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Kommentierte Bibliografie

 
       
   

Die Reproduktionsmedizin und die Fruchtbarkeitskrise

 
       
   

Eine Bibliografie der Debatte um Geburtenrückgang und ungewollte Kinderlosigkeit (Teil 4)

 
       
     
   
     
     
 

Einführung

Seit 1978 das erste "Retortenbaby" geboren wurde, ist die künstliche Befruchtung zum Alltag von Reproduktionsmedizinern in der ganzen Welt geworden. Dies hat auch den Blick auf die Kinderlosigkeit verändert. Diese Veränderung des Blicks auf Kinderlose und die Einflüsse von Professionsinteressen und bevölkerungspolitischen Interessen sollen in dieser kommentierten Bibliografie im Vordergrund stehen.

Kommentierte Bibliografie (Teil 4 - 2006 bis 2007)

2006

KRUMPHOLZ-REICHEL, Anja (2006): "Frauen stehen unter dem sozialen Druck, ein gesundes Kind auf die Welt bringen zu müssen".
Ein Gespräch mit der Humangenetikerin Sigrid Graumann über die Risiken der Pränataldiagnostik,
in: Psychologie Heute, Nr.2, Februar

WELTWOCHE-Titelgeschichte: Ich heisse Rea Genzglas

MÜLLER, Franziska K. (2006): "Gott wird's verkraften".
Carl Djerassi, Erfinder der Antibabypille, glaubt an medizinische Reproduktionshilfe respektive In-vitro-Fertilisation,
in: Weltwoche Nr.7 v. 16.02.

MÜLLER-GERBES, Heidi (2006): Kinderwunsch.
"Die Hoffnung nicht verlieren und weitermachen",
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 07.03.

Heidi MÜLLER-GERBES berichtet über das hessenweit erste Kinderwunschzentrum in Wiesbaden, das von den Gynäkologen Thomas HAHN und Martin SCHORSCH vor 10 Jahren gegründet wurde. HAHN kritisiert das veraltete Embryonenschutzgesetz, das zwar die Selektion von Embryos in der Petrischale verbietet. Nach der Implantation darf der Embryo dagegen abgetrieben werden. Zur "Spermienkrise" hat HAHN ebenfalls eine eigene Meinung:

"Mit der Spermaqualität habe sich die Wissenschaft noch gar nicht lange genug beschäftigt, um dazu fundierte Aussagen machen zu können. »Ich will das mal etwas ketzerisch sagen: Das war schon immer nicht so toll.« Nur früher sei es eben immer der Frau angelastet worden, wenn sie nicht schwanger wurde. Heute wisse man, daß die Männer zu gut 50 Prozent an der ungewollten Kinderlosigkeit beteiligt seien." 

BLUME, Jutta (2006): Geschenktes Leben, verschenkte Gesundheit.
Der Stoff, aus dem die Träume sind:
Die einen wünschen sich Kinder, die anderen versprechen Heilung - Eizellen sind eine fast normale Ware auf dem Gewebemarkt,
in: Freitag Nr.10 v. 10.03.

Jutta BLUME berichtet über die Lage der Reproduktionsmedizin in Großbritannien, wo nur die nichtkommerzielle Eizellspende erlaubt ist:

"Seit Beginn des Jahres 2005 läuft die Kampagne »Give Life - Give Hope« (»Verschenke Leben - Verschenke Hoffnung«). Würden nur 0,01 Prozent der fruchtbaren Bevölkerung Großbritanniens spenden, rechnet die Gesundheitsbehörde vor, könnte der nationale Bedarf an Ei- und Samenzellen gedeckt werden. Rosa Plakate, auf denen hüpfende Kinder Elternglück versprechen, sollen dazu animieren, dass Paare anderen Paaren zu Nachwuchs verhelfen."

EGAN, Jennifer (2006): Wanted: A Few Good Sperm,
in: New York Times Magazine v. 19.03.

"Between 1999 and 2003 there was an almost 17 percent jump in the number of babies born to unmarried women between ages 30 and 44 in America, according to the National Center for Human Statistics, while the number born to unmarried women between 15 and 24 actually decreased by nearly 6 percent. Single Mothers by Choice, a 25-year-old support group, took in nearly double the number of new members in 2005 as it did 10 years ago, and its roughly 4,000 current members include women in Israel, Australia and Switzerland. The California Cryobank, the largest sperm bank in the country, owed a third of its business to single women in 2005, shipping them 9,600 vials of sperm, each good for one insemination. As recently as the early 60's, a »respectable« woman needed to be married just to have sex, not to speak of children; a child born out of wedlock was a source of deepest shame. Yet this radical social change feels strangely inevitable; nearly a third of American households are headed by women alone, many of whom not only raise their children on their own but also support them. All that remains is conception, and it is small wonder that women have begun chipping away at needing a man for that — especially after Sylvia Ann Hewlett's controversial 2002 book, »Creating a Life: Professional Women and the Quest for Children,« sounded alarms about declining fertility rates in women over 35", fasst Jennifer EGAN die Zunahme freiwilliger Single-Mütter in den USA zusammen.

MAGERL, Sabine (2006): Mit 37 hat man (kaum) noch Träume.
Mädels, wie die Zeit vergeht! Für Kinder ist es bald zu spät. Über das entscheidende Jahr im Leben einer Frau,
in: SZ-Magazin Nr.16 v. 24.03.

Die 37jährige Sabine MAGERL erschrickt angesichts einer von Frank SCHIRRMACHER mit seinem Pamphlet Minimum ausgelösten Debatte über eine Statistik, die zu diesem Zeitpunkt bereits umstritten war:

"Meine Krise begann mit einer Statistik, mit ein paar blanken Zahlen. Mehr als vierzig Prozent der Akademikerinnen hierzulande, las ich in der Statistik, sind kinderlos. Das wissen wir doch, dachte ich. Darüber wird im Moment viel geschrieben, viel gesprochen – der »demografische GAU« wird das immer genannt. An jenem Tag aber, an dem ich in die Statistik blickte, stach mir diese Zahl mitten ins Herz. Es war mein 37. Geburtstag. Mir wurde klar: In dieser Statistik, da ging es um mich, um so viele in meinem Freundeskreis: Ich, wir, waren Teil eines ziemlich deprimierenden Zahlenwerks – Teil dessen, was in Deutschland als Grundübel unserer überalternden Gesellschaft erkannt wird. Plötzlich war klar: Ich war schuld. Aber warum?"

Sabine MAGERL, gehört zu jenem Frauenjahrgang der 1968Geborenen, die den Wendepunkt in Sachen Kinderlosigkeit in Deutschland bedeutet - was man bereits Anfang des Jahrtausends hätte wissen können. Für Baden-Württemberg liegen sogar genauere Daten vor. Man darf deshalb bezweifeln, dass SCHIRRMACHERs Buch hilfreich war, eher das Gegenteil, weil es den Stress und die Verzweifelung ungewollt kinderloser Paare zusätzlich erhöht hat.

"Wie viele Paare sich wohl wegen der Kinderfrage trennen? Auf jeden Fall scheint es eines der größten Tabus unserer Generation zu sein, die Frage, warum man kein Kind hat. Darüber spricht niemand gern, und wenn, dann bitte ohne Namen",

meint MAGERL zu ihrer Generation Golf, d.h. jenem Teil des privilegierten Akademikermilieus, der zwischen 1965 und 1975 in Westdeutschland geboren wurde und Anfang des Jahrtausends zur verlorenen Generation stilisiert wurde. Eine Antwort auf die grassierende ungewollte Kinderlosigkeit in Akademikerkreisen sieht MAGERL in der Kinderwunschklinik:

"Da geht hin, wer sein Leben in letzter Sekunde retten will – als könnte man sich den Nachwuchs noch termingerecht bestellen, so wie wir es mit unseren Steuervergünstigungen immer gemacht haben, gerade noch rechtzeitig vor Ablauf der Frist. Allein im Jahr 2003 stieg die Zahl der Kinderwunschbehandlungen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um ein Drittel an",

merkt MAGERL an, ohne jedoch darauf hinzuweisen, dass dieser außergewöhnliche Anstieg lediglich Ausdruck von Mitnahmeeffekten angesichts der damals bevorstehenden Leistungskürzungen im Gesundheitsbereich war. Das Kennzeichen der Klientel von Kinderwunschpraxen wird als "kollektive Verzweifelung" beschrieben. Antworten auf die Frage nach dem Warum sucht MAGERL bei dem Schweizer Familiensoziologen François HÖPFLINGER und dem Soziologen Thomas KLEIN, der die Instabilität von Partnerbeziehungen für die hohe Kinderlosigkeit verantwortlich macht.

MAGERL beschreibt das Leben der 1968Geboren als Lebensspirale im Sinne des US-amerikanischen Single-Forschers Peter J. STEIN. Dagegen erscheint das Lebenszyklus-Modell von Erik H. ERIKSON als Ideal derjenigen, die den Terror der Möglichkeiten als Problem erachten (vgl. "Das Ende der Liebe" von Sven HILLENKAMP).

Angesichts des Tickens der biologischen Uhr wird zum einen die Ökonomisierung der Partnersuche und zum anderen das Kinderkriegen ohne Partner als Ausweg gesehen.

Eine bewusste Entscheidung gegen Kinder sieht MAGERL nicht für ihre Generation als typisch an:

"Dass sich Akademikerinnen bewusst gegen ein Kind entscheiden, angeblich ein Drittel – so behaupten es die Statistiken –, habe ich in den Interviews nie gehört. Ich hörte nur von Tränen, schlaflosen Nächten, Depressionen, Psychotherapie, der Angst, die Zeit für ein Kind endgültig zu verpassen."

Am Schluss sieht MAGERL ihre Generation einer kollektiven Torschlusspanik verfallen:

"Und nun gibt es das bittere Erwachen, Reset, in einer wirtschaftlichen Krise, wenn der Job kein Halt mehr ist. Aber eine Familie könnte Halt geben. Das ahnen wir langsam und verfallen in eine kollektive Torschlusspanik."

Bei der nachfolgenden Generation erkennt MAGERL dagegen ein Umdenken. 

MÜLLER, Franziska K. (2006): Der Eizellgänger.
Die Reproduktionsmedizin sorgt dafür, dass Männer überflüssig werden? Es geht auch umgekehrt: Ian Mucklejohn ist ohne die Störfaktoren Sex und Mutter zu drei Söhnen gekommen,
in: Weltwoche Nr.21 v. 25.05.

BERNARD, Sarah & Hugo LINDGREN (2006): Gangs of New York.
Their twins due home from intensive care any minute, an anxious couple considers the high cost - physical, marital, and financial - of multiples,
in: New York Magazine v. 12.06.

BERNARD & LINDGREN berichten über die Folgen der Zunahme von Mehrlingsgeburten im Akademikermilieu aufgrund künstlicher Befruchtung.

BERNDT, Christina (2006): Kinder auf Krankenschein.
Wie Ärzte die Geburtenstatistik aufbessern wollen,
in: Süddeutsche Zeitung v. 26.06.

Anlässlich der Jahreskonferenz der Europäischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin liefert Christina BERNDT auf Seite 1 eine Plattform für die Interessen der Reproduktionsmediziner, die anlässlich der Einschränkung von Kassenleistungen den Geburtenrückgang als Argument für ihre Profitinteressen vereinnahmen:

"Seit Januar 2004 müssen deutsche Paare die Hälfte der Kosten für die rund 3200 Euro teuren Reagenzglasversuche selbst tragen, die bis heute nur in jedem fünften Fall auch den ersehnten Erfolg bringen (...). In der Folge ist die Zahl der in Deutschland geborenen Retortenbabys drastisch zurückgegangen: Statt der 17.600 Kinder, die im Jahr 2003 noch durch »assistierte Fortpflanzung« entstanden sind, waren es 2004 nur noch 9.800."

Obwohl Reproduktionsmediziner aufgrund fehlender amtlicher Statistiken gar nicht ihren Erfolg beziffern können, wird das trotzdem öffentlichkeitswirksam gemacht:

"Die Zahl der Kinder pro Frau lasse sich mit ihrer Hilfe in den kommenden drei Jahren um 0,04 erhöhen, rechnete ein Team um Bill Ledger von der Universität Sheffield vor. Das klingt zunächst wenig, ist in der Tat aber eine stattliche Zahl: Schließlich geht es dabei um gut 20000 Babys - das sind mehr, als in einem Jahr in ganz München geboren werden. In Dänemark, wo europaweit am meisten künstlich befruchtet wird, machen Retortenbabys mehr als drei Prozent aller Geburten aus. Angesichts der drohenden Überalterung der Gesellschaft wären Deutschlands Politiker froh, wenn ihr Elterngeld solch einen Effekt hätte",

meint BERNDT. Doch die Kosten-Nutzen-Rechnungen sind noch weitreichender, wenn Reproduktionsmediziner gar einen ganzen Lebenslauf bezifferbar machen wollen:

"Ein Kind bringe dem Staat umgerechnet etwa 240000 Euro ein, wenn es bis zum 19. Lebensjahr in der Ausbildung ist und dann bis zur Rente einen Job hat. Im üblichen Rahmen krank darf es dabei auch ruhig werden. Die Erzeugung in der Retorte mindere den Ertrag im Durchschnitt nur um 19500 Euro (...). Somit hätte der Staat die Kosten für Entstehung und Heranwachsen des Retortenbabys an dessen 31. Geburtstag wieder raus - nur zwei Jahre später als bei einem natürlich gezeugten Kind."

STABENOW, Michael (2006): Europa braucht mehr Kinder,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 12.07.

Michael STABENOW berichtet über die Werbekampagne der Reproduktionsmediziner Paul DEVROEY und Bart FAUSER, die sich für ein "Europäisches Gremium für Fortpflanzungsfragen (European Fertility Body)" einsetzen.

FRANKFURTER RUNDSCHAU-PLUS: Familienpolitik.
Das klassische Familienbild von Vater, Mutter, Kind hat tiefe Risse erhalten. Patchwork-Familien, alleinerziehende Eltern und hohe Scheidungsraten sind hier zu Lande die Realität. Manche Frauen suchen nicht mehr den Partner fürs Leben, sondern nur noch Samenspender. Höchste Zeit, dass die Parteien ihre Familienpolitik überdenken

HILDEBRANDT, Antje (2006): Samenspender gesucht.
Alleinstehende Frauen verwirklichen ihren Kinderwunsch auch per Internet. Der Nachwuchs hat keinen rechtlichen Anspruch,
in: Frankfurter Rundschau v. 09.08.

"Ob im Kleinanzeigenanteil von Stadtmagazinen oder in einschlägigen Internetforen - überall stößt man auf Aufrufe von lesbischen oder alleinstehenden Frauen. Da klagt eine Krankenschwester im »Kinderwunsch-Weblog«, »Ich will lieber ein Kind großziehen, statt arbeiten zu gehen. Das einzige Problem: Ich bin 31 und habe keinen Mann.« Und im Berliner Stadtmagazin Zitty suchen lesbische Akademikerinnen »sympathische Männer« als Samenspender. »Interesse am Umgang mit dem Kind wäre schön. Recht und Pflichten blieben aber bei uns.«
In der Bundesrepublik werden laut Deutschlem In-Vitro-Register (IVF) pro Jahr etwa 10000 künstlich gezeugte Kinder geboren, knapp 1,5 Prozent aller Geburten. Immer öfter erfüllen sich auch lesbische oder alleinstehende Frauen den Kinderwunsch mit Hilfe der Reproduktionsmedizin. Petra Bentz vom Feministischen Frauenzentrum spricht von einem regelrechten Trend. Jedes Jahr berät die Sozialpädagogin etwa 60 Frauen mit Kinderwunsch. Waren es bis 2004 ausschließlich lesbische Paare, kommt inzwischen jede fünfte Anfrage von einer heterosexuellen Single-Frau. (...).
Anders als in den USA, wo die »Single Mothers by Choice« seit 25 Jahren Lobby-Arbeit für alleingebärende Mütter leisten und immer mehr Staatsanwältinnen, Chefärztinnen und Unternehmerinnen als Anhängerinnen rekrutieren, kommen Bentz' Klientinnen aus allen Schichten, von der Hartz IV-Empfängerin bis zur Fernsehjournalistin",
berichtet Antje HILDEBRANDT.

MÜLLER-LISSNER, Adelheid (2006): Zeit fürs Baby.
Keine Hektik: Eine Studie belegt, dass viele Paare mit der künstlichen Befruchtung länger warten können,
in: Tagesspiegel v. 22.08.

"Bei zehn von 100 Paaren, die sich ein Kind wünschen, tritt die ersehnte Schwangerschaft auch nach einem Jahr nicht ein. Das ist jedoch nicht immer ein Grund für eine künstliche Befruchtung", berichtet MÜLLER-LISSNER mit Verweis auf eine niederländische Studie.

BÜNGER, Reinhart (2006): Wenn nichts mehr fruchtet.
Reproduktionsmediziner helfen, wenn der Kinderwunsch unerfüllt bleibt – allerdings nicht mit allen Mitteln,
in: Tagesspiegel v. 22.08.

Anlässlich eines bevorstehenden Gerichtsurteils zur Kostenerstattung bei künstlicher Befruchtung, bringt Reinhart BÜNGER die niedrige Geburtenrate ins Spiel. Der Kostenerstattung wird dabei eine wichtige Rolle zu deren Erhöhung zugeschrieben:

"Statistisch gesehen, gibt es in der Bundesrepublik Deutschland keinen Trend, der auf mehr Nachwuchs in den kommenden Jahren schließen ließe. Deutsche Paare sind – ob verheiratet oder unverheiratet – oft nicht in freudiger Erwartung, wenn es um Kinder geht. Die demografische Abwärtsspirale dreht sich seit 1972. Deutschland trägt in Europa bei der Geburtenrate die rote Laterne. Nach einer Studie der Robert-Bosch-Stiftung erwartet nur noch eine Minderheit von einem Viertel der Männer und Frauen, dass ein erstes oder weiteres Kind ihre Lebensfreude und -zufriedenheit verbessern würde. Hinzu kommt, dass die Reproduktionsmedizin in Deutschland zu fünfzig Prozent von den Paaren selbst bezahlt werden muss. Im Jahr 2002 wurden noch rund 85.000, im Jahr 2003 dann 105.000 künstliche Befruchtungen vorgenommen. Die Zahl halbierte sich dann nahezu auf 59.000 nachdem die Bundesregierung die Kostenübernahme auf 50 Prozent gesenkt hatte. In der Folge wurden 2004 nun noch 6.000 künstlich gezeugte Kinder geboren, 2003 waren es noch rund 16 000. Wirtschaftswissenschaftler in Großbritannien sehen die öffentliche Finanzierung von künstlichen Befruchtungen als volkswirtschaftlichen Gewinn. Den derzeitigen Kosten von bis umgerechnet 19.000 Euro für eine Zeugung im Reagenzglas stehe ein Vielfaches an Steuer- und Versicherungseinnahmen gegenüber, sagte der Wissenschaftler Bill Ledger aus Sheffield.
Zurzeit verhandelt das Bundesverfassungsgericht darüber, ob gesetzliche Krankenkassen eine künstliche Befruchtung auch dann bezuschussen müssen, wenn das betroffene zeugungsunfähige Paar nicht miteinander verheiratet ist. Die Klägerin des Ausgangsfalles sieht in der gesetzlichen Regelung, wonach nur Verheiratete einen Anspruch auf einen Zuschuss von 50 Prozent der Kosten haben, einen grundgesetzwidrigen Eingriff in ihr Recht auf Familie. Die Richter in Karlsruhe deuteten mit ihren kritischen Fragen an, dass sie die Regelung zugunsten unverheirateter Paare womöglich kippen könnten."

NEWSWEEK-Titelgeschichte: Whatever Happend To Having Kids?
Why More & More Couples Are Going Childless. Plus: Beating the Biological Clock

BRISCOE, Daren (2006): Put Those Eggs on Ice.
Fertility Treatments: Most Couples without children wait too long to have them. But Technology may have an answer,
in: Newsweek v. 04.09.

BRÜNING, Anne (2006): Der lange Weg zum Wunschkind,
in: Berliner Zeitung v. 21.09.

"Fast vierzigtausend Paare in Deutschland haben sich 2004 der Reproduktionsmedizin anvertraut, um per Reagenzglasbefruchtung endlich ein Kind zu bekommen. Das sind die neuesten Zahlen aus dem Deutschen Register für In-vitro-Fertilisation (DIR). Was die Statistik nicht erfasst, ist der Leidensweg der Betroffenen davor: die etlichen vergeblichen Bemühungen schwanger zu werden, frühe Fehlgeburten und die quälende Suche nach der Ursache für die Unfruchtbarkeit. Diese Erfahrungen bringen die Frauen dazu, eine Prozedur auf sich zu nehmen, die ebenfalls sehr belastend ist - körperlich und seelisch",

beschreib BRÜNING die Ausgangslage von kinderlosen Paaren, die sich einer künstlichen Befruchtung unterziehen wollen, um dann die Position der Reproduktionsmediziner darzustellen, denen es um die Beseitigung der Einschränkungen in deutschen Gesetzen geht.

2007

SCHINDELE, Eva & Imke ZIMMERMANN (2007): Rohstoff für das Mutterglück.
Der internationale Handel mit Eizellen für kinderlose Frauen blüht. Um die Probleme der Spenderinnen schert sich niemand,
in: Die ZEIT Nr.4 v. 18.01.

HOSSLI, Peter (2007): Der Lehrling Gottes.
Medizinethik: Junge oder Mädchen? Der Fortpflanzungsmediziner Jeffrey Steinberg verhilft Paaren zum Kind nach Wunsch. Gespräch mit einem amerikanischen Multimillionär,
in: Die ZEIT Nr.9 v. 22.02.

"Für viele Patienten gehört es zum Lifestyle, die Familie geschlechtlich auszubalancieren. Zu mir kommen Frauen, die fünf Söhne haben und sich sehnlichst wünschen, die eigene Tochter modisch einzukleiden. Sollen wir diesen Frauen den Wunsch verweigern, obwohl es technisch möglich ist, ihn zu erfüllen? Die Ethikkommission der Amerikanischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin kam zu dem Schluss: Nein, diesen Wunsch verweigern wir nicht. Zwar unterstützt sie die Praxis nicht, aber sie hält Patienten für erwachsene Menschen, die eigene Entscheidungen für ihre Familie treffen können. Ich verstehe Kritiker, die sagen, wir sollten nur Krankheiten testen, nie das Geschlecht. Dann sollten wir aber auch keine Brüste vergrößern, Zähne bleichen oder Augen operieren", argumentiert der Reproduktionsmediziner Jeffrey STEINBERG.

BVerfG, 1 BvL 5/03 vom 28.2.2007, Absatz-Nr. (1 - 42),
in:
http://www.bverfg.de/entscheidungen/ls20070228_1bvl000503.html

"Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, dass § 27 a Abs. 1 Nr. 3 SGB V die Leistung medizinischer Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung) durch die gesetzliche Krankenversicherung auf Personen beschränkt, die miteinander verheiratet sind",

heißt es im Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts zur Kostenerstattung bei künstlicher Befruchtung.

LENZEN-SCHULTE, Martina (2007): Wahltermin in der Retorte.
In ausländischen Kliniken blüht die Embryo-Selektion,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 28.02.

Martina LENZEN-SCHULTE berichtet über die zunehmende Verbreitung der Präimplantationsdiagnostik (PID) im Ausland und die damit verbundenen Einsatzgebiete (z.B. Geschlechterwahl, Gewebetypisierungen oder bewusste Wahl spezieller Gendefekte).

FAZ (2007): Unverheiratete müssen künstliche Befruchtung selbst bezahlen,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 01.03.

HEFTY, Georg Paul (2007): Lebensbasis für ein Kind,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 01.03.

Paul Georg HEFTY begrüßt das Urteil es Bundesverfassungsgerichts, da es einen Dammbruch verhindert:

"Sollte sich der Gesetzgeber entschließen, die Kostenerstattung außerhalb der Ehe zu eröffnen, dann ist damit zu rechnen, dass auch der bisherige Ausschluss heterologer Ei- und Samenspenden fallen wird. Damit würden die Krankenkassen unter den Druck geraten, auch homosexuellen Paaren die Kosten zu ersetzen. Dies wiederum würde die gerade erst bekräftigte Einzigartigkeit der Ehe beschädigen."

KAPPUS, Monika (2007): Eheprivileg - Von gestern,
in: Frankfurter Rundschau v. 01.03.

KRAMM, Jutta (2007): Herzlos und lebensfremd,
in: Berliner Zeitung v. 01.03.

KNAPP, Ursula (2007): Eingehend behandelt.
Unverheiratete müssen eine künstliche Befruchtung selbst zahlen. Warum hat das Verfassungsgericht so geurteilt?
in: Tagesspiegel v. 01.03.

"Allein in Deutschland wurden 2005 rund 56 000 Behandlungen zur künstlichen Befruchtungen durchgeführt. Zwei Jahre zuvor waren es sogar noch doppelt so viele. Doch seitdem die Krankenkassen entschieden haben, nur noch 50 Prozent der Behandlungskosten zu übernehmen, ist die Zahl deutlich zurückgegangen. Bislang hatten unverheiratete Paare keinen Anspruch auf eine finanzielle Beteiligung – und das wird nach dem gestrigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts auch so bleiben", berichtet KNAPP.

SPIEWAK, Martin (2007): Kein Baby auf Krankenschein.
Künstliche Befruchtung kostet Paare viel Geld. Und das Bundesverfassungsgericht bestätigt: Unverheiratete müssen die ganze Behandlung zahlen. Das verhindert die Geburt von Tausenden Kindern,
in: Die ZEIT Nr.10 v. 01.03.

"Ungewollte Kinderlosigkeit hat sich zu einer stillen Volkskrankheit entwickelt. Jedes Jahr nehmen nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums über 200000 Männer und Frauen fortpflanzungsmedizinischen Rat in Anspruch. Bei rund zehn Prozent aller Paare erweist sich mindestens ein Partner als unfruchtbar",

fasst Martin SPIEWAK den gesellschaftlichen Hintergrund zusammen, vor dem das Gerichtsurteil zur Kostenerstattung bei künstlicher Befruchtung bewertet wird:

"Kinderlosigkeit gilt gemeinhin (...) nicht als Krankheit, und es gibt kein Recht auf ein Kind. Genau dieser Argumentation hat sich 2004 der Gesetzgeber weitgehend angeschlossen, als er den Zugang zur Zeugung im Labor erschwerte. Seitdem werden Kinderwunsch-Paare stärker zur Kasse gebeten als jede andere Patientengruppe. Die Reproduktionsmedizin ist zu einer Heilkunst für Wohlhabende geworden.
(...). Mittlerweile liegen Hunderte Klagen von unfruchtbaren Paaren gegen die finanziellen Belastungen vor. Einen Fall hat das Bundesverfassungsgericht nun am Mittwoch entschieden. Fast genau 25 Jahre nachdem die Schneiderin Maria Wimmelbacher in der Erlanger Universitätsklinik das erste deutsche IVF-Kind zur Welt brachte, hat sich das höchste Gericht damit erstmals zur künstlichen Befruchtung geäußert. Das Karlsruher Urteil bedeutet allerdings für Sterilitätspatienten und Fortpflanzungsmediziner einen Dämpfer."

Angesichts des als negativ bewerteten steigenden Durchschnittsalters von IVF-Patientinnen sieht SPIEWAK zwar die Altersobergrenze von 40 Jahren gerechtfertigt, nicht jedoch die Altersuntergrenze von 25 Jahren. Hier kommt dann der Geburtenrückgang ins Spiel:

"80 Millionen Euro im Jahr sollen die Krankenkassen durch die Eigenbeteiligung der ungewollt Kinderlosen sparen. Doch die Rechnung geht nur kurzfristig auf. Denn die Zuzahlungen hatten nicht nur weniger Behandlungen zur Folge, sondern auch einen Einbruch bei den IVF-Geburten. Rund 8000 Kinder fehlen seitdem in Deutschland – und damit 8000 künftige Beitragszahler der Sozialkassen, die jährliche Neugeborenenzahl einer deutschen Großstadt."

Der Frage, ob die Krankenkassen bevölkerungspolitische Maßnahmen bezahlten sollen, geht SPIEWAK aus dem Weg, indem er den Krankheitswert ungewollter Kinderlosigkeit in den Mittelpunkt seiner Argumentation rückt:

"Was Sterilität von Krankheit unterscheiden soll, ist rätselhaft. Ihre Ursachen liegen sehr wohl in körperlichen Defiziten: verwachsene Eileiter, Hormonstörungen, fehlende Spermien. Die Weltgesundheitsorganisation definiert ungewollte Kinderlosigkeit deshalb als Krankheit."

Die mangelnde politische Organisationsfähigkeit der Interessen von ungewollt Kinderlosen sieht SPIEWAK in der damit verbundenen Scham:

"Insofern liegt der Verdacht nahe, dass hier eine Patientengruppe zur Kasse gebeten wird, von der aus Scham kein Protest zu erwarten ist. Nur wenige Paare machten ihre Krankheit öffentlich, sagt Gaby Ziegler von der Vereinigung Wunschkind. Selbst das Sammeln von Unterschriften falle ihrem Verband schwer. Die Betroffenen hätten Angst, dass ihr Makel publik würde, sagt Ziegler."

SCHWÄGERL, Christian (2007): Generation Reagenzglas.
Die künstliche Befruchtung wird für die Bevölkerungspolitik immer wichtiger,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 04.03.

Die Generation Reagenzglas ist noch keine 30 Jahre alt und umfasst ca. 3,5 Millionen Menschen, teilt uns Christian SCHWÄGERL anlässlich einer Entscheidung des BVG zur Kostenerstattung bei künstlicher Befruchtung mit.

"Etwa jeder zweitausendste Bewohner der Erde ist in einer Fertilitätsklinik entstanden. Und jedes 44. Kind, das 2003 in Deutschland zur Welt kam: 16000 von insgesamt 706721 Babys",

rechnet uns SCHWÄGERL vor, um dann auf den Einbruch der Behandlungszahlen einzugehen:

"Nur 6000 statt wie zuvor 16000 IVF-Babys wurden 2005 geboren: Dieses Minus machte exakt die Hälfte des sprunghaften Geburtenrückgangs auf 685795 Babys aus. Es war ein neuerlicher Negativrekord."

SCHWÄGERL weist darauf hin, dass es eine Interessenidentität von Politikern, die das "Ressort Kindermangel und Rentenkrise verantworten", und Lobbyisten der Reproduktionsmedizin gibt, die "Umsatz- und Demographiealarm" miteinander verbinden.

Statt die Vorzüge der IVF-Behandlung zu preisen, geht SCHWÄGERL jedoch auf die Probleme ein: Verwechslungen von Ei- und Samenzellen, Keimzellenhandel, gesundheitliche Risiken durch Hormonstimulation und Identitätsfragen der "Retortenkinder". Und nicht zuletzt wird die Geschlechtswahl problematisiert. Mit der Utopie der Urzeugung schließt SCHWÄGERL seinen Artikel.  

FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG-Wissenschaftsthema: Genies in Stickstoff

ALBRECHT, Jörg (2007): Genies in Stickstoff.
Nobelpreisträger spenden Samen, um das Erbgut der Menschheit zu retten? Keine Idee der Fortpflanzungsmedizin ist so verspottet worden wie diese. Und keine war am Ende erfolgreicher. Die kuriose Geschichte der Samenbanken,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 11.03.

SCHINDELE, Eva (2007): Eine Leerstelle im Leben.
Den meisten Kindern, die aus einer Samenspende hervorgegangen sind, wird ihre wahre Herkunft verschwiegen. Das ist keine gute Idee,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 11.03.

HUCKLENBROICH, Christina & Eva SCHINDELE (2007): Anonyme Väter müssen zittern.
Unklare Rechtslage für Samenspender in Deutschland,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 11.03.

PLOTZ, David (2007): Meine kurze, peinliche Karriere als Samenspender.
Wie ist das, wenn man als Mann den Entschluss fasst, die Welt mit seinem Samen zu beglücken? Ein etwas halbherziger Selbstversuch,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 11.03.

HUCKLENBROICH, Christina (2007): Nummer 3786 spielt Wasserpolo.
Was ist denn so im Angebot? Ein nicht ganz ernst gemeinter Selbstversuch,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 11.03.

FACTS-Titelgeschichte: Wunsch Kind.
Künstliche Befruchtung: Der Leidensweg zum Elternglück

KASTILAN, Sonja (2007): Schwere Geburt.
Für Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch liegen Frucht und Furcht dicht beieinander. Hightech-Medizin kann ihnen helfen. Sie bedeutet aber endlose Tests, intimste Fragen, psychischen Druck. Künstliche Befruchtung – ein Tabu,
in: Facts Nr.13 v. 29.03.

BRIGITTE-Dossier:

BRIGITTE-Dossier: Ich wollte immer ein Kind

WENZEL, Kirsten (2007): Unterwegs im Land der Baby-Sehnsucht.
Kinderlose sind an allem schuld. Findet die Politik. Wie ist es da, ungewollt kinderlos zu sein? Ein Report,
in: Brigitte Nr.9 v. 11.04.

DINKLAGE, Meike (2007): "Warum habe ich es so weit kommen lassen?".
Das ist Katjas heimlicher Gedanke, als sie erfährt, dass sie nach sechs Inseminationen tatsächlich schwanger ist. Sie schämt sich für ihre Zweifel - denn sie wollte doch unbedingt ein Kind,
in:
Brigitte Nr.9 v. 11.04.

THOR-WIEDEMANN, Sabine (2007): Schwanger und kein Happy-End.
Eine Frau wird nach Jahren IVF endlich schwanger und kann sich nicht freuen: Die Psychotherapeutin Dr. Ute Auhagen-Stephanos kennt das aus ihrem Praxis-Alltag,
in:
Brigitte Nr.9 v. 11.04.

NOLTE, Marie (2007): Haben Sie Kinder?
Auf die Frage reagiert Marie Nolte noch immer wie bei einem Fehler ertappt. Sie ist 46 - und ihr Kinderwunsch war lange Zeit eine Obsession,
in:
Brigitte Nr.9 v. 11.04.

HEIM, Susanna (2007): Ihre Eizelle, mein Kind.
In Spanien floriert das Geschäft mit der künstlichen Fortpflanzung. Neuster Trend ist die Eizellenspende, die einer unfruchtbaren Frau zum Mutterglück verhelfen kann. Immer häufiger lassen sich auch Schweizerinnen behandeln,
in:
Neue Zürcher am Sonntag v. 22.04.

Susanna HEIM berichtet über "Reproduktionstourismus" nach Spanien, zu dem es keine verlässlichen Zahlen gibt:

"Zahlen über Schweizer Patienten werden nicht herausgegeben. Man kann nur Schlüsse ziehen. Brigitte Eichenberger vom Verein Kinderwunsch Schweiz glaubt, diese Form des Fortpflanzungs-Tourismus habe zugenommen: »Zumindest haben wir vermehrt Anfragen nach Adressen im Ausland. Meist geht es um Kliniken in Spanien und Tschechien. Solange die Eizellenspende bei uns verboten ist, müssen unfruchtbare Paare irgendwo anders Hilfe suchen. Beraten dürfen wir nicht, aber man findet diese Kliniken ja im Internet.«"

SÜTTERLIN, Sabine & Iris HOßMANN (2007): Ungewollt kinderlos. Was kann die moderne Reproduktionsmedizin gegen den Kindermangel in Deutschland tun? Herausgegeben vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung

KAMANN, Matthias (2007): Künstliche Befruchtung soll den Geburtenrückgang abschwächen.
Laut Umfrage sind 1,4 Millionen Deutsche aus medizinischen Gründen ungewollt kinderlos - Überprüfung der Zuschussregeln gefordert - Schwierige Datenlage,
in: Welt v. 27.06.

Matthias KAMANN weist auch auf die Problematik der Studie des Berlin-Instituts hin, die bei den Agenturberichten, die auf den Webseiten von so genannten Qualitätszeitungen verbreitet werden (z.B. sueddeutsche.de), ausgeblendet bleiben:

"Einem Teil der von Allensbach erhobenen 1,4 Millionen Menschen, die aus medizinischen Gründen keine Kinder bekommen können, kann allerdings die Reproduktionsmedizin nicht mehr helfen. Denn zumindest bei den älteren Frauen dieser Gruppe liegen nicht mehr medizinische, sondern biologische Gründe für die Kinderlosigkeit vor (...).
             Hinzu kommt, dass bei der Erhebung nicht nachgefragt wurde, warum die Menschen trotz Beischlafs kinderlos blieben.
             (...). Die bei der Vorstellung der Studie anwesende Reproduktionsmedizinerin Bettina Pfüller von der Berliner Charité erklärte auf Nachfrage, dass nur 50 Prozent ihrer Patienten an Formen der Unfruchtbarkeit leiden, die medizinische Interventionen ratsam er scheinen lassen. Bei den anderen liegen psychische Gründe vor so wie bisher unbekannte biologische Ursachen und zuweilen mangelhafte Kenntnisse über die Einzelheiten der natürlichen Zeugung. Unterstützt wurde die Erstellung der Studie laut Berlin-Institut von der Serono GmbH. Diese bezeichnet sich selbst als „weltweit führend in der Behandlung von Unfruchtbarkeit“ und erklärt: „Unser Marktanteil liegt in diesem Bereich bei über 60 Prozent."

WIRTSCHAFTSWOCHE-Titelgeschichte: Das Geschäft mit dem Wunschkind.
Wie Mediziner und Pharmakonzerne am Kinderwunsch verzweifelter Paare verdienen

SCHNAAS, Dieter (2007): Komfort-Kids.
Die moderne Reproduktionsmedizin ist der Marktplatz eines schwunghaften Gefühlshandels. Die Grenzen zwischen Medizin und Lifestyle zerfließen, das Geschäft mit dem Wunschkind boomt, die Branche setzt weltweit Milliarden um. Über Kranke, die schlecht beraten sind, über Gesunde, die abkassiert werden - und über Ärzte, die sich wie Erfüllungsgehilfen der Selbstverwirklichungswünsche ihrer Patienten vorkommen,
in: Wirtschaftswoche Nr.28 v. 09.07.

"Vor 25 Jahren, als in der Frauenklinik Erlangen-Nürnberg Oliver Wimmelbacher geboren wurde, der erste in vitro (im Glas) gezeugte Deutsche, war die Reproduktionsmedizin noch ein klinischer Notausgang (...). Heute ist sie vor allem Marktplatz eines schwunghaften Gefühlshandels, in dessen Zentrum die unbedingte Erfüllung des Kinderwunsches für jedermann steht.
Beschickt wird dieser Marktplatz mit den Produkten von drei Pharmaunternehmen, die auf prominenten Internet-Seiten (www.kinderwunsch.de, www.fertinet.de) als Berater auftreten und dabei viel von den Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin sprechen und wenig von deren Risiken. Beschallt wird er, zumal in demografisch angespannten Zeiten, mit frisierten Zahlen über die »Volkskrankheit« Unfruchtbarkeit und dem lauten Versprechen der Medizin, der Schwangerschaftserfolg sei grundsätzlich machbar. Belebt wird er von Patientengruppen, die ein Menschenrecht auf den eigenen Nachwuchs und Anspruch auf körperliche Selbstbewirtschaftung erheben - und von einer konsumorientierten Gesellschaft, die den vermeintlichen Fortschritt der Medizin aus lebensstilistischen Gründen willkommen heißt: Ein Kind nach der Karriere, künstlich gezeugt, gerne auch per Samenspende, zu Welt gebracht von einer Frau von 42 Jahren, warum nicht, der Zeugungstrend führt vom Bett zum Labor »unabhängig davon, ob eine Fruchtbarkeitsstörung vorliegt oder nicht«, sagt die Wissenschaftstheoretikerin Bettina Bock von Wülfingen",

fasst Dieter SCHNAAS die Situation in Deutschland in Sachen Kinderkriegen zusammen. Er fordert deshalb eine

"klare Grenze zwischen Medizin und Lifestyle zu ziehen - eine Grenze, die es noch nicht gibt."

Mit seinen Ansichten folgt SCHNAAS der Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Reproduktionsbiologie des Menschen (AGRBM) Ines HOPPE, d.h. einem 1994 gegründeten Interessenverband der Reproduktionsmedizin. Ungewollte Kinderlosigkeit beschreibt SCHNAAS folgendermaßen:

"1,4 Millionen Paare, will uns das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung weismachen, sollen hierzulande ungewollt kinderlos sein. Ungewollt kinderlos - was heißt das eigentlich? Nach einer Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO ist ein Paar ungewollt kinderlos, wenn es - früher zwei Jahre, heute reicht: - ein Jahr ohne Erfolg ungeschützten, regelmäßigen Geschlechtsverkehr hat - wobei regelmäßig bedeutet, dass Lendenkraft und Ausdauer dreimal die Woche gefragt sind. Nicht zuletzt deshalb geht das Robert-Koch-Institut davon aus, dass nicht etwa jedes sechste Paar in Deutschland ungewollt kinderlos ist - sondern nur jedes 33. Der Rest macht Karriere, ist ein bisschen faul beim Sex, versucht's nicht lang genug - oder kommt zu spät auf die Idee, dass Nachwuchs eine feine Sache ist."

Das ICSI-Verfahren ("Intrazytoplasmatische Spermieninjektion") wird nicht in erster Linie als Fortschritt gewertet, sondern als Geldmacherei und "Bequemlichkeit":

"Jede ICSI-Schwangerschaft ist eine Hochrisikoschwangerschaft - die Zahl der Fehlbildungen ist beträchtlich, eine Frühgeburt so gut wie sicher. Die »Baby-Take-Home-Rate« liegt bei 15 bis 18 Prozent, nicht mehr.
(...) Dass die Spermieninjektion (ICSI) sich seit ihrer Einführung 1994 so großer Beliebtheit erfreut, hat auch damit zu tun, dass sie weniger (Mühe) kostet - und mehr (Geld) einbringt als die klassische künstliche Befruchtung.
"

SCHNAAS, Dieter (2007): Die Freiheit, die sie meinen.
Die Wissenschaftstheoretikerin Bettina Bock von Wülfingen prophezeit eine Zukunft der erwünschten Sterilität - und erklärt, wie die Medizin uns heimlich darauf vorbereitet,
in: Wirtschaftswoche Nr.28 v. 09.07.

Bettina BOCK VON WÜLFINGEN, Autorin des Buches Genetisierung der Zeugung, beschreibt die machtpolitischen Einflusskanäle der Reproduktionsmedizin. Demnach macht sich die Reproduktionsmedizin zum

"Anwalt aller Kinderwunschpaare (...) - also auch derjeinigen, die sich als unverheiratete, gleichgeschlechtliche und sozial benachteiligte Paare allein gelassen und diskriminiert fühlen. Darüber hinaus erinnert uns die Öffentlichkeit an niedrige Geburtenraten, Kindermangel und demografischen Wandel - und bietet die Reproduktionsmedizin als Problemlösung an. Schließlich wird eine stille Interessenübereinkunft zwischen pharmazeutischen Unternehmen, Reproduktionsmedizinern und aktiven Patientengruppen aktiviert, die etwa zu der Forderung führt, die Behandlung von Infertilität ohne Ansehen von Gründen durchzuführen."

Dies klammert den Aspekt aus, dass nicht nur Paare, sondern auch Personen ohne Partner ihren Wunsch nach Kindern verwirklichen wollen. 

HERPELL, Gabriela (2007): "Wir haben ja immer noch uns".
In einer Klinik in der Rhön macht man Pause vom Schwanger-werden-Wollen. Mit Atemübungen, Bewegungstherapie und Yoga entdecken Paare, die unfreiwillig kinderlos sind, ihre Zweisamkeit neu,
in:
emotion
Nr.9, September.

"Die Paare, die hier in der Rhön (...) mitmachen, sind nicht nur ohne Verhütung nicht schwanger geworden. So hat es einmal angefangen, aber mittlerweile haben die meisten von ihnen hormonelle Behandlungen und In-vitro-Fertilisationen (IVF) hinter sich. Und sind, im schlimmsten Fall, nach 13 Jahren immer noch kinderlos. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland rund 1,5 Millionen Paare Fruchtbarkeitsstörungen behandeln lassen. Dem Angebot an reproduktionsmedizinischen Maßnahmen steht jedoch nur ein begrenztes Spektrum von Ansätzen gegenüber, »die sich der Bearbeitung der psychischen Belastungen widmen, wie sie im Umfeld der Problematik des unerfüllten Kinderwunsches und während dessen Behandlung auftreten«, sagt der Psychologe Dr. Andreas Schmidt (...). Das betreffe auch den Umgang mit Fehlgeburten.
Seit 2005 hat die psychosomatische Rehabilitationsklinik in Stadtlengsfeld ihr Behandlungsangebot für ungewollt kinderlose Paare entwickelt, von dem nun Betroffene - bisher allerdings nur als Selbstzahler - profitieren können",

erläutert Gabriela HERPELL. Können psychosomatische Faktoren eine Schwangerschaft verhindern? HERPELL kann diese Frage nicht beantworten, sondern beschreibt die Symptome, die eine Therapie für ungewollt Kinderlose sinnvoll erscheinen lässt:

"Obwohl viele Paare Schwierigkeiten haben, auf natürlichem Weg Kinder zu bekommen, fühlen sich die, die hier zusammengekommen sind, im Alltag isoliert und umgeben von einer Welt, in der jeder andere ohne Schwierigkeiten Kinder zu bekommen scheint - eine erhebliche Belastung für die Beziehung. »Chronisches Konfliktpotenzial!« sagt man in der Fachsprache und daraus folge möglicherweise eine »chronische Gefahr der permanenten (Paar-)Krise«. Und damit verknüpft die »Gefahr der Ausbildung psychosomatischer Symptome«. Es handelt sich dabei meistens um phobische und depressive Reaktionen. Und die Gesamtheit dieser Faktoren führt dann - ein wahrer Teufelskreis - möglicherweise zur Verringerung der Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft.
Einfach gesagt: bloß nicht reinsteigern. Denn je doller man will, desto geringer sind die Erfolgschancen. Man hört die legendären Geschichten von Frauen, die alles getan haben, um ein Baby zu bekommen. Nichts. Dann wurde ein Kind adoptiert - und die Frau war plötzlich schwanger. Das sei, sagt Sabine, das Gleiche, was sich Singles immer anhören müssen. Man darf nicht auf der Suche sein, sonst klappt gar nichts. Aber wie soll man als unfreiwilliger Single nicht auf der Suche sein, und wie soll man, wenn man einen unerfüllten Kinderwunsch hat, sich nicht weiterhin ein Kind wünschen?"

Zu dieser belastenden Situation kommt die sozial- und bevölkerungspolitische Debatte hinzu, die den sozialen Druck auf Kinderlose erhöht:

"Im Freundeskreis erzähle man sich alles (...). Aber übers Kinderkriegen sprächen nur die, bei denen es selbstverständlich klappt. Von Schwierigkeiten jedenfalls höre man nie, nicht einmal von Freunden. Eher noch werde man mit Vorurteilen konfrontiert wie: double income, no kids. Besonders in der letzten Zeit würden sie missbilligende Blicke ernten. Seit die Kinderdiskussion in Deutschland wieder in die Richtung gegangen ist: Kinderlose sind Egoisten."

Inwiefern hilft ein solches Wochenende? Dazu erfährt man nichts wissenschaftlich Stichhaltiges, sondern lediglich, dass manche nach einem solchen Wochenende eine Kind bekommen haben:

"Happy End: Vor der Behandlungswoche im Sommer 2007 gab es schon zwei solcher Wochen, an denen insgesamt zwölf Paare teilgenommen haben. Davon haben mittlerweile drei ein Baby.

ECONOMIST-Titelgeschichte: How to deal with a shrinking population

ECONOMIST (2007): In vitro veritas.
If a country wants to keep its population up, it should promote IVF,
in: Economist v. 28.07.

MÜLLER-LISSNER, Adelheid (2007): "Wir wollen Embryonen auswählen".
Der Reproduktionsmediziner Hans-Rudolf Tinneberg fordert, die gesetzlichen Regelungen für die künstliche Befruchtung zu ändern,
in: Tagesspiegel v. 28.11.

KEKULÉ, Alexander S. (2007): Mit 64 Jahren, da fängt ein Leben an.
Die Republik empört sich über die aus der Türkei stammenden Ü-60-Eltern. Warum Deutschlands Haltung zur Eizellenspende bigott ist,
in: Tagesspiegel v. 05.12.

KAST, Bas (2007): Mutterschaft auf Eis gelegt.
Frauen bekommen immer später Kinder - eine Herausforderung für Mediziner,
in: Tagesspiegel v. 06.12.

GELINSKY, Katja (2007): Reproduktionsmedizin.
Mutterglück um jeden Preis,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 06.12.

"Wie viele Amerikanerinnen ohne Partner dank Samenspende oder Adoption Kinder haben, weiß man nicht. Aber Statistiken lassen vermuten, dass es Hunderttausende sind. So haben allein 2002 mehr als einhunderttausend nicht verheiratete Amerikanerinnen im Alter zwischen dreißig und vierzig Jahren Kinder zur Welt gebracht. Entscheidend mit vorangetrieben worden ist der Trend zur »Choice Mom« durch den Boom der Reproduktionsmedizin, die in Amerika bislang kaum durch nationale Gesetze reguliert ist. Amerikanische Samenbanken schätzen, dass ein Drittel ihrer Kundinnen Single-Frauen sind. »California Cryobank«, eine der weltweit größten Samenbanken, macht sogar die Hälfte ihres Umsatzes mit dem Kinderwunsch nicht verheirateter oder geschiedener Frauen", berichtet Katja GELINSKY über die US-amerikanische Zustände in Sachen Reproduktionsmedizin.

MERTENS, Margit (2007): Wenn das Wunschkind nicht kommen will,
in: Frankfurter Rundschau v. 08.12.

"Eine repräsentative Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach aus diesem Frühjahr zeigt, dass 36 Prozent oder 12,8 Millionen der kinderlosen Frauen und Männer im Alter zwischen 25 und 59 Jahren sich Kinder wünschen oder früher gewünscht haben. Laut Berliner Institut für Bevölkerung und Entwicklung waren zwischen 2000 und 2005 1,65 Prozent der Geburten künstlich befruchtet, zwischen 1997 und 2005 waren das rund 10 000 Babys pro Jahr. Lag dieser Anteil 2003 noch bei 2,6 Prozent, sank er im Jahr 2005 auf ein Prozent, also knapp 7000 Neugeborene", rechnet Margit MERTENS zur ungewollten Kinderlosigkeit vor.

TAGESSPIEGEL (2007): Der Storch im weißen Kittel.
Die Frau, die im Alter von 64 Jahren nach einer Eizellspende im Ausland ihr erstes Baby bekam, hat die Debatte um die künstliche Befruchtung neu entfacht Für viele kinderlose Menschen ist dieser Weg die einzige Hoffnung auf Nachwuchs. Zwei Berliner Paare erzählen vom Warten auf das Glück
in: Tagesspiegel v. 10.12.

SZ-MAGAZIN-Titelgeschichte: Das grösste Geschenk

GREINER, Kerstin (2007): Kommt da irgendwann ein Mensch?
Warten und hoffen, bangen und trösten: Nirgends liegen Freude und Verzweiflung so nahe beieinander wie in einem Kinderwunschzentrum. Unsere Autorin hat die Ärzte dort bei der Arbeit begleitet,
in: SZ-Magazin Nr.51 v. 21.12.

"Obwohl mittlerweile jedes achtzigste Kind in Deutschland durch künstliche Befruchtung zur Welt kommt und bei jedem zehnten ärztliche Hilfe benötigt wird, ist das Thema stigmatisiert: Gesellschaft und Religion fordern fruchtbare, potente Paare",

meint Kerstin GREINER, die Kinderwunsch-Praxen in Deutschland besucht hat. Ihr Fazit:

"Kinderwunschpraxen haben sich, von der Öffentlichkeit wenig bemerkt, als ein Phänomen unserer Zeit etabliert und im Stillen unsere Gesellschaft bereits verändert: Frauen schicken sich zur Geburt Postkarten mit Eskimos darauf. Mütter stellen ihren pubertierenden Kindern die Ärzte vor, die sie gezeugt haben. Wo es eine Nachfrage gibt, entsteht ein Markt, so lautet die Grundformel unserer Gesellschaft, und die Fragen von Ethik und Moral, von Gott und Natur zu stellen und zu beantworten gelingt kaum im gleichen Tempo, wie der Markt wächst und neue Möglichkeiten bietet.
Für die Paare, die ihren Weg in eine Praxis wie die von Bollmann, Brückner, Noss aufgenommen haben, verpuffen alle Bedenken und Fragen in jenem Augenblick, in dem sie den pochenden schwarzen Punkt auf dem Ultraschallbild zum ersten Mal erblicken (...). Für diesen Augenblick geben die Paare alles."

BERNARD, Andreas (2007): Und wie nennen wir es jetzt?
Früher sagte man »Familie«, und alles war klar. Aber die Erfindung der Reproduktionsmedizin hat diese simple Vorstellung ziemlich über den Haufen geworfen. Im Zeitalter von Samenbanken, Leihmüttern und anonymen Spenderlisten müssen wir uns neu orientieren. Ein Essay,
in: SZ-Magazin Nr.51 v. 21.12.

"Die Verfahren der neuen Reproduktionsmedizin sind im Jahr 2007 keine Randerscheinungen mehr. Vierzig Jahre nach Gründung der ersten Samenbanken in den USA und ein gutes Vierteljahrhundert nach den ersten kommerziellen Leihmutter-Agenturen sowie der Geburt der ersten »Retortenbabys« haben diese Techniken jede Exotik verloren. Auch in Deutschland ist die assistierte Empfängnis mittlerweile medizinische Routine, auch wenn die rechtlichen Einschränkungen weitaus größer sind als in vielen anderen Ländern. Leihmutterschaft oder Eizellenspende sind kategorisch verboten; die Samenspende eines Dritten ist zulässig, wird aber in den Richtlinien der Bundesärztekammer weiterhin als rein therapeutische Behandlungsmethode für heterosexuelle Paare ausgewiesen",

beschreibt Andreas BERNARD die aktuelle Situation der Reproduktionsmedizin in Deutschland, um sich danach der Frage zu widmen inwieweit die neuen technologischen Verfahren die ethnologischen Verwandtschaftstheorien außer Kraft setzen:

"Wenn in den 1980er-Jahren gesellschaftliche Debatten über die »Patchwork-Familie« geführt wurden, kehren diese Fragen nun auf radikalere Weise, im Hinblick auf die Blutsverwandtschaft, wieder – assistierte Empfängnis bringt »genetisches Patchwork« hervor."

Ausführlich geht BERNARD auf den Fall des "Baby M." ein.

OBERMAYER, Bastian (2007): Entstehungsgeschichten.
Für die einen ein Schock, der das ganze Leben prägt, für die anderen eine fast normale Erkenntnis: Vier Menschen erzählen, wie sie erfuhren, dass sie Kinder anonymer Väter sind – und welche Fragen sie seitdem bewegen,
in: SZ-Magazin Nr.51 v. 21.12.

HABERL, Tobias (2007): Der unsichtbare Dritte.
Er weiß nicht, wie viele Paare er tatsächlich zu Eltern gemacht hat, aber der Samenspender Lothar Christoph hat gegeben, was er konnte: »Ein gutes Gefühl war das schon.«
in: SZ-Magazin Nr.51 v. 21.12.

WIEDEMANN, Carolin (2007): Oh, ihr Fröhlichen!
Vater-Mutter-Kind? Nein, das Glück kennt viel mehr Möglichkeiten: Zu Besuch bei fünf ungewöhnlichen Familien, die es ohne künstliche Befruchtung nie gegeben hätte,
in: SZ-Magazin Nr.51 v. 21.12.

WIEDEMANN, Carolin (2007): "Die Gesetze sind unlogisch und ungerecht".
Der Reproduktionsmediziner Thomas Katzorke erklärt, warum künstliche Befruchtung erleichtert werden muss – und wer als Vater gelten sollte,
in: SZ-Magazin Nr.51 v. 21.12.

Der Reproduktionsmediziner Thomas KATZORKE geht auf eine Gesetzesänderung im Jahr 2002, die Auswirkungen auf die Verbreitung der Samenspende in Deutschland hatte:

 "2002 wurde glücklicherweise ein neuer Paragraf eingeführt, der das erste Mal überhaupt die Samenspende in einem Gesetzestext thematisiert. Er lautet: Wenn ein Paar per Unterschrift bekundet, dass es eine Spendersamenbehandlung wünscht, dann kann diese Entscheidung und also auch die Vaterschaft später nicht angefochten werden. Unsere Auslegung dieses Gesetzes: Da steht »ein Paar« – nicht »ein Ehepaar«. Daher helfen wir auch Unverheirateten. Diese müssen sich bei uns im Vorfeld notariell verpflichten, dass der Partner für das Kind aufkommen wird."

HASEL, Verena Friederike (2007): Bestellte Kinder.
Generation ohne Väter: 100.000 Menschen wurden geboren, seitdem in Deutschland die künstliche Befruchtung durch den Samen eines anonymen Spenders erlaubt ist. 90 Prozent davon erfahren nie, wie sie entstanden sind. Von den restlichen zehn Prozent machen sich viele auf die Suche nach ihren Erzeugern. Zumeist vergeblich,
in: Tagesspiegel v. 28.12.

 
     
 
       
   

weiterführender Link

 
       
   

Zum Teil 5 der kommentierten Bibliografie (2008 - 2009)

 
       
   
 
   

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webmaster@single-generation.de Erstellt: 21. September 2014
Update: 06. Februar 2019