Kommunalpolitiker der NPD, die im Löcknitzer
Gemeindrat sitzen.
Detlef Ebert sagt: »Die NPD war lange sehr groß, aber wir haben es
hingekriegt.«"
In der SZ heißt es dagegen:
"Bei der Landtagswahl 2016 gewann
die AfD den Wahlkreis, im Löcknitzer Gemeinderat sitzen zwei
NPD-Männer. Neonazis brüllten bei einer Versammlung mit Flüchtlingen
und Polen (...). Nachzulesen ist die Szene sogar im
Verfassungsschutzbericht. (...), aber Bürgermeister Ebert sagt: »Es
sind nicht alle Konflikte weg, klar, aber die Freundschaften machen
sich jetzt bemerkbar.«"
Betrachtet man die
Landtagswahlergebnisse 2011 und 2016, dann ergibt sich folgendes
Bild der Zweitstimmen für Löcknitz im Vergleich zum Wahlkreis 36
Vorpommern-Greifswald V, zum dem die Stadt gehört:
|
NPD |
AfD |
Löcknitz |
Wahlkreis 36 |
Löcknitz |
Wahlkreis 36 |
Landtagswahl 2011 |
20,8 % |
12,0 % |
- |
- |
Landtagswahl 2016 |
13,3 % |
6,8 % |
29,7 % |
26,4 % |
Die Landtagswahlergebnisse zeigen,
dass in Löcknitz sogar im Vergleich mit dem Wahlkreis
überdurchschnittlich AfD/NPD gewählt wird. Das Problem ist nicht
geringer geworden, sondern größer.
"Löcknitz hat nur 3.200 Einwohner,
aber drei Supermärkte, die sieben Tage die Woche geöffnet sind, vier
Schulen, zwei Kindergärten, und im Sommer ist sogar das Parkleitsystem
im Einsatz. Löcknitz ist ein kleines Wunder. Bis nach Berlin sind es
150 Kilometer, bis nach Rostock 2000, das Dorf liegt im östlichsten
Zipfel Mecklenburg-Vorpommerns, dem am dünnsten besiedelten
Bundesland. Nach der Wende zogen die Leute auch aus dieser Ecke des
Landes fort. Bis 2010 verließ ein Fünftel der Bevölkerung die Gegend,
die seit einer Gebietsreform 2011 den Landkreis Vorpommern-Greifswald
bildet. Das Ergebnis waren aussterbende Dörfer (...).
Aber in Löcknitz ist alles anders. (...).
Das Geheimnis von Löcknitz heißt Stettin (...). Dorthin sind es keine
150 Kilometer, sondern 25. Eine halbe Stunde mit dem Auto oder mit dem
Regionalzug. Die Stadt hat gut 400.000 Einwohner, viele Studenten,
viel Grün, viel Wasser und viel Kultur. (...). Weil Stettin zwar hip
und beliebt, aber auch teuer ist, ziehen viele Leute ins Umland.
Löcknitz ist, von Polen aus gesehen, der erste Ort hinter der Grenze",
beschreibt DREISBACH die
privilegierte Lage der Gemeinde, die als "Dorf" falsch eingeordnet
ist. Die derzeitige Bevölkerungsentwicklung zeigt deutet eher
auf Stagnation, statt auf Wachstum hin. Die heutigen Reportagen sind
daher eher als Stadtmarketingmaßnahmen zu betrachten. Peter BURGHARDT
schreibt in der SZ aus der Sicht von Menkin, einem 167 Einwohner
zählenden Dorf, das rund 30 Kilometer von Stettin entfernt ist:
"Polen (...) beleben deutsche
Städte und Orte, aus denen das Leben in den vergangenen Jahren immer
mehr verschwunden ist. Der Vorteil ist, es gibt hier spottbillige
Immobilien, deutsches Kindergeld, deutschen Rentenanspruch, deutsche
Schulen - und die polnische Metropole (...).
Nirgendwo an der 460 Kilometer langen Grenze sind sich deutsche Dörfer
und eine polnische Großstadt so nahe wie hier. (...). 1.800 polnische
Zuwanderer haben sich im Bezirk Löckwitz niedergelassen, in ganz
Mecklenburg-Vorpommern sind es 12.070. Menkin liegt nur sechs
Kilometer von Löcknitz entfernt. Die Polen ersetzen die abgewanderten
oder verstorbenen Deutschen."
BURGHARDT erweitert mit
Menkin,
einem Ortsteil der brandenburgischen Landstadt Brüssow, den Blick auf
Löcknitz.
Brüssow, das an den Landkreis Vorpommern-Greifswald grenzt, kommt
auf nicht einmal 2.000 Einwohner und mit rund 18 Einwohner pro
Quadratkilometer kommt es einem Dorf näher als einer Stadt.
Das Wunder von Löcknitz ist auch
seiner Funktion als Verwaltungssitz von Löcknitz-Penkun und der
speziellen geografischen Lage der "Konkurrenzstadt" geschuldet,
was DREISBACH unerwähnt lässt, wenn sie schreibt:
"Während in Penkun, 22 Kilometer
weiter, eine Schule um ihr Fortbestehen kämpft, gibt es in Löcknitz
vier Schulen mit insgesamt 1.000 Schülern: eine Grundschule, eine
Förderschule, eine Regionalschule und das deutsch-polnische
Gymnasium."
Mit rund 1.800 Einwohnern und 23
Einwohner pro Quadratkilometer ist die Gemeinde Penkun geradezu ein
Dorf im Vergleich zu Löcknitz.
Fazit: Besonders die FAZ-Reportage
malt ein zu positives Bild von der Entwicklung in Löcknitz, wenn man
die dortige privilegierte Situation der Gemeinde mit der Situation
anderer Gemeinden in der Region vergleicht, deren Voraussetzungen
ungleich schlechter sind. Das relativiert die vermeintlichen Erfolge,
die dem CDU-Bürgermeister zugeschrieben werden. Nimmt man den
Internetauftritt der Gemeinde und des Amts, dann existiert in Löcknitz
kein Leben mehr!
BURGHARDT, Peter (2019):
Herzlich willkommen.
"Wir sind 'ne blühende Landschaft
geworden. Anderswo verfallen Häuser." Aus dem Osten Deutschlands
wandern seit Jahren die Menschen ab, und die Alten sterben. Aber
Rettung naht. Denn immer mehr Polen leben jetzt hier,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 29.01.
BURGHARDT, Peter (2019): Der Däne von Rostock.
Er ist Möbelhändler, Radler - und
Staatsbürger des Nachbarlandes. Nun will Claus Ruhe Madsen
Oberbürgermeister werden. Er wäre der erste Ausländer an der Spitze
einer deutschen Großstadt,
in: Süddeutsche Zeitung v.
05.02.
"Claus Ruhe Madsen will
am 26. Mai Oberbürgermeister
der nordostdeutschen Hansestadt werden. (...).
Er ist vor 46 Jahren in Kopenhagen geboren und besitzt nur einen
dänischen Pass. (...).
Drei Rostocker Stadtoberhäupter seit dem Mauerfall kamen aus dem
deutschen Westen, von der SPD und der PDS, die Wessis übernahmen gerne
ostdeutsche Ämter. Nun regiert seit 14 Jahren der Einheimische Roland
Mehthling, ehemals SED, er führt einen Freundeskreis an und geht bald
in den Ruhestand. Jetzt will also dieser parteilose Skandinavier ins
Rathaus, unterstützt von CDU und FDP. (...).
Kritik an seiner dänischen Staatsangehörigkeit? Würde im Wahlkampf
nach hinten losgehen, glaubt er. 27 Jahre nach den Angriffen auf
Vietnamesen im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen ein Rostocker Däne als
erster ausländischer Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt?
»Wäre doch toll für den Osten, ein Signal, echte Weltoffenheit«,
findet der Kandidat Madsen",
berichtet Peter BURGHARDT über die
Oberbürgermeisterwahl in Rostock.
HAHN, Thomas (2019): 4,50 Euro je Quadratmeter, maximal.
Während die Menschen in
Ballungsräumen über horrende Mieten klagen, hat Grimmen ein anderes
Problem: Leerstand und zu geringe Preise. Soll die Kleinstadt in
Mecklenburg-Vorpommern ihre verschuldete Wohngesellschaft verkaufen,
um marode Häuser zu sanieren?
in: Süddeutsche Zeitung v.
12.02.
"Bürgermeister Benno Rüster (CDU)
(...) ist (...) der festen Überzeugung, dass es für die Entwicklung
seiner Stadt nicht nur Zeit und Beharrlichkeit braucht, sondern auch
vernünftige Privatinvestoren. (...). Der ländliche Raum in
Mecklenburg-Vorpommern ist strukturschwaches Gebiet, viele Kleinstädte
hier können ihren Bürgern schon deshalb keine hohen Mieten zumuten.
Und um die Lage in der 10.000 Einwohner-Stadt Grimmen zu erklären,
muss Rüster etwas ausholen.
Zu DDR-Zeiten gab es in Grimmen einen großen Erdölbetrieb. In den
Sechszigerjahren zogen deshalb 3.000 Menschen her, der Staat baute für
sie Wohnblöcke nach den damaligen Standards. Die Wende kam, der
Erdölbetrieb wurde geschlossen, viele Menschen zogen weg. Trotzdem
nahm die Grimmener Wohnungsgesellschaft (GWG) damals Millionen-Kredite
auf, um sämtliche Wohnblocks zu sanieren. Heute steht die GWG mit 40
Millionen Euro Schulden und knapp 1.800 veralteten Wohnungen da. 15
Prozent Leerstand, schlechte Energiebilanzen, Höchstmiete 4,50 Euro
pro Quadratmeter. (...) Deshalb sind Rüster und seine Anhänger für den
Verkauf der GWG. Ein Investor soll (...) Werbung machen für den
Standort Grimmen an der A 20, etwa 30 Kilometer südlich von Stralsund,
in der Natur, die Ostsee in der Nähe. (...) Der Immobilienunternehmer
Herbert Hillebrand aus Hennef in Nordrhein-Westfalen (...) würde die
GWG nehmen, die die Stadt derzeit noch jährlich mit 200.000 Euro
subventioniert",
berichtet Thomas HAHN über
Grimmen, das seit der Wende von CDU-Bürgermeistern regiert wird.
Seit 2001 ist das RÜSTER. Die verfehlte Wohnungspolitik in Grimmen,
das bis 2011 Kreisstadt von Nordvorpommern war und seitdem zum
Landkreis
Vorpommern-Rügen mit der Kreisstadt Stralsund gehört, ist also der
CDU anzulasten.
Ende 2018 gab es in
Mecklenburg-Vorpommern unter den 750 Gemeinden lediglich 43
Kleinstädte (5.000 - 20.000 Einwohner). In der folgenden Tabelle ist
die Einwohnerentwicklung dieser Kleinstädte ersichtlich. Die
Prozentzahlen in den Klammern geben die Verluste/Gewinne seit der
Wende (01.01.1990) an:
Rang
(2012) |
Gemeinde |
Landkreis |
Bevölkerung
01.01.1990 |
Bevölkerung
31.12.1990 |
Bevölkerung
31.12.1999 |
Bevölkerung
31.12.2018 |
Typ |
1 |
Parchim |
Ludwigslust-Parchim |
23.466 |
22.886 |
20.419 (- 13,0 %) |
18.037 (- 23,1 %) |
- |
2 |
Ribnitz-Damgarten |
Vorpommern-Rügen |
18.751 |
18.583 |
17.276 (- 7,9 %) |
15.167 (- 19,1 %) |
9 |
3 |
Bergen auf Rügen |
Vorpommern-Rügen |
19.540 |
19.068 |
16.010 (- 18,1 %) |
13.460 (- 31,1 %) |
9 |
4 |
Anklam |
Vorpommern-Greifswald |
19.386 |
18.989 |
16.068 (- 17,1 %) |
12.385
(- 36,1 %) |
9 |
5 |
Wolgast |
Vorpommern-Greifswald |
17.449 |
17.013 |
14.117 (- 19,1 %) |
12.028 (- 31,1 %) |
9 |
6 |
Ludwigslust |
Ludwigslust-Parchim |
13.176 |
12.897 |
12.640 (- 4,1 %) |
12.233 (- 7,2 %) |
8 |
7 |
Demmin |
Mecklenburgische Seenplatte |
16.429 |
16.094 |
13.804 (- 16,0 %) |
10.657
(- 35,1 %) |
9 |
8 |
Bad
Doberan |
Landkreis Rostock |
12.303 |
12.119 |
11.473 (- 6,7 %) |
12.491
(+ 1,5 %) |
8 |
9 |
Hagenow |
Ludwigslust-Parchim |
14.260 |
14.012 |
12.267 (- 14,0 %) |
12.137 (- 14,9 %) |
8 |
10 |
Grevesmühlen |
Nordwestmecklenburg |
11.603 |
11.487 |
11.128 (- 4,1 %) |
10.354 (- 10,8 %) |
9 |
11 |
Pasewalk |
Vorpommern-Greifswald |
15.768 |
15.516 |
12.907 (- 18,1 %) |
10.213
(- 35,2 %) |
9 |
12 |
Boizenburg |
Ludwigslust-Parchim |
11.950 |
11.595 |
10.736 (- 10,2 %) |
10.724 (- 10,3 %) |
8 |
13 |
Grimmen |
Vorpommern-Rügen |
14.425 |
14.122 |
11.842 (- 17,9 %) |
9.572 (- 33,6 %) |
9 |
14 |
Sassnitz |
Vorpommern-Rügen |
13.253 |
13.032 |
11.823 (- 10,8 %) |
9.320 (- 29,7 %) |
9 |
15 |
Heringsdorf |
Vorpommern-Greifswald |
3.991 |
3.823 |
3.553 (- 11,0 %) |
8.547
(+ 114,2 %)
|
9 |
16 |
Ueckermünde |
Vorpommern-Greifswald |
11.993 |
11.655 |
11.709 (- 2,4 %) |
8.591 (- 28,4 %) |
9 |
17 |
Teterow |
Landkreis Rostock |
11.590 |
11.440 |
10.128 (-12,6 %) |
8.470 (- 26,9 %) |
9 |
18 |
Torgelow |
Vorpommern-Greifswald |
13.609 |
13.463 |
11.663 (- 14,3 %) |
9.153 (- 32,7 %) |
- |
19 |
Barth |
Vorpommern-Rügen |
11.721 |
11.549 |
10.095 (- 13,9 %) |
8.658 (- 26,1 %) |
9 |
20 |
Malchin |
Mecklenburgische Seenplatte |
10.731 |
10.375 |
8.836 (- 17,7 %) |
7.179 (- 33,1 %) |
9 |
21 |
Bützow |
Landkreis Rostock |
10.480 |
10.368 |
8.967 (- 14,4 %) |
7.799 (- 25,6 %) |
9 |
22 |
Kühlungsborn |
Landkreis Rostock |
7.881 |
7.864 |
7.317 (- 7,2 %) |
7.896
(+ 0,2 %)
|
9 |
23 |
Dummerstorf |
Landkreis Rostock |
2.492 |
2.444 |
2.640
(+ 5,9 %) |
7.459
(+ 199,3 %) |
6 |
24 |
Malchow |
Mecklenburgische Seenplatte |
8.386 |
8.166 |
7.619 (- 9,1 %) |
6.627 (- 21,0 %) |
9 |
25 |
Neustadt-Glewe |
Ludwigslust-Parchim |
7.628 |
7.397 |
7.297 (- 4,3 %) |
7.009 (- 8,1 %) |
8 |
26 |
Friedland |
Mecklenburgische Seenplatte |
8.365 |
8.164 |
7.733 (- 7,6 %) |
6.354 (- 24,0 %) |
- |
27 |
Plau
am See |
Ludwigslust-Parchim |
6.528 |
6.376 |
6.023 (- 7,7 %) |
6.037 (- 7,5 %) |
9 |
28 |
Lübz |
Ludwigslust-Parchim |
8.073 |
7.869 |
6.891 (- 14,6 %) |
6.103 (- 24,4 %) |
- |
29 |
Grabow |
Ludwigslust-Parchim |
8.338 |
8.098 |
6.813 (- 18,3 %) |
5.633 (- 32,4 %) |
9 |
30 |
Stavenhagen |
Mecklenburgische Seenplatte |
9.031 |
8.907 |
7.297 (- 19,2 %) |
5.741
(- 36,4 %) |
9 |
31 |
Sanitz |
Landkreis Rostock |
2.641 |
2.590 |
5.816
(+ 120,2 %)
|
5.969
(+ 126,0 %)
|
6 |
32 |
Altentreptow |
Mecklenburgische Seenplatte |
8.001 |
7.819 |
6.914 (- 13,6 %) |
5.307 (- 33,7 %) |
9 |
33 |
Gadebusch |
Nordwestmecklenburg |
6.871 |
6.760 |
6.238 (- 9,2 %) |
5.530 (- 19,5 %) |
9 |
34 |
Satow |
Landkreis Rostock |
2.074 |
2.060 |
1.934 (- 6,8 %) |
5.767
(+ 178,1 %) |
5 |
35 |
Laage |
Landkreis Rostock |
6.320 |
6.295 |
5.394 (- 14,7 %) |
5.457 (- 13,7 %) |
8 |
36 |
Röbel/Müritz |
Mecklenburgische Seenplatte |
6.942 |
6.732 |
5.768 (- 16,9 %) |
5.044 (- 27,3 %) |
9 |
37 |
Binz |
Vorpommern-Rügen |
7.307 |
6.778 |
5.573
(- 23,7 %) |
5.397 (- 26,1 %) |
9 |
38 |
Lüdersdorf |
Nordwestmecklenburg |
1.922 |
1.928 |
4.381 (- 0,3 %) |
5.326
(+ 177,1 %)
|
4 |
39 |
Sundhagen
(Seit 2009) |
Vorpommern-Rügen |
- |
- |
- |
5.119 |
8 |
40 |
Wittenburg |
Ludwigslust-Parchim |
5.676 |
5.605 |
5.210 (- 8,2 %) |
6.313
(+ 11,2 %) |
- |
41 |
Burg Stargard |
Mecklenburgische Seenplatte |
3.912 |
3.824 |
4.595
(+ 17,5 %)
|
5.402
(+ 38,1 %) |
- |
42 |
Schwaan |
Landkreis Rostock |
5.649 |
5.540 |
5.569 (- 1,4 %) |
5.022 (- 11,1 %) |
- |
43 |
Zarrentin am Schaalsee |
Ludwigslust-Parchim |
2.382 |
2.380 |
3.101
(+ 30,2 %) |
5.192
(+ 118,0 %)
|
- |
Aus der Tabelle kann nicht ersehen
werden, ob die Gewinne/Verluste durch Eingemeindungen oder durch
Bevölkerungsbewegungen (Geburten, Wanderungen) zustande kamen, da sich
die Bevölkerungszahlen auf den Gebietsstand zum Zeitpunkt der Erhebung
beziehen.
KUMMERT, Tim (2019):
Der Alte.
Karrieren: Philipp Amthor, 26, ist
der jüngste Bundestagsabgeordnete der CDU. Doch wer ihn begleitet,
erlebt einen Mann von gestern. Weil er sich ständig anpasst, hat er so
großen Erfolg,
in:
Spiegel Nr.10 v. 02.03.
"Philipp Amthor ist mit seinen 26
Jahren der jüngste Abgeordnete der CDU im Bundestag, 2017 mit
Direktmandat in Mecklenburg-Vorpommern gewählt und jetzt Mitglied im
Innen- und Europaausschuss. Amthor ist der neue Shootingstar seiner
Partei und ständig in den Medien (...).
Zum erste Mal sorgte Amthor für Schlagzeilen, als er im Februar 2018
einen Antrag der AfD wegen juristischer Formfehler zerpflückte. (...).
Die Stimmen der älteren Herren, der Hausfrauen, der Pensionäre: Sie
lieferten das Ticket in den Bundestag (...) Philipp Amthor, ein
Produkt der Rentnerrepublik. (...). Einzig Facebook bespielt er - denn
dieses Medium nutzen auch die 60-Jährigen im Wahlkreis", erzählt uns
Tim KUMMERT über die Karriere des CDU-Politikers, der die AfD auf
Abstand zur CDU halten soll.
LÖHR, Julia (2019):
Die Boote des Anstoßes.
Mecklenburg-Vorpommern: Seit alle
Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien gestoppt sind, steht Wolgast still.
Die Werftarbeiter sind in Kurzarbeit, der Stadt fehlt Geld. Über eine
ostdeutsche Kleinstadt, die zum Spielball der Weltpolitik geworden
ist,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 09.03.
"Seit zehn Jahren ist (Stefan)
Weigler Bürgermeister von Wolgast, erst für die Linke, dann als
Parteiloser. (...). Die Werft ist der mit Abstand wichtigste
Steuerzahler in Wolgast. (...).
1948 wurde die Werft von den Sowjets gegründet, diese waren auch die
Abnehmer der Marineschiffe, die in Wolgast entstanden. Ende der
achtziger Jahre hatte die Werft mehr als 4.000 Mitarbeiter und Wolgast
fast 17.000 Einwohner. (...). Dann kam die Wende, die Treuhand, die
Privatisierung, auf einen Schlag waren mehr als die Hälfte der
Arbeitsplätze weg. 1992 übernahm die Bremer Hegemann-Gruppe die Werft.
(...) Sie bauten nun auch Containerschiffe, die Globalisierung ging
damals gerade los. (...). Doch mit dem Ausbruch der Finanzkrise ging
es rasant bergab. 2012 musste die Werft Insolvenz anmelden, da waren
auch die letzten Arbeitsplätze weg.
Mit dem Einstieg von Lürssen und dem Großauftrag der Araber keimte
wieder Hoffnung in Wolgast auf (...).
Was ist von größerer Bedeutung - eine klare Kante in der Außenpolitik
oder die Arbeitsplätze in der deutschen Rüstungsindustrie? Vor allem
die SPD bringt diese Frage in die Bredouille (,denn) den Menschen
(...) bleibt nicht verborgen, dass es die SPD ist, die in Berlin auf
einen dauerhaften Rüstungsexportstopp (...) drängt. So kommt es, dass
in Wolgast längst die AfD die Arbeiterpartei ist. Bei der
Bundestagswahl 2017 holte die AfD in Wolgast die meisten Stimmen,
beinahe jeder dritte Wähler machte sein Kreuz dort. (...). Nach dem
Amtsgericht, dem Finanzamt und der Geburtsstation dürfe Wolgast nicht
auch noch die Peene-Werft verlieren.
Das Bundestags-Direktmandat für den Wahlkreis 16 -
Vorpommern-Greifswald, Mecklenburgische Seenplatte - hat allerdings
nicht die AfD gewonnen, sondern CDU-Jungstar Philipp Amthor. (...).
Bürgermeister Stefan Weigler spürt, dass seine Stadt ein weiteres
Standbein braucht. Ein unpolitischeres. (...). Rund 2 Millionen
Urlauber kämen jedes Jahr nach Usedom, und alle müssten sie durch
Wolgast durch. Wenn nur jeder zehnte Tourist in Wolgast Station machen
und dort 30 Euro ausgeben würde, dann hätte die Stadt schon 6
Millionen mehr an Wirtschaftskraft. Weigler strahlt.
Als der Peene-Werft 2012 das Geld ausgegangen war, hat er aus der
Insolvenzmasse einen Teil des Hafengelände gekauft. (...). Er will
dort eine Marina, einen kleinen Hafen, bauen, für Segelschiffe oder
kleinere Yachten. Vielleicht auch ein großes, schickes Hotel, das gibt
es bislang nicht in Wolgast. Aber dafür braucht der Bürgermeister erstmals Geld, das er im Moment nicht hat", erzählt uns Julia LÖHR zu
Wolgast und die Abhängigkeit der Stadt von der Peene-Werft.
HAHN, Thomas (2019): Stadt der Zukunftsangst.
Mecklenburg-Vorpommern: In
Wolgast hängen Hunderte Arbeitsplätze an den Ausfuhren nach
Saudi-Arabien,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 09.03.
IWD (2019): Hidden Champions: Die Starken aus der zweiten Reihe.
Mehr als 1.300 Hidden Champions
– kaum bekannte Weltmarktführer – machen die einzigartige Stärke der
deutschen Wirtschaft aus. In anderen Ländern ist dieser exportstarke
Unternehmenstypus, der zwischen Mittelstand und Konzern einzuordnen
ist, dagegen weniger verbreitet.,
in:
Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft v. 25.03.
Im Jahr 2016 gab es gemäß IW
Köln 1279 Weltmarktführer in Deutschland. Nur 4 dieser "Hidden
Champions" hatten danach ihren Sitz in Mecklenburg-Vorpommern.
MEINHOF, Renate (2019): Bedienung kommt gleich.
Mecklenburg-Vorpommern ist
mittlerweile das beliebteste Urlaubsziel der Deutschen. Es gibt nur
ein Problem: Kellner, Köche und Zimmerpersonal fehlen. Eine
Stellenausschreibung,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 04.04.
"Anfang Februar war die
Meldung zu lesen, Mecklenburg-Vorpommern sei innerhalb Deutschlands
nun das beliebteste Urlaubsziel. Gerade habe es Bayern überholt.
Menschen, die fünf Tage oder mehr in Deutschland Urlaub machen, reisen
lieber in den Nordosten als in die Berge. Das sagt die 35.
Tourismusanalyse der Stiftung für Zukunftsfragen, die zum
Tabakunternehmen British American Tobacco gehört. (...).
Nach Rügen fahren die meisten Touristen. 43 Übernachtungen kommen auf
einen Rügener im Jahr, das sagt die Statistik. (...).
Da ist Binz, das sich seit 1989 am stärksten gewandelt hat, sind
Göhren und Baabe auf der Halbinsel Mönchgut, und Sellin natürlich,
dessen stolze Wilhelmstraße",
berichtet Renate MEINHOF, die
uns die Klagen in der Hotellerie und Gastronomiebranche präsentiert,
und erklärt, warum Restaurants Ruhetage einlegen oder erst am Abend
öffnen.
BARTSCH, Matthias u.a. (2019):
Ein Land, zwei Welten.
Zukunft: Welche Regionen boomen,
welche veröden? Welche Rezepte gibt es gegen den demografischen
Wandel? Wissenschaftler haben ins Jahr 2035 geblickt. Ihre größte
Sorge: Die Babyboomer gehen bis dahin in den Ruhestand,
in:
Spiegel Nr.15 v. 06.04.
JUNG, Hagen (2019): "Lila Bäcker" will über 70 Filialen schließen.
2.700 Beschäftigte stehen bei der
Kette in Lohn und Brot,
in:
Neues Deutschland
v. 23.04.
Hagen JUNG berichtet über die
Insolvenz der in Pasewalk im Kreis Vorpommern-Greifswald
ansässigen Bäckerfiliale "Lila Bäcker", die rund 400 Filialen
umfasst. Filialen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg
sollen geschlossen werden. Bereits ein Jahr zuvor waren
Betriebsstätten in Pasewalk und Gägelow (Kreis
Nordwestmecklenburg) geschlossen worden.
WSI (2019): Regionale Einkommen in Deutschland: In einigen Kreisen
höher als in Luxemburg, in anderen auf dem Niveau von Korsika.
Daten zu allen 401 Kreisen und
kreisfreien Städten,
in:
Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung v. 24.04.
GATHMANN,
Moritz (2019): Warten auf Amthor.
Mit 26 Jahren ist der
CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor das große Nachwuchstalent
seiner Partei. Er wirkt wie ein Streber aus dem Westen - aber seine
Biografie überrascht,
in:
Cicero, Mai
"Philipp Amthor (...) stammt
(...) aus dem Städtchen Torgelow in Vorpommern. Nördlich liegen
Ueckermünde und das Stettiner Haff, ein paar Kilometer Richtung Osten
die Grenze zu Polen. (...). Im Zentrum ist Torgelow inzwischen recht
schmuck herausgeputzt, was aber nicht über den Niedergang in den
1990er Jahren hinwegtäuschen kann: Von 15.000 Einwohnern aus
Vorwendezeiten sind weniger als 10.000 geblieben. Mehrer Geschäfte in
der Hauptstraße stehen leer (...). Was die Menschen hier bewegt,
erfährt man beim Mittagstisch in der Kneipe Schwalbennest:
Flüchtlinge, Windkraftanlagen und zu teurer Strom. (...). Der
Urgroßvater stammt aus Ostpreußen, landete (...) in Neuruppin, Amthors
Großvater heuerte später bei der NVA an, so kam die Familie nach
Torgelow. Hier wurde Amthor 1992 geboren. Das Thema Vater wird
gemieden. Die Mutter, gelernte Werkzeugmacherin, machte nach der Wende
mehrere Fortbildungen und coacht seitdem Mitarbeiter in einem
Callcenter. (...).
Von den Plattenbauten fuhr Amthor in die Schule, zuerst nach Torgelow,
dann nach Ueckermünde ins Gymnasium. (...). Amthor (...) wird zum
Schülersprecher gewählt, mit 16 tritt er in die CDU ein. Er studiert
Jura im nahen Greifswald und wird dann Mitarbeiter des
Bundestagsabgeordneten Matthias Lietz, eines Hinterbänklers, der 2017
Gefahr läuft, das Direktmandat im Wahlkreis gegen den AfD-Kanidaten zu
verlieren. Amthor sieht seine Chance und nutzt sie: Mit Unterstützung
der lokalen CDU-Größen zwingt er den Abgeordneten zum Rückzug - und
zieht selbst mit Direktmandat in den Bundestag ein",
verbindet Moritz GATHMANN die
Geschichte der Region (Torgelow gehörte bis 2011 zum Kreis
Uecker-Randow, der im Großkreis Vorpommern-Greifswald aufging) mit
der Heldengeschichte von Philipp AMTHOR, der seit seinem erfolgreichen
Bundestagswahlkampf als letzte Hoffnung der CDU an der AfD-Front gilt
und deshalb von den Mitte-Medien gehypt wird. Wie es für abgehängte
Regionen üblich ist, ist das Militär dort als Arbeitgeber gefragt. Das
Jägerbataillon 413 wird uns als wichtigster Arbeitgeber in Torgelow
präsentiert.
CUBE, Robert von (2019):
Alle auf einen.
Lookismus: Wenn es gegen Philipp
Amthor geht, ist alles erlaubt. Selbst Progressive verlieren jeden
Anstand,
in:
Freitag Nr.23 v. 06.06.
"Das Philipp-Amthor-Bashing
ist ein überraschendes Beispiel toxischer Männlichkeit. (...). Dass er
im Interview mit dem Freitag (Ausgabe 16/2019) Rainer Wendt huldigt
und für die AfD-Abgeordnete Mariana Harder-Kühnel als Vizepräsidentin
des Bundestags stimmte, verdient heftige Gegenrede. Amthor plädierte
für die Beibehaltung des umstritten Paragrafen 219a. Er hat Hans-Georg
Maaßen in Schutz genommen (...). Aber Amthor ist kein Populist. (...)
Amthor hingegen vertritt seine rechten (nicht rechtsradikalen) Thesen
eloquent, rhetorisch gewandt, aber auch intellektuell aufrichtig",
verteidigt Robert von CUBE den
Nationalkonservativen gegen seine linken Kritiker. CUBE gehört zu
jenen, die im Nationalkonservatismus nicht das Einfallstor der
Rechtsradikalen sehen wollen, sondern der irrigen Ansicht sind, dass
man nur rechtsradikale Meinungen ausgrenzen muss, um das AfD-Problem
zu entschärfen. Das ist weder in der Weimarer Republik gelungen und es
hat nicht verhindert, dass der Linksliberalismus in die Defensive
gerät, weil er im Nationalkonservatismus nicht die eigentliche Gefahr
sieht. Der Nationalliberalismus als Allianz von Neoliberalen und
Nationalkonservativen ist auf dem Vormarsch und wird den
Linksliberalismus verdrängen!
ECKERT, Daniel (2019):
Bevölkerungszahl im Osten fällt auf den Stand von 1905.
Zwar hat die ostdeutsche Wirtschaft
seit dem Ende der DDR stark aufgeholt. Doch das konnte die Abwanderung
von Millionen nicht stoppen. Die "Teilungslücke" wird Forschern
zufolge immer größer,
in: Welt
v. 13.06.
DRESCHER, Markus (2019): Wer wird Leuchtturmwärter?
Die Hansestadt Rostock wählt am
Sonntag einen neuen Oberbürgermeister,
in:
Neues Deutschland
v. 13.06.
"Mecklenburg-Vorpommern ist
nicht gerade verwöhnt, was Erfolgsgeschichten angeht.
Rostock aber, wichtige Hafen- und beliebte Universitätsstadt, ist
eine. Findet Steffen Bockhahn von der Linken. Und als Sozialsenator
der Stadt ist er daran beteiligt. Dieses Pfund warf der 40 Jährige in
den Oberbürgermeisterwahlkampf, holte im ersten Wahlgang mit 18,9
Prozent den zweiten Platz und hofft nun, sich
am Sonntag in der Stichwahl
gegen seinen Kontrahenten Claus Ruhe Madsen durchzusetzen, der mit
34,6 Prozent am 26. Mai das neunköpfige OB-Kandidatenfeld klar
anführte. (...).
Dass es noch einiges zu tun gibt, ist Bockhahn quasi per Amt bewusst.
Auch wenn Rostock im Vergleich zu weiten Teilen
Mecklenburg-Vorpommerns gut dastehe, sei es doch etwa
die Stadt mit der größten sozialen
Spaltung im Nordosten, erklärt er. (...).
Doch betont Bockhahn auch, was bisher - im allgemeinen und seinem
Fachbereich im besonderen - in Rostock schon bewegt wurde.
Mecklenburg-Vorpommerns größte Stadt ist schuldenfrei, hat eine gute
wirtschaftliche Entwicklung vorzuweisen, die Arbeitslosigkeit ist
gesunken, man investiert Millionen in Schulen und Sportanlagen, hat
ein kostenloses Schülerticket eingeführt",
verklärt Markus DRESCHER den
Linkspartei-Kandidaten in der Parteizeitung, in der besonders
hervorgehoben wird, dass das rot-rot-grüne Lage die Mehrheit hätte:
"In der ebenfalls am 26. Mai neu
gewählten Bürgerschaft konnte die Linkspartei erneut - trotz Verlusten
- stärkste Kraft werden und elf Sitze holen. Dicht gefolgt von den
Grünen mit zehn Sitzen. Zusammen mit acht Abgeordneten der SPD kommt
das linke Lager so auf eine komfortable Mehrheit in dem 53-köpfigen
Stadtparlament. Auch mit Bockhahn an der Stadtspitze gäbe es übrigens
eine Premiere. Er wäre der erste Linke-Oberbürgermeister einer
Großstadt."
Von einem rot-rot-grünen Lager kann
aber vor der Stichwahl keine Rede sein, denn die opportunistischen
Grünen können auch mit CDU/FDP, weswegen der Linkspartei-Kandidat sich
eine Hintertür offen gelassen hat:
"Gewinnt er nicht, will er bis zum
Ende seiner Amtszeit 2022 Sozialsenator bleiben."
ROSTOCK (2019) OB-Wahl, Stichwahl,
in: rostock.de v. 16.06.
Der Däne Claus Ruhe MADSEN gewinnt die Stichwahl mit 57,1 % gegen
Steffen BOCKHAHN von der Linkspartei (42,9 %). Der Kandidat der Linken
gewann nur im Wahlbezirk Lütten Klein (Wahlbeteiligung: 33,0 %;
Durchschnitt: 44,1 %), also einem von 16 Wahlbezirken.
JUNG,
Hagen (2019): Kaum Hoffnung für stillgelegte Bahnstrecken.
Mecklenburg-Vorpommern: SPD und CDU
im Nordosten schmettern Antrag zum Wiederbeleben von Zugverbindungen
ab,
in:
Neues Deutschland
v. 23.06.
Hagen JUNG berichtet, dass der Antrag der Linkspartei auf
Wiederbelebung der 2014 aufgegebenen Bahnstrecke zwischen Parchim und
Malchow gescheitert sei. Das Verkehrsressort ist in Händen der SPD.
Das Land wird rot-schwarz regiert. Der Verband Deutscher
Verkehrsunternehmen und die Initiative Allianz pro Schiene sehen
Strecken von 230 Kilometer Länge als kostengünstig reaktivierbar
an. Desweiteren geht es der Linkspartei um den
Bau der Darßbahn und
eine südliche Bahnanbindung der Insel Usedom.
WZB (2019):
Zuwanderung vor allem in arme Stadtviertel.
WZB-Studie zeigt große Unterschiede
bei sozialräumlicher Verteilung,
in:
Pressemitteilung Wissenschaftszentrum
Berlin
v. 05.07.
Aus der folgenden Tabelle sind die
4 Städte in Mecklenburg-Vorpommern ersichtlich, in denen die soziale Segregation zwischen 2014
und 2017 am stärksten zugenommen hat:
Tabelle: Die
4 Städte in Mecklenburg-Vorpommern mit dem höchsten Anstieg sozialer Segregation
2014 - 2017 und ihr
deutschlandweiter Rang |
Rang |
Land |
Stadt |
Stadttyp |
Wohnungsleerstand
im Jahr 2014 |
SGB-II-Quote
im Jahr 2017 |
Veränderung
SGB-II-Quote
2014 - 2017 |
2 |
Mecklenburg-Vorpommern |
Schwerin
(Landeshauptstadt) |
Mittelstadt |
12 % |
45,5 % |
+ 5,5 % |
4 |
Mecklenburg-Vorpommern |
Stralsund |
Mittelstadt |
9 % |
24,6 % |
+ 4,3 % |
8 |
Mecklenburg-Vorpommern |
Wismar |
Mittelstadt |
8 % |
21,7 % |
+ 3,2 % |
10 |
Mecklenburg-Vorpommern |
Neubrandenburg |
Mittelstadt |
9 % |
35,2 % |
+ 2,8 % |
|
Quelle:
WZB-Diskussionspapier, Tabelle Anhang, S.52ff.; eigene
Berechnungen |
RICKENS, Christian (2019): Aufholjagd der Schmuddelkinder.
Titelthema Zukunftsatlas: Der
Prognos-Zukunftsatlas zeigt: Die Problemregionen werden stärker, fast
überall entstehen Arbeitsplätze, und die Bevölkerung wächst wieder.
Der Dauraufschwung gefährdet vor allem alte Gewissheiten,
in:
Handelsblatt
v. 05.07.
BMI/BMEL/BMFSFJ (2019): Deutschlandatlas.
Karten zu gleichwertigen
Lebensverhältnissen,
in:
BMEL
v. 09.07.
GEIßLER, René (2019): Trotz Milliardenüberschüssen: Finanzkraft der
Kommunen driftet immer stärker auseinander.
Die Städte, Gemeinden und Kreise in
Deutschland haben in den Jahren 2017 und 2018 historische Überschüsse
erwirtschaftet. Dank anhaltend starker Konjunktur steigen Steuern,
Investitionen und Rücklagen, während die Kassenkredite schrumpfen.
Dennoch nehmen die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen starken und
schwachen Kommunen immer größere Ausmaße an,
in:
Pressemitteilung Bertelsmann-Stiftung
v. 10.07.
SPECHT, Frank (2019): Die Landflucht der Jugend.
Ausbildung: Junge Menschen zieht es
zunehmend in die Städte und ihr Umland, zeigt eine IW-Studie.
Unternehmen in ländlichen Regionen finden nur noch schwer Akademiker
oder Auszubildende,
in:
Handelsblatt v. 17.07.
"Der Firmensitz (Anm.: der Elektro
Schulz GmbH), die kleine Gemeinde
Möllenhagen, hat seinen Reiz durch die Nähe zur malerischen
Mecklenburgischen Seenplatte, aber sonst für junge Leute nicht viel zu
bieten. Der Landkreis hat seit der Wiedervereinigung mehr als ein
Fünftel seiner Bewohner verloren",
erzählt uns Frank SPECHT ein
Fallbeispiel, um die Aussagen des IW-Report
Von Abwanderung betroffene Arbeitsmärkte stärken von Alexander
BURSTEDDE & Dirk WERNER zu bebildern.
"Während beim Spitzenreiter
Heidelberg 44 Prozent der Beschäftigten einen Hochschulabschluss
haben, sind es beim Schlusslicht, dem Landkreis Wittmund bei
Wilhelmshaven, nur sechs Prozent",
erklärt SPECHT. Warum aber sollte
in einer Großstadt mit Eliteuniversität wie Heidelberg nicht
wesentlich mehr Akademiker wohnen als in einer touristisch geprägten
Region wie der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte? Im IW-Report
wird zudem auf die mangelnde Datenlage verwiesen:
"Da Absolventen von
Aufstiegsfortbildungen und anderen hochwertigen nicht akademischen
Qualifikationen statistisch leider unzureichend erfasst werden, wird
lediglich der Akademikeranteil an den Beschäftigten einer Region auf
Kreisebene herangezogen" (S.6)
Angebot und Nachfrage müssen
stimmen, aber das wird im IW-Report gar nicht gemessen, sondern im
Handelsblatt nur suggeriert. Da ist ein Schaubild überschrieben
mit "Regionale Verteilung von Auszubildenden in Prozent der
Beschäftigten mit Ausbildung". Dagegen wird in der Fußnote darauf
verwiesen, dass es nur der Anteil sozialversicherungspflichtiger
Beschäftigter ist.
Zieht man die
Statistik für Mecklenburg-Vorpommern (31.03.2018) und hier für den
Landkreis Mecklenburgische Seenplatte (Tabelle 12, S.18) heran. Dann
gab es dort 96.218 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte und
3.532 Auszubildende, was ca. 3,7 % entspricht. Betrachtet man dagegen
nur die Vollzeitbeschäftigten, dann läge der Anteil bei 5,2 %. Es ist
also auch eine Frage der Indikatorenauswahl, die einen
Fachkräftemangel belegen sollen.
Die Statistik gibt für die Kreise
zwar Auskunft über die Wirtschaftszweige, in denen die Beschäftigten
arbeiten, aber nicht über die Anzahl der Auszubildenden, die für diese
Wirtschaftsbereiche ausgebildet werden. Außerdem werden bei der
Betrachtung des Reports Wanderungen (Mobilität) nicht betrachtet.
Fazit: Die Zahlen, die geliefert
werden, sind nicht geeignet, um einen Fehlbedarf von Arbeitskräften in
den jeweiligen Regionen zu belegen.
"Der Firmensitz (Anm.: der Elektro
Schulz GmbH), die kleine Gemeinde
Möllenhagen, hat seinen Reiz durch die Nähe zur malerischen
Mecklenburgischen Seenplatte, aber sonst für junge Leute nicht viel zu
bieten. Der Landkreis hat seit der Wiedervereinigung mehr als ein
Fünftel seiner Bewohner verloren",
erzählt uns Frank SPECHT ein
Fallbeispiel, um die Aussagen des IW-Report
Von Abwanderung betroffene Arbeitsmärkte stärken von Alexander
BURSTEDDE & Dirk WERNER zu bebildern.
"Während beim Spitzenreiter
Heidelberg 44 Prozent der Beschäftigten einen Hochschulabschluss
haben, sind es beim Schlusslicht, dem Landkreis Wittmund bei
Wilhelmshaven, nur sechs Prozent",
erklärt SPECHT. Warum aber sollte
in einer Großstadt mit Eliteuniversität wie Heidelberg nicht
wesentlich mehr Akademiker wohnen als in einer touristisch geprägten
Region wie der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte? Im IW-Report
wird zudem auf die mangelnde Datenlage verwiesen:
"Da Absolventen von
Aufstiegsfortbildungen und anderen hochwertigen nicht akademischen
Qualifikationen statistisch leider unzureichend erfasst werden, wird
lediglich der Akademikeranteil an den Beschäftigten einer Region auf
Kreisebene herangezogen" (S.6)
Angebot und Nachfrage müssen
stimmen, aber das wird im IW-Report gar nicht gemessen, sondern im
Handelsblatt nur suggeriert. Da ist ein Schaubild überschrieben
mit "Regionale Verteilung von Auszubildenden in Prozent der
Beschäftigten mit Ausbildung". Dagegen wird in der Fußnote darauf
verwiesen, dass es nur der Anteil sozialversicherungspflichtiger
Beschäftigter ist.
Zieht man die
Statistik für Mecklenburg-Vorpommern (31.03.2018) und hier für den
Landkreis Mecklenburgische Seenplatte (Tabelle 12, S.18) heran. Dann
gab es dort 96.218 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte und
3.532 Auszubildende, was ca. 3,7 % entspricht. Betrachtet man dagegen
nur die Vollzeitbeschäftigten, dann läge der Anteil bei 5,2 %. Es ist
also auch eine Frage der Indikatorenauswahl, die einen
Fachkräftemangel belegen sollen.
Die Statistik gibt für die Kreise
zwar Auskunft über die Wirtschaftszweige, in denen die Beschäftigten
arbeiten, aber nicht über die Anzahl der Auszubildenden, die für diese
Wirtschaftsbereiche ausgebildet werden. Außerdem werden bei der
Betrachtung des Reports Wanderungen (Mobilität) nicht betrachtet.
Fazit: Die Zahlen, die geliefert
werden, sind nicht geeignet, um einen Fehlbedarf von Arbeitskräften in
den jeweiligen Regionen zu belegen.
GUTSCHKE, Irmtraud (2019): Die Schwungkraft des Unbehagens.
Blick von innen und von außen: Steffen Mau analysiert die
"ostdeutsche Transformationsgesellschaft" vom Beitritt bis zu Pegida,
in:
Neues Deutschland
v. 03.08.
HÜTHER, Michael/SÜDEKUM, Jens/VOIGTLÄNDER, Michael (2019): 19 Mal
akuter Handlungsbedarf.
Regionalentwicklung:
Deutschlands Metropolregionen boomen, während der ländliche Raum
und der Osten darben? Eine neue Studie des Instituts der deutschen
Wirtschaft (IW) in Kooperation mit Wissenschaftlern vier deutscher
Hochschulen wollte es genauer wissen. Das Ergebnis: 19 von
insgesamt 96 deutschen Regionen haben Probleme. Längst nicht alle
liegen in Ostdeutschland oder auf dem platten Land,
in:
Pressemitteilung IW Köln
v. 08.08.
SCHMITZ, Katharina (2019): Der Sog der DDR.
Frakturen: Woher kommt die politische Entfremdung vieler
Menschen im Osten? Die Verletzungen? Der Rostocker Soziologe
Steffen Mau forscht darüber,
in:
Freitag Nr.32 v. 08.08.
"MAU: In Lütten Klein und
Ostdeutschland insgesamt gibt es in der Kohorte von 25 bis 40
deutlich mehr Männer als Frauen, wodurch die Männer auch eine
höhere Wahrscheinlichkeit haben, Single zu bleiben, mit all den
damit verbundenen Problemen.
SCHMITZ: Problemen wie dem Rechtspopulismus...
MAU: Der Männerübeschuss liefert einen bestimmten Teil der
Erklärung, aber man darf das nicht zu hoch gewichten. Es gibt
viele andere Verletzungen, die bei einigen das Zu-kurz-Kommen
zum Teil des Lebensgefühls machen", heißt es in dem Interview.
PILZ, Michael (2019): Höher wohnen.
Die Plattenbauten der DDR waren staatliche Wohnmaschinen.
Über die Neuentdeckung einer Utopie in Literatur und Soziologie,
in:
Welt v. 10.08.
"Einerseits kennt man »die Platte«
seit den Neunzigern als Topos für Literatur, Musik und Film. Von
Richard David Prechts »Die Kosmonauten«, wo die Träume einer
westdeutschen Berlinboheme vor virtuellen Plattenbaukulissen
spielten, bis zum Werk von Clemens Meyer, das man gar nicht
lesen kann, ohne die altgewordenen Neubauten von Leipzig
mitzudenken. Im Film »Halbe Treppe« von Andreas Dresen wird der
Plattenbau zum ideellen deutschen Osten, melancholisch und
lakonisch; im Film »Wild« von Nicolette Krebitz teilt die
Regisseurin sich in Halle-Neustadt eine winzige Wohnung mit
einem Wolf. Rostock-Lichtenhagen spielt im Hip-Hop von Marteria
die Rolle eines Gegengettos wie Berlin-Marzahn im Deutschrock
der Band Haudegen. Andererseits: »Die Platte« ist
Kulturlandschaft immer das andere geblieben. (...). Hinter
Lichtenberg liegt immer noch die Wüste (...). » (...). Leben
jenseits der Ringbahn.«
»Marzahn mon amour« ist die realistische Sozialromantik
(...). Die Soziologie zur Platte liefert Steffen Mau (...) mit
seiner Studie »Lütten Klein«
(...). Mau ist ebendort aufgewachsen, in einer der
Neubausiedlungen am Rand von Rostock, in einem der turmartigen
Windmühlenhäuser für 500 Menschen mit mehreren
Fahrstuhlschächten, Müllerschluckern und Fernwärme. (...). Das
Wohnbauprogramm erfasste in den Sechzigern das ganze Land.
Modellstädte wurden errichtet und sogar, wie
Hoyerswerda, in Literatur verwandelt: In
»Franziska Linkerhand« erzählte schon Brigitte Reimann
(...). Mau erklärt die Heimat seiner Jugend zum Labor einer
gebrochenen »Transformationsgesellschaft«, die schon 1992 zu den
Unruhen am
Sonnenblumenhaus von Lichtenhagen gegen die dort wohnenden
Migranten führte und heute zum Wahlerfolg der AfD",
fasst Michael PILZ den Topos
Plattenbau zusammen. Bei diesem Parforceritt durch die
Kulturgeschichte des Plattenbaus fehlt jedoch das zentrale
stadtsoziologische Werk
Die Platte von Christiane HANNEMANN aus dem Jahr 1996.
MAU, Steffen (2019): Lütten Klein. Leben in der ostdeutschen
Transformationsgesellschaft, Suhrkamp Verlag
GREIVE, Martin/HÖPNER, Axel/KERSTING, Silke/SIGMUND,
Thomas/WASCHINSKI, Gregor (2019): Hilferuf aus den Problemregionen.
Etliche Teile Deutschlands drohen
abgehängt zu werden. Landespolitiker fordern nun endlich Taten statt
Worten und hegen neue Hoffnung: Der Niedergang von Gegenden im Westen
könnte neuen Schwung in die Debatte bringen,
in:
Handelsblatt v. 12.08.
EM MECKLENBURG-VORPOMMERN (2019): Neue Prognose: Einwohnerzahl sinkt –
aber schwächer als erwartet,
in:
Pressemitteilung Ministerium für Energie, Infrastruktur und
Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern v. 20.08.
"Es gebe einen Entwicklungskorridor
zwischen einem minimalen Bevölkerungswachstum von knapp 2.000 Menschen
bis 2040 in der optimistischen Prognose und einem Sinken um knapp
116.000 Menschen in der pessimistischen Variante. Die sogenannte
Standardvariante geht von knapp 80.000 Menschen weniger in
Mecklenburg-Vorpommern bis 2040 aus. Danach würde die Einwohnerzahl
von 1,61 Millionen Menschen im Jahr 2017 auf ca. 1,58 Millionen im
Jahr 2030 und bis 2040 auf ca. 1,53 Millionen Einwohner sinken. Das
sind minus zwei Prozent bis 2030, minus fünf Prozent bis 2040, beides
im Vergleich zu 2017",
wird der Minister zur
5. Bevölkerungsprognose Mecklenburg-Vorpommern 2040 zitiert.
JUNG,
Hagen (2019): Und wieder verschwinden Bahnstrecken.
Mecklenburg-Vorpommern: Aus für Verbindungen im Nordosten beantragt
- Unternehmen: Land will dort keine Züge fahren lassen,
in:
Neues Deutschland
v. 20.08.
Hagen JUNG beziffert die Stilllegungen in Mecklenburg-Vorpommern seit
1994 auf rund 300 Kilometer.
"Die
Strecken zwischen Parchim und
Malchow im Kreis Mecklenburgische Seenplatte, wo der Zugverkehr
seit 2014 wegen mangelnder Auslastung ruht, sowie zwischen
Güstrow/Kreis Rostock und Plau am See im Kreis Ludwigslust-Parchim
sollen offiziell stillgelegt werden. Das hatte die Betreiberfirma, die
Regio-Infra-Nordost, zwar schon im Frühjahr angekündigt, hat aber erst
jetzt die dafür nötige Genehmigung des Landes beantragt. Das Ja des
Ministeriums zum Aus der Strecken ist so gut wie sicher",
berichtet JUNG.
Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung (Hrsg.)(2019):
Teilhabeatlas Deutschland. Ungleichwertige Lebensverhältnisse und
wie die Menschen sie wahrnehmen
MÜLLER, Burkhard (2019): Manche strauchelten heftig.
Woher kommt die Wut im Osten? Der Soziologe Steffen Mau über
die Rostocker Neubausiedlung Lütten Klein, in der er
aufgewachsen ist,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 21.08.
Mau betont, dass er für sein Buch mit Dutzenden früheren und
gegenwärtigen Bewohnern der Siedlung gesprochen habe; aber deren
Beiträge bleiben marginal in einer Weise, die an Herablassung
grenzt. Als der junge Student während der Ausländerjagden von
1992 mit dem Rad nach Lichtenhagen fährt, das gleich neben
Lütten Klein liegt - eine einmalige Gelegenheit! - vermag er
weder als Landsmann noch als Augenzeuge noch als Soziologe viel
Erhellendes zur Lage beizusteuern; alles geht irgendwie
durcheinander.
Auch sonst trägt das Buch Züge mangelnder Reflexion",
meint
Burkhard Müller zum Buch
Lütten Klein.
BLECKMANN,
Philip (2019): Verblühende Landschaften.
Aufbau Ost: Ökonomen und Wirtschaftsverbände befürchten, dass die
Wahlerfolge der AfD im Osten Investoren abschrecken. Zwei
Neu-Unternehmer in Mecklenburg-Vorpommern lassen sich davon nicht
entmutigen,
in:
Handelsblatt
v. 09.09.
"Kilometerlange Sandstrände,
idyllische Buchten und die mondänen Dreikaiserbäder - die Insel Usedom
ist ein Ferienparadies und wird jedes Jahr von mehreren Hunderdtausend
Urlaubern aus dem In- und Ausland besucht. Für Daniel Kiefer und
Carsten Stifter ist die Insel Usedom zu einer neuen beruflichen Heimat
geworden. Die beiden erfolgreichen Manager aus Schleswig-Holstein
haben ihre Karrieren in internationalen Konzernen gegen die Übernahme
des mittelständischen Unternehmens Gerso getauscht - ein Schritt, den
sich nur wenige Manager zu gehen trauen. (...).
Für das vergangene Jahr zählte die Förderbank KfW in Deutschland
547.000 Neugründungen von Unternehmen - ein Rückgang von zwei Prozent
im Vergleich zu 2017, mit weiter sinkender Tendenz. (...).
Der Strukturwandel und der oft mangelhafte Ausbau der Infrastruktur im
ländlichen Raum stellt (...) einige Herausforderungen. (...).
Der aktuelle
Prognos-Zukunftsatlas (zeigt): Besonders der Osten der
Bundesrepublik schneidet in vielen Kategorien schlecht ab. Auch der
Landkreis Vorpommern-Greifswald, in dem die Insel Usedom und der
Betrieb der beiden Jungunternehmer liegt, ist da keine Ausnahme",
berichtet Philip BLECKMANN über das
Problem der Übergabe von Familienunternehmen.
WYSSUWA,
Matthias (2019): Nicht mit irgendjemandem, aber mit der AfD
schon.
Mecklenburg-Vorpommern: Die Bündnisse der SPD in Sassnitz,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung
v. 20.09.
"Am Dienstag kommender Woche geht
es in der Stadtvertretung von Sassnitz auf Rügen darum, die
Hauptsatzung und die Geschäftsordnung der Stadt neu zu fassen, dafür
setzt sich die SPD ein. (...) Doch (...) die insgesamt sieben Anträge
(...) (bringt) die SPD (...) zusammen mit der AfD ein. Und die
Aufregung ist groß. (...).
Die Lage für die SPD in der Stadtvertretung ist (...) schwierig. Bei
der vergangenen Kommunalwahl im Mai war sie nur auf 15,5 Prozent der
Stimmen gekommen, die AfD auf 14,4. Das bedeutet für beide Parteien
jeweils drei von insgesamt 21 Abgeordneten. Stärkste Kraft mit knapp
20 Prozent war die Linkspartei geworden, die CDU hatte 18 Prozent -
sie haben nun jeweils vier Abgeordnete. Doch die Zusammenarbeit der
SPD mit der AfD und weiteren Wählergruppen im Stadtparlament hat (...)
auch dazu geführt, dass die SPD einen Ausschussvorsitz erhalten hat.
Die größere Linkspartei hingegen nicht",
berichtet Matthais WYSSUWA.
Fünf Tage später berichtet der NDR über die Sitzung, bei der die
Anträge nicht eingebracht wurden.
PERGANDE,
Frank (2019): Umstandslose Abrissbirne.
Steffen Maus Studie über das DDR-Wohnviertel Lütten Klein steckt
voll anregender Provokationen,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung
v. 08.10.
BOLZ, Hendrik (2019): "Gewalt konnte jederzeit hereinbrechen"
Mecklenburg-Vorpommern: Hendrik Bolz wohnte bis zum 15.
Lebensjahr im Plattenbauviertel. "Sieg Heil"-Rufe vom Spielplatz
wiegten ihn in den Schlaf,
in:
Freitag Nr.41 v. 10.10.
|
Stralsunder
Plattenbauten am Stadtwald, Foto: Bernd Kittlaus 2019 |
"Ich bin 1988 in Leipzig geboren,
in meiner Geburtsurkunde steht also noch DDR; seit ich denken konnte,
lebte ich aber in der BRD in Stralsund an der Ostsee. (...).
Bis zu meinem 15. Lebensjahr wohnten wir im Plattenbauviertel, ich
besuchte die Rosa-Luxemburg-Grundschule, unweit der Kaufhalle. (...).
Wer immer noch nicht weiß, wie es so war, der Generation Wende
anzugehören, der Generation Springerstiefel, Lichtenhagen, NSU, also
der Menschen, die ihre Kindheit in der DDR verbrachten und in deren
Pubertät die beiden Systeme kollidierten, dem kann ich nur wärmstens
empfehlen, bei Peter Richter, Clemens Meyer und Daniel Schulz
nachzulesen. Ihre Erzählungen sind geprägt von Werteverlust,
Orientierungslosigkeit, Konflikten auf der Straße, Zusammenbruch der
Autoritäten und anarchischen Zuständen. (...).
Ich gehöre einer anderen Generation an. (...) (A)ls in Lichtenhagen
das Sonnenblumenhaus brannte, machte ich erste Erfahrungen mit Messer
und Gabel. (...).
Neonazis kenne ich aber ebenfalls nicht nur aus Filmen. (...).
Landauf, landab machten die Betriebe dicht, drei von vier Ostdeutschen
verloren in den ersten Jahren nach der Wende ihren angestammten
Arbeitsplatz und damit das, was in der DDR Lebensmittelpunkt und
Identität bedeutet hatte. In kürzester Zeit fand ein Abstieg vom
industriellen Musterland des Ostblocks zum deindustrialisierten
Sorgenkind am Tropf des Westens statt. Wer mobil war, suchte
spätestens jetzt sein Glück drüben, vor allem Frauen und Abiturienten
zogen reihenweise fort. Auch der Stralsunder VEB Volkswerft wurde
holpernd privatisiert, viele Leute entlassen. (...).
Unser grauer Plattenbau bekam pastellgelben Putz, wenig später hatte
jemand groß und gut sichtbar »Lieber stehend sterben als kniend leben«
drangesprüht. (...). Es war jetzt 1998 (...) und ich kam aufs
Gymnasium. Es folgten zehn Jahre, in denen Faschos sukzessive an
Coolness verloren und vermeintlich aus dem Stadtbild verschwanden, die
Jugendarbeitslosigkeit voll reinkrachte, Rap aus Berlin die Onkelz
ablöste (...).
Zehn Jahre (...) an deren Ende die klassische Frage »Gehen oder
Bleiben?« stand und ich, wie unendlich viele vor und nach mir, in den
Westen gezogen bin. Meine Grundschule, meinen Kindergarten, meinen
Hort und auch mein erstes Gymnasium gab es da schon lange nicht mehr",
beschreibt uns der Rapper seine
biografischen Stationen bis zum Weggang in den Westen.
JUNG, Hagen (2019): Das Ehrenamt im Osten ankurbeln.
Mecklenburg-Vorpommern: Eine Stiftung des Bundes kommt nach
Neustrelitz. Sie soll das bürgerliche Engagement in ganz Deutschland
fördern,
in:
Neues Deutschland v. 11.10.
Hagen JUNG berichtet über den geplanten Sitz der Deutschen Stiftung
für Engagement und Ehrenamt im Carolinenpalais von Neustrelitz. Dort
sollen rund 100 Beschäftigte einen Arbeitsplatz erhalten. Die 32
Millionen Euro im Bundeshaushalt müssen jedoch noch im Bundestag
verabschiedet werden.
"Begrüßt
wird der Zuzug einer Bundeseinrichtung auch in der rund 22.000
Einwohner zählenden Stadt, die nach der Wende unter dem Verlust von
Einrichtungen und Betrieben sehr gelitten hatte. So verlor Neustrelitz
beispielsweise die Poliklinik, einige Schulen mussten aufgrund
mangelnder Schülerzahlen geschlossen werden, und die Belegschaft des
Bahnbetriebswerkes schwand von etwa 1.000 auf nur noch 70
Mitarbeiter",
erzählt
uns JUNG.
Neustrelitz gehört zu den zehn größten Städten in
Mecklenburg-Vorpommern und gehört gerade noch zu den Mittelstädten.
Bis 2011 war Neustrelitz die Kreisstadt des Landkreises
Mecklenburg-Strelitz. Seit 2011 gehört die Stadt zum
problembeladenen Großkreis Mecklenburgische Seenplatte. Die aktuelle
5. Landesprognose geht für den Kreis vom größten
Bevölkerungsrückgang in Mecklenburg-Vorpommern aus.
KERSTEN, Jens/NEU, Claudia/VOGEL, Berthold (2019): Gleichwertige
Lebensverhältnisse - Für eine Politik des Zusammenhalts,
in: Aus Politik und
Zeitgeschichte Nr.46 v. 11.11.
ELSNER, Katharina (2019): Der Tod der Beeren.
Mecklenburg-Vorpommern: Sanddorn gilt als Vitamin-C-Bombe, reif
sind die Früchte im Herbst. Doch in Nord- und Ostdeutschland,
selbst in China sterben die Pflanzen - und niemand weiß, warum,
in:
TAZ v.
11.11.
Katharina ELSNER über das Sanddornsterben aus der Landgemeinde
Marlow im Landkreis Vorpommern-Rügen.
HOLTMANN, Everhard (Hrsg)(2019: Die Umdeutung der Demokratie.
Politische Partizipation in Ost- und Westdeutschland, Frankfurt a/M:
Campus Verlag
Das Buch beansprucht die regionalen Unterschiede in Ost- und
Westdeutschland auch auf der Gemeindeebene hinsichtlich Partizipation
und Wahlentscheidung zu erklären. Im Mittelpunkt stehen die
Bundestagswahlen 1994 - 2017, d.h. die wirklichen Unterschiede wie sie
bei Landtagswahlen und Kommunalwahlen zutage treten, interessieren
hier nur am Rande. Im Vordergrund steht die bundesweite Bedeutung des
Wählerverhaltens.
Der Aufsatz von Isabel KLEINE &
Rebekka HEYME befasst sich mit Ostdeutschland als Thema der
Wahlberichterstattung, die sich auf überregionale Tageszeitungen (FAZ,
SZ, Welt und taz), regionale Tageszeitungen (Tagesspiegel, Sächsische
Zeitung und Mitteldeutsche Zeitung) sowie Wochenzeitungen und
-magazine (ZEIT, Spiegel, Focus, Stern und SuperIllu) stützt. Bereits
die Auswahl der regionalen Tageszeitungen ist hochgradig selektiv und
deckt vor allem Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt ab, während
Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern als irrelevant ignoriert werden.
Statt die Vorwahlberichterstattung
zu berücksichtigen, kommt nur die Nachwahlberichterstattung in den
Fokus der Medienanalyse. Entsprechend ist die Medienanalyse
halbherzig, denn die blinden Flecken und ihre Folgen für das
Wählerverhalten bleibt außen vor. Die Ergebnispräsentation ermöglich
außerdem nicht den Nachvollzug der Erkenntnisse, sondern der Leser
muss das Gelesene glauben - oder es bleiben lassen.
Der Aufsatz von Matthias BRACHERT
beschäftigt sich mit den Bestimmungsgründen regionaler Unterschiede
der politischen Partizipation in Deutschland, so die Überschrift des
Kapitels 7. Bei der räumlichen Differenzierung wird auf die
Stadt- und Gemeindetypen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und
Raumforschung (BBSR) zurückgegriffen. Die Einteilung in 5 Typen
(Groß-, Mittel-, größere und kleinere Kleinstädte und Landgemeinden)
sollen Größenverhältnisse und Funktionen abbilden. Problematisch an
dieser Kategorisierung ist, dass die Unterschiede auf Landesebene
dabei unberücksichtigt bleiben. So besitzt Mecklenburg-Vorpommern eine
ganz andere Stadt- und Gemeindestruktur wie z.B. Nordrhein-Westfalen
(mehr
hier).
Hinsichtlich des Wählerverhaltens
heißt es zu Mecklenburg-Vorpommern:
"Hier betrug die Wahlbeteiligung an
der Bundestagswahl 2017 knapp 71 Prozent. Im Ländervergleich ist dies
der drittniedrigste Wert vor Sachsen-Anhalt und Bremen. In
Mecklenburg-Vorpommern - wie auch für Thüringen - ist die räumliche
Streuung der Partizipation deutlich ausgeprägter. (...). Gemeinden mit
unterdurchschnittlicher Wahlbeteiligung lieben insbesondere in
Vorpommern und auf der Mecklenburgischen Seenplatte. Im westlichen
Teil Mecklenburg-Vorpommerns, besonders in Gemeinden nahe den großen
Städten Schwerin und Rostock, fiel hingegen die Wahlbeteiligung im
Schnitt höher aus." (S.238)
Als Bestimmungsgründe des
Partizipationsverhaltens werden Altersstruktur (Jugendquotient unter
20-Jahre , Altenquotient 65+), Bildungsniveau (Anteil AkademikerInnen
anhand der Daten der Agentur für Arbeit), Arbeitslosigkeit
(Arbeitslosigkeitsquote und Anzahl sozialversicherungspflichtig
Beschäftigter), Wirtschaftsstruktur (Klassifikation nach
Wirtschaftszweigen), Gemeindegröße und Migration (Anteil der Ausländer
am Arbeitsmarkt im Verhältnis zu SGB II und III-Empfänger,
Sozialversicherungsbeschäftigten und Arbeitslosen) in die Analyse mit
einbezogen.
Es zeigen sich gravierende
Unterschiede bei den Parteipräferenzen. Ob die Ergebnisse jedoch auf
Wahlen neueren Datums anwendbar sind, ist fraglich, weil sich die
Wählerstruktur der Parteien im Fluss befindet.
Aufschlussreicher dürfte die
Differenzierung der Regionen hinsichtlich Krisenereignisse sein. So
wird zwischen "Regionen mit umfassenden Transformationsschocks"
(unteres Drittel der Kreise) und "Transformationsgewinnerregionen"
(oberes Drittel der Kreise) und eine dritte Kategorie dazwischen
unterschieden. Folgende Regionen werden dabei zu den beiden
Extremkategorien gezählt:
Regionskategorie |
Landkreis/kreisfreie
Stadt |
Bundesland |
Region mit
umfassenden Transformationsschocks |
Cottbus |
Brandenburg |
Frankfurt an der Oder |
Spree-Neiße |
Uckermark |
Schwerin |
Mecklenburg-Vorpommern |
Anhalt-Bitterfeld |
Sachsen-Anhalt |
Dessau-Roßlau |
Mansfeld-Südharz |
Salzlandkreis |
Stendal |
Altenburger Land |
Thüringen |
Gera |
Kyffhäuserkreis |
Saalfeld-Rudolstadt |
Suhl |
Transformationsgewinnerregionen |
Barnim |
Brandenburg |
Dahme-Spreewald |
Havellandkreis |
Oberhavel |
Potsdam |
Potsdam-Mittelmark |
Teltow-Fläming |
Dresden |
Sachsen |
Leipzig, Landkreis |
Leipzig, Stadt |
Sächsische
Schweiz-Osterzgebirge |
Rostock, Landkreis |
Mecklenburg-Vorpommern |
Börde |
Sachsen-Anhalt |
Eichsfeld |
Thüringen |
Jena |
Weimar |
Die Zuordnung der
Landkreise/kreisfreien Städte zu den Kategorien lässt sich nicht
unbedingt nachvollziehen. Schwerin gehört im Vergleich zu Landkreisen
wie Vorpommern-Greifswald oder Mecklenburgische Seenplatte nicht
gerade zu den Verlierern der Transformation. Die Großstadt Rostock
schneidet gewöhnlich besser ab als der Landkreis Rostock.
Die Erklärung der Ungereimtheiten
mag an der unterschiedlichen Herangehensweisen liegen. Als Indikator
für den Wiedervereinigungsschock wird die Bevölkerungsentwicklung seit
1990 betrachtet. Die Finanzkrise wird dagegen als
Erwerbstätigenentwicklung seit 2007 operationalisiert.
Schwerin verlor vom 01.01.1990
(129.492 Einwohner) und Ende 2017 (95.797) rund 26 % der Bevölkerung.
Die Landkreise Vorpommern-Greifswald und Mecklenburg-Vorpommern sind
erst 2011 entstanden und ein Vergleich ist aufgrund der Aufteilung des
Landkreises Demmin auf beide Kreise problematisch. Der Landkreis
Vorpommern-Rügen wird in diversen Rankings ähnlich strukturschwach
eingeordnet als die beiden anderen Kreise. 1990 gehörten die
Landkreisbewohner der Hansestadt Stralsund (74.566 Einwohner) und den
Landkreisen Nordvorpommern (123.665) und Rügen (87.248) an. Vom
01.01.1990 (285.479) bis Ende 2017 verlor der Landkreis rund 21 % der
Bewohner (225.123). Die
Landesprognosen sehen die Entwicklung in Vorpommern-Greifswald und
Mecklenburger Seenplatte wesentlich dramatischer als die Situation in
Schwerin. In solchen Prognosen spiegeln sich eher die Entwicklungen
der Vergangenheit und aufgrund ihrer medialen Verbreitung sorgen sie
zudem für ein Klima der Angst.
Fazit: Das Buch gibt Einblicke zum
Stand der politikwissenschaftlichen Forschung und den Versuch die
Veränderungen der Parteienlandschaft - insbesondere in Ostdeutschland
- zu erklären. Es zeigt sich jedoch, dass ostdeutsche Flächenländer
wie Mecklenburg-Vorpommern und
Thüringen
nicht ernst genommen werden. Diese Ignoranz beruht auf dem Glauben,
dass die dortigen Entwicklungen bundesweit schlichtweg keine Relevanz
haben. Das könnte
sich jedoch als Irrtum erweisen.
MAIER,
Antje (2019): Die eigenen Leute.
Steffen Mau und Ilko-Sascha Kowalczuk beleuchten ihre ostdeutsche
Herkunft und gehen der Frage nach, wie aus dem Momentum des Aufbruchs
ein Gefühl des Scheiterns werden konnte,
in: TAZ
v. 15.11.
"Lütten Klein ist einer jener am Reißbrett entworfenen
Idealstädte, in denen Arbeit und Leben der sozialistischen
Menschengemeinschaft ihren Platz finden sollten. 26.000 Menschen
lebten dort, heute sind es noch 17.000.
Man hat die Namen dieser mittlerweile mitunter als Unorte begriffenen
Städte im Ohr: Hoyerswerda, Eisenhüttenstadt, Schwedt an der Oder,
Halle-Neustadt. Es sind heute Gegenden, die mit ihrem harten Image zu
kämpfen haben - Mau verwahrt sich ausdrücklich gegen abfällige
Bezeichnungen wie Platte, Fickzelle, Arbeiterschließfach. Zu ihrer
Zeit waren die Neubaugebiete gelebte Moderne für arbeitende Menschen
mit Kindern und Interessen. Heute werden dort die sozialen Ränder
vermutet - was nicht zwangsläufig stimmt. Schon gar nicht in einer
Stadt am Meer wie Rostock",
meint Antje Maier zum Buch
Lütten Klein von Steffen MAU.
SCHMIEGEL, Cathrin (2019): Ortskontrollfahrt.
Heimat: Lübtheen in
Mecklenburg ist bekannt für Waldbrände, die NPD im Stadtrat und
einen Mangel an jungen Frauen. Die Zurückgelassenen treffen sich
an der Tankstelle und hoffen, dass sich nichts verändert,
in:
Spiegel Nr.47 v.
16.11.
"Lübtheen, eine Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern, 4.898
Einwohner, eine Autostunde von Schwerin entfernt. (...).
Als die Mauer fiel (...), sind viele Menschen von hier
weggezogen. Sie sind über die nur wenige Kilometer entfernte
Grenze in den deutschen Westen oder ins Ausland. Sie gingen weg
von den bröckelnden Hausfassaden, weg von dem Zwang, diesen Ort
im Elbtal für den Rest ihres Lebens auszuhalten.
Vor allem die Frauen sind verschwunden, verschwinden immer noch.
Heute ist Lübtheen der Ort mit den wenigsten Frauen zwischen 20
und 39 Jahren in ganz Ostdeutschland. Auf jede Frau in diesem
Alter kommen in Lübtheen fast zwei Männer.
Was machen junge Männer in einer Stadt, aus der die jungen
Frauen fortgehen? (...).
Es sind diese Menschen, um die sich die Politik sorgt. Bei denen
sie fürchtet, dass sie der Demokratie abhandenkommen könnten.
Die den anderen hinterhersehen, die gegangen sind, die vom Staat
nichts erwarten. (...). Die dann AfD wählen - oder gleich die
NPD, die hier in Lübtheen im Stadtrat sitzt. (...).
Vor 13 Jahren hat sich die Partei (...) in den Ort geschlichen,
machte ihn deutschlandweit bekannt als NPD-Hochburg, die
Funktionäre haben Wohnungen und Häuser gekauft, sind für die
Lübtheener von Fremden zu Nachbarn geworden. (...).
Bei der Kommunalwahl im Mai kam die NPD auf elf Prozent der
Stimmen. (...).
Hiergeblieben sind die, die ihr Geld im Schichtbetrieb und im
Handwerk verdienen, manche bei den zwei großen Arbeitgebern im
Ort: beim Kosmetikartikelhersteller Dankwardt oder bei Brüggen,
die Lkw-Trailer produzieren, wo sie sich die Schichten mit
Zeitarbeitern aus Bulgarien und Slowenien teilen",
berichtet Cathrin SCHMIEGEL,
die uns eine Clique dieser Jungmänner in der Landstadt
Lübtheen vorstellt. Ihr vernichtendes
Resümee:
"Sie reden, weil nur Reden
ihnen die Gewissheit gibt, das noch jemand da ist.
Dass es ein Leben jenseits von Großstädten, Parteienstreit und
Aufstiegshoffnung gibt - ein Leben zwischen Tankstelle,
Wurtwärmer und Grillrost."
HEILIG, René (2019): Xi'an - Mukran in nur zwei Wochen.
Mecklenburg-Vorpommern: Ignoriert von der Bundespolitik:
Hafen auf Rügen ist ein neuer Endpunkt der chinesischen
Seidenstraße,
in:
Neues Deutschland v. 18.11.
"Alexej Grom (...) ist Geschäftsführer der United Transport and
Logistics Company - Eurasia Rail Alliance, kurz UTLC ERA. Die
ist der größte Dienstleister für Containertransporte zwischen
China und Europa und damit ein wichtiger Teil von Chinas
Seidenstraßen-Strategie. In Groms Aktiengesellschaft sind die
Eisenbahngesellschaften Russlands, Belarus' und Kasachstans zu
gleichen Teilen verbunden.
(...).
Mecklenburg-Vorpommern ist selbst in guten Zeiten finanziell
stets klamm. Muss man da nicht über einen ersten Containerzug
hinausdenken? (...).
Schwerins Infrastrukturminister Christian Pegel (SPD) (...)
betont, man wolle Mukran keineswegs verkaufen, sondern aus
eigener Kraft neu beleben",
berichtet René HEILIG über
Mukran, einen Hafen in einem Ortsteil von
Sassnitz.
HEILIG, René (2019): Mukran Port.
Mecklenburg-Vorpommern: Seit Jahrzehnten befristete Lösungen
und Provisorien,
in:
Neues Deutschland v. 18.11.
"Der Fährhafen (...) - seit 2016 von der Fährhafen Sassnitz GmbH
als »Mukran Port« betrieben - liegt an der Prorer Wiek. Er ging
1986 (...) in Betrieb. (...). Fünf (...) Eisenbahnfähren
befuhren die Route Mukran - Klaipeda.
Die DDR ging unter, die Sowjetunion gleichfalls. Klaipeda ist
Bestandteil Litauens. Mukran schien am Ende. (...).
Glück im Unglück: Der benachbarte Sassnitzer Stadthafen konnte
den Fährverkehr nach Skandinavien nicht mehr bewältigen. 1995
wurde in Mukran ein neues Terminal gebaut. (...). Bei Nord
Stream 2 hofft man nun (...) auf lange Frist.
Mukran war seit 2016 der geeignete Platz, um die für die
Pipelines benötigten Stahlrohre aus dem Ruhrgebiet zu empfangen
und zu lagern. (...). Auch für den Bau von Offshore-Windparks
ist Mukran derzeit ein gefragter Stützpunkt. (...).
Dass der Fährhafen auf Rügen nun zu einem Teil des
transkontinentalen Projektes »Neue Seidenstraße« werden kann,
eröffnet neue Möglichkeiten, die nicht zeitlich befristet sind.
(...). Derartige (...) Hoffnungen stoßen sich natürlich mit
Erwartungen von Naturschützern und all jenen, die Rügen vor
allem mit touristischen Ambitionen betrachten",
beschreibt René HEILIG die
Entwicklungen des Mukran Port in Sassnitz.
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