[ Übersicht der Themen des Monats ] [ Rezensionen ] [ Homepage ]

 
       
   

Kommentierte Bibliografie

 
       
   

Die Reproduktionsmedizin und die Fruchtbarkeitskrise

 
       
   

Eine Bibliografie der Debatte um Geburtenrückgang und ungewollte Kinderlosigkeit (Teil 3)

 
       
     
   
     
     
 

Einführung

Seit 1978 das erste "Retortenbaby" geboren wurde, ist die künstliche Befruchtung zum Alltag von Reproduktionsmedizinern in der ganzen Welt geworden. Dies hat auch den Blick auf die Kinderlosigkeit verändert. Diese Veränderung des Blicks auf Kinderlose und die Einflüsse von Professionsinteressen und bevölkerungspolitischen Interessen sollen in dieser kommentierten Bibliografie im Vordergrund stehen.

Kommentierte Bibliografie (Teil 3 - 2002 bis 2005)

2002

SPIEGEL -Titelgeschichte: Der künstliche Kindersegen.
Baby-Boom aus der Retorte

SPIEGEL (2002): Babys auf Rezept.
Jedes 80. Kind in Deutschland kommt heute aus der Petrischale. Die einst verteufelte künstliche Fortpflanzung ist zum globalen Geschäft geworden. Und die "Retortenkinder" gedeihen prächtig. Nur an einem scheitern die Babymacher bisher - die biologische Uhr der Frau zu stoppen.,
in: Spiegel Nr.4 v. 21.01.

Jörg BLECH u. a. beschreiben den Einstellungswandel gegenüber der Reproduktionsmedizin und die veränderte Praxis:

"Rund 400 Ärzte und Laborchefs konkurrieren inzwischen auf dem unverändert rasch wachsenden Markt. Zur Klientel gehören nicht nur Reiche und Verwöhnte. Ein Versuch kostet um die 5000 Euro, die ersten vier zahlt die Kasse - Kinderlosigkeit gilt als behandelbare Krankheit wie Asthma oder Diabetes.
Unterdessen haben die Uni-Frauenkliniken, die anfangs die Szene beherrschten, ihr Monopol verloren. Private »Fertility Center« - edel möblierte, allzeit Hoffnung und Lebenskraft ausstrahlende Fruchtbarkeitstempel - bestimmen heute das Bild der deutschen Reproduktionsmedizin.
Auf dem Markt konkurrieren kleine Klitschen, die in den Augen der großen Zentren nur die bundesweite »Baby-take-home-Rate« drücken, mit Orten der Massenabfertigung"

Die Reproduktionsmedizin wird als globales Geschäft beschrieben, in dem der "Reproduktionstourismus" zunimmt:

"Viele ausländische Babymacher locken mit besseren Erfolgsquoten - vor allem aber mit Dienstleistungen, die in Deutschland verboten sind. Belgien zum Beispiel hat es vielen Fruchtbarkeitstouristen angetan. Einige Deutsche reisten bereits ins flämische Gent und ergatterten dort, was sie daheim niemals bekommen könnten: das Ei einer Spenderin. Ärzte in der Hauptstadt Brüssel wiederum laden - in Absprache mit deutschen Kollegen - zum in Deutschland illegalen Embryo-Check.
Noch großzügiger werden Wünsche in den USA erfüllt. Dort gehören Kinder für Lesben, Spitzensamen aus dem Katalog, selbst Schwangerschaften für Seniorinnen, Nachwuchs für Tote und im Internet angeworbene Leihmütter zu den gängigen Offerten."

Die Autoren verweisen zudem auf eine erste Studie, die die Befürchtungen, die lange Zeit mit der künstlichen Befruchtung verbunden waren, widerlegen:

"All die Ängste, die Zeugung außerhalb des Mutterleibes werde dauerhaft gestörte, bindungsschwache Außenseiter hervorbringen, erwiesen sich als unbegründet. Im Gegenteil: Die europäische Gesellschaft für menschliche Reproduktion und Embryologie veröffentlichte im Juli letzten Jahres die weltweit erste Studie zur Frage, ob sich Retortenkinder in der sozialen und mentalen Entwicklung von natürlich gezeugten Kindern unterscheiden. Und siehe da: Die 400 untersuchten Retortenbabys aus Großbritannien, Italien, Spanien und den Niederlanden zeigten keinerlei systematische Auffälligkeiten."

Weniger die späte Mutterschaft an sich - wie die Autoren meinen, als die Herkunft der Eltern aus dem Akademikermilieu dürfte zur positiven Entwicklung der Kinder beitragen:

"Die »generell emotional gesunden, ausgeglichenen Kinder«, so das Fazit, würden »unter der Obhut stabiler und liebender Eltern gedeihen«. Vielleicht liegt das daran, dass die Eltern oftmals bereits im reifen Alter sind und der Aufzucht gelassener entgegensehen. Denn nichts trägt mehr zur Nachfrage auf dem IVF-Markt bei als der fortgesetzte Trend zur späten Mutterschaft. Geradezu spöttisch beschreibt Mediziner Katzorke seine Klientel: »Sie, Anfang 40, Akademikerin, die in ihrem Beruf alles erreicht hat, sucht ihm, dem zehn Jahre älteren und im Stress seiner Karriere leicht erschlafften Zweit- oder Dritt-Partner, das späte Glück zu schenken.«"

Am Ende jedoch bleibt jedoch nur eine Botschaft übrig: später Kinderwunsch führt oftmals zur ungewollten Kinderlosigkeit:

"Je mehr Paaren die Babymacher helfen können, desto größer auch die Zahl jener Paare, die schlicht zu spät kommen. Am Ende bleibt jede zweite aller IVF-Patientinnen kinderlos."

Social Freezing, d.h. das Einfrieren von Eizellen in jungen Jahren, wird als zukünftiger Ausweg gesehen.

BLECH, Jörg & Gerald TRAUFETTER (2002): "Laborbabys werden mehr geliebt".
Der Chemiker und Schriftsteller Carl Djerassi über den Erfolg der Anti-Baby-Pille, die Trennung von Sex und Fortpflanzung und die Zukunft des Kinderkriegens,
in: Spiegel Nr.4 v. 21.01.

Carl DJERASSI widerspricht der landläufigen These vom "Pillenknick":

"Der Rock'n'Roll, die Hippiekultur, die Drogen, die Frauenbewegung - all das hat in den sechziger Jahren eine Rolle gespielt. Die Pille hat die ganze Revolte nur erleichtert - und natürlich angenehmer gemacht."

Seine Vision für die Zukunft der wohlhabenden Staaten:

"Ich behaupte, dass am Ende Verhütungsmittel total unnötig sein werden. Die Menschen werden ihre Spermien und Eier in einer Bank auf Eis legen können und lassen sich anschließend sterilisieren."

Damit soll die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Karriere bei Frauen ermöglicht werden. DJERASSI hält die Reproduktion sogar für einen Segen für die traditionelle Familie:

"Die im Labor entstandenen Kinder sind stets gewünscht: Sie werden deshalb mehr geliebt als natürlich gezeugte Kinder, was die Familie auch sehr stärken könnte."

Eine solche Sichtweise ist jedoch zu einseitig. Wenn dadurch die biologische Elternschaft gestärkt wird, dann bedeutet das gleichzeitig eine Schwächung der sozialen Elternschaft und damit werden Scheidungs- und Waisenkinder noch stärker zu den Problemkindern dieser schönen neuen Familienwelt.

LAKOTTA, Beate (2002): Drillinge - die Schattenseite der Fortpflanzungsmedizin.
Zwei Nürnberger Ärzte fühlen sich von den Reproduktionsmedizinern missbraucht: Der eine ist Pränatalmediziner und muss immer wieder Drillingskinder aus der Retorte im Mutterleib töten, damit ihre Geschwister eine Chance haben, der andere päppelt Mehrlinge im Brutkasten auf.
in: Spiegel Nr.4 v. 21.01.

STOLZE, Cornelia (2002): Big Baby-Business.
Weltweit boomt das Geschäft mit dem Nachwuchs. Von Leihmutterschaft bis zum Gen-Check für Ungeborene - der Markt bietet fast alles was unfruchtbaren Paaren zu eigenen Kindern verhelfen kann,
in: Die Woche Nr.7 v. 08.02.

In der Titelgeschichte Willkommen in Biotopia geht es um die Anpassung der Gesetzgebung an die Praxis moderner Reproduktionstechnologien:

"So entpuppt sich zum Beispiel der 1995 novellierte Paragraf 2018 inzwischen als fatales Instrument. Binnen zwei Jahren nach der Reform hat sich die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche nach der 22. Woche von jährlich 26 auf 190 Abtreibungen versiebenfacht. Denn seither haben nicht nur die technischen Möglichkeiten für den Check von Ungeborenen zugenommen. Durch die Novellierung sind solche Spätabtreibungen, etwa bei einer erblichen Erkrankung des Fötus, heute auch noch bis kurz vor dem Geburtstermin möglich."

Der Reproduktionsmedizin geht es nach Cornelia STOLZE nicht um das Wohl der Patienten, sondern um Profite. Darunter fällt für sie auch die Erhöhung der Erfolgsaussichten der künstlichen Befruchtung. Den "Befruchtungstourismus" sieht STOLZE nicht als Problem unzulänglicher deutscher Gesetze, sondern als Profite, die man sich aus Sicht der Reproduktionsmedizin nicht länger entgehen lassen möchte.

BORGER, Sebastian (2002): Embryonen-Polizei.
In Großbritannien wacht ein weltweit einzigartiges Gremium über das Treiben der Reproduktionsindustrie,
in: Die Woche Nr.7 v. 08.02.

RIFKIN, Jeremy (2002): Hebammenkunst.
Bald gibt es die technisch erzeugte Gebärmutter
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 04.03.

"Welche Auswirkungen wird der Ausfall der Schwangerschaft auf das Verantwortungsgefühl der Eltern haben? Werden sie keine so enge Bindung mehr aufbauen und in ihrem Kind eher ein Objekt als eine Erweiterung ihres Daseins erblicken? Wird das Verschwinden der Schwangerschaft den Generationenzusammenhang auflösen, der so wichtig für die Aufrechterhaltung historischer Kontinuität und zivilisierten Lebens ist?
In welcher Weise wird das Verschwinden der Schwangerschaft unser Verständnis der Geschlechter und der Rolle der Frau beeinflussen? Manche Feministinnen meinen, sie bedeute endlich die Befreiung der Frau (...).
Andere Feministinnen meinen, die künstliche Gebärmutter bedeute die endgültige Marginalisierung der Frauen, weil sie ihnen die zentrale Rolle in der Fortpflanzung der Art nehme",

schreibt Jeremy RIFKIN angesichts von Fortschritten bei der Entwicklung einer künstlichen Gebärmutter.

HEWLETT, Sylvia Ann (2002): Creating a Life. Professional Women and the Quest for Children, Talk Miramax Books

"In Deutschland konzentriert sich der politische Streit gegenwärtig darauf, vor allem mehr Ganztagsbetreuungsplätze für Kinder zu schaffen. In den USA aber ist Ganztagsbetreuung längst verbreitet. Dass dort das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf immer noch so wichtig ist, zeigt, dass es um die Fremdbetreuung allein nicht gehen kann.
(...) Das Kinderkriegen nur an einen bestimmten Punkt in die eigene Erwerbsbiografie einzuplanen, ist (...) riskant. Umgekehrt wäre es sicherer: Wenn die Bindung zum Partner stimmt, sollte es zu jeder Zeit möglich sein, ein Kind zu bekommen, ohne beruflich vollständig abgemeiert zu werden. Das Kind muss nicht mit dem Beruf, der Beruf muss mit dem Kinderkriegen vereinbart werden. Es ist das Verdienst von Hewlett, diesen Perspektivenwechsel wenigstens anzusprechen", lobt Barbara DRIBBUSCH das Buch (vgl. taz 26.11.2002).

ZIELKE, Anne (2002): Im Disneyland der Kindermacher.
Post für die Bordens: Eine amerikanische Agentur beglückt Adoptiveltern mit überzähligen Embryonen der Reproduktionsindustrie,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 20.03.

Anne ZIELKE berichtet über die US-amerikanische christliche Rechte und ihr Embryonenadoptionsprojekt.

BERNDT, Christina (2002): Der Wunsch nach dem fehlenden Sinn.
In den USA hat sich ein lesbisches, gehörloses Paar mittels Samenspende seine große Sehnsucht erfüllt: ebenfalls gehörlose Kinder,
in: Süddeutsche Zeitung v. 22.04.

LÜTHI, Theres (2002): Das nutzlose Glied der Gesellschaft.
Den Männern droht neues Ungemach. Demnächst sollen sie sogar für die Zeugung entbehrlich werden. Schon heute produzieren Forscher erfolgreich Nachwuchs ohne Sperma,
in: Weltwoche Nr.20 v. 17.05.

"Samenbanken haben die Fortpflanzung ohne Mann einfacher und effizienter gemacht. Als diese in den 1950er und 1960er Jahren populär wurden, dürfte die Idee abwegig gewesen sein, es könnte neben heterosexuellen Paaren noch andere Abnehmer geben. Doch inzwischen hat sich die Klientel der Samenbanken diversifiziert. In einer kürzlich erschienenen Studie spricht die amerikanische Psychologin Joanna Scheib von zwei neuen Kundengruppen: Single-Frauen und lesbische Paare. Die Nachfrage seitens heterosexueller Paare dürfte in Zukunft hingegen eher abnehmen, da unfruchtbaren Männern heute Verfahren zur Verfügung stehen, dank denen sie biologisch eigene Kinder haben können", schreibt LÜTHI.

NZZ Folio-Thema: Kindermacher
Die Zukunft der Fortpflanzung

ORLAND, Barbara (2002): Liebesgrüsse aus dem Labor.
Wenn sich Ei und Samen im Reagenzglas begegnen, bleibt von der natürlichen Zeugung nicht viel übrig: Wie die Fortpflanzung in ihre Bestandteile zerlegt wurde,
in: NZZ Foli Nr.06 v. 03.06.

BAKER, Robin (2002): Kinder auf Bestellung.
Künstliche Gebärmütter, Klonbabies und reproduktiver Inzest: Der Autor, Evolutionsbiologe und Experte der Fortpflanzungsmedizin, berichtet aus dem Jahr 2050,
in: NZZ Foli Nr.06 v. 03.06.

KAZIS, Cornelia (2002): Warum gerade wir?
Was ein Schweizer Paar alles tut, um eine Familie zu werden. Und was ein Heidelberger Psychologe alles weiss über das Seelenleben von ungewollt kinderlosen Frauen und Männern,
in: NZZ Foli Nr.06 v. 03.06.

RENNINGER, Suzann-Viola (2002): Wie ein Fisch, der laicht.
Warum spendet eine Karrierefrau, die selbst keine Kinder will, ein Ei? - Weil sie ihre Gene weitergeben will. Sagt sie,
in: NZZ Folio Nr.06 v. 03.06.

WOLFF, Uwe (2002): Oma-mma mia!
Fortpflanzungsmedizin: Mit 62 Jahren brachte Rosanna Della Corte einen Sohn zur Welt – mit 70 erfährt sie die Leiden einer sehr späten Mutterschaft
,
in: Focus Nr.26 v. 24.06.

HOPPE, Ralf (2002): Die Kinder von der Samenbank.
Fortpflanzung: Die erste Generation künstlich gezeugter Kinder ist erwachsen geworden - und macht sich auf die Suche nach ihren Vätern und ihrer Identität. Die Babys aus dem Kältetank sind die Vorboten des Klon-Zeitalters,
in: Spiegel Nr.31 v. 29.07.

Ralf HOPPE wirft Fragen dazu auf, welche Folgen Samenspenden für die dadurch gezeugten Kinder haben wird:

"Die Samenbankkinder sind die Prototypen der Reproduktionsmedizin, Vorboten des Klon-Zeitalters. »The Clone Age« heißt das Buch der Chicagoer Juraprofessorin und früheren Clinton-Beraterin Lori Andrews. Es ist ein Streifzug durch die bizarre Welt der Kindermacher. Was soll zum Beispiel mit den schätzungsweise 200 000 Embryos geschehen, die in den USA in Kühlfächern lagern? Wo noch jedes Jahr etwa 19 000 hinzukommen - Seelen auf Eis, wie Andrews sie nennt. Wie sollen Eltern sich verhalten, wenn etwa in einer niederländischen In-vitro-Klinik Zwillinge geboren werden, aber im Labor geschlampt wurde und nur eines der Kinder tatsächlich vom Ehemann stammt? Gegen das Tempo, in dem Wissenschaftler ethische Probleme aufwerfen, schreibt Andrews, ist der Rest der Gesellschaft machtlos".

HEFNER, Claudia (2002): Babys auf Bestellung.
Vor 20 Jahren wurde Österreichs erstes Retortenbaby geboren. Aus der einst exklusiven künstlichen Befruchtung ist längst ein boomendes Geschäft geworden: Immer mehr Paare wünschen sich Kinder aus dem Labor – und wollen so die sinkende Zeugungsfähigkeit kompensieren,
in: Profil Nr.33 v. 12.08.

"Inzwischen kommen allein in Europa jährlich 40.000 in der Retorte gezeugte Kinder zur Welt, in Österreich sind es rund 1000. Gut 15.000 Paare wenden sich pro Jahr an eine der so genannten Kinderwunsch-Ambulanzen, von denen es bundesweit mittlerweile 24 gibt. In Wien etwa werben sieben solche »Kiwu«-Zentren um Kundschaft", berichtet Claudia HEFNER aus Österreich angesichts des 20. Geburtstags von Österreichs erstem Retortenkind Zlatan JOVANOVIC:

"Fünf Jahre nach Zlatans Geburt wurde Jovanka Jovanovic neuerlich schwanger - ganz ohne künstliche Befruchtung und zur großen Überraschung aller. Tochter Jasmina, Zlatans Schwester, ist heute 15 Jahre alt."

2003

ZEIT-Serie: Land ohne Leute (Teil 4)

SPIEWAK, Martin (2003): Mutterglück im Rentenalter.
Frauen entscheiden sich immer später für ein Kind - häufig zu spät. Dieser Trend treibt die Reproduktionsmedizin zu absurden Rekorden,
in: Die ZEIT Nr.5 v. 23.01.

BUNDESANZEIGER (2003): Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG vom 14. November 2013,
in: Bundesgesetzblatt v. 19.11.

"Anspruch auf Sachleistungen nach Absatz 1 besteht nur für Versicherte, die das 25. Lebensjahr vollendet haben; der Anspruch besteht nicht für weibliche Versicherte, die das 40. und für männliche Versicherte, die das 50. Lebensjahr vollendet haben. Vor Beginn der Behandlung ist der Krankenkasse ein Behandlungsplan zur Genehmigung vorzulegen. Die Krankenkasse übernimmt 50 vom Hundert der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten der Maßnahmen, die bei ihrem Versicherten durchgeführt werden",

heißt es zur Änderung des § 27a des Sozialgesetzbuches V, der die Kostenerstattung zur künstlichen Befruchtung regelt. Außerdem werden Nach Absatz 1 Nr.2 statt "in der Regel vier" nur noch 3 Behandlungszyklen gezahlt.

GEO-Thema: Die Kunst, Kinder zu kriegen
Wie die Ärzte kinderlosen Paaren zu helfen versuchen. Weshalb in den USA jeder Kinderwunsch erfüllbar ist. Was Forscher über Unfruchtbarkeit wissen

BÖHM, Andrea (2003): Die Baby-Macher.
Im abgedunkelten Operationsraum saugen Ärzte einer Frau reife Eizellen ab. Der Traum vom eigenen Kind bringt unfruchtbare Paare dazu, unglaubliche Strapazen auf sich zu nehmen und nicht selten ihr gesamtes Vermögen einzusetzen. Besonders in den USA ist eine neue Welt der künstlichen Reproduktion entstanden, in der sich uralte Vorstellungen von Elternschaft und Familie auflösen. Wird das bald auch in Europa so sein?
in: GEO, August

Andrea BÖHM erzählt die Fallgeschichte eines 48jährigen US-amerikanischen Paares, das seit 12 Jahren versucht mit Hilfe der Reproduktionsmedizin doch noch ein Kind zu zeugen:

"Mit jedem gescheiterten Versuch wuchs der Druck, noch mehr zu riskieren. Nach jeder erfolglosen künstlichen Befruchtung verhieß die Reproduktionsindustrie mit einer neuen Methode das lang ersehnte Baby. Inzwischen sind die Serras fast nur noch von Freunden umgeben, die ebenfalls gegen die biologische Uhr anrennen."

Gemäß BÖHM wurden im Jahr 2000 rund 35.000 Kinder in den USA mit Hilfe reproduktionsmedizinischer Technologien gezeugt, was ca. 1 % der Geburten entspricht. Die Autorin hat ein New Yorker Kinderwunschzentrum besucht, an dem der Reproduktionsmediziner Mark SAUER arbeitet, der durch Tabubrüche in die Schlagzeilen geriet, weil er Mutterschaften nach der Menopause ermöglichte.

Eine Folge der liberalen Praxis in USA, die keine Restriktionen bei der Einpflanzung von Embryonen in die Gebärmutter kennt, sind die vielen Mehrlingsgeburten in den USA:

"Das Ergebnis dieser Praxis kann beim jährlichen Picknick des Verbandes der »Mehrlingseltern« von Long Island, Queens oder Brooklyn sehen. Teilnehmen darf, wer mindestens Drillinge geboren hat."

Ausführlich geht BÖHM auch auf die in Deutschland verbotenen Verfahren wie die Präimplantationsdiagnostik (PID), Eizellspende und Leihmutterschaft ein.

Als Utopie wird das Einfrieren von unbefruchteten Eizellen ("Social Freezing") beschrieben. Der Biologe Carl DJERASSI propagiert diese Methode. Die Geschichte der Leihmutterschaft in den USA beschreibt BÖHM folgendermaßen:

"Von Leihmüttern war in den USA zum ersten Mal Anfang der 1980er Jahre zu hören. Damals sei dies ein Phänomen der unteren Mittelschicht gewesen, schreibt Lori Andrews in ihrem Klassiker »The Clone Age«. (...). Als öffentlich wurde, dass das scheinbar Unmögliche möglich ist, und Frauen tatsächlich ein gerade entbundenes Kind weggeben können, betraten Anwälte, Agenturen und wohlhabende Kunden die Bühne. Aus einem vereinzelten altruistischen Akt entstand ein großes Geschäft.
Hochburg der Leihmutter-Branche ist wiederum Kalifornien".

Was tun mit überzähligen Embryonen? Die kalifornische Agentur »Snowflakes« will hier Abhilfe verschaffen.

PAETSCH, Martin (2003): Brauchen wir neue Gesetze für die Fortpflanzungs-Medizin?
Die deutschen Vorschriften für die Retortenzeugung zählen zu den strengsten weltweit. Sie sind notwendig für den Schutz des keimenden Lebens, sagen die einen. Sie schränken die Therapiefreiheit unnötig ein, behaupten die anderen. Gespräch mit dem Reproduktionsmediziner Thomas Katzorke,
in: GEO, August

Für den Reproduktionsmediziner Thomas KATZORKE wird die Präimplantationsdiagnostik (PID) in 25 Jahren zum deutschen Alltag gehören:

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir ein Verbot lange aufrechterhalten können - erst recht nicht, wenn die künstliche Befruchtung, wie von der Bundesregierung geplant, aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gestrichen wird. Wenn die Paare selbst zahlen müssen, werden sie alles einfordern, was möglich ist."

BRETTIN, Michael (2003): Woran es liegt, wenn der Kindersegen ausbleibt.
Schätzungsweise jedes sechste Paar ist ungewollt kinderlos. Mediziner machen für die massenhafte Unfruchtbarkeit ein Bündel an Ursachen verantwortlich - von organischen Defekten bis zum Lebensstil,
in: GEO, August

"Jede dritte verheiratete Erstgebärende ist mittlerweile älter als 30 Jahre; und der Anteil derjenigen, die im Alter von 35 Jahren und mehr ihr erstes Kind zur Welt bringen, hat sich seit Mitte der 1990er Jahre auf 17,5 Prozent mehr als verdoppelt",

behauptet Michael BRETTIN. Da jedoch 2003 lediglich die Geburtsfolge in bestehenden Ehen erfasst wurde, wurde das Durchschnittsalter von Erstgebärenden überschätzt. Bekam z.B. eine verheiratete Frau ein Kind, ließ sich dann scheiden und bekam mit dem nächsten Partner ebenfalls ein Kind, dann wurde es nicht als zweites, sondern als erstes Kind falsch erfasst.

Obwohl die Unfruchtbarkeit des Mannes viel weniger erforscht ist als bei der Frau, wird Mann und Frau ein gleicher Anteil an der Kinderlosigkeit zugeschrieben. BRETTIN geht in diesem Zusammenhang auch auf die umstrittene "Spermakrise" ein.

Neben organischen Ursachen, dem Alter und Lebensstileffekten, bleiben immer noch Ursachen ungeklärt, die dann der Psyche zugeschrieben werden:

"In fünf bis zehn Prozent der Fälle finden Ärzte auch trotz aufwendiger Diagnostik keinen biologischen Grund, warum der Kinderwunsch eines Paares unerfüllt bleibt. Dann bleibt als Erklärung für die Sterilität oft nur die Psyche."

2004

ENCHELMAIER, Iris (2004): Abschied vom Kinderwunsch. Ein Ratgeber für Frauen, die ungewollt kinderlos geblieben sind, Stuttgart: Kreuz Verlag

Iris ENCHELMAIER beschreibt die ungewollte Kinderlosigkeit in Zeiten der steigenden Inanspruchnahme der Reproduktionsmedizin:

"Immer mehr ungewollt Kinderlose vertrauen auf ärztliche Hilfe. 1998 suchten in Deutschland rund 30.000 Paare eine Fertilitätspraxis auf, drei Jahre später waren es bereits über 46.000. Aber auch 23 Jahre nach dem ersten deutschen Retortenbaby sind künstliche Befruchtungen kein Kinderspiel - schon gar nicht für Frauen. (...).
Schätzungsweise bleibt jedes sechste Paar in den westeuropäischen Ländern ungewollt kinderlos, mit steigender Tendenz. Die Anzahl und Qualität der Spermien hat in den letzten Jahrzehnten nachweislich abgenommen. Die Zahl derer, die die Gründung einer Familie auf einen immer späteren Zeitpunkt verschieben, steigt. Fatal, denn die Fruchtbarkeit ist bereits ab dem 30. Lebensjahr rückläufig, nach dem 40. nimmt sie rapide ab. Zwar kann belegt werden, dass die Erfolgschancen bei einer medizinischen Kinderwunschbehandlung zwischen 15 und 25 Prozent pro Behandlungsversuch liegen, eine Garantie auf ein Kind gibt es aber auch im 21. Jahrhundert nicht. Letztendlich gelangt nur jedes zweite Paar mit Kinderwunsch auf diese Weise zum ersehnten Erfolg."
(2004, S.12f.)

Ungewollt Kinderlosen schreibt ENCHELMAIER folgende Gründe für Schuldgefühle zu:

"Kinderlose Frauen klagen sich an, weil sie:
• in früheren Jahren einen Schwangerschaftsabbruch hatten,
• die Familiengründung zu lange hinausgeschoben haben,
• zu lange beim falschen Mann geblieben sind,
• sich gegen reproduktionsmedizinische Versuche entschieden haben,
• nicht mehr die Kraft hatten, weitere künstliche Befruchtungen auf sich zu nehmen,
• die Diagnose »unfruchtbar« tragen."
(2004, S.79)

HULLEN, Gert (2004): Was verursachte die Zunahme der Mehrlingsgeburten?
Familiensurvey 2000 und Perinatalstatistik: Mütter von Mehrlingen unterscheiden sich von anderen Frauen,
in: Zeitschrift für Familienforschung, H.1, S.72-88

Gert HULLEN kommt aufgrund seiner Untersuchung zum Schluss, dass die Zunahme der Mehrlingsgeburten vor allem auf die Verfahren der assistierten Reproduktion zurückgehen, wobei es sich häufiger um Erstgeburten von älteren Müttern handelt.

PETERSEN, Anne (2004): Die Träume der kinderlosen Frauen.
Deutschland scheitert bei der Familienplanung: Wenn Eltern bemerken, dass sie Nachwuchs wollen, ist es biologisch oft schon zu spät. Der Schock trifft meist Paare ab 30, der Staat hilft immer weniger,
in: Welt am Sonntag v. 11.01.

Anne PETERSENs Zielgruppe sind ungewollt Kinderlose:

"Längst sind es nicht mehr die angeblich so karriereorientierten, aufstrebenden Singlefrauen, die ohne Nachwuchs bleiben. Vielmehr ist Kinderlosigkeit ein Risiko, das mittlerweile fast jede junge Frau bedroht. In einer individualisierten Gesellschaft geht es eben in erster Linie darum, das eigene Leben zu optimieren",

erklärt PETERSEN. Ein Schaubild suggeriert den steilen Abfall der Geburten in Deutschland. Es wird jedoch nicht die Geburtenrate angegeben, sondern die demagogische Zahl der Geburten pro 1000 Einwohner, mit der bereits im Spiegel Stimmung gegen Kinderlose gemacht wurde.

PROFIL (2004): Risiko aus der Retorte.
Fortpflanzung: Seit einem Vierteljahrhundert schaffen Mediziner Leben in der Retorte. Neueste Studien dämpfen nun erstmals die Euphorie: Künstlich gezeugte Kinder leiden öfter an Entwicklungsstörungen und Fehlbildungen.
in: Profil Nr.10 v. 08.03.

PROFIL (2004): "Menschlicher Jurassic Park".
Der Wiener Reproduktionsmediziner Johannes Huber über Licht- und Schattenseiten der künstlichen Befruchtung.
in: Profil Nr.10 v. 08.03.

GREFE, Christiane (2004): Es ist halt passiert.
Viele Frauen bleiben kinderlos – aus den unterschiedlichsten Gründen. Aber seit Deutschland sich um die Zukunft der Sozialsysteme sorgt, müssen sie sich gegen den Vorwurf des Egoismus verteidigen. Ein persönlicher Bericht,
in: Die ZEIT Nr.20 v. 06.05.

Christiane GREFE erläutert anhand ihrer eigenen Lebensgeschichte die Fragwürdigkeit der Einteilung von Kinderlosen in gewollt und ungewollt Kinderlose:

"Meist ergibt es sich vielmehr aus einem Lebenslauf, bei dem widrige Umstände auch die scharfe Grenze zwischen »gewollt« (böse) und »ungewollt« (nicht so böse) verschwimmen lassen. Nur der Einfluss auf diese Umstände, keine Moralpredigt wird Frauen zu anderen Entscheidungen motivieren."

Die neuen Reproduktionstechnologien erhöhen - genauso wie die Demografisierung gesellschaftlicher Probleme - gemäß GREFE den Druck auf Kinderlose:

"Der Druck auf Kinderlose wird noch verstärkt durch die neuen Reproduktionstechnologien, die längst akzeptiert sind. Aber nicht nur das: Ihr Einsatz wird geradezu erwartet. »Warum macht ihr denn nichts?« Die Frage kann durchaus etwas Aggressives haben, wenn man sich selbst gerade dagegen entscheidet, gewarnt durch die Erfahrungen von Freunden, die sich erfolglos durch Laboruntersuchungen, Hormontherapien, Eisprungs- und Geschlechtsaktberechnungen gequält und dabei fast ihre Liebe verloren haben."

STRAUß, Bernhard & Karla BEYER (2004): Ungewollte Kinderlosigkeit. Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 20, Berlin: Robert Koch-Institut

Den Begriff "ungewollte Kinderlosigkeit" beschreiben STRAUß & BEYER folgendermaßen:

"Mit ungewollter Kinderlosigkeit wird ein Zustand bezeichnet, der durch Leiden an einer Unfruchtbarkeit (auch als Infertilität bzw. Sterilität bezeichnet) gekennzeichnet ist. 1967 wurde die ungewollte Kinderlosigkeit (Zeugungs- und/oder Empfängnisunfähigkeit) durch die Scientific Group on the Epidemiology of Infertility der WHO als Krankheit anerkannt. Der WHO-Definition entsprechend ist eine Infertilität/Sterilität zu diagnostizieren, wenn bei einem Paar entgegen seinem expliziten Willen nach mehr als 24 Monaten trotz regelmäßigem, ungeschütztem Sexualverkehr keine Schwangerschaft eintritt."
(2004, S.7)

Dem stellen sie einerseits das Bild der Kinderlosen in der Öffentlichkeit entgegen:

"Kinderlosen wird häufig vorgeworfen, sie seien egoistisch, selbstsüchtig, verantwortungslos, unreif und unmoralisch. Ist der Grund der Kinderlosigkeit bekannt, sind solchen negativen Reaktionen des sozialen Umfeldes vor allem Personen ausgesetzt, die sich bewusst gegen Kinder entschieden haben, während ungewollt Kinderlosen eher mit Mitleid begegnet wird. Neben diesen Stigmatisierungsprozessen wird der gesellschaftliche Druck auf ungewollt kinderlose Paare auch durch den Fortschritt in der medizinischen Behandlung verstärkt. Öffentliche Berichterstattungen über die neuen Entwicklungen der Reproduktionsmedizin lassen in der breiten Öffentlichkeit den Eindruck entstehen, dass niemand mehr dauerhaft unter einem unerfüllten Kinderwunsch leiden muss. Ungewollt kinderlose Paare sehen sich so oft mit der Meinung ihrer Umwelt konfrontiert, dass sie sich bewusst gegen die Familienplanung zu Gunsten ihrer beruflichen Entwicklung entschieden hätten. Nicht nur bei den Betroffenen existieren nach wie vor eine Reihe von Mythen über die Unfruchtbarkeit. Sie wird (vor allem von manchen Paaren aus anderen Kulturkreisen) als »Strafe Gottes« oder als Schicksal angesehen."
(2004, S.8)

Und andererseits das Image der Reproduktionsmedizin:

"Bezüglich der Sterilitätsbehandlung bzw. Reproduktionsmedizin gibt es verbreitet Vorurteile und Ängste (z. B. unnatürliche Maßnahme, Angst vor Verwechselungen von Spermien, Eizellen und Gameten, Misstrauen, Angst vor Manipulation, Geschlechterauswahl und Klonen). In den Medien werden Details der Reproduktionsmedizin manchmal inkorrekt dargestellt (z. B. Darstellung von Spermabanken von Nobelpreisträgern) und verstärken Ängste und Vorurteile. Die Akzeptanz der Reproduktionsmedizin ist unter ungewollt kinderlosen Frauen und Männern deutlich höher als bei nicht Betroffenen."
(2004, S.8)

Zum Ausmaß der ungewollten und gewollten Kinderlosigkeit schreiben die Autoren:

"Die derzeitige Verbreitung ungewollter Kinderlosigkeit lässt sich nur eingeschränkt erfassen. Zum einen kann die Anzahl kinderloser Frauen in Deutschland nur geschätzt werden, weil bisher amtliche Daten nur Kinder aus der aktuellen Ehe erfassen. Unberücksichtigt bleiben Kinder aus früheren Ehen oder eheähnlichen Partnerschaften. Zum anderen lässt sich nicht immer genau entscheiden, ob es sich um eine gewollte oder ungewollte Kinderlosigkeit handelt. Die Entscheidungsprozesse sind vielfältig, eine zuerst gewollte Kinderlosigkeit kann in eine ungewollte übergehen, Entscheidungen können gänzlich vermieden werden, weil sowohl eingeschränkt verhütet als auch eine Realisierung des Kinderwunsches nur bedingt forciert wird. Damit bleibt unklar, ob in diesen Fällen eine Fruchtbarkeitsstörung vorliegt. Darüber hinaus muss nicht jede aktuelle Kinderlosigkeit in eine langfristige übergehen: Allein 30% aller Frauen, die sich erst spät für eine Mutterschaft entscheiden, erleben mindestens ein Jahr eine zeitweilige Kinderlosigkeit, bevor es zu einer Erfüllung ihres Kinderwunsches kommt.
Daten zur Entwicklung der Kinderlosigkeit in beiden deutschen Staaten konnten zeigen, dass die Kinderlosigkeit unter ostdeutschen Frauen weniger verbreitet war als unter westdeutschen Frauen, bei den jüngeren Frauen (Geburtsjahrgang 1965) aber stark angestiegen ist (...). Seit 1990 sank die Geburtenrate der Frauen aus den neuen Bundesländern rapide, mit einem Tiefpunkt in den Jahren 1993/1994; seither ist die Geburtenrate zwar wieder im Steigen begriffen, hat aber nicht das Niveau der Geburtenrate in den alten Bundesländern erreicht. Besonders häufig sind Frauen mit höherem Bildungsgrad kinderlos: Bei den 35- bis 40-jährigen Frauen der Geburtsjahrgänge 1966 bis 1962 mit Fachhochschul- und Hochschulabschluss (alte Bundesländer) beträgt der Anteil derjenigen ohne Kinder im Haushalt 42 % (neue Bundesländer: 17 %). Im internationalen Vergleich nimmt Deutschland bezüglich der Kinderlosigkeit einen vorderen Rang ein (...).
Der über einen längeren Zeitraum konstante Anteil kinderloser Frauen in der ehemaligen DDR und der Anstieg nach der politischen Wende, sowie der permanente Zuwachs kinderloser Frauen in Westdeutschland legen die Vermutung nahe, dass es sich bei der Zunahme der Kinderlosigkeit primär um einen Anstieg gewollter Kinderlosigkeit handelt. In einer 1992 durchgeführten Befragung zu generativen Verhaltensentscheidungen waren sich in den alten Bundesländern 31,8 % der befragten Frauen und 35,7% der befragten Männer, in den neuen Bundesländern 18,7 % der befragten Frauen und 24,9 % der befragten Männer im Alter zwischen 20 und 39 Jahren nicht schlüssig, ob sie Kinder haben wollten oder nicht. Motive dafür, gewollt kinderlos zu bleiben, waren vor allem ökonomische Überlegungen, Sorgen um die Zukunft der Kinder sowie die Ansicht, durch Elternschaft bedeutsame persönliche und berufliche Einschränkungen erfahren zu müssen. Ostdeutsche erwerbstätige Frauen fürchteten – zwei Jahre nach der Wiedervereinigung beider Staaten – eine Unvereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit etwas häufiger als westdeutsche Frauen. Vor allem höher qualifizierte Frauen bleiben häufiger kinderlos, sei es, weil sie sich bewusst gegen Kinder entscheiden oder die Realisierung des Kinderwunsches aufschieben, bis sich über das zunehmende Lebensalter die Konzeptionschancen verringert haben und sich eine ungewollte Kinderlosigkeit einstellt. Das durchschnittliche Alter der Mütter bei Geburt ihrer lebend geborenen Kinder ist kontinuierlich im Steigen begriffen: Von 27,9 Jahren (1991) auf 29,7 Jahre im Jahr 2001. Eine frühe Heirat (vor dem 25. Lebensjahr) korrespondiert mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit kinderlos zu bleiben. Frauen, die vor dem 25. Lebensjahr geheiratet hatten, blieben Schätzungen zufolge nur zu 5 % kinderlos, wohingegen Frauen, die nach ihrem 35. Lebensjahr eine Ehe schlossen, zu einem Drittel kinderlos blieben.
Der Prozentsatz der Paare, die ungewollt kinderlos sind, liegt in Deutschland wissenschaftlichen Schätzungen zufolge in den alten Bundesländern deutlich unter 10 %, in den neuen Bundesländern unter 5 %. Davon bleiben ca. 3 % dauerhaft kinderlos."
(2004, S.9f.)

Es besteht jedoch ein gravierendes Defizit bei der Datenlage:

"Bezogen auf die jüngere Zeit fehlen verlässliche Angaben, die sich auf die Gesamtpopulation und nicht nur auf die Klientel spezifischer Behandlungsprogramme beziehen.
Dem »Deutschen IVF-Register«, welches 1982 gegründet wurde, lassen sich Angaben über die Indikationen für die Behandlungen mit künstlicher Befruchtung in Deutschland entnehmen. Dies erlaubt keinen Bevölkerungsbezug, da nur die Befunde der Paare dokumentiert werden, die mit Methoden der künstlichen Befruchtung behandelt wurden. Die Teilnahme an dem Register ist gemäß Berufsordnung seit 1999 verpflichtend und in den »Richtlinien zur Durchführung der assistierten Reproduktion« der Bundesärztekammer festgehalten. Die Behandlungszyklen werden kontinuierlich und in der Regel prospektiv (d. h. mit Beginn der Behandlung) erfasst. Im Jahr 2002 wurden in dem Register 88.218 Behandlungszyklen bei 52.814 Frauen dokumentiert."
(2004, S.11)

KUPCZIK, Ingrid (2004): Viele Wege führen ans Licht der Welt.
Zwei Millionen Paare in Deutschland sind ungewollt kinderlos. Etwa in der Hälfte der Fälle liegt es an den Männern. Das Alter der Frauen, die mit künstlicher Befruchtung nachhelfen, steigt. Stigma des Versagens - künstliche Befruchtung ist für Eltern ein Tabuthema,
in: Welt am Sonntag v. 17.10.

2005

LENZEN-SCHULTE, Martina (2005): Wunschkind.de.
Frauen unter Druck: Fluch und Segen der Reproduktionsmedizin,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 25.02.

SCHMITT, Cosima (2005): Willig, aber unfähig.
Bei der Hälfte der Paare, die kein Kind kriegen, liegt es am Mann. Frauen nehmen das selten hin,
in: TAZ v. 08.03.

WAGNER, Axel (2005): "So können Sie nicht Vater werden.
Von Test zu Test schlechtere Werte: Wie es sich anfühlt, eingeschränkt zeugungsfähig zu sein,
in: TAZ v. 08.03.

SCHÖNERT, Elisabeth (2005): Babymacher in der Krise.
Eigentlich ist künstliche Befruchtung ein Wachstumsmarkt. Doch nach der Gesundheitsreform bricht der Umsatz der Branche empfindlich ein,
in: Welt am Sonntag v. 10.04.

"»Die 2004 eingeführte Eigenbeteiligung der Patienten bei der In-vitro-Fertilisation führt dazu, daß in Deutschland letztes Jahr etwa 10 000 Kinder weniger auf diese Weise gezeugt wurden«, erklärt Dr. Michael Thaele, Vorsitzender des Bundesverbandes Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands. »Das entspricht einem Rückgang von 50 Prozent.« Die Ursache ist in diesem Falle ungewöhnlich leicht zu finden. Die seit der Gesundheitsreform geforderte Zuzahlung der Patienten bei künstlicher Befruchtung hat zur Konsequenz, daß die sowieso schon sinkenden Geburtenzahlen in Deutschland noch stärker abfallen",

gibt Elisabeth SCHÖNERT die Sichtweise des Lobbyisten wieder. Der Rückgang von 50 Prozent sieht jedoch ganz anders aus, wenn man gegenrechnet, dass im Jahr 2003 besonders viele Kinder geboren wurden:

"(Die) jüngst vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten, vorläufigen Geburtenzahlen für 2004 (weisen) einen ungewöhnlich niedrigen Geburtenrückgang von nur 3300 gegenüber 2003 (aus)",

berichtet SCHÖNERT. Sie führt das auf das Vorziehen von Kinderwunschbehandlungen zurück. Von daher kann von einem "drastischen" Einbruch über die zwei Jahre kaum gesprochen werden.

Die Krankenkassen stehen auf dem Standpunkt, dass es sich bei der künstlichen Befruchtung um "versicherungsfremde Leistungen" handelt, die gesamtgesellschaftlich getragen werden müssten.

"Jedes sechste Paar ist in Deutschland ungewollt ohne Nachwuchs. Und: Die Zahl steigt. Neben Umweltfaktoren, Übergewicht, Nikotin-, Alkohol-, Drogenkonsum und Streß liegt die Hauptursache dafür in dem von Frauen immer später geäußerten Babywunsch",

behauptet SCHÖNERT. Auffällig ist bei dieser Aufzählung, dass die Ursache dem Lebensstil der ungewollt kinderlosen Paare zugeschrieben wird.

"In der Gruppe der 30 bis 39jährigen Hochschulabsolventinnen haben 43 Prozent keine Kinder, so eine Studie der Familienwissenschaftlichen Forschungsstelle im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg",

argumentiert SCHÖNERT weiter. Hätte man die Kinderlosigkeit der Hochschulabsolventinnen dagegen im Alter von 40-44Jahren angegeben - womit man näher an der lebenslangen Kinderlosigkeit gewesen wäre, dann wären die Zahlen weitaus niedriger ausgefallen.

Die Zunahme der risikoträchtigen Mehrlingsschwangerschaften schreibt SCHÖNERT nicht z.B. dem veralteten Embryonenschutzgesetz zu, sondern Kostenminimierungsstrategien der ungewollt Kinderlosen.

SCHWÄGERL, Christian (2005): Fortpflanzungsmedizin.
Embryonen im Überschuß,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 30.06.

Christian SCHWÄGERL berichtet darüber wie die Reproduktionsmediziner die Debatte um den Geburtenrückgang zur Stärkung der eigenen Position nutzen. Das Gesundheitsmodernisierungsgesetz aus dem Jahr 2004 und das Embryonenschutzgesetz von 1991 ist ihnen ein Dorn im Auge. Und sie wissen ungewollt Kinderlose auf ihrer Seite:

"Zwischen 1,2 Millionen und 1,6 Millionen Paare sind nach Schätzungen (...) ungewollt kinderlos. Daß Kinderlose nun in der demographischen Debatte auch pauschal in die Kritik geraten, belastet diese Menschen zusätzlich."

SCHWÄGERL beziffert die Erfolgsrate der Reproduktionsmedizin auch in Zahlen:

"Die Zahl künstlicher Befruchtungen ist von 750 im Jahr 1982 auf 87 000 zwanzig Jahre später gestiegen. Die Erfolgsrate liegt in Deutschland bei rund 21 Prozent. 2002 kamen 18.000 Kinder nach künstlicher Befruchtung zur Welt. Das entspricht nur 2,6 Prozent aller Geburten, doch die Fortpflanzungsmediziner sind der Meinung, daß jedes Kind zählt, für die betroffenen Paar zumal."

Dabei sieht SCHWÄGERL eine Interessenidentität zwischen Familien- und Sozialpolitikern auf der einen Seite und den Reproduktionsmedizinern auf der anderen Seite. Aber nicht nur die Erfolgsrate soll gesteigert werden, sondern auch die Nebenwirkungen der Behandlung verringert werden. Dazu soll der "Einzelembryotransfer" wie im Ausland erlaubt werden. Dazu wäre eine Änderung des Embryonenschutzgesetzes erforderlich:

"Maßgebliches Ziel wäre nicht länger der Schutz jeder befruchteten Eizelle, sondern die Verhinderung von Mehrlingsgeburten und die Steigerung der Erfolgsrate."

Für SCHWÄGERL würde damit die Debatte über die Stammzellforschung verändert werden, weil erstmals in Deutschland überzählige Embryonen entstehen würden. Dass dadurch die Zahl der Abtreibungen in Deutschland sinken würde, erfährt der Leser nur zwischen den Zeilen.

LENZEN-SCHULTE, Martina (2005): Ein Kind ist genug.
Künstliche Befruchtung,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 08.07.

Martina LENZEN-SCHULTE macht auf die Probleme von Mehrlingsschwangerschaften aufmerksam, bei denen letztendlich nur ein Baby geboren wird. Während die von LENZEN-SCHULTE zitierten Reproduktionsmediziner das Einsetzen von mehreren Embryonen kritisch bewerten, bestehen offenbar "Paare mit dringendem Kinderwunsch" auf solchen Praktiken. Die Reproduktionsmediziner plädieren für einheitliche gesetzliche Regelungen, um einen "Behandlungstourismus" zu vermeiden.

TECHNOLOGY REVIEW-Titelgeschichte: Mama mit 60?
Die neuen Wege aus der Kinderlosigkeit

HERDEN, Birgit (2005): Kinder aus dem Kühlschrank.
Die Befreiung der Fortpflanzung von biologischen Zwängen könnte die traditionelle Lebensplanung und ganze Gesellschaftsstrukturen auf den Kopf stellen,
in: Technology Review, August

"Fruchtbarkeitsmanagement" (ein Begriff aus der Rinderzüchtung) nennt Birgit HERDEN das Eizellen einfrieren. Warum ist das notwendig?

"1,6 Millionen Paare sind in Deutschland ungewollte kinderlos, eine häufige Ursache ist das fortgeschrittene Alter. Schuld daran ist unter anderem die Erfindung moderner Verhütungsmittel wie die Pille. Seit Sex ohne Fortpflanzung möglich ist, können wir erstmals auf den richtigen Zeitpunkt für Kinder warten und das aufwendige Unternehmen dabei immer wieder aufschieben - bis es zu spät ist.
Die Biologie ist unerbittlich. Frauen müssen schwanger werden, bevor sie 40 sind",

erklärt HERDEN. Mit dem Einfrieren von Eizellen wird nun die Ruhestandsfamilie nicht nur denk- sondern auch praktizierbar. Eleonore PORCU gelingt um die Jahrtausendwende mit ihrer Forschergruppe gemäß HERDEN der entscheidende Durchbruch beim Einfrieren von unbefruchteten Eizellen. Seitdem wird das Verfahren weiter verfeinert. Als Extrembeispiel für eine späte Mutterschaft wird die rumänische Literaturprofessorin und Kinderbuchautorin Adriana ILIESCU vorgestellt, die mit 66 Jahren ein Kind auf die Welt brachte. In Deutschland hätte sich die Alleinstehende ILIESCU ihren Kinderwunsch nicht erfüllen können. Gemäß HERDEN sehen manche in der Reproduktionsmedizin sogar ein Mittel gegen den Geburtenrückgang:

"(Ist) eine Kindheit mit betagten Eltern nicht doch der Nicht-Existenz vorzuziehen?
Die späte Mutterschaft könnte vielleicht dem dramatischen Rückgang der Geburtenraten gegensteuern und dadurch gesellschaftliche Anerkennung gewinnen."

Zum Schluss wird einerseits die Gefahr genannt, dass das Einfrieren von Eizellen die Bemühungen um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie torpedierten könnte. Andererseits ermöglicht es eine größere Selbstbestimmung für alleinstehende Frauen, die ein Kind auch ohne Partner zur Welt bringen wollen.

SCHÖNERT, Elisabeth (2005): Geschäfte mit dem Kind.
Auf Grund restriktiver deutscher Regeln entwickelt sich rund um die Republik ein boomender Markt für Reproduktionsmedizin. Die Patientinnen sind meist Deutsche,
in: Welt am Sonntag v. 28.08.

"Während bei deutschen Reproduktionsmedizinern die Praxen leer wurden - nach der Gesundheitsreform ging die Zahl der Kassenpatienten um 42 Prozent zurück -, boomen die ausländischen. In Polen, Rußland, Rumänien und Bulgarien wird gar zu Dumpingpreisen jedes gewünschte Verfahren angeboten, gesetzliche Regeln gibt es dort kaum",

berichtet Elisabeth SCHÖNERT im Sinne der Lobbyisten der Reproduktionsmedizin.

BMFSFJ (2005): Deutschland: Kinderlos trotz Kinderwunsch? Monitor Familiendemographie 1.

Ausgangspunkt der politischen Debatte ist in der Regel die Höhe des Kinderwunsches, der per Umfragen erhoben wird.

"Die Deutschen wünschen sich zwar Kinder, aber mit 1,8 im Durchschnitt nur relativ wenige. Damit liegt Deutschland nicht nur im Hinblick auf die Kinderzahl, sondern auch bei der Höhe des Kinderwunsches auf einem der hinteren Plätze in Europa (Eurobarometer 2001, McKinsey 2004).

Aus solchen Querschnittsdaten der Kinderwunschforschung wird dann häufig auf einen abnehmenden Kinderwunsch im Lebensverlauf geschlossen, wobei die Kategorisierung der Kinderlosen äußerst fragwürdig ist:

"Im Alter von Anfang Zwanzig wünschen sich noch über 90% der Frauen und Männer ein Kind (Bien/Marbach 2003). Dieser Kinderwunsch nimmt nach Erreichen des 35. Lebensjahrs deutlich ab und variiert in Zusammenhang mit der aktuellen Lebenssituation.

In der Gruppe der dauerhaft Kinderlosen will nur jede/ r Fünfte explizit auf Kinder verzichten. Es sind meist Personen, die in überdurchschnittlichem Maß Wert auf Unabhängigkeit legen, angesichts der Probleme dieser Welt keine Motivation sehen, ein Kind zu bekommen oder sich die Kindererziehung nicht zutrauen.

Unter den dauerhaft Kinderlosen wird der Anteil der ungewollt kinderlosen Frauen auf 15% (DJI 2003) geschätzt. Bei den anderen 85% verhindern andere Optionen, dass sie ihren zunächst vorhandenen Kinderwunsch umsetzen."
(2005, S.8)

In Deutschland sind in den Nuller Jahren durch solche Kinderwunschstudien gravierende Fehlschlüsse entstanden, deren Ausmaß noch 10 Jahre später kaum aufgearbeitet ist.

SHAFY, Samiha (2005): Viele Frauen unterschätzen die biologische Uhr.
Durchschnittsalter bei der ersten Geburt auf knapp 30 gestiegen - Reproduktionsmedizin meist erfolglos,
in: Welt v. 19.09.

"Der Anteil derjenigen, die ihr erstes Kind mit über 35 Jahren gebären, ist seit 1990 innerhalb von zehn Jahren von fünf auf 16 Prozent gestiegen. Allerdings hat sich zugleich die Zahl der Geburten nach Angaben des statistischen Bundesamtes in den vergangenen 40 Jahren fast halbiert. Die deutsche Geburtenrate von 1,3 Kindern pro Frau ist die niedrigste in Europa. Rund ein Drittel der 1965 geborenen Frauen hat keine Kinder bekommen. Und etwa jedes sechste Paar bleibt ungewollt kinderlos",

fasst Samiha SHAFY das Gebärverhalten in Deutschland zusammen. Speziell sorgt sie sich um die Kinderlosigkeit der Akademikerinnen. SHAFY zitiert eine Studie und Reproduktionsmediziner zum Problem, dass Frauen die Bedeutung des Alters für die Schwangerschaftsrate unterschätzen. Aber auch die Spermienqualität wird thematisiert, wobei den Geschlechtern salomonisch jeweils die Hälfte der Schuld zugeschrieben wird. Und vom Schwangerwerden zur Geburt kann ebenfalls noch viel passieren:

"Nach Angaben des Berliner Robert-Koch-Instituts liegt die Geburtenrate nach Fruchtbarkeitsbehandlungen deutlich unter 20 Prozent."

NEW YORK MAGAZINE-Titelgeschichte: Freeze Your Biological Clock

WILDMAN, Sarah (2005): Stop Time.
It’s the ultimate New York careerist dream: Work (and play) now, conceive later. Has science finally made it possible? The promises and pitfalls of putting your eggs on ice,
in: New York Magazine v. 17.10.

KRASKE, Marion & Udo LUDWIG (2005): Die Babygrenze.
Fortpflanzung: Einst fuhren Frauen bei Nacht und Nebel über die Grenze, um in Holland abtreiben zu lassen. Heute reisen sie ins Ausland, um schwanger zu werden. Ausgerechnet im kinderarmen Deutschland sind die Gesetze für künstliche Befruchtungen extrem streng,
in: Spiegel, Nr.46 v. 14.11.

"In einem überalterten Land, das kaum etwas dringender braucht als Nachwuchs, behindert ein Gesetz all jene, die ungewollt kinderlos bleiben. Seit die künstliche Befruchtung im Rahmen der Gesundheitsreform eingeschränkt wurde, können sich viele ihren Kinderwunsch zudem kaum noch leisten. Vor zwei Jahren kamen noch 1,6 Prozent der Babys nach künstlicher Befruchtung zur Welt, nach der Reform rutschte die Rate 2004 auf rund 0,8 Prozent. Wer zahlen kann, geht lieber ins billige Ausland – zumal dort liberalere Gesetze Methoden erlauben, die schneller zum Erfolg führen.
Kein Wunder, dass deutsche Reproduktionsmediziner nun Sturm laufen", meinen Marion KRASKE & Udo LUDWIG.

ROHDE, Sven (2005): Unfruchtbar auf Zeit.
Sterilisation zählt zu den sichersten Verhütungsmethoden, der Eingriff ist Routine. Refertilisierung hingegen ist kompliziert und nicht immer erfolgreich,
in: Stern, Nr.47v. 17.11.

Sven ROHDE berichtet über Männer, die nach einer Sterilisation einen erneuten Kinderwunsch haben und sich deshalb medizinischen Eingriffen unterziehen:

"Im Schnitt lassen sich Männer um die 30 sterilisieren und machen es acht Jahre später wieder rückgängig. 99 Prozent haben eine neue Partnerin, wollen noch ein Kind",

zitiert ROHDE den Urologen Horst OESTERWITZ.

GELINSKY, Katja (2005): Väter - aber wozu denn?
In Deutschland ist es verboten, in Amerika fast schon Alltag: Viele Frauen shoppen bei professionellen Samenbanken, um Mutter zu werden. Was die Kinder vermissen, spielt kaum eine Rolle,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 04.12.

Katja GELINSKY berichtet über die US-amerikanische Organisation Single Mother by Choice (SMC), die 1981 von der New Yorker Psychotherapeutin Jane MATTES gegründet wurde. Die Organisation vertritt die Interessen von Frauen, die sich den Kinderwunsch auch ohne passenden Vater erfüllen möchten. 

MÜLLER-JUNG, Joachim (2005): Retortenkinderlosigkeit.
Angesichts gestiegener Kosten durch die Gesundheitsreform sind im vergangenen Jahr 8000 Kinder weniger nach einer künstlichen Befruchtung auf die Welt gekommen als zuvor - das entspricht der Geburtenrate einer Millionenstadt,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 12.12.

"Im Jahr 2003 waren es noch knapp 25000 konventionelle IVF-Behandlungen, im Jahr danach nur noch knapp 11.800. Gleichzeitig ging die Zahl der in den rund 120 deutschen Reproduktionszentren vorgenommenen ICSI-Mikroinjektionen von etwa 51.000 auf rund 25.000 zurück. Im Ergebnis sank die Geburtenzahl durch künstliche Befruchtungen um annähernd achttausend Kinder. »Das entspricht nahezu der jährlichen Geburtenrate einer Millionenstadt wie Köln«, sagte Franz Geisthövel vom DVR in Münster. Statt der 17.606 Kinder, die im Jahr 2003 durch künstliche Befruchtung in Deutschland geboren wurden, waren es bis zum Ablauf des vergangenen Jahres nur knapp 9800 Retortenkinder",

präsentiert Joachim MÜLLER-JUNG die nicht-überprüfbare Rechnung der Lobbyisten der Reproduktionsmedizin. Man kann das auch anders sehen: Allein der viel gescholtene westdeutsche Frauenjahrgang 1965 hat im Jahr 2000 das Alter von 35 Jahre erreicht. Im Jahr 2000 brachten diese Spätgebärenden allein ca. 30.000 Kinder zur Welt. Im Jahr 2001 waren es noch über 20.000. Oder man könnte nach dem Beitrag der über 40jährigen Erstgebärenden zur Geburtenrate fragen.

 
     
 
       
   

weiterführender Link

 
       
   

Zum Teil 4 der kommentierten Bibliografie (2006 - 2007)

 
       
   
 
   

Bitte beachten Sie:
single-generation.de ist nicht verantwortlich für die Inhalte externer Internetseiten

 
   
 
     
   
 
   
© 2002-2019
Bernd Kittlaus
webmaster@single-generation.de Erstellt: 21. September 2014
Update: 05. Februar 2019